OGH 1Ob93/07v

OGH1Ob93/07v29.11.2007

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Gerstenecker als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Univ.-Doz. Dr. Bydlinski, Dr. Fichtenau, Dr. E. Solé und Dr. Schwarzenbacher als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien 1) Herbert S*****, und 2) Barbara S*****, beide vertreten durch Freimüller Noll Obereder Pilz & Partner Rechtsanwälte GmbH in Wien, wider die beklagte Partei DI Herwig M*****, vertreten durch Dr. Rudolf Denzel und Dr. Peter Patterer, Rechtsanwälte in Villach, wegen EUR 33.720,08 sA, infolge außerordentlicher Revision der klagenden Parteien gegen das Urteil des Landesgerichts Klagenfurt als Berufungsgericht vom 1. März 2007, GZ 2 R 18/07k-18, womit das Urteil des Bezirksgerichts Villach vom 9. Oktober 2006, GZ 6 C 613/06p-13, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt und beschlossen:

 

Spruch:

Der Revision wird teilweise Folge gegeben.

1. Die Entscheidungen der Vorinstanzen werden insoweit als Teilurteil bestätigt, als das Klagebegehren, die beklagte Partei sei schuldig, den klagenden Parteien den Betrag von EUR 32.595,50 samt 4 % Zinsen aus EUR 2.595,55 seit 1. 9. 2005 zu zahlen, abgewiesen wird. Die Kostenentscheidung bleibt insoweit der Endentscheidung vorbehalten.

2. Im Übrigen, also hinsichtlich des Begehrens auf Zahlung weiterer EUR 1.124,58 samt 4 % Zinsen aus EUR 2.227,20 seit 1. 9. 2005, werden die Entscheidungen der Vorinstanzen aufgehoben und wird die Rechtssache insoweit an das Erstgericht zur neuerlichen Entscheidung nach Verfahrensergänzung zurückverwiesen.

Die Kosten des Revisionsverfahrens sind insoweit weitere Verfahrenskosten.

Text

Entscheidungsgründe:

Der Beklagte mietete im Jahr 1984 ein im Eigentum der Mutter der beiden Kläger stehendes Haus zur Ausübung eines Vermessungsbüros. Laut Mietvertrag hatte die Vermieterin im Falle der Veräußerung des Mietgegenstands alle Rechte und Pflichten aus dem Mietvertrag ihrem Einzelrechtsnachfolger zu überbinden. Im Jahr 2000 wurden die Kläger auf Grund eines Übergabsvertrags Eigentümer der Liegenschaft und ihrer Mutter verblieb das - grundbücherlich sichergestellte - Fruchtgenussrecht, sodass sie berechtigt ist, daraus alle Nutzungen zu ziehen, und verpflichtet ist, sämtliche damit verbundenen Lasten zu tragen. Im Zuge des Übergabsvertrags wurde der Beklagte aufgefordert, sich zu erklären, ob er ein bestehendes Vorkaufsrecht ausüben möchte, worauf er mitteilte, dass er mit der Übergabe der Liegenschaft an die Kläger unter der Bedingung einverstanden sei, dass sein Vorkaufsrecht unverändert aufrecht bliebe. Mit Einbringungsvertrag vom 24. 2. 2003 wurde das Einzelunternehmen des Beklagten in eine GmbH eingebracht; mit Schreiben vom 12. 6. 2003 wurde der Mutter der Kläger mitgeteilt, dass die Firma des Beklagten in diese GmbH umgegründet worden sei. Ab Einbringung des Einzelunternehmens in die GmbH wurden die Mietzinse an die Mutter der Kläger durch diese GmbH überwiesen. Mit 1. 1. 2004 haben die Kläger dem Beklagten die Mieten vorgeschrieben. Auch nach Erhalt dieses Schreibens wurden die Mietzinse von der GmbH überwiesen. Schließlich kündigte die GmbH das Mietverhältnis durch gerichtliche Aufkündigung an die Kläger.

Die Kläger begehrten mit ihrer Klage Schadenersatz wegen Schäden am Mietgegenstand in Höhe von EUR 30.000,-, ein Benützungsentgelt für August 2005 von EUR 2.595,55 sowie offenen Mietzins für Kfz-Abstellplätze von EUR 2.227,20. Unter Abzug von Kostenersatzansprüchen des Beklagten aus früheren Verfahren in Höhe von EUR 1.102,62 beträgt die klägerische Forderung EUR 33.720,13; geltend gemacht werden EUR 33.720,08.

Der Beklagte wandte unter anderem seine mangelnde passive Klagslegitimation ein. Seit 30. 3. 2003 werde die Miete von der GmbH an die Mutter der Kläger überwiesen. Dieser sei die Einbringung des Einzelunternehmens des Beklagten in die GmbH bekannt gegeben und seien die Zahlungen unbeanstandet angenommen worden. Es sei daher zu einem konkludenten Eintritt der GmbH in den Mietvertrag auf Seiten des Mieters gekommen. Vermieterin sei immer die Mutter der Kläger gewesen; sie sei dies noch immer.

Das Erstgericht wies die Klage auf Grund mangelnder Passivlegitimation des Beklagten ab. Er sei seiner Verpflichtung gemäß § 12a MRG nachgekommen, indem er mitgeteilt habe, dass es auf Mieterseite zu einem Wechsel (zur GmbH) gekommen sei. Ab diesem Zeitpunkt bestehe das Mietverhältnis zwischen der Mutter der Kläger als Fruchtgenussberechtigter und der GmbH, wobei die Mietzinszahlungen der GmbH unbeanstandet angenommen worden seien. Das Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung und sprach aus, dass die ordentliche Revision nicht zulässig sei. Mit der Einverleibung seines Eigentumsrechts übernehme der Erwerber gemäß § 1120 ABGB die bestehenden Bestandverträge kraft Gesetzes. Werde nach Abschluss eines Mietvertrags ein Fruchtgenussrecht begründet, trete der Fruchtnießer als Vermieter in den Vertrag ein. Das Fruchtgenussrecht der Mutter der Kläger sei im unmittelbaren sachlichen und zeitlichen Zusammenhang mit dem Eigentumsrecht der Kläger einverleibt worden. Faktisch habe sich daher durch den Übergabsvertrag im Jahr 2000 auf Vermieterseite nichts geändert. Den Klägern mangle es daher an ihrer aktiven Klagslegitimation, sodass das Klagebegehren schon aus diesem Grunde abzuweisen sei und auf die Passivlegitimation des Beklagten nicht näher eingegangen werden müsse.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision der Kläger ist zulässig und teilweise berechtigt.

1. Zum Schadenersatzanspruch in Höhe von EUR 30.000,- wegen der „Verwüstung" des Hauses:

a. Aktivlegitimation:

Die Kläger zeigen in ihrer Revisionsschrift zutreffend auf, dass der Schaden, der durch die Beschädigung einer vermieteten Sache entsteht, unabhängig vom Bestehen von Fruchtgenussrechten daran, im Vermögen des Eigentümers der Sache eintritt (RIS-Justiz RS0020699). Auch eine mangelnde Stellung der Kläger als Vertragsparteien des mit dem Mieter abgeschlossenen Mietvertrags ändert daher nichts an ihrer Aktivlegitimation hinsichtlich des geltend gemachten Schadenersatzanspruchs.

b. Passivlegitimation:

Während der Dauer des Fruchtgenussrechts hat der Fruchtnießer - und nicht der Eigentümer - sämtliche Rechte und Pflichten aus dem Bestandverhältnis dem Mieter bzw. Pächter gegenüber (RIS-Justiz RS0011855). Dem Fruchtnießer steht gemäß § 509 ABGB das Recht zu, die fremde Sache mit Schonung der Substanz ohne alle Einschränkung zu genießen. Er hat daher auch das Recht, die Liegenschaft zu vermieten und zu verpachten (SZ 21/152 uva). Mit der Begründung des Fruchtgenusses tritt der Fruchtnießer iS des § 1120 ABGB in bestehende Bestandverträge ein (RIS-Justiz RS0011849). Die Mutter der Kläger hat zwar ihr Eigentum an der Liegenschaft veräußert, sie hat uno actu jedoch das Fruchtgenussrecht daran eingeräumt erhalten. Somit ist die Schlussfolgerung des Berufungsgerichts zutreffend, dass sich an ihrer Rechtsstellung als Vermieterin durch die Aufgabe des Eigentums nichts geändert hat. Der Umstand, dass nach dem Inhalt des zwischen der Mutter der Kläger und dem Beklagten geschlossenen Mietvertrags die Vermieterin im Falle der Veräußerung des Mietgegenstands alle Rechte und Pflichten aus dem Mietvertrag an den Einzelrechtsnachfolger zu überbinden hat, ist für die hier relevante Rechtsfrage der Vermieterstellung unbeachtlich. Der Rechtsübergang erfolgt gemäß § 1120 ABGB schon von Gesetzes wegen. Im Fall der (gleichzeitigen) Einräumung des Fruchtgenussrechts an die vormalige Eigentümerin kommt es allerdings zu keinem Rechtsübergang in Bezug auf die Vermieterstellung. Gegenteiliges folgt auch nicht aus der Auslegung des Mietvertrags. Dass es den Mietvertragsparteien nämlich geradezu darauf angekommen wäre, dass der Eigentümer und nicht ein allenfalls Fruchtgenussberechtigter die Vermieterstellung inne haben sollte, lässt sich dem Sachverhalt nicht entnehmen.

Ist somit davon auszugehen, dass auch nach dem Eigentümerwechsel die Mutter der Kläger Vermieterin der Liegenschaft war, so folgt daraus - wie selbst die Revisionswerber zugestehen - die Wirksamkeit der (an die Mutter der Kläger gerichteten) Anzeige des Mieterwechsels (Beilage ./5) vom Beklagten auf die GmbH. Dem Beklagten fehlt daher die passive Klagslegitimation.

Die Revisionswerber stellten „für den Fall, dass der Oberste Gerichtshof wider Erwarten der Rechtsansicht der Unterinstanzen folgen werde, wonach die Mutter der Kläger als Vermieterin der streitgegenständlichen Liegenschaft zu qualifizieren und daher die an sie gerichtete Anzeige des Mieterwechsels (./5) wirksam erfolgt" sei, den Eventualantrag auf Berichtigung der Bezeichnung der beklagten Partei auf die GmbH. Bedingte Prozesshandlungen sind aber nur sehr eingeschränkt und nur dort zulässig, wo der Ablauf des Verfahrens bereits durch unbedingte Prozesshandlungen sichergestellt ist. Die Bezeichnung des Prozessgegners, gegen den die Klage gerichtet ist, kann nicht bedingt erfolgen (RIS-Justiz RS0039602). Der Eventualantrag „auf Zulassung der Richtigstellung der Parteibezeichnung" ist daher unzulässig (vgl jüngst 1 Ob 146/07p). Es hat somit in Bezug auf die gegen den Mieter erhobenen Schadenersatzforderung von EUR 30.000,- bei der Klagsabweisung zu bleiben.

2. Zum Begehren auf Zahlung von Benützungsentgelt für den August 2005 in Höhe von EUR 2.595,55 s.A.:

Der Fruchtnießer hat Anspruch auf die gewöhnlichen und außergewöhnlichen Erträge der dienstbaren Sache (SZ 43/83 uva); er hat das ausschließliche Recht auf Ausübung der Nutzungs- und Verwaltungsbefugnisse (7 Ob 142/02m mwN).

Das Benützungsentgelt steht daher der Fruchtnießerin, also der Mutter der Kläger zu. Diesbezüglich fehlt es den Klägern somit schon an der aktiven Klagslegitimation, weshalb es auch in Ansehung dieser Forderung bei der Klagsabweisung verbleibt.

3. Zum Begehren auf Zahlung von Parkplatzmiete in Höhe von EUR 2.227,20 s.A., abzüglich der klägerseits anerkannten Kostenersatzansprüche des Beklagten von EUR 1.102,62, somit restlich EUR 1.124,58 s.A.:

Diesbezüglich fehlt es schon an Feststellungen der Tatsacheninstanzen, welcher Mietvertrag zwischen welchen Parteien Grundlage dieser Forderung sein soll. Das Erstgericht wird im fortzusetzenden Verfahren mit den Parteien die Rechtsgrundlage dieser Forderung zu erörtern und die entsprechenden Feststellungen zu treffen haben.

Die Entscheidungen der Vorinstanzen sind demnach insoweit aufzuheben. Der Kostenvorbehalt beruht auf § 52 ZPO.

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