Spruch:
Der Nichtigkeitsbeschwerde wird Folge gegeben, es werden das angefochtene Urteil, welches im Übrigen unberührt bleibt, im Strafausspruch (einschließlich der Vorhaftanrechnung) sowie der Beschluss nach § 494a Abs 1 Z 4 StPO aufgehoben und es wird in der Sache selbst erkannt:
Dembo C***** wird für die ihm zur Last liegenden Verbrechen nach § 28 Abs 2 vierter Fall, Abs 3 erster Fall SMG und die Vergehen nach § 27 Abs 1 sechster Fall, Abs 2 Z 2 erster Fall SMG unter Anwendung des § 28 StGB nach § 28 Abs 3 SMG zu einer Freiheitsstrafe von viereinhalb Jahren verurteilt.
Gemäß § 38 Abs 1 Z 1 StGB wird die Vorhaft vom 29. März 2007, 16 Uhr 10, bis 13. Dezember 2007, 10 Uhr 05, auf die verhängte Freiheitsstrafe angerechnet.
Mit seiner Berufung und seiner Beschwerde wird der Angeklagte auf diese Entscheidung verwiesen.
Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
II. den Beschluss
gefasst:
Gemäß § 494a Abs 1 Z 2 StPO wird vom Widerruf der zum AZ 2 BE 206/04s des Landesgerichtes für Strafsachen Graz ausgesprochenen bedingten Entlassung aus der mit dem Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Graz zum AZ 8 Hv 34/03v verhängten Freiheitsstrafe abgesehen und nach § 494a Abs 6 StPO die Probezeit auf fünf Jahre verlängert.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde Dembo C***** der Verbrechen nach § 28 Abs 2 vierter Fall, Abs 3 erster Fall SMG sowie der Vergehen nach § 27 Abs 1 sechster Fall, Abs 2 Z 2 erster Fall SMG schuldig erkannt und zu einer Freiheitsstrafe von fünfeinhalb Jahren verurteilt. Danach hat er vom August 2005 bis 29. März 2007 in Graz den bestehenden Vorschriften zuwider Suchtgift in einer großen Menge (§ 28 Abs 6 SMG) gewerbsmäßig in Verkehr gesetzt, indem er zumindestens 723 Gramm Heroin sowie 20 Gramm Kokain an verschiedene Abnehmer gewinnbringend verkaufte.
Rechtliche Beurteilung
Dagegen richtet sich die auf § 281 Abs 1 Z 11 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten, der Berechtigung zukommt. Bei der Strafbemessung wertete das Schöffengericht unter anderem als erschwerend den Handel mit verschiedenen Suchtmitteln sowie den Umstand, dass die zwei gefährlichsten Suchtgifte, nämlich Heroin und Kokain, in Verkehr gesetzt wurden (US 14 f).
Ergibt sich eine tatbestandliche Handlungseinheit durch die gebotene (vgl Kirchbacher/Schroll RZ 2005 142; RIS-Justiz RS0087874) Zusammenrechnung verschiedener Suchtgifte und wird durch diese Addition die Verwirklichung eines oder mehrerer Verbrechen nach § 28 Abs 2 vierter Fall SMG mitbestimmt (vgl US 5, wonach der mit entsprechendem Additionsvorsatz handelnde Angeklagte Kokain bis Ende Dezember 2005 verkaufte, Heroin hingegen bis Ende März 2007 in Verkehr setzte), so verstößt - wie der Beschwerdeführer zutreffend aufzeigt - die Annahme eines im Zusammentreffen verschiedener Wirkstoffe bestehenden Erschwerungsgrundes gegen das im § 32 Abs 2 erster Satz StGB verankerte Doppelverwertungsverbot (vgl RIS-Justiz RS0116750). In welchen bzw in wie vielen Fällen durch die Zusammenrechnung der verschiedenen Suchtgifte der Tatbestand des § 28 Abs 2 vierter Fall SMG erfüllt wurde, kann - entgegen der insoweit eine Nichtigkeit nach § 281 Abs 1 Z 11 StPO verneinenden Stellungnahme der Generalprokuratur - auf sich beruhen, kommt doch allein dem Umstand Bedeutung zu, dass durch diese Mengenkumulation in Ansehung der unter Ausklammerung eines Additionsvorsatzes sonst nach § 27 Abs 1 SMG zu beurteilenden Tathandlungen zumindest ein Verbrechen nach § 28 Abs 2 SMG erfüllt wurde, also die mengenbezogene Deliktsverwirklichung von gerade dem als erschwerend gewerteten Geschehen abhängt.
Aber auch mit der weiteren Rüge ist der Nichtigkeitswerber im Recht, kommt doch bei dem auf Tatobjekte in einer großen Menge abstellenden Tatbestand nach § 28 SMG dem Umstand, dass es sich bei Heroin und Kokain um zwei der gefährlichsten Suchtgifte handelt, keine zusätzliche erschwerende Bedeutung zu. Da der Gesetzgeber mit § 1 Suchtgift-Grenzmengenverordnung iVm § 28 Abs 6 SMG das dem Kokain und Heroin beigemessene Gefährdungspotential bereits in der die Strafdrohung des § 28 Abs 2 SMG bestimmenden Grenzmenge berücksichtigt, verstößt dessen - im Hinblick auf die in diesem Zusammenhang genannte Tatmodalität des Inverkehrsetzens (US 14) eindeutig auch auf die Verbrechen nach § 28 Abs 2 vierter Fall, Abs 3 erster Fall SMG bezugnehmende (anders bei bloßen Tathandlungen nach § 27 SMG; vgl Kirchbacher/Schroll RZ 2005, 119) - aggravierende Bewertung bei der Strafbemessung wiederum gegen das im § 32 Abs 2 erster Satz StGB verankerte Doppelverwertungsverbot (vgl Kirchbacher/Schroll RZ 2005, 119 f; Hinterhofer in Hinterhofer/Rosbaud SMG § 28 Rz 112; RIS-Justiz RS0102874). Ein ebensolcher Verstoß liegt - vom Beschwerdeführer allerdings nicht gerügt - in der vom erkennenden Gericht angenommenen Steigerung des Gesinnungsunwertes durch die Intention des Rechtsmittelwerbers, ungeachtet der Gefährdung einer Vielzahl von Personen selbst rasch viel Geld zu verdienen, und zwar ausschließlich mit dem Ziel der eigenen Bereicherung (US 16). Die damit angesprochene besondere kriminelle Tendenz wird schon von der Gewerbsmäßigkeitsqualifikation der fallbezogen verwirklichten Delikte nach § 28 Abs 3 erster Fall SMG und § 27 Abs 2 Z 2 erster Fall SMG erfasst und darf daher auch unter dem Gesichtspunkt der Schwere der dem Angeklagten anzulastenden Schuld nicht nochmals strafsteigernd ins Kalkül gezogen werden (vgl Hinterhofer in Hinterhofer/Rosbaud SMG § 28 Rz 112). Angesichts dieser fehlerhaften Strafzumessungserwägungen war der Nichtigkeitsbeschwerde Folge zu geben, es waren der Strafausspruch (einschließlich der Vorhaftanrechnung) sowie der damit zusammenhängende Beschluss nach § 494a Abs 1 Z 4 StPO aufzuheben und es war in der Sache selbst zu erkennen.
Bei der damit notwendig gewordenen Strafneubemessung fiel als erschwerend ins Gewicht das Zusammentreffen von vierundzwanzig Verbrechen mit mehreren Vergehen, der lange, sich über eineinhalb Jahre erstreckende Deliktszeitraum sowie die einschlägige Vorstrafe. Dem steht kein Milderungsumstand gegenüber.
In Abwägung dieser Strafzumessungsgründe entspricht eine Freiheitsstrafe von viereinhalb Jahren sowohl dem Unrechtsgehalt der Tat als auch der Schuld des Angeklagten.
Die Vorhaftanrechnung beruht auf § 38 Abs 1 Z 1 StGB. In Anbetracht der nunmehr verhängten mehrjährigen Sanktion bedurfte es keines Widerrufs der zum AZ 2 BE 206/04s des Landesgerichtes für Strafsachen Graz ausgesprochenen bedingten Entlassung aus der mit dem Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Graz zum AZ 8 Hv 34/03v verhängten Freiheitsstrafe, zumal ein zusätzlich zum konkret ausgemessenen gravierenden Strafübel tretender Vollzug des bedingt nachgesehenen Strafrestes von fünf Monaten und dreizehn Tagen gerade nicht unumgänglich ist, um die bei Dembo C***** anzustrebende Präventionswirkung auszulösen (§ 53 Abs 1 StGB; vgl Jerabek in WK2 [2006] § 53 Rz 7).
Allerdings war im Hinblick auf den Rückfall nur acht Monate nach der bedingten Entlassung aus einer wegen einschlägiger Delinquenz verhängten Freiheitsstrafe die Probezeit gemäß § 494a Abs 6 StPO auf fünf Jahre zu verlängern.
Mit seiner Berufung und Beschwerde war Dembo C***** auf diese Entscheidung zu verweisen.
Die Kostenentscheidung stützt sich auf § 390a Abs 1 StPO.
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