OGH 6Ob273/07a

OGH6Ob273/07a12.12.2007

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Pimmer als Vorsitzenden und durch die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Schenk sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schramm, Dr. Gitschthaler und Univ.‑Prof. Dr. Kodek als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei B*****, vertreten durch Dr. Gerhard Deinhofer, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagten Parteien 1. G*****, nunmehr T*****, 2. T*****, nunmehr T*****, beide ***** beide vertreten durch Dr. Michael Brunner und Dr. Elmar Reinitzer, Rechtsanwälte in Wien, wegen 1.664 EUR sA, über die Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Handelsgerichtes Wien als Berufungsgericht vom 25. Juni 2007, GZ 60 R 40/07y‑26, womit das Urteil des Bezirksgerichtes für Handelssachen Wien vom 11. Jänner 2007, GZ 8 C 1843/05w‑22, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2007:0060OB00273.07A.1212.000

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die beklagte Partei hat die Kosten ihrer Revisionsbeantwortung selbst zu tragen.

Begründung

Rechtliche Beurteilung

Die Revision der Klägerin ist - entgegen dem den Obersten Gerichtshof nicht bindenden Ausspruch des Berufungsgerichts - mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage nicht zulässig.

Der klagende Verband macht unter Berufung auf § 502 Abs 5 Z 3 ZPO den ihm abgetretenen Anspruch auf Preisminderung und Schadenersatz wegen entgangener Urlaubsfreude geltend. Die Beklagten hätten die Zedentin anlässlich der Buchung nicht ausreichend davor gewarnt, dass das von ihr gewünschte Hotel wegen vorhandener Stufen für sie als Rollstuhlfahrerin nicht geeignet sei. Sie hätten demnach gegen ihre Warnpflicht nach § 1168a ABGB verstoßen.

Die Vorinstanzen haben (bindend) festgestellt, dass die Zedentin anlässlich der Buchung darüber informiert wurde, dass das von ihr gewünschte Hotel nicht behindertengerecht ausgestattet ist. Der Zedentin war angesichts ihrer Behinderungen bereits vor der Buchung klar, dass sie eine Begleitperson benötigen werde. Die Frage, ob Stufen vorhanden sind, war nicht Inhalt des Buchungsgesprächs. Der Zedentin wurde ein Zimmer im Erdgeschoss zugewiesen. Sie musste zwei Stufen überwinden, um in das ebenerdig gelegene Zimmer zu gelangen, eine weitere Stufe befand sich im Zimmer und zwei weitere vom Zimmer zur Terrasse. An Ort und Stelle behalf sich die Zedentin damit, dass sie Mitarbeiter des Hotels um Hilfe beim Transport ersuchte. Diese Mitarbeiter trugen dem Rechnung und boten ihre Hilfe im Verlauf des Urlaubs auch aus Eigenem an. Innerhalb des Zimmers selbst war es der Zedentin möglich, ohne Hilfe ins Bad zu gelangen.

Im vorliegenden Fall ist entscheidend, ob die Beklagten die an den Rollstuhl gefesselte Zedentin, obgleich diese darüber aufgeklärt war, dass das von ihr gewünschte Hotel nicht behindertengerecht ausgestattet ist, auch darüber hätten informieren müssen, aus welchen Gründen die Hotelausstattung nicht behindertengerecht war.

Nach ständiger Rechtsprechung besteht keine Rechtspflicht, den Vertragspartner über alle Umstände aufzuklären, die für seine Willensbildung bedeutsam sein könnten. Der Umfang der Aufklärungspflicht wird nach herrschender Ansicht durch die Grundsätze des redlichen Geschäftsverkehrs begrenzt (RIS‑Justiz RS0111165). Die Beurteilung richtet sich jeweils nach den Umständen des Einzelfalls und bildet ‑ vom Fall grober Fehlbeurteilung abgesehen ‑ regelmäßig keine erhebliche Rechtsfrage. Ob im Einzelfall das Unterbleiben der Aufklärung über einen erkennbaren Umstand eine schuldhafte, haftungsbegründende Warnpflichtverletzung darstellt, kann wegen der Kasuistik der Fallgestaltung keine allgemein bedeutsame Frage des materiellen Rechts sein, der zur Wahrung der Rechtseinheit, Rechtssicherheit oder Rechtsentwicklung erhebliche Bedeutung zukommt (stRsp RIS‑Justiz RS0116074).

Die Vorinstanzen haben eine Warnpflichtverletzung verneint, die beklagten Parteien hätten ohnehin darauf hingewiesen, dass das Hotel nicht behindertengerecht ausgestattet sei. Eine weitergehende Aufklärungspflicht, aus welchen Gründen dies so sei, treffe die Beklagten mangels ausdrücklicher Nachfrage der Kundin nicht.

Die Entscheidung steht mit der dargelegten Rechtsprechung zu Aufklärungs‑ und Warnpflichten des Vertragspartners in Einklang und verwirklicht keine, aus Gründen der Rechtseinheit, Rechtssicherheit oder Rechtsentwicklung aufzugreifende Fehlbeurteilung. Steht die Beurteilung der Vorinstanzen mit den Grundzügen oberstgerichtlicher Rechtsprechung in Einklang, so ist es nicht Aufgabe des Obersten Gerichtshofes, zu Verletzungen der Warnpflicht in Bezug auf jede nur denkbare Vertragsgestaltung gesondert Stellung zu nehmen.

Die Entscheidung über die Kosten der Revisionsbeantwortung beruht auf §§ 41 und 50 Abs 1 ZPO. Die beklagten Parteien haben auf die Unzulässigkeit des Rechtsmittels nicht hingewiesen, sodass ihre Rechtsmittelbeantwortung der zweckentsprechenden Rechtsverteidigung nicht dienlich war.

Stichworte