OGH 8ObS26/07t

OGH8ObS26/07t22.11.2007

Der Oberste Gerichtshof hat durch die Vizepräsidentin des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Langer als Vorsitzende sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Spenling und Dr. Glawischnig und die fachkundigen Laienrichter Dr. Lukas Stärker und Dr. Vera Moczarski in der Sozialrechtssache der klagenden Partei Peter T*****, vertreten durch Kinberger-Schubert-Fischer, Rechtsanwälte GmbH in Zell am See, gegen die beklagte Partei IAF-Service GmbH, *****, vertreten durch die Finanzprokuratur in Wien, wegen Insolvenzausfallgeld (EUR 26.681 sA), über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Linz als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 3. Juli 2007, GZ 11 Rs 68/07k-9, in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Begründung

Rechtliche Beurteilung

Mit der als erheblich bezeichneten Frage, ob im gegenständlichen Fall § 1 Abs 6 Z 3 IESG idF vor dem Bundesgesetz BGBl I Nr 102/2005 Anwendung findet oder ob der Sachverhalt ausschließlich nach § 1 Abs 6 Z 2 IESG idF vor BGBl I Nr 102/2005 zu beurteilen sei bzw ob die Übergangsbestimmung des § 17a Abs 40 IESG oder die Übergangsbestimmung des § 17a Abs 42 IESG zur Anwendung gelange, zeigt der Rechtsmittelwerber keine Rechtsfrage von der Qualität des § 502 Abs 1 ZPO auf.

Nach den Feststellungen wurde der Rechtsmittelwerber mit 19. 2. 2005 zum Geschäftsführer und Gesellschafter des Unternehmens seiner bisherigen Arbeitgeberin bestellt. Über dieses Unternehmen wurde am 12. 7. 2005 der Konkurs eröffnet.

Nach § 1 Abs 6 IESG idF vor der Änderung des Insolvenzentgeltsicherungsgesetzes BGBl I Nr 102/2005 hatten keinen Anspruch auf Insolvenzausfallgeld

nach Z 2: die Mitglieder des Organs einer juristischen Person, das zur gesetzlichen Vertretung der juristischen Person berufen ist; nach Z 3: leitende Angestellte, soweit sie nicht zum Personenkreis nach Z 2 gehören, denen dauernd maßgebender Einfluss auf die Führung des Unternehmens zusteht.

Aus der Formulierung des § 1 Abs 6 Z 3 IESG ergibt sich völlig eindeutig, dass Mitglieder des Organs einer juristischen Person von dieser Gesetzesstelle nicht betroffen, sondern ausschließlich durch § 1 Abs 6 Z 2 IESG erfasst sind. Das Berufungsgericht hat daher ohne Rechtsirrtum dargelegt, dass vorliegend die Übergangsbestimmung des § 17a Abs 42 IESG anzuwenden ist, wonach § 1 Abs 6 IESG mit Oktober 2005 in Kraft tritt und auf inländische Beschlüsse über die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens nach § 1 Abs 1 anzuwenden ist, die nach dem 30. 9. 2005 gefasst wurden.

Der Oberste Gerichtshof hat bereits mehrfach ausgesprochen, dass gegen die Verfassungsmäßigkeit der Bestimmung des § 1 Abs 6 Z 2 IESG in der Fassung vor der Novelle BGBl I 2005/102 keine Bedenken bestehen (RIS-Justiz RS0076928; 8 ObS 9/04p; 8 ObS 27/05m). Die Rechtsprechung bejaht auch die Konformität des § 1 Abs 6 Z 2 IESG mit der Richtlinie 80/987/EWG des Rates zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über den Schutz der Arbeitnehmer bei Zahlungsunfähigkeit des Arbeitgebers vom 20. 10. 1980 (8 ObS 27/05m mwH).

Die Entscheidung des Berufungsgerichts hält sich im Rahmen der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs wonach von einem „Fortwirken" der Organtätigkeit auszugehen ist. Der Zweck der Regelung des § 1 Abs 6 Z 2 IESG schließt es aus, dass ein Geschäftsführer gesicherte Ansprüche dadurch erlangen könnte, dass er im Zeitpunkt des Eintritts der Zahlungsunfähigkeit oder knapp davor zurücktritt, aber weiterhin zu den Bedingungen seines bisherigen Anstellungsvertrags Angestellter bleibt und die Kündigung des Dienstverhältnisses durch den Masseverwalter abwartet. Der Oberste Gerichtshof hat auch bereits wiederholt ausgesprochen, dass § 1 Abs 6 Z 2 IESG nur auf die Organmitgliedschaft und nicht auf die rechtlichen und faktischen Einflussmöglichkeiten der als Organe bestellten Personen abstellt (RIS-Justiz RS0109523; 8 ObS 9/04p mwH). Der Ausschluss ist auch dann gegeben, wenn der Anspruchswerber nur kurze Zeit alle Rechte und Pflichten eines Geschäftsführers hatte (8 ObS 205/02h; 8 ObS 9/04p). Der Oberste Gerichtshof hat auch in nunmehr ständiger Rechtsprechung die Auffassung des Verwaltungsgerichtshofs abgelehnt, dienstzeitabhängige Ansprüche seien entsprechend der Dauer der den Ausschluss gemäß § 1 Abs 6 Z 2 IESG begründenden Tätigkeit zu aliquotieren (8 ObS 9/04p mwH). Mit seinem Argument, dass es „absurd" wäre, einem Geschäftsführer, der 22 Jahre lang im selben Unternehmen im Angestelltenverhältnis tätig gewesen sei, die letzten Monate jedoch als Geschäftsführer der juristischen Person verbracht habe, das Insolvenzausfallgeld abzusprechen, zeigt der Rechtsmittelwerber im Hinblick auf die völlig gesicherte Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs keine Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung auf. Der Vollständigkeit halber ist allerdings darauf hinzuweisen, dass die beklagte Partei dem Kläger ohnehin Insolvenzausfallgeld für die unter Berechnung seiner Angestelltenzeiten gebührende Abfertigung bescheidmäßig gewährt hat. Die außerordentliche Revision ist daher zurückzuweisen.

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