Spruch:
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei binnen vierzehn Tagen die mit EUR 399,74 (hierin enthalten EUR 66,62 USt) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Am 27. 12. 1999 ereignete sich im Gemeindegebiet von Hochleithen auf der B 7 ein Verkehrsunfall, als der vom Kläger gelenkte und bei der Beklagten haftpflichtversicherte Pkw beim Überholen eines Sattelschleppers mit dem entgegenkommenden, bei der A***** AG (im Folgenden: A*****-Versicherung) haftpflichtversicherten und seinerseits zu einem Überholmanöver ausscherenden Pkw des Josef M***** zusammenstieß, wodurch das Klagsfahrzeug in der Folge auch noch mit dem überholten Sattelschlepper sowie zwei weiteren Pkws kollidierte und diese beschädigte. Der Kläger war zum Unfallszeitpunkt bei der Beklagten auch zum Rechtsschutz versichert. Im mit Rechtsschutzdeckung der Beklagten vom Kläger geführten (Vor-)Verfahren 5 Cg 90/01k des Landesgerichts Korneuburg wurde - ausgehend von einer Verschuldensteilung 1 : 3 zu Lasten des Klägers - dessen Forderung gegen seinen Unfallgegner Josef M***** als Erstbeklagten und dessen Haftpflichtversicherer (A*****-Versicherung) als Zweitbeklagten mit EUR 4.144,44 als zu Recht bestehend festgestellt. Die dortigen beklagten Parteien wendeten ihrerseits Ansprüche des Erstbeklagten von EUR 6.053,61 als Restforderung in Höhe von 50 % seines Schadens mit der Begründung ein, die hier Beklagte habe als Haftpflichtversicherer des Klägers dem Josef M***** außergerichtlich bereits 50 % seiner Ansprüche ersetzt. Die im Vorprozess Zweitbeklagte brachte vor, sie habe an den Drittgeschädigten Slobodan V***** für dessen Fahrzeugschaden EUR 3.778,99 und im Zusammenhang mit der Bergung dieses Fahrzeuges weitere EUR 363,35 aufwenden müssen. Darüber hinaus wendete sie die restliche Regressforderung von EUR 889,90, die nach Zahlung durch die Haftpflichtversicherung des Klägers (die nunmehrige Beklagte) in Höhe von EUR 890,10 übrig geblieben sei, ein und brachte vor, sie habe an die Wiener Gebietskrankenkasse im Zusammenhang mit von dieser erbrachten Krankenbehandlungskosten, Transportkosten und Krankengeld für die beim Unfall verletzten Personen, nämlich Slobodan V***** und den Kläger, Zahlung geleistet, ohne allerdings aufzuschlüsseln, wieviel davon auf den Kläger entfallen sei.
Das Landesgericht Korneuburg stellte im genannten Vorverfahren die Gegenforderung bis zur Höhe der zu Recht bestehenden Klagsforderung als ebenfalls zu Recht bestehend fest und wies demgemäß das gesamte Klagebegehren (gerichtet auf Zahlung von EUR 23.039,25 sA sowie Feststellung der Haftung für alle zukünftigen Schäden zur ungeteilten Hand) ab.
Der hiegegen vom Kläger erhobenen Berufung wurde zu 15 R 259/03y des Oberlandesgerichts Wien teilweise Folge gegeben; hinsichtlich seines Begehrens auf Zuspruch weiterer EUR 1.008,64 an Schmerzengeld wurde das bekämpfte Ersturteil aufgehoben und die Rechtssache in diesem Umfang zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen, im Übrigen aber als Teilurteil (mit Ausspruch des zu Recht-Bestehens der Klageforderung in Höhe von EUR 4.144,44 sowie der Gegenforderung bis zu dieser Höhe) samt Abweisung des Klagebegehrens in Höhe von EUR 19.894,35 sA bestätigt. Das von der Aufhebung betroffene Restbegehren von EUR 1.008,64 wurde vom Landesgericht Korneuburg mit Endurteil vom 7. 2. 2005 rechtskräftig abgewiesen.
Mit der am 24. 8. 2006 eingebrachten Klage begehrte der Kläger die Verurteilung der Beklagten zur Zahlung von EUR 4.144,44 samt 4 % Zinsen seit 2. 3. 2000 und brachte vor, zufolge Kompensation mit den im Vorverfahren vor dem Landesgericht Korneuburg eingewendeten Gegenforderungen habe er keine Leistungen vom Haftpflichtversicherer seines Unfallgegners erlangen können, obwohl seine Forderung in Höhe des Klagebetrages als zu Recht bestehend festgestellt worden sei. Die Beklagte als seine Haftpflichtversicherung habe sich dadurch, dass seine Forderung mit den Ansprüchen der im Verfahren vor dem Landesgericht Korneuburg beklagten Parteien kompensiert worden sei, Leistungen in Höhe des Klagsbetrags erspart und sei jedenfalls in dieser Höhe bereichert. Die Beklagte habe die Zahlung an ihn verweigert, obwohl sich die Rechtsgrundlage eindeutig aus § 896, allenfalls § 1009 ABGB ergebe.
Die Beklagte bestritt das Klagebegehren und führte (zusammengefasst) aus, weder der Kläger noch dessen Vertreter hätten die Beklagte als Haftpflichtversicherer im Vorverfahren von den eingewendeten Gegenforderungen in Kenntnis gesetzt. Sie hätten somit gegen die Obliegenheit des Art 9 3.3.2 der AKHB 1995 verstoßen, sodass die Beklagte gegenüber ihrem Versicherungsnehmer gemäß Art 9 AKHB leistungsfrei sei, zumal der Kläger die Versicherungsmeldung auch nicht nachgeholt habe. Bei Einhaltung dieser den Kläger treffenden Obliegenheit hätte die Beklagte dem Verfahren als Nebenintervenientin beitreten und ein für ihren Prozessstandpunkt günstigeres Vorbringen erstatten können, was zu einer Verschuldensteilung von 1 : 1 geführt hätte. Außerdem hätte sie zu den erhobenen Gegenforderungen einwenden können, dass sie außergerichtlich die Forderungen des Josef M***** für seinen Fahrzeugschaden mit der Hälfte beglichen habe. Weiters sei die Forderung des Klägers längst verjährt; einen Verjährungsverzicht habe sie niemals abgegeben.
Der Kläger replizierte, er habe keine Obliegenheitsverletzung begangen. Es sei unrichtig, dass die Beklagte niemals über die erhobenen Gegenforderungen informiert worden sei. Außerdem hätte die Kenntnis der Gegenforderung und eine Streitverkündung an die Beklagte kein anderes Prozessergebnis bewirken können. Auch der Verjährungseinwand sei unrichtig. Die Zahlungsverweigerung der Beklagten verstoße „wider Treu und Glauben".
Das Erstgericht gab dem Klagebegehren unter Zuspruch der gesetzlichen Zinsen von 4 % ab 24. 8. 2006 statt und wies das Zinsenmehrbegehren für den Zeitraum 2. 3. 2000 bis 28. 3. 2006 ab. Es traf hiezu folgende ergänzende Feststellungen:
Der Unfallgegner des Klägers, Josef M*****, machte gegenüber der Haftpflichtversicherung des Klägers und nunmehrigen Beklagten Ansprüche in Höhe von S 166.599 (EUR 12.107,22) geltend. Diese bezahlte davon die Hälfte (EUR 6.053,61), „ohne dass es zwischen den Parteien zu einem abschließenden Vergleich kam, dh es wurde weder ein Verzicht auf den Einwand der Verjährung abgegeben noch gab der Unfallgegner einen Verzicht auf die Geltendmachung einer weiteren Forderung ab".
Die Gegenforderung der beklagten Parteien im Vorprozess setzte sich aus zwei Teilen zusammen:
Der Erstbeklagte M***** machte geltend, dass ihm sein eigener Schaden nur zur Hälfte von der gegnerischen Haftpflichtversicherung (hier: Beklagten) beglichen worden sei und wandte daher die zweite Hälfte in Höhe von EUR 6.053,61 (im Ersturteil unrichtig: EUR 83.299,50; richtigerweise handelt es sich hiebei um den Schillingbetrag seines Hälfteschadens) kompensando ein. Weiters wurde ausgeführt, dass es Drittbeteiligte gebe, denen gegenüber beide Haftpflichtversicherungen (A*****-Versicherung und die hier Beklagte) hafteten. So habe die A*****-Versicherung EUR 889,90 als Hälftebetrag der Wiener Gebietskrankenkasse betreffend den verletzten Versicherten Slobodan V***** bezahlt und die (hier) Beklagte die andere Hälfte übernommen. Diese Auszahlung an die Wiener Gebietskrankenkasse ist erfolgt, da beide Versicherungen unpräjudiziell von einer Verschuldensteilung 1 :
1 ausgegangen waren. Die vom Drittbeteiligten V***** weiters gestellten Forderungen wurden ausschließlich durch die Haftpflichtversicherung des Unfallgegners, also die A*****-Versicherung, bezahlt. In dieser Gegenforderung waren enthalten Schmerzengeld von EUR 3.633,64, Meldespesen von EUR 145,35, Spesenzahlung für Einholung einer Krankengeschichte von EUR 872, Kosten für die Einholung eines Gutachtens von EUR 46,51 und Kosten für den Feuerwehreinsatz zum Abtransport des Fahrzeuges dieses Drittbeteiligten von EUR 363,36, sohin insgesamt EUR 4.197,58. Diesen Schadenersatz des Drittbeteiligten hatte die A*****-Versicherung zur Gänze getragen und wandte ihn daher zur Gänze kompensando gegen die Forderung des Klägers im Vorprozess ein. Es lag daher eine Gegenforderung vor von EUR 6.053,61 an Sachschaden des Unfallgegners zu 50 %, an Forderung bezüglich Zahlungen an die Wiener Gebietskrankenkasse von EUR 889,90 ebenfalls zu 50 % und an Forderung bezüglich Zahlungen an den Drittbeteiligten von EUR 4.197,58 zu 100
%.
Bei einer Verschuldensteilung 1 : 1, von welcher die Versicherung zunächst unpräjudiziell ausgegangen ist, hätte der Kläger eine Forderung von EUR 8.288,88 gehabt. Demgegenüber stand die Forderung der A*****-Versicherung dafür, dass sie den Drittbeteiligten „zur Gänze ausbezahlt hat, nämlich die Hälfte des Betrages, der an den Drittbeteiligten V***** ausbezahlt worden wäre, mit EUR 2.098,79". Da dem Unfallgegner M***** nur die Hälfte seines Schadens bezahlt worden war, betrug seine Gegenforderung noch ein Viertel seines Schadens, das sind EUR 3.026,80. Die A*****-Versicherung hat der Gebietskrankenkasse die Hälfte ihrer Forderungen bezahlt, hätte jedoch nur ein Viertel übernehmen müssen. Daher bestand insoweit die Hälfte der Gegenforderung, sohin EUR 444,95, zu Recht. Zudem hatte sie 3/4 jener Kosten, die sie V***** als Ablöse bezahlt hat, sohin EUR 3.148,18 zu erhalten. „Das heißt, die A*****-Versicherung erhält aufgrund dieser Abrechnung noch den Betrag von EUR 3.593,13, und der Unfallgegner M***** noch den Betrag von EUR 3.026,80."
Die Beklagte ist derart organisiert, dass eine komplette Trennung des Bereichs Rechtsschutz und des Bereichs Haftpflichtversicherung vorliegt. Der Kläger hat auch zwei unterschiedliche Versicherungspolizzen, mit denen er in den jeweiligen Bereichen versichert ist. Eine Verständigung des Bereichs Haftpflichtversicherung von der Geltendmachung der Gegenforderungen im Vorverfahren vor dem Landesgericht Korneuburg ist nicht erfolgt. Dieser Bereich hatte also keine Kenntnis davon, dass Josef M***** und dessen Haftpflichtversicherer eine Gegenforderung im Prozess eingewendet hatten; der Bereich Haftpflicht wurde auch nicht vom Bereich Rechtsschutz hievon verständigt. Ob die Beklagte im Fall der „Bekanntgabe" als Nebenintervenientin beigetreten wäre „oder einen eigenen Anwalt entsandt hätte, ist nicht bekannt, es wäre möglich gewesen".
Aufgrund des Urteils des Landesgerichts Korneuburg im Vorprozess trat der Unfallgegner wieder an die Beklagte heran, da er das weitere Viertel seines Schadens (von dem ihm außergerichtlich ja nur die Hälfte ersetzt worden war) ersetzt bekommen wollte. Rechtlich beurteilte das Erstgericht diesen Sachverhalt dahin, dass der Einwand der Verjährung der Beklagten hinsichtlich der restlichen Ansprüche des Josef M***** nicht zielführend sei, weil das erfolgreiche Einwenden und Heranziehen zur Kompensation der Gegenforderung einem „Belangen" des ersatzpflichtigen Versicherungsnehmers und Klägers gleichkomme, wodurch die Verjährung unterbrochen sei. Gemäß § 27 KHVG könne Verjährung gegen den Versicherer oder den ersatzpflichtigen Versicherungsnehmer allein jedoch nicht eintreten, sodass die Beklagte nicht erfolgreich einwenden könne, sie hätte dem Geschädigten Josef M***** zufolge Verjährung nichts mehr zahlen müssen.
Zufolge der im Verfahren 5 Cg 90/01k des Landesgerichts Korneuburg eingetretenen Kompensation sei die zur Kompensation herangezogene Forderung des Josef M***** auf den Kläger übergegangen. Gleiches gelte aber auch hinsichtlich des ebenfalls zur Kompensation herangezogenen Ausgleichsanspruches der A*****-Versicherung. Hinsichtlich der behaupteten Obliegenheitsverletzung des Klägers, weil er nach Erhebung der Gegenforderungen im Verfahren vor dem Landesgericht Korneuburg seine Haftpflichtversicherung davon nicht in Kenntnis gesetzt habe, führte das Erstgericht aus, dass der Kläger dadurch tatsächlich gegen Art 9 3.3.2 der AKHB verstoßen habe. Gemäß § 6 VersVG trete bei Verletzung einer Obliegenheit Leistungsfreiheit des Versicherers ein, nach Abs 3 leg cit jedoch nur dann, wenn die Verletzung nicht auf Vorsatz oder grober Fahrlässigkeit beruhe, wobei der Versicherungsnehmer den Kausalitätsgegenbeweis zu führen habe. Dieser sei dem Kläger gelungen, weil selbst im Fall des Beitritts der Beklagten als Nebenintervenientin im Vorverfahren im Hinblick auf das ausführliche Gutachten des dort beigezogenen Sachverständigen keine andere Verschuldensteilung hervorgekommen wäre. Der Kläger habe auch durch Erhebung der Berufung, der dem Grunde nach jedoch vom Oberlandesgericht Wien nicht gefolgt worden sei, ohnedies versucht, eine günstigere Verschuldensquote zu erreichen.
Es sei zwar richtig, dass der Kläger im dortigen Verfahren nicht habe beweisen können, dass die hier Beklagte die Hälfte des Schadens des Josef M***** bereits beglichen habe, doch sei ohnedies nur die zweite Hälfte seines Schadens kompensando eingewendet worden. Auch hinsichtlich des Ausgleichsanspruchs der A*****-Versicherung zufolge Rückgriffs der Wiener Gebietskrankenkasse sei bei der Kompensationseinrede auf die von der Beklagten geleistete Zahlung bereits Bedacht genommen worden. Lediglich hinsichtlich des Ausgleichsanspruchs wegen der Höhe der Zahlungen an den Drittgeschädigten Slobodan V***** hätten Einwände der hier Beklagten Erfolg haben können, doch dürfe nicht übersehen werden, dass der Anspruch des Klägers von EUR 4.144,44 durch die der Höhe nach unbestrittene Gegenforderung des Unfallgegners M***** schon so weit gemindert worden sei, dass drei Viertel des Schadens des Geschädigten Slobodan V***** gar nicht erforderlich gewesen wären, um den Rest der Forderung des Klägers zu tilgen. Eine Bestreitung der Höhe der Forderung des Drittgeschädigten, soweit diese von der A*****-Versicherung als Ausgleichsanspruch eingewendet worden sei, hätte sich in Wahrheit auf das Prozessergebnis daher nicht ausgewirkt.
Das Berufungsgericht gab den Berufungen beider Parteien nicht Folge und sprach aus, dass die ordentliche Revision zulässig sei. Der Beweisrüge der Beklagten hinsichtlich der Feststellung des Erstgerichts, dass die Beklagte die Hälfte der von Josef M***** begehrten Forderung von EUR 12.107,22 in Höhe von EUR 6.053,61 bezahlt habe, ohne dass es zwischen den Parteien zu einem abschließenden Vergleich gekommen sei, hielt das Berufungsgericht entgegen, dass die Beklagte den Abschluss eines Vergleiches mit dem Unfallsgegner vor dem Erstgericht nicht behauptet habe. Ebenso habe sie auch kein Vorbringen erstattet, dem Kläger sei der Kausalitätsgegenbeweis nicht gelungen, weil sie bei Verständigung von der Erhebung der Gegenforderungen durch den Kläger im Verfahren vor dem Landesgericht Korneuburg den Abschluss eines außergerichtlichen Vergleichs mit einer Verschuldensteilung von 1 : 1 dem Grunde nach und die Erfüllung durch Zahlung entgegengehalten hätte, sodass insoweit jeweils Verstöße gegen das Neuerungsverbot vorlägen. In rechtlicher Hinsicht führte das Berufungsgericht aus, dass dem Klagsanspruch eine Bereicherung der Beklagten zugrundeliege, weil diese zur Tilgung des Anspruchs des Josef M***** im Umfang weiterer EUR 4.144,44 - also des Klagsbetrages - keine Zahlung geleistet habe und die nach dem Ergebnis des Vorverfahrens 5 Cg 90/01k des Landesgerichtes Korneuburg berechtigte Forderung des Klägers zur Tilgung herangezogen worden sei. Zweck des Haftpflichtversicherungsvertrags könne es nicht sein, dass der geschädigte Versicherungsnehmer anstelle seiner Haftpflichtversicherung die Forderung des Unfallgegners durch Hingabe seiner eigenen Schadenersatzforderung tilge. Bei einer dem Zweck der Haftpflichtversicherung nach dem KHVG entsprechenden Abrechnung hätte vielmehr die Beklagte die Ansprüche des Josef M***** aus der Versicherungssumme zu begleichen gehabt, der der Versicherungsvertrag zwischen den Parteien zugrundeliege. Die vom Erstgericht vertretene Rechtsansicht werde zwar vom Berufungsgericht nicht geteilt, doch halte sich die rechtliche Beurteilung des Erstgerichts, dem Klagsanspruch liege eine Bereicherung zugrunde, im Rahmen des Vorbringen des Klägers. Da Bereicherungsansprüche nicht der dreijährigen, sondern der dreißigjährigen Verjährung unterlägen, müsse auf die Ausführungen der Beklagten, die geltend gemachte Forderung sei zum Zeitpunkt der Klagseinbringung bereits verjährt gewesen, nicht weiter eingegangen werden.
Wenn die Beklagte schließlich die Auffassung vertrete, der Kläger hätte gegen sie eine Feststellungsklage im Sinn des § 149 VersVG einbringen müssen, sei ihr entgegenzuhalten, dass sie dem Kläger gegenüber niemals bestritten habe, für an sie herangetragene Ansprüche von Geschädigten aus dem Verkehrsunfall einzustehen. Dass eine vorbeugende Feststellungsklage gegen den eigenen Haftpflichtversicherer eingebracht werden müsse, um eigene Schadenersatzansprüche liquidieren zu können, lasse sich aus dieser Gesetzesbestimmung nicht entnehmen.
Die Bestätigung des abgewiesenen Zinsenmehrbegehrens des Klägers ist nicht mehr Gegenstand des Revisionsverfahrens und damit rechtskräftig erledigt, sodass auf die diesbezüglichen Ausführungen des Berufungsgerichts nicht einzugehen ist.
Die ordentliche Revision wurde für zulässig erklärt, da sich der Oberste Gerichtshof bisher noch nicht mit der Frage beschäftigt habe, wie die Ergebnisse der Kompensation im Haftpflichtprozess, insbesondere bei vollständiger Klageabweisung zufolge zu Recht bestehender Gegenforderung, umzusetzen seien, damit dem ursprünglichen Kläger die zu Recht bestehende Klagsforderung auch tatsächlich zufließe.
Gegen diese Entscheidung richtet sich die auf die Revisionsgründe der Mangelhaftigkeit, der Aktenwidrigkeit und der unrichtigen rechtlichen Beurteilung gestützte Revision der Beklagten mit dem Antrag, das bekämpfte Urteil im Sinn einer (vollständigen) Klageabweisung abzuändern; hilfsweise wird auch ein Aufhebungsantrag gestellt. Der Kläger hat eine Revisionsbeantwortung erstattet, in welcher primär die Zurückweisung des gegnerischen Rechtsmittels wegen Fehlens der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO, in eventu diesem keine Folge zu geben, beantragt wird.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist aus dem vom Berufungsgericht formulierten Grunde zulässig; sie ist jedoch nicht berechtigt.
Zu den Revisionsgründen der Mangelhaftigkeit und der Aktenwidrigkeit:
Hierin beschwert sich die Revisionswerberin gegen den Vorwurf des Verstoßes gegen das Neuerungsverbot hinsichtlich ihrer Rüge der Nichtfeststellung eines außergerichtlichen Vergleiches zwischen der Beklagten und dem Geschädigten M***** vor Einleitung des Verfahrens vor dem Landesgericht Korneuburg. Da der Kläger in seinem Replikschriftsatz ON 12 wörtlich den Inhalt eines Schreibens ihres Vertreters vom 5. 11. 2001 an die Rechtsschutzabteilung der Beklagten wiedergegeben habe, in dem ausdrücklich vom Abschluss eines derartigen Vergleiches die Rede sei, was auch als Prozessvorbringen ihres Prozessgegners zu werten sei, sei nicht nachvollziehbar, warum dieses in Verbindung mit der diesbezüglich bestätigenden Aussage ihrer Zeugin und Versicherungsangestellten Brigitte G***** nicht ins Verfahrensergebnis einzubeziehen sei. In der Verneinung eines außergerichtlichen Vergleichsabschlusses zwischen der Beklagten und dem seinerzeitigen Anspruchsteller M***** mit Hinweis auf mangelndes Vorbringen liege auch eine Aktenwidrigkeit. Unter Berücksichtigung dieses Vergleichsergebnisses wäre der Kläger verpflichtet gewesen, den wirksamen Vergleichsabschluss der eingewendeten Gegenforderung des Beklagten M***** entgegenzuhalten bzw die Beklagte von dieser Einwendung zu verständigen, um ihr Gelegenheit zu geben, dieser Forderung durch entsprechende Beauftragung des Klagevertreters selbst bzw durch Eintritt als Nebenintervenientin entgegenzutreten. Damit werde auch die Relevanz der Obliegenheitsverletzung des Klägers ersichtlich. Es stelle jedenfalls keine überschießende Feststellung dar, wenn eine solche Feststellung auf Basis des Vorbringens nur einer Partei getroffen werde, auch wenn dieses Vorbringen letztlich von einem Beweismittel (hier: Zeugin) der Gegenseite bestätigt werde.
Hiezu ist Folgendes zu erwidern:
Dass die Beklagte selbst kein Vorbringen in Richtung eines außergerichtlichen (verbindlichen und ein über das Vergleichsergebnis hinausgehendes Mehrbegehren ausschließenden) Vergleichsabschlusses mit dem Unfallgegner (und dessen Haftpflichtversicherer) bis Schluss der Verhandlung erster Instanz erstattet hat, gesteht sie selbst zu. Dass sie sich auf einen Schriftsatz des Prozessgegners nicht mit Erfolg berufen kann, folgt hiebei schon daraus, dass sie das gesamte hierin enthaltene Vorbringen in der darauffolgenden Tagsatzung vom 6. 12. 2006 - nach dem gemäß § 215 Abs 1 ZPO vollen Beweis liefernden Protokoll derselben - bestritten hat, ohne einzelne Punkte des gegnerischen und nunmehr für ihren Prozessstandpunkt herangezogenen Replikschriftsatzes hievon auszunehmen. Die Erstattung eines eigenen diesbezüglichen Vorbringens erstmalig im Berufungsschriftsatz (und nunmehr wiederholend auch im Revisionsschriftsatz) wurde daher vom Berufungsgericht zutreffend dem Neuerungsverbot des § 482 Abs 1 ZPO unterstellt, das gemäß § 504 Abs 2 ZPO auch für das Revisionsverfahren gilt. Damit kann auch weder von einem (beiderseitigen) „Zugeständnis" im Sinn des § 267 ZPO ausgegangen werden, das von den Vorinstanzen hätte zugrundegelegt werden müssen, noch kann dem Vorwurf einer Aktenwidrigkeit im Sinn des § 503 Z 3 ZPO Berechtigung zukommen. Gemäß § 510 Abs 3 dritter Satz ZPO bedarf dies keiner weitergehenden Begründung.
Es ist daher von der vorinstanzlichen Feststellungsgrundlage auszugehen, wonach es im Zuge der Teilzahlung der Beklagten an den Unfallgegner des Klägers, Josef M*****, zu keinem „abschließenden Vergleich" (mit Verzicht des Genannten auf den die außergerichtlich geleistete Teilzahlung von EUR 6.053,61 übersteigenden Restbetrag) gekommen ist.
Zum Revisionsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung:
Weder die Klageforderung noch die im Vorverfahren eingewendeten Gegenforderungen bilden der Höhe nach einen Streitpunkt. Bereits Gamerith, Die Gegenforderung im Haftpflichtprozeß, ZVR 1972, 226 (229) hat - auch für die hier zu beurteilende Rechtssache bedeutsam - ausgeführt, dass der (Haftpflicht-)Versicherer all jene Beträge zu refundieren hat, die er sich durch eine Aufrechnung der Forderung seines Versicherten an den Dritten zu bezahlen erspart, was „ständige Praxis der Versicherungsgesellschaften sein dürfte". Die Rechtsgrundlage für diese Refundierungspflicht sieht er einerseits in § 896 ABGB (nämlich aufgrund des „besonderen Verhältnisses" in Form des bestehenden Haftpflichtversicherungsvertrages; ebenso auch Kossak, Die Gegenforderung im Haftpflichtprozeß, ZVR 1972, 5 [7]) und andererseits in § 149 VersVG gegeben, wonach „bei der Haftpflichtversicherung der Versicherer verpflichtet ist, dem Versicherungsnehmer die Leistung zu ersetzen, die dieser aufgrund seiner Verantwortlichkeit für eine während der Versicherungszeit eintretende Tatsache an einen Dritten zu bewirken hat". Diesem Ergebnis tritt auch Wolf, Wie wirkt sich die gegenseitige Aufrechnung der Versicherungsnehmer auf die Haftung ihrer Versicherer aus? in ZVR 1972, 225 bei. Diesen Lehrmeinungen ist zu folgen. Jede andere Auslegung führte zu dem (unvertretbaren) Ergebnis, dass der Versicherer zufolge Kompensation dem Versicherten keinen im Sinn des § 149 VersVG wirksamen Versicherungsschutz leisten müsste (vgl auch SZ 56/121).
Hinsichtlich der Frage der Verjährung der Klageforderung sowie des Anspruchsverlusts zufolge Obliegenheitsverletzung ist Folgendes auszuführen:
Nach den Feststellungen der Vorinstanzen besteht bei der Beklagten zwar eine „komplette" Trennung der Bereiche Rechtsschutz- und Haftpflichtversicherung. Da dem Kläger jedoch Rechtsschutzdeckung für das gesamte Vorverfahren 5 Cg 90/01k des Landesgerichtes Korneuburg gewährt worden war und im Hinblick auf die zu unterstellende EDV-mäßige Vernetzung der gesamten Spartenbereiche es der „Rechtsschutzabteilung" nicht verborgen geblieben sein kann, dass der Kläger beim selben Versicherer auch eine aufrechte Haftpflichtversicherung hatte, aufgrund welcher seinem Unfallgegner bereits vor Prozessbeginn die Hälfte seines Schadens ersetzt worden war, ist wohl - trotz organisatorischer Trennung dieser Spartenbereiche - doch ein wechselseitiger Kenntnisstand angesichts des beide Versicherungsbereiche gleichermaßen berührenden Versicherungsfalles zu erwarten. Sollte ein derartiger wechselseitiger Informationsfluss tatsächlich nicht gepflogen worden sein, könnte dieser rein innerorganisatorische Mangel nicht zu Lasten des Klägers als Versicherungsnehmer gehen:
Nach § 6 Abs 1 Z 4 KSchG darf eine vom Verbraucher dem Unternehmer abgegebene Anzeige oder Erklärung keiner strengeren Form als der Schriftform oder besonderen Zugangserfordernissen unterworfen werden. Nach herrschender Auffassung sind damit unter anderem Vereinbarungen unzulässig, wonach die Erklärung des Verbrauchers an eine bestimmte Stelle im Bereich der Unternehmensorganisation gerichtet (adressiert, übermittelt) werden müsse. Krejci (in Rummel, ABGB³ Rz 70 zu § 6 KSchG) nennt hiezu als Beispielsfälle einen Adressierungszwang an den Vorstand einer Versicherung oder an die Zentrale eines Unternehmens, Apathy (in Schwimann, ABGB³ Rz 19 zu § 6 KSchG) eine „bestimmte Stelle oder Abteilung eines Unternehmens". Auch der Oberste Gerichtshof hat bereits ausgeführt, dass etwa der Einlangensvorbehalt „bei der Generaldirektion" des Versicherers eine nach der zitierten Bestimmung unzulässige Verschärfung des Zugangserfordernisses darstellt (7 Ob 131/06z = VersR 2007, 1676). Es kann daher vom Versicherungsnehmer auch nicht verlangt werden, vom Vorprozess zusätzlich zur ohnehin bereits erfolgten Verständigung der Beklagten, die hiefür ja Rechtsschutzdeckung gewährte, den innerorganisatorisch für die Kfz-Haftpflichtsachen zuständigen Bereich zu verständigen. Dass die Kenntnis der Beklagten von dem im Vorprozess erfolgten Einwand der Gegenforderung zu einem anderen Verfahrensergebnis geführt hätte, wird in der Revision konkret nur mehr mit dem Argument releviert, dass die Beklagte dort das Zustandekommen eines der Berechtigung der Gegenforderung entgegenstehenden Vergleichs mit dem Unfallgegner geltend machen hätte können. Da aber ein solcher Vergleichsabschluss - wie ausgeführt - gerade nicht zu unterstellen ist, wäre eine allfällige Obliegenheitsverletzung durch die Unterlassung der Verständigung der Beklagten vom Einwand der Gegenforderung ohne Relevanz. Schließlich musste der Beklagten das Vorliegen von gegnerischen Ersatzforderungen bereits längst bekannt sein, weil sie dem Unfallgegner schon vorprozessual Teilschadenersatz geleistet hatte.
Bezüglich des Verjährungseinwands übersieht die Beklagte, dass der im Vorprozess erfolgreich eingewandten und damit zur Klageabweisung führenden Gegenforderung als Verteidigungsmittel der dortigen Beklagten nur Eventualcharakter zukam (Fasching, Lehrbuch² Rz 1289; Deixler-Hübner in Fasching/Konecny, ZPO² § 391 Rz 22-25; Rechberger in Rechberger, ZPO³ §§ 391-392 Rz 10), sie also (ON 5 im Vorakt 5 Cg 90/01k) nur für den Fall erhoben wurde, dass das Gericht die Klageforderung für ganz oder teilweise berechtigt ansehen wird. Die prozessuale Aufrechnungseinrede hat die Geltendmachung einer aufrechenbaren, aber noch nicht aufgerechneten Gegenforderung, mit der erst im Urteil aufgerechnet werden soll, zum Gegenstand (RIS-Justiz RS0040779). Daraus folgt aber, dass die mit dieser Kompensationseinrede verbundene Tilgungswirkung der ihr gegenüberstehenden Klageforderung erst mit dem Zeitpunkt der Rechtskraft der darüber gefällten urteilsmäßigen Entscheidung feststehen konnte. Andernfalls würde sich auch die aus § 545 Abs 3 Geo ableitende Mehrgliedrigkeit der Spruchformulierung samt betraglicher Auswerfung sowohl der zu Recht bestehenden Klageforderung als auch der zu Recht bestehend angenommenen Gegenforderung (Fasching, aaO Rz 1293; Deixler-Hübner aaO § 391 Rz
48) erübrigen. Da dieser Zeitpunkt nicht vor dem 29. 7. 2004 gelegen sein kann (Zustellung des die Verschuldensteilung von 3 : 1 zu Lasten des Klägers rechtskräftig und abschließend feststellenden Berufungsurteils des OLG Graz zu 15 R 259/03y im Vorverfahren), kann der am 24. 8. 2006 eingebrachten Klage schon deshalb nicht erfolgreich Verjährung entgegengehalten werden.
Der Revision kommt damit insgesamt keine Berechtigung zu. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 41, 50 ZPO.
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