OGH 5Ob256/07v

OGH5Ob256/07v20.11.2007

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Floßmann als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Hurch, Dr. Höllwerth, Dr. Grohmann und Dr. E. Solé als weitere Richter in der außerstreitigen Wohnrechtssache des Antragstellers Dr. Adrian H*****, vertreten durch Pascher & Schostal Rechtsanwälte OEG in Wien, gegen die Antragsgegner 1. Anita K*****, 2. Ioan (Johann) H*****, 3. Dr. Heinz D*****, 4. Dr. Adelheid F*****, 5. Elisabetta T*****, 6. Heidemarie L*****, 7. Brigitte S*****, 8. Ing. Peter P*****, 9. Karin P*****, 10. Dr. Helmuth R*****, 11. Rimma K*****, 12. Mag. Johann K*****, ebendort, Fünft- und Achtantragsgegner vertreten durch Pallas, Rechtsanwälte-Partnerschaft in Wien, wegen Anfechtung eines Mehrheitsbeschlusses (§ 24 Abs 6 und § 29 Abs 2 WEG), über den außerordentlichen Revisionsrekurs des Antragstellers gegen den Beschluss des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 4. September 2007, GZ 40 R 215/07z-21, den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der außerordentliche Revisionsrekurs des Antragstellers wird mangels der Voraussetzungen des § 37 Abs 3 Z 16 MRG iVm § 52 Abs 2 WEG und § 62 Abs 1 AußStrG zurückgewiesen.

Begründung

Rechtliche Beurteilung

1. Auch im wohnrechtlichen Verfahren außer Streitsachen gilt der Grundsatz, dass ein vom Rekursgericht verneinter Mangel des Verfahrens erster Instanz - mit hier nicht vorliegenden Ausnahmen - nicht mehr zum Gegenstand der Bekämpfung der rekursgerichtlichen Entscheidung gemacht werden kann (RIS-Justiz RS0050037; MietSlg 52.474; Würth/Zingher/KovanyiMiet- und Wohnrecht21 Rz 52 zu § 37 MRG). Das wird auch seit Inkrafttreten des AußStrG 2005 judiziert (vgl 4 Ob 135/05i = Zak 2005/28).

2. Der Oberste Gerichtshof ist auch im Außerstreitverfahren nur Rechts- und nicht Tatsacheninstanz, weshalb eine Bekämpfung der Beweiswürdigung unzulässig ist.

3. Auf Grund der Verweisung auf § 3 Abs 1 MRG (Erhaltung „im jeweils ortsüblichen Standard") in § 28 Abs 1 Z 1 WEG, die für die Abgrenzung von den Erhaltungsmaßnahmen im Sinn des § 28 WEG von Verbesserungen nach § 29 WEG von Bedeutung ist, gehören auch zweckmäßige und wirtschaftlich gebotene Erneuerungsarbeiten zur Erhaltung bestehender Anlagen noch zur ordentlichen Verwaltung. Das selbst dann, wenn es dabei zu einer vollständigen Erneuerung der Anlage kommt oder

Veränderungen vorgenommen werden (5 Ob 64/00y = WoBl 2001/10 [Call];

5 Ob 210/01w = WoBl 2002/30 [Call]; RIS-Justiz RS0083096; jüngst 5 Ob

203/07z). Durch diesen weiten Erhaltungsbegriff („dynamischer" oder „elastischer" Erhaltungsbegriff) ist es zu einer Ausdehnung des Bereichs der ordentlichen Verwaltung zu Lasten der außerordentlichen Verwaltung gekommen (5 Ob 157/02b u.a.). Als Erhaltung im „jeweils ortsüblichen Standard" wurde etwa die erstmalige Herstellung eines mängelfreien Zustands angesehen, selbst wenn es dabei zur vollständigen Erneuerung kam, die Aufbringung eines äußeren Fassadenvollwärmeschutzes oder der Einbau neuer Fenster (5 Ob 81, 82/94 = MietSlg 48.491; 5 Ob 64/00y u.a.). Voraussetzung dafür ist, dass ein Mangel im Sinn einer Reparaturbedürftigkeit besteht, die gemeinsamen Anlagen nicht mehr im gebrauchsfähigen Zustand sind und nur mehr mit einer kurzen technischen Lebensdauer zu rechnen ist (zur Schadensgeneigtheit auf Grund bestehender Mängel vgl 5 Ob 157/02b u. a.). Im vorliegenden Fall wurde aber ohnedies keine gänzliche Erneuerung des Daches beschlossen, sodass an der Richtigkeit der Zuordnung der Maßnahme zur ordentlichen Verwaltung kein Zweifel besteht.

4. Der Abgrenzung zwischen ordentlicher Verwaltung und wichtiger Veränderung muss zwar auch ein wirtschaftlicher Gesichtspunkt zugrunde gelegt werden (RIS-Justiz RS0083121; RS0041383). Bei der Beurteilung, welcher Kostenaufwand den Rahmen der ordentlichen Verwaltung überschreiten würde, ist allerdings kein allzu strenger Maßstab anzulegen (RIS-Justiz RS0083096; RS0041383 [T3]). Dass die Kosten einer beabsichtigten Maßnahme nicht aus der Rücklage gedeckt werden könnten, spielt nur bei Maßnahmen der außerordentlichen Verwaltung im Sinn des § 29 WEG eine Rolle. § 28 Abs 1 Z 3 WEG sieht als Maßnahme der ordentlichen Verwaltung sogar die Aufnahme eines Darlehens zur Deckung der durch die Rücklage nicht gedeckten Kosten einer in längeren als einjährigen Abständen wiederkehrenden Arbeit zur ordnungsgemäßen Erhaltung an.

5. Die Anfechtungsmöglichkeit nach § 24 Abs 6 WEG, die jedem einzelnen Wohnungseigentümer gegen Mehrheitsbeschlüsse im Rahmen der ordentlichen Verwaltung zusteht, beschränkt sich auf die Rüge des Beschlusses wegen formeller Mängel, Gesetzwidrigkeit oder Fehlens der erforderlichen Mehrheit. Von den genannten Gründen kommt nach Ansicht des Revisionsrekurswerbers jener der Gesetzwidrigkeit in Betracht, weil vor der Beschlussfassung nicht geprüft worden sei, ob nicht auch eine billigere Variante in Betracht komme. Die Einholung eines Sachverständigengutachtens hätte möglicherweise eine billigere Variante aufgezeigt. Damit sei dem Grundsatz der Sparsamkeit zuwidergehandelt worden.

Wie der erkennende Senat mit Billigung der Lehre ausgesprochen hat, soll der überstimmten Minderheit durch die aufgezeigte Anfechtungsmöglichkeit aber nur die Einhaltung zwingender Bestimmungen des WEG garantiert werden, allenfalls noch erweitert um „krasse" Verstöße gegen die für die Verwaltung stets maßgeblichen Grundsätze der Sparsamkeit, Wirtschaftlichkeit und Zweckmäßigkeit. Eine umfassende inhaltliche Überprüfung der laufenden ordentlichen

Verwaltung sollte damit nicht ermöglicht werden (vgl 5 Ob 144/05w =

SZ 2005/102 = WoBl 2005/139 [zust Call]; Würth in Rummel3 Rz 11 zu § 24 WEG). Eine so weit gehende gerichtliche Nachkontrolle der ordentlichen Verwaltung würde auf längere Sicht die Verwaltung von WE-Liegenschaften geradezu unmöglich machen (Call aaO). Eine zwingende Gesetzesvorschrift, die verletzt worden wäre, vermag der außerordentliche Revisionsrekurs nicht aufzuzeigen. Für einen krassen Verstoß gegen die Grundsätze der ordnungsgemäßen Verwaltung reicht das Vorbringen nicht hin. IdZ stellt sich damit auch keine Frage eines sekundären Verfahrensmangels.

Insgesamt werden daher im außerordentlichen Rechtsmittel des Antragstellers keine Rechtsfragen von der Qualität des § 62 Abs 1 AußStrG aufgezeigt.

Das hatte zur Zurückweisung des außerordentlichen Revisionsrekurses zu führen.

Stichworte