OGH 8ObA27/07i

OGH8ObA27/07i22.11.2007

Der Oberste Gerichtshof hat durch die Vizepräsidentin des Obersten Gerichtshofes Hon.-Prof. Dr. Langer als Vorsitzende sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Spenling und Dr. Glawischnig und die fachkundigen Laienrichter Dr. Lukas Stärker und Dr. Vera Moczarski als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Gerhard H*****, vertreten durch Grießer, Gerlach, Gahleitner Rechtsanwälte in Wien, gegen die beklagte Partei B***** AG, *****, vertreten durch CMS Reich-Rohrwig Hainz, Rechtsanwälte GmbH in Wien, wegen Feststellung (Interesse EUR 35.000), über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 21. Februar 2007, GZ 7 Ra 4/07w-30, in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Begründung

Rechtliche Beurteilung

Der Kläger begehrt die Feststellung von Pensionsansprüchen aufgrund eines Vertrages aus 1983 direkt gegen die Beklagte. Das Vorliegen einer erheblichen Rechtsfrage ist jedenfalls zu verneinen, wenn ein Streitfall trotz neuer Sachverhaltselemente bereits mit Hilfe vorhandener Leitlinien höchstgerichtlicher Rechtsprechung gelöst werden kann (Zechner in Fasching/Konecny² IV/1 § 502 ZPO Rz 70 mwH; OGH 8 ObA 79/06k). Dies gilt insbesondere für die Auslegung von vertraglichen Vereinbarungen (vgl RIS-Justiz RS0044358; RIS-Justiz RS0042871).

Der Auffassung der Vorinstanzen, dass der Kläger seinen Anspruch nicht - jedenfalls aber nicht zur Gänze - auf eine einzelvertragliche Anspruchsgrundlage stützen kann, haftet kein, das korrigierende Einschreiten des Obersten Gerichtshofs erfordernder Rechtsirrtum an. Nach den Feststellungen richten sich die Pensionsansprüche des Klägers zuerst nach der PR 61 und war nur hinsichtlich der Höhe der Bemessungsgrundlage vorgesehen, dass eine bestimmte Einschränkung betreffend die Höchstbemessungsgrundlage keine Wirkung haben sollte. Zu deren konkreter Maßgeblichkeit wurde im erstinstanzlichen Verfahren nichts näheres ausgeführt. In dem Dienstvertrag des Klägers war auch ausdrücklich festgelegt, dass auf sein Dienstverhältnis der Bankenkollektivvertrag und der Kollektivvertrag über die Pensionsreform 1961 zur Anwendung zu gelangen haben, also gerade nicht, dass die Ausnahme des § 1 Abs 2 dieses KVs für Einzel-(Sonder-)verträge vorliegt. Inwieweit in der dahingehenden Annahme der Vorinstanzen eine vom Obersten Gerichtshof aufzugreifende Fehlbeurteilung zu sehen wäre, vermag der Kläger nicht aufzuzeigen. Die Rechtsansicht der Vorinstanzen, dass die Pensionsanwartschaften des Klägers jedenfalls nicht nur als Pensionsanwartschaften aufgrund einer einzelvertraglichen Vereinbarung im Sinne des § 1 der sogenannten „Übertragungsbetriebsvereinbarung" anzusehen seien und daher daraus die Verpflichtung zur Einholung einer Zustimmung nicht abgeleitet werden könne, findet schon in den Entscheidungen des Obersten Gerichtshofes zu 8 ObA 20/06h, 8 ObA 79/06k und 9 ObA 127/06a zu weitgehend vergleichbaren Sachverhaltsgrundlagen eine Stütze, in denen davon ausgegangen wurde, dass eine einzelvertragliche Grundlage trotz spezifischer Begünstigungen bei der Bemessungsgrundlage nicht vorliegt. In dem Fall, den der Kläger in der Revision als seinem Fall vergleichbar bezeichnet (9 ObA 127/06a), wurde die Klage abgewiesen. Die Fälle unterscheiden sich allerdings insofern von dem vorliegenden, als in der damals maßgeblichen BV 69 vorgesehen war, dass die pensionsfähige Bemessungsgrundlage durch Erklärung des AG erweitert werden kann (§ 107 der BV 69). Eine solche Bestimmung ist hier vorweg nicht ersichtlich. Daher kann auch nicht davon ausgegangen werden, dass bloß eine einzelvertragliche Gestaltung hinsichtlich der Qualifikation des Entgeltes im Sinne einer im KV vorgesehenen Variante vorgenommen wurde. Dies bedeutet aber nun nicht zwingend, dass auch davon ausgegangen wird, dass hier überhaupt zur Gänze eine Pensionszusage auf einzelvertraglicher Grundlage erfolgte. Steht es doch regelmäßig dem Arbeitgeber frei, seinen Arbeitnehmer über die durch den KV verpflichtend vorgesehene Leistungen hinaus zusätzliche Leistungen einzelvertraglich zuzusagen. So kann es auch zu einzelvertraglichen „Ergänzungen" des auf einem KV oder einer BV beruhenden Betriebspensionssystems kommen, etwa in dem der Arbeitgeber sich verpflichtet, auch für über dem KV-Gehaltsniveau liegende Entgeltbestandteile eine Betriebspension zu leisten. Zum Pensionskollektivvertrag haben die Parteien dessen „Anwendung" festgehalten. Da dieser Kollektivvertrag schon im Hinblick auf seine Normwirkung „anzuwenden" war, kann in dieser ausdrücklichen Bezugnahme nur eine „Wissenserklärung" gesehen werden, die insoweit nichts an der Grundlage der Betriebspension im Kollektivvertrag ändert (vgl dazu schon ausführlich 8 ObA 52/03k). Einzelvertraglich gestaltet wurde nur, dass die im KV geregelte Höchstbemessungsgrundlage keine Geltung haben soll. Es wurde insoweit also eine Ergänzung des Betriebspensionssystems des Kollektivvertrages vorgenommen. Dem kommt auch Bestandskraft zu. Allerdings nur hinsichtlich des konkreten Inhaltes, nämlich das auf Kollektivvertragsebene bestehende Betriebspensionssystem durch Festlegung einer höheren Bemessungsgrundlage zu „ergänzen". Dies ändert also nichts daran, dass die Grundlage - auch von den Parteien so gewollt - im Übrigen das KV/BV System bleibt.

Es bedürfte nun näherer Erörterungen, ob nun dann, wenn im KV/BV System Veränderungen vorgenommen werden, geprüft werden muss, inwieweit die einzelvertragliche Ergänzung darüber hinausgehende Verbesserungen des „Gesamtsystems" bewirkt, oder ob einfach von getrennten Bereichen auszugehen ist.

Dies ist hier aber nicht Gegenstand des Verfahrens, weil der Kläger nur das insoweit jedenfalls unberechtigte Feststellungsbegehren stellt, dass ihm allein aufgrund des Dienstvertrages der Pensionsanspruch zustünde und sich daher die weiteren Fragen gar nicht stellen.

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