OGH 11Os129/07s

OGH11Os129/07s18.12.2007

Der Oberste Gerichtshof hat am 18. Dezember 2007 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Zehetner als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Danek, Dr. Schwab, Dr. T. Solé und Mag. Lendl als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Prammer als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Daniel de R***** und einen anderen Angeklagten wegen des Verbrechens des teils vollendeten, teils versuchten gewerbsmäßigen schweren Betruges nach §§ 146, 147 Abs 1 Z 1, Abs 3, 148 zweiter Fall und 15 StGB sowie weiterer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 1. Juni 2007, GZ 033 Hv 61/07s-97, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil, das auch den rechtskräftigen Schuldspruch eines anderen Angeklagten enthält, wurde Daniel de R***** des Verbrechens des teils vollendeten, teils versuchten gewerbsmäßigen schweren Betruges nach §§ 146, 147 Abs 1 Z 1 erster und dritter Fall, Abs 3, 148 (richtig: erster und) zweiter Fall und 15 StGB, teils als Beteiligter nach § 12 dritter Fall StGB (I.), der Vergehen der kriminellen Vereinigung nach § 278 Abs 1 StGB (II.) sowie der Vergehen der Fälschung besonders geschützter Urkunden nach §§ 223 Abs 2, 224 StGB (III.) schuldig erkannt.

Gemäß § 20 Abs 1 Z 1 StGB wurde bei Daniel de R***** ein Betrag von 30.000 Euro „als eingetretene unrechtmäßige Bereicherung" abgeschöpft.

Rechtliche Beurteilung

Ausschließlich gegen die (zu geringe) Abschöpfung der Bereicherung richtet sich die auf § 281 Abs 1 Z 11 zweiter Fall StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde der Staatsanwaltschaft. Sie verfehlt ihr Ziel. Das Erstgericht begründete die Abschöpfung der Bereicherung damit, dass der Erstangeklagte einen aus strafbaren Handlungen erzielten Betrag von 30.000 Euro genannt habe. Ein höherer Erlös aus den strafbaren Handlungen sei nicht nachzuweisen, weshalb dieser genannte Betrag abgeschöpft werde (US 31f).

Im Rahmen der Sanktionsrüge bringt die Staatsanwaltschaft vor, die Tatrichter hätten bei der Abschöpfungsentscheidung - rechtsirrig - die Bestimmung des § 20 Abs 2 StGB außer Acht gelassen und deshalb weitere Konstatierungen zu Vermögensflüssen auf den von Daniel de R***** eröffneten Konten unterlassen. Wären sie diesem Rechtsirrtum nicht erlegen, hätten sie die „auf den mit einstweiligen Verfügungen gesperrten Konten erliegenden Beträge", nämlich insgesamt 92.076,93 Euro, „unzweifelhaft festgestellt und daraus die gesetzlich vorgesehene Konsequenz der Abschöpfung dieses weiteren Betrages gezogen". Des Weiteren mangle es dem Urteil an Feststellungen zu der Frage, wem die aus Barbehebungen des Daniel de R***** herrührenden Vermögensvorteile im Betrag von zumindest 174.000 Euro (US 25) zugeflossen seien.

Einer - grundsätzlich zulässigen (RIS-Justiz RS0114233; Fuchs/Tipold in WK2 § 20 Rz 146) - Anfechtung aus Z 11 zweiter Fall unterliegt der Ausspruch über vermögensrechtliche Anordnungen, der dem Sanktionsausspruch insofern gleichgestellt ist (Ratz, WK-StPO § 281 Rz 663), nur insoweit, als das Erstgericht über das Vorliegen einer sogenannten Strafbemessungstatsache bei der Sanktionsfindung auch tatsächlich entschieden hat. Nicht das, was für einen rechtsrichtigen Sanktionsausspruch aus Sicht der Rechtsmittelinstanz maßgeblich gewesen wäre, bildet den Bezugspunkt der Anfechtung, sondern, das, was beim konkreten Strafbemessungsvorgang auch tatsächlich in Rechnung gestellt, also dem vom Erstgericht in concreto vorgenommenen Ausspruch über die Sanktion zugrundegelegt wurde (RIS-Justiz RS0116641).

Zur prozessordnungsgemäßen Ausführung dieses Nichtigkeitsgrundes bedarf es daher des Hinweises auf eine sich aus den Urteilsgründen ergebende unrichtige rechtliche Beurteilung eines im Urteil auch tatsächlich festgestellten, für die Strafbemessung - hier für die vermögensrechtliche Anordnung - ausschlaggebenden Sachverhalts (SSt 59/41).

Rechtsfehler mangels Feststellungen und Feststellungsmängel im engeren Sinn sind aus Z 11 zweiter Fall nur relevant, wenn die Strafzumessungstatsache beim Sanktionsausspruch des Erstgerichtes auch in Rechnung gestellt wurde, also dabei „maßgebend" war. War das nicht der Fall, wurde also bei der Sanktionsbemessung über Vorliegen oder Nichtvorliegen der Sanktionszumessungstatsache rechtlich nicht abgesprochen, kann deren Nichtberücksichtigung auch nicht unter Hinweis auf dahin weisenden Indizien mit Nichtigkeitsbeschwerde gerügt werden (Ratz, WK-StPO § 281 Rz 698, 709).

Indem die Rüge aber keine unrichtige rechtliche Beurteilung eines im Urteil auch tatsächlich festgestellten, für den Ausspruch über die Abschöpfung der Bereicherung ausschlaggebenden Sachverhalts darzulegen vermag, sondern lediglich die Abschöpfung weiterer, ihrer Ansicht nach zumindest unter § 20 Abs 2 StGB fallender Vermögensvorteile begehrt, macht sie bloß einen Berufungsgrund geltend und verfehlt solcherart die gebotene Orientierung an den Verfahrensgesetzen.

Davon abgesehen wird der behauptete Feststellungsmangel auch nicht prozessordnungsgemäß dargestellt. Die Staatsanwaltschaft unterlässt es nämlich, darauf hinzuweisen, welche - als Grundlage einer weitergehenden Abschöpfung geeigneten - Urteilskonstatierungen ihrer Ansicht nach konkret aus den angeführten Indizien (den gesperrten Konten) abzuleiten gewesen wären (RIS-Justiz RS0118580). Dies wäre umso eher geboten gewesen, als die in der Nichtigkeitsbeschwerde zitierten Fundstellen (S 487/I, S 41 f der ON 58 in ON 47, S 233 und 271/III) alleine keinen (ausreichenden) Hinweis darauf enthalten, dass die auf den Auszügen der gesperrten Konten ausgewiesenen - zT bereits lange (ein halbes Jahr) vor den Ausführungshandlungen zugeflossenen - Geldbeträge aus weiteren Verbrechen der verfahrensgegenständlichen Art iSd § 20 Abs 2 Z 2 StGB stammen könnten.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher in Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Generalprokuratur bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO), woraus die Kompetenz des Oberlandesgerichtes Wien zur Entscheidung über die Berufung folgt (§ 285i StPO).

Eine Kostenentscheidung hatte nicht zu erfolgen (§ 390a Abs 1 StPO).

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