OGH 10ObS113/07a

OGH10ObS113/07a27.11.2007

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schinko als Vorsitzenden, die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Fellinger und Dr. Hoch sowie die fachkundigen Laienrichter Mag. Dr. Wolfgang Höfle (aus dem Kreis der Arbeitgeber) und AR Angelika Neuhauser (aus dem Kreis der Arbeitnehmer) als weitere Richter in der Sozialrechtssache der klagenden Partei Sibylle K*****, Dipl. Pflegepädagogin, *****, vertreten durch Dr. Harald Vill, Rechtsanwalt in Innsbruck, gegen die beklagte Partei Versicherungsanstalt öffentlich Bediensteter, 1081 Wien, Josefstädterstraße 80, vertreten durch Dr. Hans Houska, Rechtsanwalt in Wien, wegen Feststellung, infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 10. Juli 2007, GZ 25 Rs 51/07x-16, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck als Arbeits- und Sozialgericht vom 7. Februar 2007, GZ 47 Cgs 253/06v-12, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei zu Handen ihres Vertreters die mit EUR 333,12 (darin enthalten EUR 55,52 USt) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die Klägerin ist als diplomierte Pflegepädagogin beim AZW Ausbildungszentrum für Gesundheitsberufe West Austria (im Folgenden nur AZW) beschäftigt. Aus Anlass einer 15-Jahr-Feier veranstaltete die Direktion des AZW am 3. 7. 2006 einen Betriebsausflug mit einem besonderen Programm, welches sich von den in den letzten Jahren bei den Betriebsausflügen überwiegend durchgeführten Wanderungen abheben sollte. Als Programm wurde den Mitarbeitern in der Einladung zum Betriebsausflug Folgendes angeboten:

„1.) Rafting in Imsterschlucht (für Einsteiger):

Ausgestattet mit Neoprenanzug, Schwimmjacke und Schutzhelm fährt man in einem großen Boot (natürlich mit Führer) den Inn entlang. Für Spaß und viel Teamgeist wird garantiert!

2.) Canyoning Canyon College (für Einsteiger):

Ebenfalls mit Neoprenanzug und Schutzhelm ausgestattet geht es einen Fluss hinab, mit allen Hindernissen .... Für Action ist hier gesorgt, vor allem mit einem kurzen Anstieg des Adrenalinspiegels ist zu rechnen!

3.) Für die „gemütliche Abteilung":

Diverse Angebote im Camp (Street Soccer Platz, Beach-Volleyball, Inline Skates, Kletterwand, Basketball, kleine Wanderung oder einfach nur Relaxen am „Eddy Beach".

Die Direktion wollte mit diesem Betriebsausflug die Verbundenheit zwischen Betriebsleitung und Belegschaft fördern. Die Kosten für diesen Betriebsausflug (inklusive der Teilnahme am vorgeschlagenen Sportprogramm) wurden zur Gänze vom Dienstgeber getragen. Die Veranstaltung wurde während der Arbeitszeit bei Weiterzahlung des Entgeltes durchgeführt. Die Teilnahme am Betriebsausflug stand sowohl der Belegschaft als auch den Abteilungsleitern sowie den Angehörigen der Direktion offen. Eine Teilnahme der Mitarbeiter und Vorgesetzten am Betriebsausflug war ausdrücklich erwünscht.

Die am 29. 6. 1973 geborene Klägerin hat sich bei diesem Betriebsausflug - so wie die Mehrheit der insgesamt ca 50 bis 60 teilnehmenden Betriebsangehörigen und auch Vorgesetzten (Mitglieder der Direktion) - für die Aktivität „Canyoning Canyon College" (für Einsteiger) entschieden. Sie nahm an diesem Tag erstmals an einem „Canyoning" teil. Die Teilnehmer liefen zuerst auf gerader Strecke zwei Stunden durch das Wasser und rutschten dann über einen Felsen hinunter. Einmal seilten sich die Teilnehmer ab und einmal sprangen sie hinunter. An der (späteren) Unfallstelle boten sich für die Teilnehmer drei Möglichkeiten, um einen ca 10 m hohen Felsen zu überwinden, nämlich abseilen, rutschen oder springen. Von diesen drei möglichen Alternativen wählte die Klägerin das Rutschen, weil sie sich dabei zuvor am sichersten gefühlt hatte und sie keine Handschuhe (für das Abseilen) trug. Das Springen wählte sie deshalb nicht, weil die Stelle für sie unübersichtlich und nur wenig einsehbar war. Sie rutschte als dritte Teilnehmerin zunächst 2 bis 3 m über den Felsen und fiel anschließend plötzlich und unerwartet im freien Fall hinunter. Beim Aufprall auf dem Wasser zog sie sich eine Fraktur des 10. Brustwirbels, Prellungen und Stauchungen von der Schulter bis in den Lendenbereich sowie zahlreiche Hämatome und starke Schwellungen am gesamten Rumpf zu.

Die beklagte Partei sprach mit Bescheid vom 5. 10. 2006 aus, dass der Vorfall vom 3. 7. 2006 gemäß § 90 B-KUVG nicht als Dienstunfall anerkannt werde und daher Leistungen gemäß den §§ 88 ff B-KUVG nicht gewährt werden.

Die Klägerin erhob dagegen rechtzeitig Klage mit dem Begehren, es werde festgestellt, dass die von ihr am 3. 7. 2006 erlittenen Verletzungen Folgen eines Dienstunfalles seien. Sie brachte im Wesentlichen vor, es habe sich beim Betriebsausflug um eine vom Versicherungsschutz erfasste betriebliche Gemeinschaftsveranstaltung gehandelt. In der Einladung zum Betriebsausflug sei die Aktivität „Canyoning", für welche sie sich entschieden habe, insbesondere für Einsteiger angeboten worden, sodass das damit verbundene Risiko in keiner Weise jenes Risiko überschreite, welches in den „üblicherweise bei Betriebsausflügen angebotenen sportlichen Aktivitäten liege". Sie sei auch durchaus in der Lage gewesen, diese Einsteigertour zu absolvieren, zumal sie sich bis zum Unfall in einer sehr guten körperlichen Verfassung befunden habe und auf Grund ihrer Fitness auch körperlich belastbar gewesen sei.

Die beklagte Partei beantragte die Abweisung des Klagebegehrens. Es sei zwar vom Vorliegen einer unter Unfallversicherungsschutz stehenden betrieblichen Gemeinschaftsveranstaltung auszugehen, die angebotene sportliche Betätigung, bei der die Klägerin verunfallt sei, habe jedoch den üblichen Rahmen überschritten, weil mit dem Canyoning ein erhöhtes Risiko und eine nicht unbeträchtliche Gefahr verbunden gewesen sei, was sich schon auf Grund des Unfallherganges zeige. Derartige risikoreiche sportliche Betätigungen seien vom Unfallversicherungsschutz ausgenommen. Es könne auch keine Verpflichtung der Klägerin zur Teilnahme an diesem Programmpunkt unterstellt werden, da sie aus drei Aktivitäten, darunter auch für die „gemütliche Abteilung", habe wählen können.

Das Erstgericht wies ausgehend vom eingangs wiedergegebenen Sachverhalt das Klagebegehren ab. Es vertrat in rechtlicher Hinsicht im Wesentlichen die Auffassung, dass unter Berücksichtigung der Zwecke und Ziele von Betriebsausflügen auch eine sportliche Betätigung in einem bestimmten Rahmen vom Versicherungsschutz umfasst sei. Dieser Rahmen werde überschritten, wenn mit der Betätigung eine nicht unbeträchtliche Gefahr verbunden sei, die das mit derartigen Veranstaltungen üblicherweise verbundene Risiko wesentlich übersteige. Wenn die teilnehmende Gruppe nicht entsprechend der gewählten sportlichen Betätigung trainiert sei und deshalb auch drei verschiedene Programmpunkte zur Auswahl angeboten worden seien, sei nicht zu unterstellen, dass der Dienstgeber und auch die Arbeitskollegen davon ausgegangen seien, dass sich der Einzelne im Rahmen eines Betriebsausfluges an einer solchen sportlichen Betätigung beteilige. Da es sich bei den Teilnehmern des Betriebsausfluges um Personen gehandelt habe, die im Pflegeberuf tätig seien, könne nicht davon ausgegangen werden, dass sich ein Teilnehmer verpflichtet habe fühlen müssen, an der nicht ungefährlichen Canyoningtour - schon die Einladung zum Betriebsausflug werbe mit Action und einem Anstieg des Adrenalinspiegels - teilzunehmen. Die Teilnahme der Klägerin an diesem „Canyoning" sei daher nicht mehr vom Versicherungsschutz umfasst gewesen.

Das Berufungsgericht gab der Berufung der Klägerin Folge und stellte fest, dass die von der Klägerin am 3. 7. 2006 erlittenen Verletzungen, nämlich eine Fraktur des 10. Brustwirbels, Prellungen und Stauchungen von der Schulter bis in den Lendenbereich, zahlreiche Hämatome und starke Schwellungen am gesamten Rumpf, Folgen eines Dienstunfalles seien. Es vertrat in rechtlicher Hinsicht insbesondere die Auffassung, dass der vom Erstgericht aus der festgestellten Unfallsörtlichkeit und dem Unfallsablauf sowie aus dem in der Einladung enthaltenen Hinweis auf eine actionreiche und adrenalinspiegeltreibende Aktivität gezogene Schluss der besonderen Gefährlichkeit und Risikoträchtigkeit der von der Klägerin ausgeübten sportlichen Betätigung nicht berechtigt sei. Abgesehen davon, dass es sich bei letzteren Hinweisen um eine die Teilnahme fördernde Bewerbung handle und die besondere Gefährlichkeit nicht aus einer im Zuge dieser sportlichen Ausübung sich momentan ergebenden besonderen Situation oder aus dem Unfall selbst gefolgert werden dürfe, sei Canyoning auch nicht in jedem Fall als eine besonders risikoreiche Sportart einzustufen. So wie bei anderen Natursportarten wie Schifahren oder Wandern komme es auch hier auf den Schwierigkeitsgrad der Tour an. Von entscheidender Bedeutung sei hier, dass dieser Programmpunkt „Canyoning" für Einsteiger angeboten worden sei, sodass sehr wohl Dienstgeber als auch die präsumtiven Teilnehmer davon hätten ausgehen können, dass hiefür keine besondere körperliche und sportliche Fitness oder Geschicklichkeit erforderlich sei, es sich also um eine leichte Tour handle, die für die Teilnehmer kein besonderes Risiko begründe. Es könne auch nicht damit argumentiert werden, dass die Teilnahme an diesem Canyoning vorwiegend von der Befriedigung einer persönlichen Abenteuerlust motiviert und damit das rein persönliche Motiv vordergründig gewesen sei. In diesem Zusammenhang komme der Tatsache besondere Bedeutung zu, dass an diesem Programmpunkt die Mehrheit der Betriebsangehörigen und zudem Vorgesetzte (Direktoren/innen) teilgenommen hätten, sodass diese allfälligen Motive sicherlich zurückgedrängt worden seien und damit auch das Argument der Freiwilligkeit nicht mehr tragend werde. Es sei nämlich eine Erfahrungstatsache, dass viele Dienstnehmer sich jenem Programmteil anschließen, den die Mehrheit und insbesondere Vorgesetzte wählen, um damit ihre Betriebsverbundenheit und das Zusammengehörigkeitsgefühl zum Ausdruck zu bringen. Aus diesen Gründen erscheine dem Berufungsgericht eine Verbreiterung der Sachverhaltsgrundlage hinsichtlich des tatsächlichen Schwierigkeitsgrades der Tour entbehrlich, weil es für die rechtliche Beurteilung auf die tatsächliche Präsentation dieses Programmpunktes (für Einsteiger) ankomme, eine körperliche Nichteignung der Klägerin für eine Teilnahme weder behauptet worden sei noch feststehe, sodass der Unfallversicherungsschutz der Klägerin zu bejahen sei.

Das Berufungsgericht sprach aus, dass die ordentliche Revision nicht zulässig sei, weil es sich bei seiner Entscheidung an den Grundsätzen der zitierten höchstgerichtlichen Judikatur und der Lehre orientiert habe und der zu lösenden Rechtsfrage keine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO zukomme.

Gegen diese Entscheidung richtet sich die außerordentliche Revision der beklagten Partei wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, das angefochtene Urteil im Sinne einer Wiederherstellung des Ersturteiles abzuändern. Hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Die Klägerin beantragt in ihrer Revisionsbeantwortung, die Revision als unzulässig zurückzuweisen bzw ihr keine Folge zu geben.

Die beklagte Partei begründet die Zulässigkeit ihres Rechtsmittels damit, dass sich das Berufungsgericht nicht ausdrücklich mit der einen ähnlichen Sachverhalt (Wildwasserrafting) betreffenden Entscheidung 10 ObS 234/92 (= SSV-NF 6/115) des Obersten Gerichtshofes auseinandergesetzt habe. Darüber hinaus fehle eine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes zur Frage, welche Bedeutung der Einladung (zu einem Betriebsausflug) für die Qualifikation einer Sportart zukomme, und habe die hier zu lösende Rechtsfrage eine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung, weil bei einer Vielzahl von Betriebsausflügen zunehmend Extrem- oder Abenteuersportarten in die Programmgestaltung aufgenommen würden.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision der beklagten Partei ist aus diesen von ihr angeführten Gründen zulässig, aber nicht berechtigt.

Die beklagte Partei wendet sich auch in ihren Revisionsausführungen nicht gegen die zutreffende Rechtsansicht der Vorinstanzen, dass es sich bei dem Betriebsausflug um eine dem Unfallversicherungsschutz unterstellte betriebliche Gemeinschaftsveranstaltung gehandelt hat. Sie meint aber insbesondere unter Bezugnahme auf die Entscheidung des Obersten Gerichtshofes 10 ObS 234/92 (= SSV-NF 6/115), dass - so wie das Rafting - auch das Canyoning als eine sportliche Betätigung einzustufen sei, mit der eine nicht unbeträchtliche Gefahr verbunden sei, welche das übliche Risiko, das mit derartigen Veranstaltungen im Rahmen von Betriebsausflügen verbunden sei, wesentlich übersteige. Dies zeige sich insbesondere darin, dass von den Teilnehmern zwingend eine Schutzausrüstung (Neoprenanzug und Schutzhelm) zu tragen sei; in der Programmbeschreibung betont werde, dass es mit allen Hindernissen einen Fluss hinabgehe, für Action gesorgt und vor allem mit einem kurzen Anstieg des Adrenalinspiegeles zu rechnen sei sowie keinerlei innerer Zusammenhang zwischen der beruflichen Tätigkeit der Teilnehmer am Betriebsausflug und dem Canyoningsport bestehe. Canyoning sei auch nicht mit Breitensportarten wie zB Schi fahren oder Wandern, die übliche sportliche Aktivitäten von Betriebsausflügen darstellten, vergleichbar. Auch aus dem Umstand, dass Canyoning „für Einsteiger" angeboten worden sei, sei nichts zu gewinnen, weil besonders risikoträchtige Randsportarten wie beispielsweise Rafting, Canyoning, Bungeejumping oder Fallschirmspringen generell nicht vom Unfallversicherungsschutz umfasst seien. Schließlich habe sich die Klägerin keineswegs verpflichtet fühlen müssen, an den nicht ungefährlichen Canyoning- bzw Rafting-Aktivitäten teilzunehmen, da sie sich auch der „gemütlichen Abteilung", für die durchaus ernsthafte Sportarten angeboten worden seien, anschließen hätte können. Ihre Teilnahme am Canyoning sei somit auch wesentlich von ihrer persönlichen Abenteuerlust motiviert gewesen, weshalb ihr Unfall nicht vom Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung umfasst sei, sondern lediglich einer allfälligen zivilrechtlichen Haftung des Veranstalters unterliege.

Diesen Ausführungen ist Folgendes entgegenzuhalten:

Nach ständiger Rechtsprechung können betriebliche Gemeinschaftsveranstaltungen grundsätzlich unter Unfallversicherungsschutz stehen. Der Schutz solcher Veranstaltungen besteht insoweit, als die Teilnahme an ihnen ein Ausfluss der Ausübung der Erwerbstätigkeit ist (RIS-Justiz RS0084560 mwN). Betriebliche Gemeinschaftsveranstaltungen dienen in der Regel nicht unmittelbar der eigentlichen betrieblichen Arbeit. Sie sollen vielmehr das Zusammengehörigkeitsgefühl sowie den Kontakt zwischen Betriebsleitung und Belegschaft stärken. Wie die Revisionswerberin zutreffend ausführt, werden zunehmend auch Abenteuersportarten zur Festigung der Betriebsverbundenheit (Stärkung des Teamgeistes) in die Programmgestaltung von Betriebsausflügen aufgenommen. Der Oberste Gerichtshof hat bereits mehrfach ausgesprochen, dass auch sportliche Betätigungen, wie beispielsweise ein Schitag, der Betriebsverbundenheit dienen können (10 ObS 121/05z; SSV-NF 10/40). Zu berücksichtigen ist allerdings, dass von einer betrieblichen Gemeinschaftsveranstaltung nur dann gesprochen werden kann, wenn die Veranstaltung dem überwiegenden Teil der Belegschaft offen steht und auch ein überwiegender Teil der Belegschaft daran teilgenommen hat. Sportunfälle gelten daher nur dann als Arbeitsunfälle im Rahmen einer betrieblichen Gemeinschaftsveranstaltung, wenn die sportliche Betätigung zum „allgemeinen Programm" der Gemeinschaftsveranstaltung gehört. Zu beachten ist weiters, dass die sportliche Betätigung immer auf die Förderung der Betriebsverbundenheit abzielen muss. Als Gemeinschaftsveranstaltung ist eine sportliche Betätigung auch dann nicht zu werten, wenn bei ihr der Wettkampfcharakter oder das Erzielen von Spitzenleistungen im Vordergrund steht. Durch eine derartige Ausrichtung wird nämlich die sportliche Betätigung zu einer im „privaten" Interesse gelegenen Veranstaltung (vgl Schrammel in seiner Entscheidungsanmerkung zu DRdA 1999/30, 263 ff mwN). Es hat daher das Berufungsgericht im Sinne dieser Ausführungen mit Recht darauf hingewiesen, dass das vom Dienstgeber ausdrücklich bewilligte und geförderte vormittägige Alternativprogramm mit den drei Möglichkeiten der sportlichen Betätigung grundsätzlich vom Versicherungsschutz umfasst war, weil dieses ebenfalls insgesamt auf eine Förderung der Betriebsverbundenheit abzielte und keinerlei Anhaltspunkte dafür bestehen, dass dabei die Erzielung von Spitzenleistungen oder der Wettkampfcharakter im Vordergrund gestanden wäre. Auch die von der Klägerin gemeinsam mit der Mehrheit ihrer Arbeitskollegen und mit Vorgesetzten gewählte Teilnahme am Canyoning erfüllte diese Voraussetzung.

Während einer Gemeinschaftsveranstaltung sind alle Tätigkeiten versichert, die mit dem Gesamtzweck der Veranstaltung vereinbar sind (Krasney in Brackmann, Handbuch der SV Band 3 § 8 SGB VII RdNr 133 mwN zur vergleichbaren deutschen Rechtslage). Sportliche, von der Unternehmensleitung geplante und geförderte Betätigungen während einer betrieblichen Gemeinschaftsveranstaltung stehen auch dann unter Unfallversicherungsschutz, wenn sie für die Teilnehmer nicht ungefährlich sind und die Teilnahme die Gefahr einer Verletzung mit sich bringen (Lauterbach/Schwerdtfeger, Unfallversicherung4 § 8 RdNr 154; Gitter, Sozialrecht5 158 mwN). Besonders gefährliche Unternehmungen während der Veranstaltung können allerdings dem Zweck der Gemeinschaftsveranstaltung zuwiderlaufen und sind dann nicht versichert. So hat das deutsche Bundessozialgericht beispielsweise entschieden, dass mit einer extrem riskanten Bootsfahrt auf einem Fluss in Afrika mit Stromschnellen und Wasserfällen in ein unbekanntes, den Beteiligten nicht vertrautes, sogar bei den Einheimischen als gefährlich geltendes Gebiet kein angemessener Gemeinschaftszweck verfolgt worden sei, zumal ein Teil der zu beteiligenden Arbeitnehmer eine Teilnahme wegen der außerordentlichen Gefährlichkeit dieses Unternehmens abgelehnt habe. Unter diesen Umständen sei als Ausflugszweck die private Abenteuerlust der Teilnehmer, die sich zutrauten, bei einer Freizeitbetätigung mit besonderen Gefahren fertig zu werden, verblieben (BSGE 56, 283 ff). Auch der Oberste Gerichtshof hat in der den Unfall eines Versicherten auf einer Raftingfahrt betreffenden Entscheidung 10 ObS 234/92 (= SSV-NF 6/115) ausgeführt, dass unter Berücksichtigung der Zwecke und Ziele von Betriebsausflügen zweifellos auch die sportliche Betätigung in einem bestimmten Rahmen vom Versicherungsschutz umfasst sei, dieser Rahmen jedoch überschritten werde, wenn mit der Betätigung eine nicht unbeträchtliche Gefahr verbunden sei, welche das übliche Risiko, das mit derartigen Veranstaltungen verbunden sei, wesentlich übersteige. In dieser Entscheidung hat der Oberste Gerichtshof die Rechtsansicht des Berufungsgerichtes, dass die konkrete Raftingfahrt des damals tödlich verunglückten Versicherten auf einem hochwasserführenden Fluss nach den maßgebenden Feststellungen des Erstgerichtes mit einem außergewöhnlichen Risiko verbunden gewesen sei, bestätigt. Dieser Entscheidung kann jedoch entgegen der Ansicht der Revisionswerberin nicht die allgemeine Aussage entnommen werden, dass „risikoträchtige Randsportarten" wie insbesondere Rafting und auch Canyoning in jedem Fall und unter allen Umständen vom Unfallversicherungsschutz sportlicher Betätigungen bei betrieblichen Gemeinschaftsveranstaltungen ausgeschlossen seien. Soweit die Revisionswerberin meint, dass besonders „risikoträchtige Randsportarten" wie beispielsweise Rafting, Canyoning, Bungeejumping oder Fallschirmspringen generell vom Unfallversicherungsschutz ausgeschlossen seien, ist darauf hinzuweisen, dass keine allgemeingültige Definition des Begriffs „risikoträchtige Randsportart" bzw „Risikosportart" existiert. Darunter werden ganz allgemein Sportarten mit hohem Verletzungsrisiko zu verstehen sein, wobei man bei der Einstufung der einzelnen Sportarten zu durchaus unterschiedlichen Ergebnissen gelangen wird, je nachdem, ob man auf die Schwere oder auf die Häufigkeit der Verletzung abstellt. So werden als Sportarten mit der höchsten Wahrscheinlichkeit eines besonders schweren Unfalls wohl das Bergklettern, das Drachenfliegen und das Fallschirmspringen zu werten sein, während die Verletzungshäufigkeit bei klassischen Betriebssportarten wie Fußball oder Schifahren am höchsten sein wird. Da letztlich jeder Sportart ein spezifisches Verletzungsrisiko innewohnt, erscheint die von der Revisionswerberin für die Frage des Bestehens eines Unfallversicherungsschutzes vertretene abstrakte Differenzierung nach den einzelnen Sportarten für sich allein wenig aussagekräftig (vgl jüngst Bieresborn, Schach, Kartfahren und Drachenfliegen - Versicherter Betriebssport in der gesetzlichen UV? - Ein Beitrag zu den Grenzen, SGb 2007, 472 ff [480] mwN). Der erkennende Senat teilt vielmehr die Ansicht des Berufungsgerichtes, wonach es auch beim Canyoning - so wie bei anderen in der Natur ausgeübten Sportarten wie beispielsweise Schi fahren oder Bergwandern - auf die konkreten Umstände dieser sportlichen Betätigung, insbesondere auf den Schwierigkeitsgrad der vom Versicherten gewählten Tour ankommt. Es kommt daher nach Ansicht des erkennenden Senates dem Umstand, dass im vorliegenden Fall die Teilnahme am Canyoning unter Beiziehung einer fachkundigen Begleitung - offensichtlich anders als bei der in der zitierten Vorentscheidung beurteilten Teilnahme eines Versicherten an einer Raftingfahrt - ausdrücklich (auch) für Einsteiger, somit für Personen, die - so wie die Klägerin - noch keinerlei Erfahrungen mit dieser Sportart gemacht hatten, eine entscheidende Bedeutung zu. Damit durften nämlich sowohl Dienstgeber als auch präsumtive Teilnehmer berechtigterweise davon ausgehen, dass für die Teilnahme am Canyoning keine besondere körperliche und sportliche Fitness oder Geschicklichkeit erforderlich sind, es sich also um eine leichte Tour für Einsteiger handelt, die für die Teilnehmer kein über das übliche Risiko einer sportlichen Betriebsveranstaltung hinausgehendes Risiko begründet. An dieser Einschätzung vermag auch der in der Einladung weiters enthaltene Hinweis auf die Notwendigkeit des Tragens der für die Ausübung dieser Sportart allgemein vorgesehenen Schutzausrüstung sowie die weitere Programmbeschreibung nichts zu ändern, weil nach den zutreffenden Ausführungen in der Revisionsbeantwortung der Neoprenanzug den Körper lediglich vor der Kälte schützen soll und Helme oftmals auch bei anderen Sportarten (wie beispielsweise Fahrradfahren auf dem Radweg, Inlineskaten usw) getragen werden, weshalb auch das Tragen dieser Schutzausrüstung noch nicht von vornherein auf die Ausübung einer besonders gefährlichen und risikoträchtigen Sportart schließen lässt. Für die Klägerin bestand daher keine Veranlassung, diese ihr angebotene Teilnahme an der Canyoningtour abzulehnen und sich der „gemütlichen Abteilung" anzuschließen. Dem weiteren Einwand der Revisionswerberin, auch die konkrete Unfallstelle sowie der Unfallshergang zeige die Gefährlichkeit dieser Tour, ist entgegenzuhalten, dass dem Teilnehmer ein vorzeitiger Ausstieg aus der Tour meist nicht mehr möglich ist (vgl Beil C). Für die Annahme, dass bei der Teilnahme der Klägerin am Canyoning private Interessen (persönliche Abenteuerlust) im Vordergrund gestanden seien, besteht nach ebenfalls zutreffender Rechtsansicht des Berufungsgerichtes kein Anhaltspunkt, zumal an dieser sportlichen Betätigung auch die Mehrheit der Betriebsangehörigen sowie Vorgesetzte der Klägerin teilgenommen haben. Der erkennende Senat gelangt daher zu dem Ergebnis, dass bei dem Betriebsausflug vom 3. 7. 2006 nicht nur die Teilnahme an dem für die „gemütliche Abteilung" vorgesehenen Sportprogramm (Inline Skates, Kletterwand usw), sondern - so wie im Falle der Klägerin - auch die Teilnahme an der für Einsteiger vorgesehenen Canyoningtour vom Unfallversicherungsschutz umfasst war.

Aus diesen Erwägungen musste der Revision ein Erfolg versagt bleiben.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 77 Abs 1 Z 2 lit a iVm Abs 2 ASGG.

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