OGH 7Ob59/06m

OGH7Ob59/06m29.3.2006

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch die Senatspräsidentin des Obersten Gerichtshofes Dr. Huber als Vorsitzende und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Danzl, Dr. Schaumüller, Dr. Hoch und Dr. Kalivoda als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei E***** KEG, *****, vertreten durch Dr. Hansjörg Zink und andere Rechtsanwälte in Kufstein, gegen die beklagte Partei D***** AG, *****, vertreten durch Mag. Dr. Othmar Mair, Rechtsanwalt in Innsbruck, wegen EUR 52.981,-- sA, über die außerordentliche Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Berufungsgericht vom 13. Jänner 2006, GZ 4 R 256/05m-19, den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).

Text

Begründung

Die Revisionswerberin macht in der Zulassungsbeschwerde im Wesentlichen geltend, die Revision sei entgegen der Ansicht des Berufungsgerichtes zulässig, weil

1.) zur Frage, ob bei einer Feuerzusatzbetriebsunterbrechungsversicherung das Schadensereignis sowohl hinsichtlich Sachschaden als auch Betriebsunterbrechungsschaden ein einheitliches Ereignis sei, oder ob der Betriebsunterbrechungsschade zeitlich unabhängig vom Sachschaden eintrete, keine oberstgerichtliche Rechtsprechung vorliege. Die Auslegungsproblematik sei grundsätzlich revisibel; es liege nicht nur eine Vertragsauslegung im Einzelfall vor.

2.) Darüber hinaus habe sich das Erstgericht zu Unrecht von der ständigen Rechtsprechung entfernt, wonach Urkunden, welche nach Schluss der Verhandlung vorgelegt worden sind, nicht mehr zu berücksichtigen seien.

3.) Schließlich habe das Berufungsgericht die Frage der Aktivlegitimation insofern falsch gelöst, als es sich mit der Frage der Einbringung des Einzelunternehmens in eine Kommanditerwerbsgesellschaft nicht auseinandergesetzt habe.

Rechtliche Beurteilung

Mit diesen Ausführungen vermag die Revisionswerberin einen tauglichen Grund für die Zulassung ihres außerordentlichen Rechtsmittels nicht aufzuzeigen:

Zu 1.): Da Versicherungsbedingungen in aller Regel einen größeren Personenkreis betreffen, ist ihre Auslegung, sofern dazu - wie hier - nicht bereits oberstgerichtliche Judikatur existiert, revisibel, es sei denn, die betreffende Bestimmung wäre so eindeutig formuliert, dass nur eine Möglichkeit der Auslegung in Betracht zu ziehen ist.

Letzteres trifft im vorliegenden Fall zu:

Die Klausel „98X - Ergänzende Vereinbarungen zu den 'Allgemeinen Feuer-Betriebsunterbrechungs- Versicherungs-Bedingungen (AFBUB)' in der Feuer-Betriebsunterbrechungs-Zusatzversicherung (6 Monate)" sehen zu Art 5 AFBUB Folgendes vor: „Die Haftung des Versicherers beginnt mit dem Zeitpunkt des Eintrittes des Unterbrechungsschadens und dauert 6 Monate." Danach kann es keinen vernünftigen Zweifel darüber geben, dass die vereinbarte 6-monatige Haftungsfrist nicht mit dem Zeitpunkt des Eintritts des Sachschadens (hier der Zerstörung des Mietobjektes durch Brand), sondern erst mit dem Eintritt des Unterbrechungsschadens begonnen hat. Dass der Eintritt des Sachschadens und jener des Betriebsunterbrechungsschadens keinesfalls immer zusammenfallen müssen, hat das Berufungsgericht eingehend erläutert und liegt völlig auf der Hand. Dass also zwischen Eintritt des Sachschadens und Eintritt der Betriebsunterbrechung zu differenzieren ist, kann daher entgegen der Ansicht der Revisionswerberin ebenso nicht ernsthaft bezweifelt werden, wie der Umstand, dass ein Unterbrechungsschaden im vorliegenden Fall nicht vor Saisonbeginn am 1. 4. 2004 eingetreten sein kann. Auch diese Fragen erfüllen daher nicht die Kriterien einer erheblichen Rechtsfragen iSd § 502 Abs 1 ZPO.

Zu 2.): Abgesehen davon, dass die Urkundenvorlage, die die Beklagte nun als verspätet rügt, von ihr unter Hinweis darauf, dass die Urkunde „auftragsgemäß innerhalb offener Frist" vorgelegt werde, selbst vorgenommen wurde, wird von ihr übersehen, dass die Parteien in der Berufungsverhandlung ausdrücklich außer Streit gestellt haben, dass die betreffende Klausel 98 X Gegenstand der zwischen ihnen abgeschlossenen Feuerbetriebsunterbrechungsversicherung sei und die in der Polizze bezeichnete Beilage darstelle (s Beilage I vorletzte Seite). Die Bezugnahme auf diese Beilage stellt daher entgegen der Ansicht der Revisionswerberin keinen Verfahrensmangel dar. Zu 3.): Die Beklagte hat zunächst in der Klagebeantwortung Udo P*****, der die gegenständliche Bündelversicherung abgeschlossen hat, selbst wiederholt als Rechtsvorgänger der Klägerin bezeichnet (s AS 8 und 11). Richtig ist allerdings, dass sie dann (s AS 11 letzter Absatz) den Übergang der Ansprüche des Udo P***** auf die klagende Partei „vor Vorlage entsprechend der Nachweise" unsubstantiiert bestritten hat. Im vorbereitenden Schriftsatz ON 6 wurde von der Beklagten vorgebracht, sie könne zum Vorbringen der Klägerin zur Aktivlegitimation „einstweilen in concreto nichts erwidern. Im Hinblick auf den fehlenden Gesellschaftsvertrag bleibt die Aktivlegitimation beklagtenseits bestritten". Zu Beginn der Verhandlung am 20. 4. 2005 hat die Beklagte schließlich erklärt, „der Einwand der Aktivlegitimation bleibe vorerst aufrecht". Der von der Beklagten vermisste Gesellschaftsvertrag der Klägerin wurde von dieser bereits mit Schriftsatz ON 5 vorgelegt. Ein substantiiertes Vorbringen in der Richtung, dass trotz der Rechtsnachfolge der nunmehrigen klagenden Partei diese (entgegen den Bekundungen des Zeugen H***** - s AS 41 f) nicht in den Versicherungsvertrag eingetreten und demnach ein Versicherungsnehmerwechsel stattgefunden hätte, hat die Beklagte nicht erstattet. Ihr betreffender Einwand ist daher zufolge des Neuerungsverbotes unbeachtlich.

Davon, dass das Berufungsgurteil in sich widersprüchlich wäre und daher der Nichtigkeitsgrund nach § 477 Abs 1 Z 9 ZPO vorliege, kann entgegen der Behauptung der Revisionswerberin gar keine Rede sein. Da die Beklagte in ihrer Mängel- und Rechtsrüge im Wesentlichen nur das bereits in der Zulassungsbeschwerde Vorgebrachte wiederholt, vermag sie insgesamt keinen tauglichen Grund für die Zulassung ihres außerordentlichen Rechtsmittels aufzuzeigen.

Stichworte