OGH 1Ob143/07x

OGH1Ob143/07x29.1.2008

Der Oberste Gerichtshof hat als Rekursgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Gerstenecker als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Univ.-Doz. Dr. Bydlinski, Dr. Fichtenau, Dr. E. Solé und Dr. Schwarzenbacher als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Boro S*****, vertreten durch Längle Fussenegger Rechtsanwälte Partnerschaft in Bregenz, gegen die beklagte Partei Republik Österreich, vertreten durch die Finanzprokuratur, Wien 1., Singerstraße 17-19, wegen 9.088 EUR sA und Feststellung (Streitwert 1.000 EUR), über den Rekurs der beklagten Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Innsbruck als Berufungsgericht vom 8. März 2007, GZ 4 R 11/07k-13, womit das Urteil des Landesgerichts Feldkirch vom 31. Oktober 2006, GZ 6 Cg 118/06z-7, aufgehoben wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Dem Rekurs wird Folge gegeben.

Der angefochtene Beschluss wird dahin abgeändert, dass das Urteil des Erstgerichts wiederhergestellt wird.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei binnen 14 Tagen die mit 2.531,92 EUR (darin 1.168 EUR Barauslagen) bestimmten Kosten des Rechtsmittelverfahrens zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Am 2. 4. 2005 gegen 13.40 Uhr fuhr der Kläger mit seinem Fahrrad auf einer Verbindungsstraße. Auf der Höhe des Eingangs zu einem Sportplatz rannten mehrere Kinder unmittelbar vor dem Kläger - aus dem Unterholz kommend - über die Straße. Um einen Zusammenstoß zu vermeiden, bremste der Kläger sein Fahrrad so stark ab, dass es ihn überschlug. Durch den Sturz wurde er schwer an der rechten Hand verletzt. Um 13.50 Uhr trafen zwei Polizeibeamte ein und wurden vom Kläger dahin informiert, dass das Kind, das ihm vor das Fahrrad gerannt sei, einen blau-schwarzen Trainingsanzug getragen habe. Mehr habe er nicht erkennen können, da alles sehr schnell gegangen sei. Die weiteren polizeilichen Erhebungen ergaben, dass sich zum Unfallszeitpunkt eine Knabenmannschaft des Fußballklubs im Bereich des Sportplatzes aufgehalten hatte. Welcher der Knaben dem Kläger vor das Fahrrad gelaufen war, wurde nicht erhoben. Am 22. 8. 2005 verfasste die zuständige Polizeiinspektion eine Sachverhaltsanzeige, die dem Bezirksanwalt zur Kenntnis gebracht wurde. Der Bezirksanwalt lehnte die - vom Kläger erbetene - Beauftragung mit Nachtragserhebungen ab.

Der Kläger begehrte mit seiner auf den Titel der Amtshaftung gestützten Klage die Zahlung von insgesamt 9.088 EUR (Schmerzengeld, fiktive Pflegekosten, fiktive Haushaltshilfe, Fahrtkosten, Sachschaden am Fahrrad und pauschale Unkosten) sowie die Feststellung der Haftung der Beklagten für sämtliche zukünftigen Schäden, Folgen und Nachteile aus dem Unfall. Die Polizeibeamten hätten offensichtlich nach Feststellung der Strafunmündigkeit der auf dem Sportplatz anwesenden Knaben die Erhebungen beendet und es zu Unrecht für nicht erforderlich gehalten, die Bezeichnung der Jugendmannschaft, die Identität der anwesenden Knaben und des Trainers bzw der sonstigen Aufsichtsperson zum Unfallszeitpunkt zu erheben. Mit dem Verweis auf die Strafunmündigkeit der Knaben hätten die einschreitenden Beamten ihre Pflicht zur Ausforschung der Täter einer potenziell strafbaren Handlung nicht erfüllt. Die Mitglieder der Jugendmannschaften des Fußballklubs wiesen ein Alter zwischen sieben und siebzehn Jahren auf. Die Beamten hätten ohne Erhebung, welche konkrete Jugendmannschaft sich zum Unfallszeitpunkt auf dem Sportplatz befunden habe, keine verbindliche Aussage über das Alter bzw die Straf(un)mündigkeit der den Unfall verursachenden Knaben treffen können. Selbst die mangelnde Strafmündigkeit der anwesenden Jugendlichen hätte die Polizeibeamten nicht von weiteren Erhebungen entbunden, weil neben der Strafbarkeit der Knaben eine Strafbarkeit deren Aufsichtsperson wegen fahrlässiger Körperverletzung gemäß § 2 StGB iVm § 88 Abs 4 StGB infolge Verletzung der Aufsichtspflicht in Frage käme. Die Polizeibeamten hätten schuldhaft ihre Pflicht zum Tätigwerden gemäß § 24 StPO verletzt. Bei pflichtgemäßem Handeln wäre der Schadenseintritt verhindert worden, da der Kläger in der Lage gewesen wäre, sich bei Einleitung eines Strafverfahrens gegen die Täter wegen fahrlässiger Körperverletzung gemäß § 88 Abs 4 StGB als Privatbeteiligter anzuschließen und seine Schadenersatzansprüche auf dem Zivilrechtsweg geltend zu machen. Zwischen der durch die Polizeibeamten verletzten Norm des § 24 StPO und dem eingetretenen Schaden des Klägers bestehe ein Rechtswidrigkeitszusammenhang, weil die Pflicht der Organe der Strafrechtspflege zur Erhebung der Strafbarkeit eines Verhaltens sowie zur Ausforschung der in Betracht kommenden Täter nicht nur den Strafverfolgungsanspruch des Staates im Interesse der Allgemeinheit, sondern auch die Befriedigungs- und Unterlassungsansprüche der durch die Straftat Geschädigten im Rahmen des Strafverfahrens sichere. Dies ergäbe sich insbesondere aus § 365 Abs 1 StPO, wonach der aus der strafbaren Handlung entstandene Schaden und die sonstigen für die privatrechtlichen Folgen wichtigen Nebenumstände von Amts wegen zu berücksichtigen seien.

Die Beklagte bestritt das Vorliegen von unzureichenden Erhebungen. Aus der Sachverhaltsanzeige des zuständigen Bezirkspolizeikommandos vom 22. 8. 2005 gehe hervor, dass bereits am 2. 4. 2005 Erhebungen durch die Beamten der örtlichen Polizeiinspektion durchgeführt worden seien. Die Erhebungen hätten ergeben, dass es sich bei den Kindern offenbar um eine unbekannte Anzahl von Knaben aller elf Jugendmannschaften des Fußballklubs gehandelt habe. Die elf Jugendmannschaften hätten gemeinsam über 200 Spieler. Zum Zeitpunkt des Unfalls seien die Kinder nicht in einem ordnungsgemäß beaufsichtigten Training, sondern - offensichtlich auf freiwilliger Basis - im Uferbereich des nahe gelegenen Flusses damit beschäftigt gewesen, Unrat zu beseitigen. Es sei auch festgehalten worden, dass nicht erhoben habe werden können, welcher der Buben dem Kläger vor das Fahrrad gelaufen sei und somit den Unfall verursacht habe. Der Normzweck des § 24 StPO sei nicht, einem Geschädigten die Befriedigung seiner Schadenersatzforderungen zu gewährleisten. Bestehe kein Zusammenhang zwischen Normzweck und eingetretenem Schaden, liege nur ein mittelbarer, grundsätzlich nicht ersatzfähiger Schaden vor. Dem Kläger obliege im Übrigen der Beweis, dass und welche eigenen Bemühungen er zur Durchsetzung seines Ersatzanspruchs in die Wege geleitet habe sowie dass seine Forderung einbringlich gewesen wäre. Der Verlust einer uneinbringlichen Forderung stelle nämlich keinen Schaden dar. Im vorliegenden Fall seien strafrechtliche Konsequenzen gegen die unmittelbaren Täter im Hinblick auf deren Alter undenkbar und gegen die allenfalls in Betracht kommenden Aufsichtspersonen nicht möglich. Es habe daher kein im Gesetz festgelegtes Erfordernis bestanden, weitere Nachforschungen anzustellen. Der vom Kläger behauptete Nachteil stehe daher nicht im Rechtswidrigkeitszusammenhang, weshalb sich der Kläger nicht auf allfällige Pflichtverletzungen der erhebenden Polizeibeamten berufen könne. Ein Verschulden der Kinder am Zustandekommen des Unfalls liege nicht vor, in eventu wurde ein überwiegendes Mitverschulden des Klägers eingewendet.

Das Erstgericht wies die Klage ab. Es stellte ergänzend zum oben wiedergegebenen unstrittigen Sachverhalt fest, dass nicht erhoben habe werden können, welcher der Knaben dem Kläger vor das Fahrrad gerannt sei. In rechtlicher Hinsicht führte das Erstgericht im Wesentlichen aus, dass es am Rechtswidrigkeitszusammenhang zwischen der Bestimmung des § 24 StPO und dem eingetretenen Schaden fehle. Im Übrigen wäre dem Kläger der Beweis oblegen, dass seine Forderungen einbringlich gewesen wären. Mit der unsubstantiierten Behauptung, zum Zeitpunkt der der Beklagten vorgeworfenen Unterlassungen sei durch das Verhalten der Polizeibeamten die Ausmittlung der Täter vereitelt worden, weshalb er keinen konkreten Schaden nachweisen könne, zeige der Kläger keine konkrete Vermögenseinbuße auf.

Das Berufungsgericht hob das erstgerichtliche Urteil auf, trug dem Erstgericht die neuerliche Entscheidung nach Verfahrensergänzung auf und erklärte den Rekurs an den Obersten Gerichtshof für zulässig. Aus § 365 Abs 1 StPO sei abzuleiten, dass das Strafgericht in jedem Stadium des Verfahrens verpflichtet sei, dem Verletzten zur rascheren Geltendmachung und Durchsetzung seiner privatrechtlichen Ansprüche zu verhelfen. Verstöße gegen die aus § 24 StPO abzuleitenden Pflichten der Sicherheitsbehörden könnten daher als Schutzgesetzverletzungen zu Amtshaftungsansprüchen des durch eine Straftat Geschädigten führen. Voraussetzung sei allerdings, dass im konkreten Fall ein Strafverfahren gegen eine bestimmte Person denkbar sei, die somit strafmündig sein müsse. Komme als Täter von vornherein nur ein Strafunmündiger in Betracht, könnten sich die Erhebungen im Sinne des § 24 StPO darauf beschränken, diesen wesentlichen Umstand herauszuarbeiten; die Interessen des Geschädigten an der Erhebung von Umständen im Sinne des § 365 Abs 1 StPO würden in einem solchen Fall wegen der unlösbaren Verbindung zwischen dem Privatbeteiligtenverfahren einerseits und dem Strafverfahren andererseits in den Hintergrund treten. Der Geschädigte wäre in einem solchen Fall nicht anders zu behandeln als bei Vorliegen eines nicht durch eine strafbare Handlung bewirkten Schadens, zu dessen Aufklärung oder Feststellung die Polizei außer in besonders geregelten Fällen nicht zuständig sei. Im vorliegenden Fall habe sich der Kläger allerdings ausdrücklich auf die Verletzung der Aufsichtspflicht durch eine notwendigerweise strafmündige Person berufen, die theoretisch zu einem Strafverfahren wegen fahrlässiger Körperverletzung nach § 88 Abs 4 StGB und zu einem zivilrechtlichen Schadenersatzanspruch nach § 1309 ABGB hätte führen können. Dass eine solche Aufsichtsperson von den erhebenden Polizeibeamten nicht ermittelt worden sei, führe aber für sich allein noch nicht zur Annahme einer Pflichtverletzung durch die Organe der Beklagten. Welche Ermittlungen im Einzelfall im Sinne des § 24 StPO erforderlich seien, läge im pflichtgemäßen Ermessen der Polizeibeamten, die auch den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu beachten hätten, insbesondere auch auf Grund des subsidiären Charakters der polizeilichen Kompetenz nach § 24 StPO. Bestehe für ein Organhandeln ein Ermessensspielraum, falle dem Organ nur dann ein den Amtshaftungsanspruch rechtfertigendes Verschulden zur Last, wenn es entweder das Ermessen missbraucht oder den Ermessensspielraum überschritten habe. Dabei seien die Umstände des Einzelfalls maßgebend. Im vorliegenden Fall behaupte der Kläger, es wäre den Polizeibeamten bei pflichtgemäßem Verhalten möglich gewesen, sowohl den unmittelbaren Schädiger („Knaben") als auch die verantwortliche Aufsichtsperson auszuforschen. Nun liege es zwar nicht gerade auf der Hand, dass tatsächlich eine Aufsichtspflicht verletzt worden sei, weil spielende Kinder Bewegungsfreiheit benötigten und eine wirksame Aufsicht im freien Gelände nahezu unmöglich sei. Eine abschließende Klärung dieser Frage sei aber nur möglich, wenn die Gesamtsituation bekannt sei, die die erhebenden Beamten vorgefunden hätten. Dazu könne auch die vom Erstgericht trotz eines entsprechenden Beweisantrags unterlassene Vernehmung des Klägers als Partei beitragen, sodass insoweit ein erheblicher Verfahrensmangel nach § 496 Abs 1 Z 2 ZPO vorliege. Ob darüber hinaus weitere Beweisaufnahmen sinnvoll seien, etwa die Vernehmung der erhebenden Polizeibeamten, werde das Erstgericht im fortgesetzten Verfahren mit den Parteien zu erörtern haben. Die erhebenden Polizeibeamten hätten nur dann auf rechtswidrige und schuldhafte Weise gegen auch für den Kläger relevante Pflichten verstoßen, wenn sie nach der an der Unfallstelle gegebenen Gesamtsituation mit dem strafbaren Verhalten einer Aufsichtsperson hätten rechnen müssen und trotzdem dazu konkret mögliche Erhebungen nicht durchgeführt hätten. Zur Verbreiterung der Tatsachengrundlage sei das Ersturteil aufzuheben.

Rechtliche Beurteilung

Der Rekurs der Beklagten ist zulässig und berechtigt.

Der primäre Zweck des Strafverfahrensrechts liegt in der Verwirklichung des materiellen Strafrechts im Einzelfall mit der richtigen Bewertung von Tat und Täter zum Zwecke gerechter Strafzumessung (Markel in WK-StPO § 1 Rz 3). Der steigenden Bedeutung des Grundsatzes entsprechend, für die Befriedigung von in der Verübung einer Straftat wurzelnden Ansprüchen der Verletzten bereits im Strafprozess vollstreckbare Titel zu schaffen, tritt das Strafprozessrecht auch in Beziehung zum materiellen Zivilrecht (Markel aaO § 1 Rz 7). Die §§ 47 f und 365 ff StPO sollen es dem Opfer einer Straftat erleichtern, die aus der Straftat resultierenden privatrechtlichen Wiedergutmachungsansprüche durchzusetzen. Die Miterledigung der privatrechtlichen Ansprüche dient vor allem den Interessen des Opfers einer Straftat, das auf diese Weise möglichst rasch und unkompliziert zur zivilrechtlichen Wiedergutmachung der Straftat gelangen soll (Schmoller in WK-StPO § 4 Rz 1 f). Insbesondere im staatsanwaltlichen Diversionsverfahren sind die Interessen des Verletzten zu prüfen und - soweit sie berechtigt sind - im größtmöglichen Ausmaß zu fördern (§ 90i Abs 1 StPO). Das Strafverfahren generell kann und soll also - zwar nicht in erster Linie - zumindest am Rande der Durchsetzung privatrechtlicher Ansprüche dienen. Diese Tendenz wird im Strafprozessreformgesetz, BGBl I 2004/19, noch verstärkt, verpflichtet doch dessen § 10 Abs 2 Kriminalpolizei, Staatsanwaltschaft und Gericht, auf die Rechte und Interessen der Opfer von Straftaten angemessen Bedacht zu nehmen.

Ob eine (konkrete) Bestimmung der StPO dem Schutz des durch eine Straftat Geschädigten dient, ist nach dem Zweck der Amtspflicht wertend zu beurteilen. So haben etwa die Vorschriften über Hausdurchsuchung und Beschlagnahme nicht den Zweck, einem durch ein Vermögensdelikt Geschädigten die Befriedigung seiner Schadenersatzforderung zu gewährleisten (Schragel, AHG3 Rz 320 mwN).

Auch im Amtshaftungsrecht macht die Verursachung eines Schadens nur dann ersatzpflichtig, wenn dem geltend gemachten Anspruch die vorwerfbare Verletzung eines absoluten Rechts, die Übertretung eines Schutzgesetzes nach § 1311 ABGB oder ein sittenwidriges Verhalten des Schädigers zugrunde liegt. Im vorliegenden Fall kommt nur die Verletzung eines Schutzgesetzes in Betracht. Dabei muss die übertretene Bestimmung gerade auch bezwecken, den Geschädigten vor eingetretenen Vermögensnachteilen zu schützen. Ein Rechtswidrigkeitszusammenhang zwischen der Verletzung einer öffentlich-rechtlichen Bestimmung und einem eingetretenen Schaden ist aber bereits dann anzunehmen, wenn die übertretene Norm die Verhinderung eines Schadens wie des später eingetretenen lediglich mitbezweckt. Allein deshalb, weil eine dem öffentlichen Interesse dienende Amtshandlung mittelbar auch die Interessen eines Dritten berührt, ihm zugute kommt und damit als Reflexwirkung pflichtgemäßen Verhaltens einen Vorteil verschaffen kann, lässt sich indes noch nicht auf eine Rechtspflicht gerade einem solchen Dritten gegenüber schließen (1 Ob 142/06y mwN). Dies ist hier der Fall:

Auch das Strafrecht erfordert keinen unvernünftigen Einsatz öffentlicher Mittel. Sofern ohne einen außer Verhältnis stehenden Kostenaufwand von vornherein keine hinreichende Wahrscheinlichkeit einer Verurteilung besteht, ist die Anzeige bereits vom Staatsanwalt zurückzulegen (Schmoller aaO § 3 Rz 31).

Die Sicherheitsbehörden schreiten nach § 24 StPO zum einen selbständig und zum anderen auf Anordnung von Gericht bzw Staatsanwalt ein, jedenfalls aber nicht auf Verlangen Dritter. Dem Verlangen des Klägers, noch ausführlichere Ermittlungen anzustellen, wurde letztlich seitens des Bezirksanwalts nicht Folge geleistet.

Der Legalitätsgrundsatz verpflichtet den Staatsanwalt zwar zur Verfolgung aller Delikte, die ihm in amtlicher Eigenschaft bekannt werden, aber auch nach dem Legalitätsgrundsatz darf der Staatsanwalt die Einleitung eines Verfahrens nur beantragen, wenn ein hinreichender Anlass besteht. § 90 StPO spricht von „genügenden Gründen, wider eine bestimmte Person das Strafverfahren zu veranlassen". Das Legalitätsprinzip ist in Relation zu einer gewissen Verurteilungswahrscheinlichkeit aufzufassen: Ob ein Verfahren veranlasst werden soll, dessen Zweck in der geordneten Ermöglichung von Schuldspruch und Bestrafung besteht, dafür spielen Abwägungsmomente eine Rolle. Die einzelne Verfolgung muss sich auf eine Erwartung stützen können, die den Preis der Strafverfolgung (für die Staatskasse ebenso wie für die Rechte des zu Beschuldigenden oder Dritter) rechtfertigt. Es kommt also auf eine gewisse Wahrscheinlichkeit, dass ein Schuldspruch (bzw eine diversionelle Erledigung) erfolgen werde, an (Höpfel, Staatsanwalt und Unschuldsvermutung [1988], 182 f).

Im vorliegenden Fall erachteten die Strafverfolgungsbehörden - nachvollziehbar - die „gewisse Wahrscheinlichkeit, dass (gegen wen immer) ein Schuldspruch erfolgen werde", als nicht gegeben. Es ist auch nicht ersichtlich, inwiefern die behördlicherseits gepflogenen Ermittlungen fehlerhaft gewesen seien, war doch nicht einmal (ohne weitwendige Erhebungen) feststellbar, welcher Knabe den Unfall ausgelöst haben soll. Die bloße Berufung auf eine Verletzung der Aufsichtspflicht einer allfälligen Aufsichtsperson, etwa eines Trainers des Vereins, zeigt jedenfalls keine Ermittlungsfehler der Strafverfolgungsbehörden auf. Der Verletzte hat weder ein Recht auf Beteiligung an der Ausforschung des unbekannten Täters, noch auf Einleitung subsidiärer Verfolgungsschritte (Spenling in WK-StPO Vor §§ 365-379, Rz 6), noch - wie hier - auf Durchführung von im strafrechtlichen Sinn „zwecklosen" (weiteren) Erhebungen bloß zur Erleichterung der Durchsetzung seiner zivilrechtlichen Ansprüche.

Zusammengefasst steht bereits auf Basis des festgestellten Sachverhalts fest, dass kein rechtswidriges und schuldhaftes Fehlverhalten der Sicherheitsbehörde vorlag. Es bedarf daher keiner Verbreiterung der Tatsachengrundlage, weshalb das - klageabweisende - Urteil des Erstgerichts wiederherzustellen ist.

Die Kostenentscheidung gründet auf den §§ 50, 41 ZPO.

Stichworte