OGH 6Nc25/07i (6Nc26/07m)

OGH6Nc25/07i (6Nc26/07m)24.1.2008

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Pimmer als Vorsitzenden und durch die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Schenk sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schramm, Dr. Gitschthaler und Univ.-Prof. Dr. Kodek als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei W***** mbH, *****, vertreten durch Hohenberg Strauss Buchbauer Rechtsanwälte GmbH in Graz, gegen die beklagte Partei Univ.-Prof. Dr. Rudolf B*****, vertreten durch Mag. Christian Pilz, Rechtsanwalt in Wien, wegen Einverleibung des Eigentums (Streitwert 7.267,30 EUR), über den Ablehnungsantrag und den Delegierungsantrag der beklagten Partei den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der Ablehnungsantrag der beklagten Partei gegen sämtliche Richter des Oberlandesgerichts Graz wird zurückgewiesen.

Der Antrag der beklagten Partei, das Verfahren an das Oberlandesgericht Linz zu delegieren, wird abgewiesen. Die beklagte Partei hat die Kosten ihres Antrags selbst zu tragen.

Text

Begründung

Mit Urteil vom 17. 11. 2006 (ON 44) gab das Bezirksgericht Graz-Ost der Klage statt. Der Beklagte erhob gegen das Urteil Berufung (ON 46). Nach der Geschäftsverteilung des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Graz fällt die Behandlung dieses Rechtsmittels in die Zuständigkeit des Senats 6. Vorsitzender dieser Abteilung ist Dr. Eugen Strohl, Senatsmitglieder sind die Richter Dr. Reinhard Klepeisz und Dr. Manja Scherz.

Im Schriftsatz vom 20. 4. 2007 (ON 52) lehnte der Beklagte den Vorsitzenden Dr. Eugen Strohl sowie den beisitzenden Richter Dr. Reinhard Klepeisz und den Vizepräsidenten des Landesgerichts Dr. Herbert Weratschnig als befangen ab bzw bezeichnete diese als ausgeschlossen. Einen mit diesem Ablehnungsantrag verbundenen Delegierungsantrag wies der Oberste Gerichtshof mit Beschluss vom 25. 5. 2007 ab (6 Nc 11/07f).

Mit Beschluss vom 15. 10. 2007 (4 Nc 4/07g-5) wies der 4. Senat des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Graz den Ablehnungsantrag gegen die Richter Dr. Strohl, Dr. Klepeisz und Dr. Scherz zurück. Mit Schriftsatz vom 3. 11. 2007 lehnt der Beklagte „sämtliche Richter des Oberlandesgerichts Graz" und „sämtliche Richter des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Graz" wegen Befangenheit ab. Namentlich angeführt wurden sämtliche beim Oberlandesgericht Graz in der Rechtsprechung tätigen Richter in alphabetischer Reihenfolge. Unter einem beantragte der Beklagte die Delegierung der Rechtssache an das Oberlandesgericht Linz.

Im selben Schriftsatz erhob der Beklagte gegen die Zurückweisung seines Ablehnungsantrags Rekurs.

Mit Beschluss vom 26. 11. 2007 wies der 4. Senat des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Graz den Rekurs als verspätet zurück. Die Verwerfung des Ablehnungsantrags sei dem Antragsteller am 22. 10. 2007 zugestellt worden. Die Rechtsmittelfrist habe daher am 5. 11. 2007 geendet (§§ 124, 125 ZPO). Der erst am 6. 11. 2007 in der Zeit von 0 Uhr 31 bis 0 Uhr 37 per Telefax eingebrachte Rekurs sei daher verspätet.

Rechtliche Beurteilung

Hiezu hat der Oberste Gerichtshof erwogen:

Eine Ablehnung kann nur aus persönlichen Gründen gegen die bestimmte Person eines Richters erfolgen; die Ablehnung eines ganzen Gerichts ist daher unzulässig (RIS-Justiz RS0046005). Eine Mehrzahl von Richtern kann daher nur durch Ablehnung jedes Einzelnen von ihnen sowie durch Angaben detaillierter konkreter Ablehnungsgründe in Ansehung jedes einzelnen Richters erfolgreich abgelehnt werden (1 Ob 42/99d). Die unsubstantiierte pauschale Ablehnung aller Richter eines Gerichtshofs ist unzulässig (9 N 502/99). Pauschal und ohne Anführung bestimmter Gründe zu namentlich bezeichneten Richtern eingebrachte Ablehnungserklärungen sind nicht dem Gesetz gemäß ausgeführt (6 Ob 122/00d; vgl auch RIS-Justiz RS0045983).

Der Schriftsatz des Beklagten enthält eine weitwendige subjektive Schilderung des den Hintergrund des gegenständlichen Verfahrens bildenden Sachverhalts sowie disziplinäre Vorwürfe gegen einen der Klagevertreter. Außerdem habe Richter Dr. Klepeisz einmal formuliert, er behalte sich Schritte gegen den Antragsteller wegen der haltlosen Vorwürfe vor. Daraus ergebe sich seine Befangenheit. Außerdem bestünde die Besorgnis, dass Dr. Klepeisz und Dr. Strohl ihr „Image" gegenüber dem Klagevertreter „gerade richten" wollten. Aufgrund dieses Sachverhalts erklärte der Beklagte, „sämtliche Richter des OLG Graz" sowie „auch sämtliche Richter des LGZ Graz" als befangen abzulehnen.

Außerdem wiederholt der Beklagte seine Behauptung, in Amtshaftungssachen bewirke § 9 AHG die Ausgeschlossenheit des gesamten Gerichts. Eine analoge Anwendung des § 9 Abs 4 AHG ist jedoch nur für jene Verfahren geboten, die einem Amtshaftungsprozess vorausgehen oder die die Voraussetzung für die Einbringung bei einer Amtshaftungsklage bilden (RIS-Justiz RS0109237). Dass diese Voraussetzung hinsichtlich aller pauschal abgelehnten Richter vorliegt, wurde vom Beklagten nicht einmal behauptet, geschweige denn substantiiert dargetan. Aus der Eingabe des Beklagten ist nicht einmal erkennbar, dass alle der angeführten Richter überhaupt Entscheidungen gefällt haben sollten, auf die der Beklagte Amtshaftungsansprüche stützt. Völlig unerfindlich ist, warum die angebliche Äußerung eines erstinstanzlichen Richters, der eine andere Entscheidung als „Blödsinn" bezeichnet haben soll, eine Befangenheit sämtlicher Richter des Oberlandesgerichts Graz begründen sollte. Der unbegründete Ablehnungsantrag war daher vom gemäß § 23 JN zuständigen Obersten Gerichtshof (vgl RIS-Justiz RS0109137) spruchgemäß zurückzuweisen.

Im Hinblick auf die abschließende Erledigung der Ablehnung aller Richter des Oberlandesgerichts Graz erübrigt sich aber auch die vom Beklagten weiters beantragte Delegierung an das Oberlandesgericht Linz. Vielmehr kann nunmehr das Oberlandesgericht Graz über die - gleichfalls pauschal ausgesprochene - Ablehnung aller Richter des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Graz entscheiden. Dem Obersten Gerichtshof fehlt insoweit die funktionelle Zuständigkeit (vgl 3 Ob 175/97z).

Die Entscheidung über die Kosten des Verfahrens gründet sich auf §§ 41, 50 ZPO. Im Übrigen ist nach der Rechtsprechung ein Kostenersatz im Ablehnungsverfahren nicht vorgesehen (SZ 63/24; 3 Ob 175/97z uva).

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