OGH 7Ob216/07a

OGH7Ob216/07a17.10.2007

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch die Senatspräsidentin des Obersten Gerichtshofes Dr. Huber als Vorsitzende und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon.-Prof. Dr. Danzl, Dr. Schaumüller, Dr. Hoch und Dr. Kalivoda als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Manfred K*****, vertreten durch Rechtsanwälte Dr. Kleinszig/Dr. Puswald/Mag. Wolf Partnerschaft OEG in St. Veit an der Glan, gegen die beklagte Partei W***** AG *****, vertreten durch Dr. Helmut Sommer und Mag. Felix Fuchs, Rechtsanwälte in Klagenfurt, wegen EUR 48.410,17 s.A., über die außerordentliche Revision der Beklagten gegen das Teilurteil und den Beschluss des Oberlandesgerichtes Graz als Berufungsgericht vom 28. Juni 2007, GZ 3 R 84/07h-42, womit über Berufung beider Streitteile das Urteil des Landesgerichtes Klagenfurt vom 28. Februar 2007, GZ 20 Cg 7/06s-32, zum Teil bestätigt, zum Teil abgeändert und zum Teil aufgehoben wurde, den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

1.) Die als Rekurs zu behandelnde außerordentliche Revision gegen den Aufhebungsbeschluss des Berufungsgerichtes wird zurückgewiesen.

2.) Die außerordentliche Revision gegen den klagestattgebenden Teil des Teilurteils des Berufungsgerichtes wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Text

Begründung

1.) Die Revisionswerberin bekämpft die Entscheidung des Berufungsgerichtes ausdrücklich auch, soweit das erstinstanzliche Urteil im Umfang von EUR 3.216,72 samt 4 % Zinsen seit 8. Mai 2005 aufgehoben wurde und begehrt auch diesbezüglich die (sofortige) Klagsabweisung. Insoweit ist ihr Rechtsmittel absolut unzulässig:

Rechtliche Beurteilung

Nach § 519 Abs 1 Z 2 ZPO ist gegen berufungsgerichtliche Beschlüsse, soweit dadurch das erstgerichtliche Urteil aufgehoben und dem Gericht erster Instanz eine neuerliche, nach Ergänzung des Verfahrens zu fällende Entscheidung aufgetragen wird, der Rekurs an den Obersten Gerichtshof nur zulässig, wenn das Berufungsgericht dies ausgesprochen hat. Durch diese Formulierung wird eindeutig zum Ausdruck gebracht, dass die Zulässigkeit des Rekurses gegen den berufungsgerichtlichen Aufhebungsbeschluss an einen ausdrücklichen Zulassungsausspruch des Gerichtes zweiter Instanz gebunden ist. Eine Abweichung von dieser aus dem klaren Wortlaut des Gesetzes sich ergebenden Auslegung ist umso weniger berechtigt, als der Gesetzgeber selbst ausdrücklich äußerte (991 BlgNR 17. GP, 12), dass er diese Formulierung in dem genannten Sinn verstanden wissen will (RZ 1992/18). Nach ständiger Rechtsprechung ist daher mangels eines derartigen Ausspruches ein Aufhebungsbeschluss nicht - auch nicht etwa mit einem außerordentlichen Rechtsmittel - bekämpfbar (RIS-Justiz RS0043880 und RS0043897).

Die insofern als Rekurs zu behandelnde außerordentliche Revision (§ 84 Abs 2 ZPO) ist daher als jedenfalls unzulässig zurückzuweisen (vgl 10 ObS 53/07b uva).

2.) Den zentralen Streitpunkt des Revisionsverfahrens bildet die Auslegung der unter der Überschrift „Erweiterter Elementargefahrenschutz" mit den „Allgemeinen Bedingungen für die Sturmschaden-Versicherung (AStB) mit Einschluss von Schäden durch Hagel, Schneedruck, Felssturz, Steinschlag und Erdrutsch, Fassung 1995" dem Versicherungsvertrag der Streitteile zugrunde gelegten Klausel 12.1, die folgenden wesentlichen Wortlaut hat:

„Schäden am Gebäude. In Erweiterung von Artikel 1 AStB sind Schäden durch Überschwemmung, Oberflächenwasser, Vermurungen und Rückstau als Folge von Witterungsniederschlägen und Hochwasser, Lawinen und Lawinenluftdruck sowie durch Erdbeben mitversichert ....". Wie schon das Erstgericht hat das Berufungsgericht diese Klausel dahin ausgelegt, dass Versicherungsdeckung für jene Schäden am (versicherten) Einfamilienhaus des Klägers besteht, die dadurch entstanden sind, dass es durch ungewöhnlich starke Regenfälle im Juni 2004 beim Haus des Klägers, das in einer leichten Senke auf nicht sickerfähigem Boden steht, zu einem Rückstau und somit zu einem Ansteigen des Grundwasserspiegels über die Drainagierungsebene kam, sodass das Sickerwasser nicht mehr abgeführt werden konnte und das (gestaute) Wasser zwischen Fundamentoberkante und dem aufgehenden Mauerwerk in das Haus eindrang. Das Berufungsgericht, das den „durch den Rückstau als Folge von Witterungsniederschlägen" im Haus des Klägers entstandenen Wasserschaden als versichertes Risiko qualifizierte, ist dabei den in ständiger gesicherter Rechtsprechung vertretenen Grundsätzen gefolgt, dass bei der Auslegung von Allgemeinen Versicherungsbedingungen, die sich am Maßstab des durchschnittlich verständigen Versicherungsnehmers zu orientieren hat (RIS-Justiz RS0050063), die einzelnen Klauseln objektiv unter Beschränkung auf ihren Wortlaut auszulegen sind (RIS-Justiz RS0008901), wobei stets der einem objektiven Beobachter erkennbare Zweck einer Bestimmung zu berücksichtigen ist (7 Ob 231/04b; 7 Ob 58/05p mwN; 7 Ob 245/06i uva).

Zwar ist die Auslegung von Versicherungsbedingungen, zu denen - wie hier - nicht bereits oberstgerichtliche Judikatur existiert, im Hinblick darauf, dass sie in aller Regel einen größeren Personenkreis betreffen, grundsätzlich revisibel. Dies gilt nach ständiger Rechtsprechung allerdings nicht, wenn die betreffende Bestimmung so eindeutig ist, dass nur eine Möglichkeit der Auslegung in Betracht kommt (7 Ob 59/06m; 7 Ob 115/06x ua). Dies trifft im vorliegenden Fall zu: Schon nach ihrem Wortlaut kann die Klausel 12.1 von einem durchschnittlich versierten Versicherungsnehmer in einem Schadensfall, wie dem vorliegenden, nicht anders als im Sinn der Interpretation des Berufungsgerichtes verstanden werden. Die Revisionswerberin bringt weder in der Zulassungsbeschwerde noch in der Rechtsrüge etwas vor, was eine andere Auslegung in Betracht ziehen ließe. Sie will ihre Auffassung, das über mehrere Wochen erfolgte Eindringen von Wasser falle „bei gehöriger Interpretation" nicht unter die Risikobeschreibung der Klausel 12.1 im Wesentlichen auf Art 1 Abs 3 lit. a) und b) AStB stützen. Danach hat der Versicherer „den Wert bzw. die Wertminderung der zerstörten oder beschädigten versicherten Sachen" zu ersetzen, wenn die Zerstörung oder Beschädigung a) auf der unmittelbaren Einwirkung eines der in Abs 1 genannten Schadensereignisse (Sturm, Hagel, Schneedruck, Felssturz, Steinschlag und Erdrutsch) beruht oder b) nachweisbar die unvermeidliche Folge eines solchen Ereignisses ist, „auch wenn die Zerstörung oder Beschädigung auf Niederschlagswasser, Schnee oder Hagel zurückzuführen ist, die durch die - im Zusammenhang mit einem versicherten Ereignis - beschädigten oder zerstörten Dach- oder Mauerteile, bzw. durch zerstörte oder beschädigte, ordnungsgemäß geschlossene Fenster oder Außentüren eindringen". Inwiefern diese Bestimmungen der - zutreffend an Wortlaut, Sinn und Zweck orientierten - Auslegung der Klausel 12.1 durch das Berufungsgericht entgegenstehen sollen, wird aber nicht weiter dargetan und ist auch nicht zu erkennen. Da die Klausel 12.1 ausdrücklich eine „Erweiterung von Art 1 AStB" sein soll, entbehrt die Ansicht der Revisionswerberin, die Auslegung des Berufungsgerichtes bedeute eine „zusätzliche exzessive Interpretation", jeder Grundlage. Die Schäden am Haus des Klägers sind festgestelltermaßen durch einen durch ungewöhnlich starke Regenfälle bewirkten Wasserstau entstanden und damit nach dem Verständnis eines durchschnittlich versierten Versicherungsnehmers ohne jeden Zweifel den in der Klausel 12.1 genannten „Schäden durch Überschwemmung oder Rückstau als Folge von Witterungsniederschlägen" gleichzuhalten. Mit der Entscheidung 7 Ob 1/05f, die die Frage der Deckung von Überschwemmungsschäden durch eine Haushaltsversicherung betraf, ist die vorliegende Rechtssache nicht vergleichbar. Entgegen der Ansicht der Revisionswerberin kann davon, dass die angefochtene Entscheidung des Berufungsgerichtes mit dieser in Widerspruch stünde, keine Rede sein.

Da das Berufungsgericht demnach das Vorliegen einer erheblichen Rechtsfrage im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO zutreffend verneint hat, ist das außerordentliche Rechtsmittel der Beklagten zurückzuweisen. Einer weiteren Begründung bedarf dieser Beschluss nicht (§ 510 Abs 3 ZPO).

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