OGH 5Ob210/07d

OGH5Ob210/07d16.10.2007

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Floßmann als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Hurch, Dr. Höllwerth, Dr. Grohmann und Dr. E. Solé als weitere Richter in der außerstreitigen Mietrechtssache des Antragstellers Roland M*****, vertreten durch Dr. Michael Battlog, Rechtsanwalt in Schruns, gegen den Antragsgegner Hubert F*****, vertreten durch Dr. Gerold Hirn und Dr. Burkhard Hirn, Rechtsanwälte in Feldkirch, wegen Angemessenheit des vereinbarten Hauptmietzinses, über den außerordentlichen Revisionsrekurs des Antragstellers gegen den Beschluss des Landesgerichtes Feldkirch als Rekursgericht vom 11. Juli 2007, GZ 4 R 161/07t-36, den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der außerordentliche Revisionsrekurs wird mangels der Voraussetzungen des § 37 Abs 3 Z 16 MRG iVm § 62 Abs 1 AußStrG zurückgewiesen (§ 71 Abs 3 AußStrG).

Text

Begründung

Der Antragsteller ist seit 1. 12. 1992 Mieter eines Cafehauses mit einer Nutzfläche von 104,39 m² ohne Terrasse. Das Bestandobjekt befindet sich in einem unter Denkmalschutz stehenden Haus im Dorfzentrum von S***** in unmittelbarer Nähe zur Fußgängerzone. Neben dem vom Antragsteller betriebenen Cafe mit 40 Sitzplätzen befinden sich im Haus sieben Mietwohnungen sowie Lagerräumlichkeiten. Insgesamt stehen für das gesamte Objekt sechs Parkflächen zur Verfügung. Der vereinbarte Mietzins betrug ATS 12.000 netto und wurde auf Basis des VPI 1986 wertgesichert (Indexzahl: Jänner 1991). Der Vermieter sollte die sich aus der Wertsicherung ergebende Mietzinserhöhung jeweils zum Jahresende berechnen. Ab 1. 1. 1993 erhöhte sich die Gesamtmiete wegen der Zumietung eines Schlafzimmers von 20 m² auf ATS 14.000 netto. Seit 1998 benutzte der Antragsgegner dieses Schlafzimmer.

Das im Jahr 2000 über Auftrag des Antragstellers erstattete Gutachten eines Sachverständigen bemängelte unter anderem undichte Fenster sowie die nicht ausreichende Anzahl von Parkplätzen. Nach Erstellung des Gutachtens wurde das Objekt saniert. Der Antragsgegner erneuerte die Fenster und die Außenfassade, bauliche Probleme gibt es seit der Sanierung nicht mehr. Allerdings ist nicht feststellbar, ob die Fenster nunmehr dicht sind.

Am 4. 3. 2004 forderte der Antragsgegner wegen einer Indexanpassung eine Nachzahlung von EUR 11.834,20. Die übermittelte Indexabrechnung ergab für 2000 bis 2003 höhere Bruttojahresmieten. Das Schreiben des Antragsgegners vom 10. 5. 2004 wiederholte die Bekanntgabe der valorisierten Mietzinsbeträge für 2000 bis 2003, gab den monatlich aufgewerteten Mietzins ab 2004 mit EUR 1.603,66 inklusive USt = Nettomiete pro m² EUR 12,80 an und forderte die Bezahlung des erhöhten Mietzinses ab Juni 2004.

Die vom Antragsteller von 2000 bis einschließlich 2003 bezahlten Mietzinse lagen jeweils unter dem angemessenen Mietzins (netto EUR 12,75/m²), was auch dann gilt, wenn für allenfalls undichte Fenster 5 % und für die geringe Anzahl von Parkplätzen 10 % abgezogen werden. Der Antragsteller begehrt in seinem am 2. 7. 2004 eingelangten Antrag, den angemessenen Mietzins mit EUR 1.090 brutto festzusetzen und den Antragsgegner zur Rückzahlung von EUR 7.200 zu verpflichten. Der mit Schreiben vom 12. 5. 2004 geforderte Mietzins von EUR 1.603,66 überschreite den zulässigen Mietzins um EUR 513,56. Das Erstgericht stellte den angemessenen Mietzins „zum Zeitpunkt der Vorschreibung der Wertsicherung im Jahr 2004" mit monatlich EUR 1.481,62 brutto fest sowie die Überschreitung des gesetzlich zulässigen Hauptmietzinses von April 2001 bis März 2004 um insgesamt (nachträglich geltend gemacht) EUR 4.861,19 und verpflichtete den Antragsgegner zur Rückzahlung dieses Betrages.

Das von beiden Parteien angerufene Rekursgericht gab nur dem Rekurs des Antragsgegners Folge und wies das Rückzahlungsbegehren mangels Zahlung des nachträglich erhöhten Mietzinses für den Zeitraum 2000 bis 2003 ab. Erst das Schreiben vom 12. 5. 2004 habe die Anforderungen des § 16 Abs 9 MRG idF vor der WRN 2006 erfüllt, weshalb der maßgebliche Zeitpunkt für die Überprüfung einer allfälligen Überschreitung des zulässigen Hauptmietzinses durch die Wertsicherungsvereinbarung der 1. 6. 2004 sei. Ein Antrag auf Feststellung der Unwirksamkeit früherer Mietzinserhöhungen liege einerseits nicht vor und wäre andererseits aufgrund der analog anzuwendenden Präklusivfrist des § 16 Abs 8 MRG für den Zeitraum vor dem 2. 7. 2001 nicht zulässig gewesen.

Rechtliche Beurteilung

Der außerordentliche Revisionsrekurs des Antragstellers zeigt keine erhebliche Rechtsfrage auf.

Nach § 16 Abs 9 Satz 1 MRG ist der durch die Anwendung einer Wertsicherungsvereinbarung sich ergebende Betrag insoweit unwirksam, als dadurch ein höherer als der nach § 16 Abs 1 bis 7 MRG zulässige Mietzins gefordert wird. Bei dem hier vor Inkrafttreten des dritten WÄG geschlossenen „Altvertrag" führt die Anwendbarkeit des § 16 Abs 6 MRG idF vor dem dritten WÄG zum selben Ergebnis (5 Ob 101/03v mwN). Eine vom Vermieter vorgenommene Valorisierung des Hauptmietzinses aufgrund einer Wertsicherungsvereinbarung wird nach § 16 Abs 9 Satz 2 MRG gegenüber dem Mieter erst mit dem auf das Wirksamwerden der Indexveränderung (§ 16 Abs 6 dritter Satz) folgenden Zinstermin wirksam, wenn der Vermieter spätestens vierzehn Tage vor diesem Termin die Bezahlung des ziffernmäßig angegebenen neuen Mietzinses fordert.

Die Möglichkeit, eine Wertsicherungsvereinbarung nach § 16 Abs 9 Satz 1 MRG zu überprüfen, besteht unabhängig davon, ob die dreijährige Präklusivfrist des § 16 Abs 8 MRG für die Überprüfung des Hauptmietzinses bereits abgelaufen ist (5 Ob 7/01t = immolex 2001/115 = wobl 2001/105 [Prader]; 5 Ob 101/03v = wobl 2003/191 [Vonkilch]). Seit Inkrafttreten des MRG ist grundsätzlich jegliche Geltendmachung von Wertsicherungsbeträgen für die Vergangenheit ausgeschlossen (Würth/Zingher/Kovanyi, Miet- und Wohnrecht21, § 16 MRG Rz 37 mwN). Maßgeblich für die Zulässigkeit der Mietzinserhöhung ist jener Zinstermin, zu dem das Erhöhungsbegehren wirksam wird (RIS-Justiz RS0069701; 5 Ob 81/99v = immolex 1999/167; 5 Ob 101/03v); im konkreten Fall ist dies aufgrund der Forderung nach Bezahlung des zukünftig erhöhten Mietzinses mit Schreiben vom 12. 5. 2004 der 1. 6. 2004. Dieser Zeitpunkt setzt auch die dreijährige Präklusivfrist des § 16 Abs 8 MRG in Gang, deren analoge Anwendbarkeit auf die isolierte Überprüfung der Anwendung einer Wertsicherungsvereinbarung bereits vor Inkrafttreten der WRN 2006 bejaht wurde (5 Ob 101/03v [krit Vonkilch aaO]; T. Hausmann in Hausmann/Vonkilch, § 16 MRG Rz 79) und die nunmehr seit der WRN 2006 ausdrücklich in § 16 Abs 9 letzter Satz MRG geregelt ist. Nach der Übergangsregelung des § 49e Abs 5 MRG idF der WRN 2006 gilt die dreijährige Frist auch bei Anhebungen vor dem 1. 10. 2006, wobei für den Lauf der Frist die Wirksamkeit des Erhöhungsbegehrens maßgeblich bleibt.

Nach diesen Kriterien lässt die Auffassung des Rekursgerichtes, der Überprüfung der Zulässigkeit der Vorschreibung eines wertgesicherten Hauptmietzinses den Zeitpunkt 1. 6. 2004 zugrundezulegen, keine korrekturbedürftige Fehlbeurteilung erkennen. Dasselbe gilt daher für die Beschränkung der Überprüfung des angemessenen Mietzinses auf den Zeitraum ab Juni 2004.

Die Auslegung von Prozesserklärungen ist grundsätzlich eine Frage des Einzelfalls. Bei der Überprüfung des Hauptmietzinses nach § 37 Abs 1 Z 8 MRG hat der Antragsteller die Möglichkeit, die Feststellung der zulässigen Höhe des Hauptmietzinses für die Vergangenheit, für die Zukunft oder zu bestimmten Zinsterminen zu begehren; er kann sich auch mit der Feststellung, dass der Hauptmietzins nach bestimmten gesetzlichen Regelungen zu bilden ist, begnügen. Daneben ist noch die selbständige Feststellung der maßgeblichen Kategorie möglich (5 Ob 145/02p = wobl 2003/156; Würth/Zingher/Kovanyi aaO § 37 MRG Rz 21). Im konkreten Fall geht es aber ausschließlich um die Überprüfung der Zulässigkeit einer Valorisierung, welche der Vermieter nach den anspruchsbegründenden Behauptungen im Antrag erst im Mai 2004 (und - wie bereits dargelegt - wirksam erst ab 1. 6. 2004) geltend gemacht hat. Eine vorangegangene, wirksame Anhebung des Hauptmietzinses aufgrund einer Valorisierung ab dem 2. 7. 2001 (dreijährige Präklusivfrist rückgerechnet von der Antragstellung am 2. 7. 2004) hat der Antragsteller nicht konkret behauptet. Der im Revisionsrekurs angezogene, im außerstreitigen Verfahren geltende Untersuchungsgrundsatz beseitigt nicht die Behauptungs- und Beweislast einer Partei (RIS-Justiz RS0008752; Fucik/Kloiber, Außerstreitgesetz § 16 Rz 1). Eine - bei der Präklusivfrist des § 16 Abs 8 MRG in der Regel bejahte (5 Ob 158/99t = MietSlg 51.429) - Großzügigkeit bei der Auslegung von Mietzinsüberprüfungsanträgen würde dem Antragsteller hier ohnehin nichts nützen, weil der vom Antragsteller ab 2000 bezahlte Mietzins den von den Vorinstanzen als angemessen festgestellten Mietzins unterschritten hat (dies sogar bei Berücksichtigung eines weiteren 5-%igen Abschlages wegen allfällig undichter Fenster).

Soweit der Revisionsrekurswerber die festgestellte Angemessenheit des Hauptmietzinses bekämpft, so ist diese Tatfrage nicht revisibel (RIS-Justiz RS0108449). Das gilt auch für die behauptete Mangelhaftigkeit des erstinstanzlichen Verfahrens (RIS-Justiz RS0030748).

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