OGH 3Ob187/07g

OGH3Ob187/07g27.11.2007

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schiemer als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Prückner, Hon.-Prof. Dr. Sailer sowie Dr. Jensik und die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Fichtenau als weitere Richter in der Familienrechtssache des Antragstellers Dietmar H*****, vertreten durch Dr. Josef Sailer, Rechtsanwalt in Bruck an der Leitha, wider die Antragsgegnerin Monika H*****, vertreten durch Dr. Gerald Albrecht, Rechtsanwalt in Wien, wegen Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens und der ehelichen Ersparnisse, infolge außerordentlichen Revisionsrekurses der Antragsgegnerin gegen den Beschluss des Landesgerichts Korneuburg als Rekursgericht vom 29. Mai 2007, GZ 23 R 55/07m-45, womit der Beschluss des Bezirksgerichts Bruck an der Leitha vom 29. Dezember 2006, GZ 1 C 175/03w-40, teilweise bestätigt und teilweise abgeändert wurde, den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Dem außerordentlichen Revisionsrekurs wird teilweise Folge gegeben. Die Beschlüsse der Vorinstanzen und das darüber abgeführte Verfahren ab Antragstellung werden im Umfang eines Teilbegehrens von 3.500 EUR für Mietzinse von Juni 2001 bis Juli 2002 als nichtig aufgehoben; insoweit wird der Antrag zurückgewiesen.

Die Entscheidungen der Vorinstanzen über den Antrag des Antragstellers, die im Umfang der Abweisung eines Teilbegehrens von 20.000 EUR als unangefochten unberührt bleiben, werden im Umfang von weiteren 21.500 EUR aufgehoben.

Dem Erstgericht wird insoweit die neuerliche Entscheidung nach Verfahrensergänzung aufgetragen.

Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind weitere Kosten des Verfahrens erster Instanz.

Text

Begründung

Die Parteien hatten am 10. Mai 1996 geheiratet. Für den Antragsteller war es die erste, für die Antragsgegnerin die dritte Ehe, in die sie einen 1986 geborenen Sohn mitbrachte. Miteinander haben die Parteien keine Kinder.

Unmittelbar vor der Eheschließung hatte die Frau mit ihrem Vermögen um 3,9 Mio S ein Haus und eine Wohnzimmereinrichtung gekauft, sie brachte auch einen Pkw Audi A4 in die Ehe ein. In einem Notariatsakt verzichtete der Mann auf jegliche Ansprüche an dieser Liegenschaft, die nach dem Vertrag als Ehewohnung dienen sollte. Die Frau verzichtete dagegen auf allfällige Ansprüche an der damaligen Genossenschaftswohnung des Mannes in Wien.

Mit Urteil des Erstgerichts vom 20. Jänner 2003 wurde die Ehe geschieden, beide Teile verzichteten auf nachehelichen Unterhalt. Die eheliche Lebensgemeinschaft war im Jänner 2001 aufgehoben worden, die Ehegatten lebten aber noch bis Juni 2001 in derselben Wohnung am Sitz des Erstgerichts.

Der Mann beantragte die Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens und der ehelichen Ersparnisse. Gegenstand der im Instanzenzug ergangenen Entscheidungen war aber nur sein Begehren, die Frau zur Abgeltung sämtlicher Aufteilungsansprüche und seiner Mietzinszahlungen [für die zuletzt bewohnte Wohnung] zur Zahlung von 45.000 EUR zu verhalten.

Dazu brachte er im Wesentlichen vor: Ehewohnung sei zunächst das Haus der Frau gewesen. In der Folge sei es weiter Ehewohnung geblieben, auch wenn die Frau in Wien eine Wohnung gemietet habe. Zuletzt sei Ehewohnung die von ihm gemietete Wohnung in B***** (im Folgenden nur B*****) gewesen. Sein Verzicht in Ansehung der ersten Ehewohnung sei nicht rechtswirksam, weshalb ihm die Frau die von ihm in Form von Arbeitsleistungen und finanziell dafür erbrachten Investitionen abzugelten habe. Dafür habe er schon bei früheren Vergleichsverhandlungen eine Untergrenze von 38.000 EUR genannt. Weiters habe sie für die in den Monaten Juni 2001 bis Juli 2002 aufgelaufenen Mietzinse der letzten Ehewohnung von insgesamt 7.070 EUR nichts bezahlt. Die Frau habe im Juli 2002 in seinem Eigentum stehende Gegenstände im Gesamtwert von 2.000 EUR entfernt. Sie habe auch die gesamte Einrichtung im Wert von mindestens 15.000 EUR mitgenommen. Während die Frau über mehrere Liegenschaften und Ersparnisse verfüge, sei er vermögenslos und habe Schulden. „Bareinzahlungen" seien großteils durch ihn geleistet worden. Die Frau begehrte ihrerseits Schadenersatz von 44.776,42 EUR. Sie wendete gegenüber dem Begehren auf Zahlung von Mietzins Unzulässigkeit des außerstreitigen Rechtswegs ein und bestritt das Vorhandensein aufzuteilenden Vermögens. Sie habe sowohl das Haus als auch die Wohnungen in Wien und B***** aus eigenem Vermögen finanziert. Der Mann habe dazu nichts beigetragen, sondern die Wohnung in B***** ausgeräumt und die Fahrnisse darin mitgenommen. Er habe nur minimal an der Renovierung des Hauses mitgearbeitet, vielmehr nur Hilfs- und Gartenarbeiten verrichtet. Die von ihm bis Ende 1996 bewirkte Wertsteigerung habe er in der Folge wieder abgewohnt. Aus ihrem Haus habe er Gegenstände im Wert von 36.336,52 EUR gestohlen sowie mutwillig Schäden am Haus und weiters durch Aufdrehen von Heizung und Saunaofen im Ausmaß von mehr als 5.300 EUR verursacht. Außerdem habe sie ihm 3.115 EUR für einen Autokauf geborgt. Sie habe immer wieder die Schulden des Mannes ausgeglichen. Er habe auf eine Ausgleichszahlung in Ansehung des nach der Scheidung vereinbarungsgemäß in ihrem Eigentum verbleibenden Hauses verzichtet. In dem Haus hätten sie keine nennenswerte Zeit lang gewohnt, es sei daher nie Ehewohnung gewesen. Sie habe die Einrichtung der Wohnung in B***** gekauft. Die Gegenforderung betreffe während der Ehe angeschaffte Gegenstände. Weder sie noch der Mann hätten während der Ehe Ersparnisse bilden können.

Das Erstgericht verpflichtet die Frau zur Zahlung von 10.000 EUR und wies das Mehrbegehren von 35.000 EUR ab, die Gegenforderungen der Frau wies es dagegen - wegen Unzulässigkeit des außerstreitigen Rechtswegs - zurück. Über weitere Sachanträge sprach es nicht ab.

Das Erstgericht traf noch folgende Feststellungen:

Der Mann war zur Zeit der Eheschließung verschuldet, auf die Kreditbelastung von 250.000 S musste er monatlich 3.272 S zurückzahlen und hatte außerdem eine damals bestehende Kontoüberziehung von 20.000 S auszugleichen. Aus der Auflösung seiner Wiener Wohnung lukrierte er 35.000 S und verwendete das Geld für die letzte Ehewohnung in B*****. Vermögen brachte er in die Ehe nicht ein und erwarb auch keines während ihrer Dauer. Bei der Ehescheidung hatte er 100.000 S Schulden, er musste seinen Kredit im Zusammenhang mit Hausstandsgründungen während aufrechter Ehe „aufstocken". Die Frau hatte bei der Eheschließung keine Schulden, aber ein Vermögen von etwa 3,9 Mio. S, eine Wohnzimmereinrichtung und einen neuen Pkw Audi A 4 sowie eine weitere Liegenschaft und zwei Eigentumswohnungen in Rumänien.

Die Ehegatten wohnten nie gemeinsam in der Wohnung des Mannes in Wien, sondern bei dessen Mutter bis Ende 1996, als sie in das Haus der Frau einziehen konnten. Die Frau wohnte aber nur an Wochenenden dort, unter der Woche aber in der Wiener Wohnung, deren Kosten der Mann trug. Ohne sein Wissen mietete sie im April 1999 eine weitere Wohnung in Wien.

Der Mann mietete im September/Oktober 2000 eine Wohnung in B*****, deren Kosten er zahlte. Darin lebten die Ehegatten mit dem Sohn der Frau - mit einer kurzen Unterbrechung - bis Juni 2001. Dann zog der Mann aus der Wohnung aus, kehrte aber im Juli 2002 wieder in sie zurück, nachdem die Frau und ihr Sohn sie verlassen hatten. Sie zahlte während dieser Zeit keine Miete, beim Auszug räumte sie die gesamte Einrichtung und nahm sie an sich.

Der Sohn der Frau und der Mann lebten von Anfang 1997 bis zur Übersiedlung nach B***** im Haus der Frau, beide trugen zu dessen Benützung finanziell in nicht mehr feststellbarem Ausmaß bei. Der Mann versorgte den Sohn, bezog aber auch Familienbeihilfe für ihn. Der Mann investierte sein gesamtes Gehalt „in die eheliche Lebensführung und in die Wohnsitze, in Mietzins- und sonstige Zahlungen und in die Renovierung des Hauses der Frau". Er zahlte den bestehenden Kredit zurück und musste diesen „für die Finanzierung des ehelichen Lebens" um 100.000 S „aufstocken".

Der Verkehrswert des Hauses betrug zur Zeit der Auflösung der ehelichen Gemeinschaft 209.300 EUR (davon entfielen 197.000 EUR auf das Gebäude), der Wert des Inventars betrug 19.000 EUR; bei Schluss der mündlichen Verhandlung machten diese Werte 192.300 EUR, 180.000 EUR und 16.500 EUR aus. Der Mann trug auch durch eigene Arbeit zur Werterhöhung in nicht feststellbarem Ausmaß bei. Der Wert weiterer Einrichtungsgegenstände oder Fahrnisse und die Höhe sonstiger wertsteigernder und noch vorhandener Aufwendungen steht nicht fest. Nach der Rechtsansicht der ersten Instanz sei bei der nach Billigkeit vorzunehmenden Aufteilung nach den §§ 81 ff EheG Ausgangspunkt der von den Ehegatten geleistete Beitrag. Die wesentliche Wertschöpfung, nämlich die Werterhöhung des Hauses, beruhe „ausschließlich" auf Leistungen der Frau; ihr verbleibe auch das von ihr eingebrachte Vermögen und sie habe auch die anderen Vermögenswerte, die Einrichtung der B*****er Wohnung erhalten. Auch der Mann habe zur Schaffung dieser Werte beigetragen. Er habe den Sohn der Frau betreut sowie sein gesamtes Einkommen, soweit er es nicht für die Rückzahlung des in die Ehe eingebrachten Kredits verwendet habe, den Erlös aus seiner Wohnung und den Aufstockungsbetrag für eheliche Zwecke verwendet. Die Aufwendungen für die Wohnung in B***** habe er allein getragen. „Es wurde auch Einrichtung für diese Wohnung angeschafft."

Somit entspreche es der Billigkeit, wenn der Mann eine Ausgleichszahlung in der Höhe der eingebrachten Werte (35.000 S) und der Kreditaufstockung (100.000 S), also von gerundet 10.000 EUR erhalte. Auf die behauptete Wegnahme persönlicher Sachen des Mannes sei nicht einzugehen, weil diese nicht der Aufteilung unterlägen. Das Gericht zweiter Instanz gab dem Rekurs der Frau nicht, dem des Mannes dagegen zur Gänze dahin Folge, dass es den Zuspruch an ihn auf 25.000 EUR erhöhte, was den Umfang der Abweisung auf 20.000 EUR verminderte. Es sprach aus, dass der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig sei.

Das Rekursgericht übernahm die erstgerichtlichen Feststellungen als unbedenklich und verneinte den von der Frau geltend gemachten Verfahrensmangel.

In Behandlung der Rechtsrügen stimmte es dem Mann zu, dass es wenig aufzuteilendes Gebrauchsvermögen und aufzuteilende Ersparnisse gebe. Den zentralen Vermögenswert, ihr Haus, habe die Frau in die Ehe eingebracht und mit ihr vor der Ehe zugekommenen Mitteln renoviert, weshalb es nach § 82 Abs 1 Z 1 EheG nicht in die Aufteilung falle. Zudem habe der Mann mit Notariatsakt auf seine Ansprüche aus der Liegenschaft verzichtet. Aufzuteilen bleibe das Inventar des Hauses; außerdem hätten die früheren Ehegatten bei Aufhebung der ehelichen Gemeinschaft eine gemeinsame Mietwohnung gehabt. Der Mann, der eine Wohnung in die Ehe eingebracht habe, sei daraus ohne jeglichen Vermögenswert ausgestiegen. Sein Beitrag zum Umbau sei in keiner Form abzugelten. Die Frau habe dagegen nicht nur die Aufwendungen des Mannes für die B*****er Wohnung durch alleiniges Bewohnen nach der Trennung, ohne Zahlungen zu leisten, erhöht. Sie habe auch die Wohnung „zurückgestellt" und sämtliches Inventar mitgenommen. Dadurch habe sie auch die Erhebung dessen Werts erschwert, weshalb nur noch die Einschätzung des Werts nach § 34 AußStrG möglich sei. Unter diesen Umständen müsse der Mann, der ohne eigene Wohnmöglichkeit aus der Ehe „aussteige", bei der Beschaffung einer neuen Wohnung unterstützt werden. Die Ausgleichszahlung sei grundsätzlich nach Billigkeit ohne strenge rechnerische Ermittlung zu bestimmen. Gehe man vom Wert des Inventars im Haus bei Aufhebung der ehelichen Lebensgemeinschaft von 19.000 EUR aus, schätze den Wert des Inventars der letzen Ehewohnung mit 15.000 EUR und rechne zumindest die Hälfte der vom Mann für diese Wohnung nach diesem Zeitpunkt geleisteten Miete hinzu, ergebe sich schon eine Ausgleichszahlung von rund 20.000 EUR. Wenn der Mann zudem einen wertsteigernden Beitrag zum Eigentum der Frau geleistet habe und man den Standard der Frau berücksichtige, den sie auch ohne eigenes Einkommen in den letzten Jahren der Ehe halten habe können, entsprächen die noch begehrten 25.000 EUR der Billigkeit.

Rechtliche Beurteilung

Der außerordentliche Revisionsrekurs der Antragsgegnerin ist entgegen dem Ausspruch des Rekursgerichts nach § 59 Abs 1 Z 2 AußStrG zulässig und auch (überwiegend iSd hilfsweise gestellten Aufhebungsantrags) berechtigt.

1. Zu Recht macht die Antragsgegnerin der Sache nach geltend, dass (auch) die angefochtene Entscheidung an einer (im Gesetz nicht so bezeichneten: 3 Ob 250/06w) Nichtigkeit wegen Unzulässigkeit des außerstreitigen Rechtswegs iSd § 56 AußStrG (s dazu 10 Ob 25/06h = EF-Z 2007, 74 [Höllwerth]) leidet, soweit der vom Mann erhobenen Forderung auf Mietzinszahlung der Frau (für Zeiten nach der Aufhebung der ehelichen Lebensgemeinschaft) stattgegeben wurde. Nach den Ausführungen des Rekursgerichts sprach dieses im Rahmen der zugesprochenen Ausgleichszahlung dem Mann auch „die Hälfte der Miete" zu, die dieser nach Aufhebung der ehelichen Lebensgemeinschaft für die Frau geleistet habe. Rechnerisch sah es nämlich offenbar die halbe Summe der Inventarwerte des Hauses der Frau und der Ehewohnung von 17.000 EUR als gerechtfertigt an, was mit der genannten „Hälfte der Miete" zumindest rund 20.000 EUR ergebe. Von diesen Mietzinszahlungen, die laut dem verfahrenseinleitenden Antrag 7.070 EUR ausgemacht hätten, machte der Mann, wenn man seine Forderungsaufstellung betrachtet, genau 7.000 EUR geltend. Somit ist davon auszugehen, dass je die Hälfte dieses Betrags in dem in Rechtskraft erwachsenen abweisenden sowie im zusprechenden Teil der angefochtenen Entscheidung enthalten ist. Vom Obersten Gerichtshof zu beurteilen ist im Rahmen der Anfechtung durch die Antragsgegnerin somit noch ein dem Mann zugesprochener Teilbetrag von 3.500 EUR. Die Entscheidung kann insoweit nicht mit der vom Mann in der ihm freigestellten Revisionsrekursbeantwortung angestellten Überlegung gerechtfertigt werden, das Gericht zweiter Instanz habe nur im Rahmen seiner Billigkeitserwägungen die für die der Aufteilung unterliegende Ehewohnung aufgelaufenen Kosten berücksichtigt. Maßgeblich für die Zulässigkeit des Rechtswegs kann niemals die rechtliche Einordnung des geltend gemachten Anspruchs durch ein im Instanzenzug tätig gewordenes Gericht sein. Vielmehr kommt es nach stRsp für die Beurteilung der Frage, ob eine Rechtssache im streitigen oder außerstreitigen Verfahren zu behandeln ist, ausschließlich auf den Inhalt des Begehrens und des Vorbringens des Antragstellers an. Es ist von dessen Behauptungen, nicht aber von den Einwendungen des Antragsgegners oder den Feststellungen auszugehen, die das Gericht aufgrund der aufgenommenen Beweise trifft (10 Ob 25/06h mwN u.v.a.; RIS-Justiz RS0013639 [T5, T8, T9 und T10]; Ballon in Fasching/Konecny, ZPO² § 1 JN Rz 266; Mayr in Rechberger³ § 40a JN Rz 2 mwN). Im vorliegenden Antrag stützte sich der Mann darauf, dass die fraglichen Mietzinse in beträchtlicher Höhe angefallen seien, nachdem die Frau ihn aus der gemeinsamen Wohnung gedrängt und diese mit ihrem Sohn bewohnt habe; sie habe keinen Cent dieser Mietzinse gezahlt. Er begehre eine Ausgleichszahlung von 38.000 EUR „als Untergrenze", was „unter Berücksichtigung der in jener Zeit aufgelaufenen Mietzinse" 45.000 EUR ergebe. Somit kann keine Rede davon sein, dass die 7.000 EUR nur als ein Faktor im Rahmen der nach § 83 Abs 1 EheG anzustellenden Billigkeitserwägungen genannt worden seien; vielmehr begehrt der Mann eindeutig die Zahlung dieses Betrags für eine Zeit, die nach den Tatsachenfeststellungen der Vorinstanzen, aber auch nach seinen eigenen Behauptungen nach der Aufhebung der ehelichen Lebensgemeinschaft lag. Auch wenn er gar nicht behauptete, er habe diesen Betrag bereits beglichen, macht er damit einen - jedenfalls im Zweifel - auf dem streitigen Rechtsweg zu entscheidenden Anspruch geltend. Er begehrt damit eben weder eine Ausgleichszahlung nach § 94 EheG noch gar eine Verpflichtung der Frau zur Schuldenzahlung im Innenverhältnis nach § 92 EheG. Letzteres wäre mit dem erhobenen Zahlungsbegehren nicht in Einklang zu bringen, ersteres scheiterte schon daran, dass die angeblichen Schulden - später ist in erster Instanz von einem etwas niedrigeren offenen Betrag an Mietzinsschulden die Rede - schon nach den Antragsbehauptungen erst nach dem für die nacheheliche Aufteilung maßgebenden Zeitpunkt entstanden (Koch in KBB² § 81 EheG Rz 8 mwN; 1 Ob 605/88 = SZ 61/206). Laufende Wohnungskosten sind auch keineswegs Verbindlichkeiten, die zur Herstellung, Anschaffung, Instandhaltung oder Verbesserung der Ehewohnung anfallen (Koch aaO mwN). Demnach wäre über diese Forderung im streitigen Verfahren zu entscheiden gewesen. Soweit dem nicht die Teilrechtskraft - wie dargelegt - entgegensteht, sind somit nach § 56 AußStrG die Entscheidungen der Vorinstanzen aufzuheben, das über den bestreffenden Anspruchsteil abgeführte Verfahren ist aufzuheben und der Antrag zurückzuweisen (§ 66 Abs 1 Z 1 iVm § 56 AußStrG). Eine Überweisung an das örtlich zuständige Gericht (des Wohnsitzes der Frau) ist im (richtigerweise anzuwendenden) streitigen Verfahren nicht vorgesehen (Mayr aaO Rz 4 mwN).

2. Der geltend gemachte Verfahrensmangel, dass sich das Rekursgericht auf den vom Mann gar nicht geltend gemachten Umstand gestützt habe, er sei ohne Wohnmöglichkeit aus der Ehe „ausgestiegen", liegt deshalb nicht vor, weil es sich dabei unzweifelhaft um eine im Rahmen des § 83 Abs 1 EheG nicht nur zulässige, sondern grundsätzlich gebotene Billigkeitsüberlegung handelt. Deren Berechtigung ist Gegenstand der Rechtsrüge. Da das Gericht im Aufteilungsverfahren nicht einmal an die Aufteilungswünsche der Parteien gebunden ist (Koch aaO § 85 Rz 2 mwN), gilt das umso weniger für geltend gemachte Billigkeitsgründe, und zwar in beiden Richtungen, also weder positiv noch negativ.

3. Auch eine Aktenwidrigkeit kann dem Gericht zweiter Instanz nicht vorgeworfen werden; mag es auch zutreffen, dass im angefochtenen Beschluss (nur) bei der zweiten Nennung des Datums der Aufhebung der ehelichen Lebensgemeinschaft im Rahmen seiner Behandlung der Beweisrüge statt von „Jänner" von „Juni" die Rede ist, handelt es sich dabei ganz offensichtlich um einen der Berichtigung zugänglichen Irrtum, wie die vorangehende korrekte Wiedergabe des außer Streit stehenden Termins zeigt. Zwar könnte die unrichtige Wiedergabe erstgerichtlicher Feststellungen eine Aktenwidrigkeit bedeuten (E. Kodek in Rechberger³ § 503 ZPO Rz 19 mwN), solches ist hier aber nicht der Fall (siehe S 6 der Ausfertigung des erstinstanzlichen Beschlusses). Die Frage aber, ob die Feststellung des Erstgerichts durch das eingeholte Sachverständigengutachten gedeckt ist, hat mit Aktenwidrigkeit des zweitinstanzlichen Beschlusses nichts zu tun.

4. Zur rechtlichen Beurteilung ist auszuführen:

Bei der primär nach Billigkeit vorzunehmende Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens und der ehelichen Ersparnisse sind die in § 83 Abs 1 EheG demonstrativ aufgezählten Kriterien zu beachten, daneben aber auch weitere dem Gesetz zu entnehmende Grundsätze, wie u.a. die möglichst ausgeglichene Tragung der Scheidungsfolgen und Vermeidung allzu drastischer Veränderung der Lebensverhältnisse (Koch aaO § 83 EheG Rz 1 mwN). In diesem Zusammenhang kann es nach stRsp ein Gebot der Billigkeit sein, dass der Ehegatte, der die Wohnung er- oder behält, den anderen durch eine Geldzahlung bei der Beschaffung einer neuen Wohnung unterstützt (1 Ob 685/80 = SZ 53/125 = JBl 1981, 599 uva; RIS-Justiz RS0057574). Entgegen der Meinung der zweiten Instanz ist jedoch nach den von ihr übernommenen Feststellungen des Erstgerichts keine Rede davon, dass die Frau die Ehewohnung in B***** behalten oder erhalten hätte, vielmehr bewohnte sie diese zwar einige Zeit ohne ihn, er kehrte aber nach ihrem Wegziehen bei noch aufrechter Ehe im Juli 2002 in diese zurück. Schon deshalb kann er keinen Bedarf für eine Wohnungsbeschaffung gehabt haben. Derartige Erwägungen könnten daher allenfalls für das fehlende, weil von der Frau mitgenommene Inventar Geltung beanspruchen. Allerdings wird das nur ein Kriterium bei den zu beachtenden Aufteilungskriterien sein können.

An sich ist es für die zweitinstanzliche Entscheidung ohne Bedeutung, welche Wertgröße das Erstgericht der Ermittlung des Wertes des Hauses der Frau zugrunde legte, weil das Rekursgericht ohnehin mangels Feststellbarkeit des Beitrags des Mannes zur Werterhöhung offenbar wie beim Inventar der (letzten) Ehewohnung § 34 AußStrG anwendete. Im Übrigen übersieht die Antragsgegnerin bei ihrem Zitat (aus einer nicht aktuellen Gesetzesausgabe) zu dieser Frage, dass sich der wiedergegebene Rechtssatz nur auf solche Immobilien bezieht, die weiterhin als „Wohnstätte" eines Ehegatten dienen, wovon hier nicht auszugehen ist. Außerdem ergingen die zitierten Entscheidungen vor dem LBG und sind daher überholt (s insbes Stabentheiner in Rummel³ § 83 EheG Rz 9; Koch aaO § 83 EheG Rz 6, je mwN der Rsp). Richtig ist allerdings die Kritik, dass nach ständiger Rechtsprechung bei der Wertermittlung nach § 83 EheG nicht auf den Zeitpunkt der Aufhebung der ehelichen Lebensgemeinschaft abzustellen ist, sondern nach ganz hM auf den der erstinstanzlichen Entscheidung (Stabentheiner aaO Rz 9 mwN). Daher ginge eine zwischenzeitige Verminderung der durch Leistungen des Mannes bewirkten Wertsteigerung des Hauses zu seinen Lasten.

Nicht grundsätzlich zu beanstanden ist, dass die zweite Instanz die Werterhöhung des Hauses der Frau ungeachtet der Verzichtserklärung des Mannes überhaupt berücksichtigte. Zwar wäre diese wegen § 97 Abs 1 EheG unwirksam gewesen, wenn sie sich - wie von den Parteien ursprünglich vorgesehen - auf die Ehewohnung bezogen hätte. Im Zeitpunkt der Trennung, für den der Verzicht erst Wirkung erlangen sollte, war das Haus aber jedenfalls schon nicht mehr die gemeinsame Wohnung. Als Ehewohnung wird überdies in der Rechtsprechung jene definiert, in der die Ehegatten bei Wirksamwerden der Scheidung im gemeinsamen Haushalt lebten oder [vor dieser] zuletzt gelebt hatten (Stabentheiner aaO § 81 EheG Rz 7 mwN; für Zeitpunkt der Auflösung der ehelichen Lebensgemeinschaft Koch aaO § 81 EheG Rz 5; das macht für den vorliegenden Fall aber keinen Unterschied). Damit steht aber der Verzicht nicht mehr im Widerspruch zur Grundwertung des Gesetzgebers, die Ehewohnung möglichst in die Aufteilung einzubeziehen, wenn einer der Ehegatten - was hier offenbar auch nicht der Fall ist - darauf angewiesen ist (§ 82 Abs 2 EheG). Im maßgebenden Zeitpunkt war das Haus als gewöhnliche eheliche Ersparnis anzusehen (Koch aaO), deren Aufteilung nach § 97 Abs 1 zweiter Satz EheG zulässigerweise mittels Notariatsakts geregelt werden konnte. Nun ist es an sich denkbar, dass der Verzicht nicht auch für eine während der Ehe eintretende Werterhöhung der Liegenschaft gelten sollte. Allerdings fehlt es für die Beurteilung dieser Frage iSd § 57 Z 5 AußStrG an den erforderlichen Feststellungen über den einvernehmlichen Parteiwillen iSd § 914 ABGB über die Reichweite des Verzichts, was solche künftige Wertsteigerungen (auch im Zusammenhang mit Leistungen des Mannes) betrifft. Dieser Feststellungsmangel macht die Aufhebung der Entscheidungen der Vorinstanzen im noch offenen Umfang und die Zurückverweisung der außerstreitigen Rechtssache an die erste Instanz erforderlich. Die Frage wird mit den Parteien zu erörtern sein; je nach dem Ergebnis dieser Erörterung werden die erforderlichen Beweise aufzunehmen sein. Sollte die Frage ungeklärt bleiben, ist allerdings nach dem Wortlaut von einem umfassenden Verzicht auszugehen („jegliche Ansprüche").

Auch die sogenannte „Kreditaufstockung" war für das Rekursgericht irrelevant. Da aber der Antragsteller in seiner Revisionsbeantwortung darauf zurückkommt, ist festzuhalten, dass dem erstinstanzlichen Beschluss in keiner Weise zu entnehmen ist, dass der Kredit von 100.000 S bei Beendigung der Lebensgemeinschaft noch aushaftete, was erst die Berücksichtigung als Schuld iSd § 83 Abs 1 EheG ermöglichen würde (Stabentheiner aaO Rz 6 mwN). Auch insoweit sind ergänzende Feststellungen zu treffen.

Wiederum zutreffend rügt die Revisionsrekurswerberin, dass entgegen der oben dargestellten Rechtsprechung (und Lehre) die zweite Instanz zum Wert des Inventars des Hauses der Frau von dem zur Zeit der Trennung ausging. Es wäre daher nach den Feststellungen des Erstgerichts von nur 16.500 EUR statt von 19.000 EUR auszugehen gewesen. Weiters macht sie zu Recht geltend, dass es auch für die ohnehin nur vage, aber dennoch im Ergebnis uneingeschränkte Annahme, dass der Verzicht das Inventar ihres Hauses nicht betroffen hätte („nicht unbedingt für Hausrat und Einrichtung"), einer Tatsachenfeststellung über den einvernehmlichen Parteiwillen bedurft hätte. Auch insofern liegt daher ein Feststellungsmangel nach § 57 Z 5 AußStrG vor, der zur Aufhebung in die erste Instanz führen muss. Hier wird aber im Zweifel nach der wörtlichen Auslegung des Notariatsakts davon auszugehen sein, dass das erst später erworbene Inventar vom Verzicht nicht umfasst ist.

Schließlich übersah das Gericht zweiter Instanz - den Ausführungen der Frau in ihrer Rekursbeantwortung zum Trotz - noch, dass es zum Wert des Inventars der Ehewohnung (iSd oben dargestellten Definition) keine Feststellungen des Erstgerichts gibt, ebenso wenig konkrete dazu, aus wessen Vermögen bzw Einkommen dieses finanziert wurde. Beides ist aber für die Aufteilung nach § 83 Abs 1 EheG von wesentlicher Bedeutung.

Erst auf der wie dargestellt vervollständigten Tatsachengrundlage wird eine nach den gesetzlichen Kriterien zu treffende Billigkeitsentscheidung über den noch offenen Ausgleichsanspruch möglich sein.

Somit ist dem Revisionsrekurs im noch strittigen Umfang Folge zu geben, die Entscheidungen der Vorinstanzen sind - soweit nicht Nichtigkeit gegeben ist - aufzuheben und die außerstreitige Rechtssache ist an das Erstgericht zurückzuverweisen. Nach § 203 Abs 9 AußStrG sind die Kostenregelungen des § 234 AußStrG 1854 auf das vorliegende Verfahren nach wie vor anzuwenden. Damit hat der Oberste Gerichtshof analog § 52 ZPO (7 Ob 754/79 = SZ 52/145 ua; RIS-Justiz RS0008488) einen Kostenvorbehalt zu machen.

Stichworte