OGH 2Ob196/07y

OGH2Ob196/07y18.10.2007

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Baumann als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon.-Prof. Dr. Danzl, Dr. Veith, Dr. Grohmann und Dr. Nowotny als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Kurt H*****, vertreten durch Vogl Rechtsanwalt GmbH in Feldkirch, gegen die beklagte Partei Marktgemeinde A*****, vertreten durch Dr. Josef Strasser und Dr. Maria Weidlinger, Rechtsanwälte in Ried im Innkreis, wegen EUR 62.000 sA und Feststellung (Streitinteresse EUR 2.000; Revisionsinteresse EUR 63.800) über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgericht vom 9. Juli 2007, GZ 1 R 133/07w-19, den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision der klagenden Partei wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).

Text

Begründung

Der Kläger ist Bediensteter der beklagten Gemeinde im Kanzleidienst. Am 30. 3. 2004 stürzte er mit dem Fahrrad am Heimweg im Ortskern der Beklagten im Kreuzungsbereich Gewerbestraße/Kneippstraße beim durch Granitplatten in der Dimension 37 x 37 cm und einer Stärke von 5 cm gebildeten Übergang vom Asphalt zu einer im Jahr 2000 in Beton verlegten Granitwürfelpflasterung. Da die gewählte sog gebundene Verlegeform einer größeren Verkehrsbelastung und dem Wetter nicht standhielt, wurden einzelne Platten in ihrem Bett nach und nach gelockert und begannen mehr oder weniger stark zu wackeln. Der Kläger stürzte beim Überfahren einer dieser Platten und wurde hiedurch schwer verletzt. Der Unfall wurde von der AUVA als Arbeitswegunfall anerkannt und dem Kläger eine Versehrtenrente als Dauerrente zuerkannt.

Das Erstgericht wies sein auf Schmerzengeld, Haushaltshilfe, Pflegekostenersatz, Fahrtkosten, Trinkgelder, Geschenke, Medikamentenkosten, Schäden an Kleidung und Fahrrad sowie Pauschalentschädigung für Telefonate und sonstige Wege in Höhe von insgesamt EUR 62.000 gerichtetes Leistungs- sowie wegen behaupteter Spät- und Dauerfolgen erhobenes Feststellungsbegehren mit der Begründung ab, dass die Beklagte aufgrund des Dienstgeberhaftungsprivilegs gemäß § 333 Abs 1 ASVG nicht haftbar sei; auf die Frage, ob grobe Fahrlässigkeit der Beklagten bei der Kontrolle der gepflasterten Verkehrsflächen vorgelegen sei oder nicht, komme es damit nicht weiter an.

Das Berufungsgericht gab der Berufung des Klägers teilweise Folge und änderte das bekämpfte Ersturteil dahin ab, das es die Beklagte - unangefochten und damit rechtskräftig - zur Zahlung von EUR 200 sA verpflichtete, das Mehrbegehren von EUR 61.800 sA sowie das Feststellungsbegehren jedoch abwies. Es sprach weiters aus, dass (zufolge Orientierung an der einhelligen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes) die ordentliche Revision nicht zulässig sei. Auch nach Auffassung des Berufungsgerichtes unterliege das vorliegende Unfallgeschehen als Arbeitswegunfall gemäß § 175 Abs 2 Z 1 ASVG dem Haftungsprivileg des § 333 ASVG, das jedoch ausschließlich für Personenschäden gelte, nicht jedoch auch für die hier geltend gemachten Sachschäden an der Kleidung und am Fahrrad. Da die beklagte Gemeinde zufolge fehlenden Kontrollsystems und Organisationsverschuldens hinsichtlich ihres Wegenetzes speziell im Unfallbereich im Ortskern grobe Fahrlässigkeit treffe, hafte sie dem Kläger hiefür gemäß § 1319a ABGB iVm § 273 Abs 2 ZPO.

Rechtliche Beurteilung

In der hiegegen erhobenen außerordentlichen Revision des Klägers wird keine erhebliche Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO geltend gemacht. Bereits in der - auch vom Berufungsgericht zutreffend zitierten - Entscheidung 2 Ob 340/99k, ZVR 2002/8, hat der Oberste Gerichtshof ausgesprochen, dass einem (nicht vorsätzlich schädigenden) Dienstgeber die Haftungsbefreiung des § 333 Abs 1 ASVG auch bei einer Verletzung der Streupflicht, die zu einem Arbeitsunfall des Dienstnehmers (Pflichtschullehrer) unmittelbar vor der Ausbildungsstätte (Pädagogische Akademie) geführt hat, zugute kommt. Dass im damaligen Anlassfall die Verletzung der Streupflicht nach § 93 StVO zu beurteilen war, während es hier um eine Wegehalterhaftung nach § 1319a ABGB geht, kann schon zufolge der engen Verwandtschaft beider Haftungsnormen zu keinem abweichenden Ergebnis führen. Auch die - in der Revision in den Vordergrund gerückte - Offenlassung in 2 Ob 340/99k, ob sich das Haftungsprivileg „auf alle vom Arbeitgeber zu betreuenden Wegflächen erstreckt", weil sich der Unfall in casu „jedenfalls in einem zeitlichen und örtlichen Naheverhältnis zur Ausbildung ereignete", vermag zu keinem anderen Ergebnis zu führen, unterlief doch der verfahrensgegenständliche Unfall jedenfalls im Zusammenhang mit der Beschäftigung, andernfalls er nicht als Wegunfall iSd § 175 Abs 2 Z 1 ASVG anerkannt worden wäre (vgl auch RIS-Justiz RS0084004 und RS0083967).

Damit sind aber insbesondere die auf Schmerzengeld gerichteten Ersatzansprüche des Klägers gegen die Beklagte als seine Arbeitgeberin nicht zivilrechtlich durchsetzbar (RIS-Justiz RS0031306). Dass ihm auch eine ohnedies nur in Sonderfällen vorgesehene Integritätsabgeltung nach § 213a ASVG versagt ist, kann als Argument für die behauptete „massive Schlechterstellung" gegenüber Personen, die ohne das Haftungsprivileg zu Schaden kommen, nicht zielführend ins Treffen geführt werden.

Stichworte