OGH 8ObA49/07z

OGH8ObA49/07z11.10.2007

Der Oberste Gerichtshof hat durch die Vizepräsidentin des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Langer als Vorsitzende sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Spenling und Dr. Glawischnig und die fachkundigen Laienrichter ADir. Brigitte Augustin und Wolfgang Birbamer als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Herwig F*****, vertreten durch Dr. Konrad Faulhaber, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei Dr. Johannes Müller als Masseverwalter im Konkurs über das Vermögen der T***** GesmbH, *****, vertreten durch Dr. Conrad Carl Borth und Dr. Johannes Müller, Rechtsanwälte in Wien, wegen Feststellung einer Konkursforderung (EUR 150.000,45), über die Revision der beklagten Partei gegen das Teilurteil sowie den Rekurs der beklagten Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht vom 28. März 2007, GZ 10 Ra 1/07a-37, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt und beschlossen:

 

Spruch:

Der Revision und dem Rekurs werden nicht Folge gegeben.

Die Kosten des Verfahrens vor dem Obersten Gerichtshof sind weitere Verfahrenskosten.

Text

Entscheidungsgründe:

Der Kläger war seit 1. 1. 1991 bei der T***** Gesellschaft mbH (in der Folge: Gemeinschuldnerin) als Unternehmensberater für Management-Informationssysteme beschäftigt. Der Kläger hatte die Kunden der beklagten Partei zu beraten und zu betreuen und bei diesen an der Implementierung von Management-Informationssystemen mitzuarbeiten. Aufgabe des Klägers war es, an der Beratung der Kunden mitzuwirken und insbesondere die Installierung und die Adaptierung der Software je nach den Vereinbarungen mit den Kunden durchzuführen. Diese Tätigkeit erfolgte immer im Rahmen von Teams, die jeweils einem Projektleiter unterstanden. Als der Kläger für die beklagte Partei zu arbeiten begann, war der Bereich Management-Informationssysteme ein eher kleiner Bereich, der sich aber im Lauf der Zeit sehr positiv entwickelte. Der Kläger stieg im Rahmen der Ausweitung dieses Bereichs in der Hierarchie auf und wurde nach einigen Jahren auch als Projektleiter eingesetzt. In den letzten Jahren seiner Tätigkeit hatte der Kläger Mitarbeiter zu führen, die ihm disziplinär untergeordnet waren, sowie eine eigene Assistentin. In diesen letzten Jahren war der Kläger zusätzlich mit Akquisitionsaufgaben betraut. Darüber hinaus war er schon relativ früh für die beklagte Partei im EDV-Arbeitskreis, einem informellen Gremium, in dem die Bedürfnisse und Wünsche der verschiedenen Abteilungen in Hinblick auf die unternehmensinterne EDV und Ausstattung mit Hard- und Software der beklagten Partei abgestimmt wurden, tätig. Er vertrat dort die Interessen des Bereichs Management-Informationssysteme, hatte die Wünsche dieses Bereichs in Bezug auf EDV-Ausstattung vorzutragen, die Implementierung von entsprechender Hard- und Software zu überwachen, Rückmeldungen einzuholen und über Erfahrungen zu berichten. Gegen Ende seiner Tätigkeit wurde der Kläger mit der Leitung der unternehmensinternen EDV betraut. Dabei handelt es sich um reine Managementaufgaben. Diese erledigte der Kläger neben seiner Tätigkeit als Unternehmensberater.

Zwischen dem Kläger und der beklagten Partei wurden von Anfang an immer wieder modifizierte Verträge die nahtlos aneinander anschlossen auf unbestimmte Zeit abgeschlossen. Der zuletzt zwischen den Parteien unterzeichnete Vertrag vom 1. Jänner 1990 lautet:

„Werkvertrag

Abgeschlossen zwischen der T***** GesmbH als Auftraggeber einerseits, und

Herrn Herwig Martin F***** als Auftragnehmer andererseits.

1. Der Auftraggeber betraut den Auftragnehmer mit der Erstellung von folgendem Werk: Programmierung und Implementierung von Management- und Controlling-Informationssystemen und Erstellung von Projektanalysen und Auswertungen.

Die detaillierten Anweisungen für Ihre Tätigkeiten erhalten sie von: Herrn Dr. W. J*****.

2. Bei der Erbringung Ihrer Tätigkeiten sind Sie grundsätzlich weder an einen Dienstort, noch an eine Dienstzeit gebunden.

Sie sind verpflichtet, für die Durchführung Ihrer Projektleistungen/Tätigkeiten eine Arbeitsaufzeichnung in der von uns gewünschten Form durchzuführen.

4. Das Honorar für Ihre Tätigkeit errechnet sich aufgrund der aufgewendeten Arbeitszeit, wobei ein Stundenhonorar von ÖS 485 zuzüglich der gesetzlichen MWSt angesetzt wird.

Die Auszahlung erfolgt gegen Honorarnotenlegung auf Ihr Konto Nr. *****.

5. Da kein unselbstständiges Dienstverhältnis vorliegt, werden vom Honorar keinerlei Steuern, Abgaben und Beiträge einbehalten. Die Vornahme der Versteuerung (Einkommenssteuer, USt usw) ist vielmehr von Ihnen selbst zu veranlassen, wobei Sie als Werkvertragsnehmer verpflichtet sind, das vereinbarte Entgelt/Honorar und sonstige Zuwendungen selbst zu erklären und abzuführen. Das Vorliegen einer Steuernummer ist der T***** unverzüglich mitzuteilen bzw zu bescheinigen.

6. Geheimhaltung und Konkurrenzverbot

Sie verpflichten sich zur Verschwiegenheit gegenüber Außenstehenden in Bezug auf sämtliche Informationen und Unterlagen, die Ihnen in Ausführung der Vertragsleistungen durch T***** zur Verfügung gestellt worden bzw Ihnen zur Kenntnis gelangen und vor allem zur Wahrung des Datengeheimnisses (§ 20 Datenschutzgesetz). Ausgenommen sind geeignete Vertreter oder Gehilfen, die Sie berechtigt sind in Anspruch zu nehmen. Sie haben jedoch die Verpflichtung von der T***** die Vertretung und die Person des Vertreters, bevor Sie sie in Anspruch nehmen schriftlich genehmigen zu lassen. Für den Fall, dass Sie sich bei der Erfüllung des Vertrages zur Gänze oder auch nur teilweise einer Vertretung oder eines Gehilfen bedienen, entsteht zwischen diesem Dritten und der T***** kein wie immer geartetes Vertragsverhältnis.

Diese Verpflichtungen bestehen auch nach Beendigung der vertraglichen Tätigkeit.

Diese oa Regelung gilt selbstverständlich auch für ev. von Ihnen in Anspruch genommene Vertreter oder Gehilfen und sind Sie verpflichtet, diese davon in Kenntnis zu setzen.

Weiters erklären Sie ausdrücklich, ohne Wissen und Einverständnis der T***** während der Dauer des Vertragsverhältnisses für kein Konkurrenzunternehmen der T***** in dem unter Punkt 1 beschriebenen Bereich tätig zu werden. Bei Zuwiderhandeln behalten wir uns Schadenersatzansprüche bis zur Höhe der an Sie von uns und dem Konkurrenzunternehmen kumulativ bezahlten Honorare gegen Sie vor.

7. Konkurrenzklausel und Konventionalstrafe:

Sie verpflichten sich, für die Dauer eines Jahres nach Beendigung dieses Vertrages für keinen unserer Kunden bzw kein während Ihrer Tätigkeit bei T***** in Akquisition stehendes Unternehmen tätig zu werden.

Bei Zuwiderhandeln behalten wir uns Schadenersatzansprüche bis zur Höhe der an Sie von uns und dem Kunden kumulativ bezahlten Honorare gegen Sie vor.

8. Dauer des Vertragsverhältnisses:

Das Vertragsverhältnis kann beiderseits jeweils zum Monatsletzten gelöst werden und ist auf unbestimmte Zeit geschlossen.

10. Auftragsbedingte Reisen:

Sie erklären sich bereit, nach Absprache auftragsbedingte Reisen durchzuführen. Die dabei tatsächlich entstandenen Reisespesen (Bahnfahrt II. Klasse, Flüge Economy) sowie amtliches Kilometergeld und gesetzliche Diäten werden Ihnen vergütet.

11. Änderungen dieses Vertrages bedürfen zu Ihrer Rechtswirksamkeit der Schriftform.

Im Übrigen gelten für diese Vertragsverhältnisse die Bestimmungen des §§ 1165 bis 1171 des Allgemeinen Bürgerlichen Gesetzbuches (ABGB), in deren jeweiliger Fassung.

Erfüllungsort für alle Leistungen aus diesem Vertrag ist Wien. Zur Entscheidung aller sich aus dem Vertrag ergebenden Streitigkeiten ist das sachlich zuständige Gericht in Wien berufen".

Mitte der 90er Jahre gab es bei der Gemeinschuldnerin Bestrebungen, keine formell selbständigen Mitarbeiter auf Honorarbasis mehr zu beschäftigen, sondern nur mehr Arbeitsverhältnisse abzuschließen. Der Grund lag darin, dass aufgrund der Ausweitung der Geschäftstätigkeit der beklagten Partei erforderlich war Mitarbeiter zu haben, die in die Unternehmensstruktur entsprechend eingebunden waren. Aus diesem Grund trat die beklagte Partei wiederholt an den Kläger heran und schlug ihm den Abschluss eines Angestelltenvertrags vor. Der Kläger lehnte dies aber stets ab.

Der Kläger arbeitet genauso wie vergleichbare Angestellte der Gemeinschuldnerin, trat nach außen als Mitarbeiter der Gemeinschuldnerin auf und wurde von den Kunden „als Angestellter" angesehen.

Der Kläger war in die betriebliche Hierarchie eingebunden und hatte die Anweisung seines Vorgesetzten zu befolgen. Dieser war grundsätzlich um einen teamorientierten Führungsstil bemüht, entschied in Streit- oder Zweifelsfällen allerdings alleine. Dabei ging es um die Art und Weise der Durchführung der einzelnen Projekte, die Zusammenstellung des Teams und die Entscheidung wer Team- oder Projektleiter sein sollte. Letzten Endes entschied der Vorgesetzte des Klägers welche Projekte dieser zu betreuen hatte.

Die einzelnen Teammitarbeiter hatten einen Terminplan einzuhalten und ihre Arbeitszeiten und insbesondere auch Urlaube danach zu richten. Dies galt auch für den Kläger. Dieser arbeitete ausschließlich mit Arbeitsmitteln der beklagten Partei, verfügte (in den letzten Jahren) über einen Firmenlaptop und hatte ein Büro samt Ausstattung, in dem er, wenn er keine Dienstreisen absolvierte, jeden Tag seinen Dienst versah. Die im Bereich der Unternehmensberatung unmittelbar tätigen Mitarbeiter wie der Kläger hatten keine fix vorgegebenen Arbeitszeiten, sondern einen gewissen Spielraum; auch diesen Mitarbeitern war aber eine Kernzeit vorgegeben und sollten sie zwischen 10 und 17 Uhr in den Büroräumlichkeiten anwesend sein. Dies galt auch für den Kläger, der sich danach richtete. Er erschien regelmäßig zwischen 9 und 10 Uhr und arbeitete bis in die Abendstunden oft auch bis spät in den Abend hinein.

Dem Kläger war es nicht gestattet sich vertreten zu lassen. Es war für alle Beteiligten klar, dass der Kläger seine Arbeit persönlich zu verrichten hatte. Er war grundsätzlich für die Gemeinschuldnerin jederzeit erreichbar und - mit Ausnahme einiger kleinerer Aufträge im Jahr 1992 - ausschließlich für diese tätig.

Der Kläger führte insbesondere in den letzten Jahren detaillierte Tätigkeitsberichte, aus denen nicht nur die von ihm gearbeiteten Stunden ersichtlich waren, sondern auch was er jeweils in dieser Zeit getan hatte und welchem Projekt dies zuzuordnen war. Aufgrund der vom Kläger bekannt gegebenen Arbeitsstunden wurde ihm das Honorar zuzüglich Umsatzsteuer - das jährlich neu vereinbart wurde - überwiesen.

Ab dem Jahr 1997/1998 wurde zwischen den Parteien vereinbart, dass der Kläger 2.500 Stunden im Jahr abrechnen könne. Bei Kalkulation seines Stundensatzes wurden die Lohnkosten eines vergleichbaren Angestellten zugrunde gelegt. Der Jahresbezug, der dem Kläger in Form eines von ihm selbst zu versteuernden Honorars ausgezahlt wurde, sollte den Gehaltskosten für einen vergleichbaren Angestellten entsprechen. Wenn der Kläger weniger als 2.500 Stunden im Jahr abrechnete, wurde ihm der Differenzbetrag mit der Gesamtjahresabrechnung überwiesen.

In den Jahren 2002/2003 wurde das Entlohnungssystem derart umgestellt, dass der Kläger regelmäßig Akontierungen in Höhe von monatlich 1/12 des vereinbarten Jahresbetrags erhielt. Am Jahresende wurde dann eine Gesamtabrechnung erstellt. Im Jahr 2004 kam die Gemeinschuldnerin in wirtschaftliche Schwierigkeiten. Am 27. Jänner 2005 beschloss sie, das „Werkvertragsverhältnis" mit dem Kläger per 30. April 2005 „mit sofortiger Freisetzung" aufzulösen. In diesem Zusammenhang wurden im Februar und März verschiedene Gespräche geführt, ohne dass eine Einigung erzielt wurde.

Zwischen den Parteien war für das Jahr 2005 ein Monatshonorar des Klägers in Höhe von EUR 13.268,03, darin EUR 2.211,34 USt vereinbart worden. Dieses Honorar wurde ab Februar 2005 nicht mehr ausbezahlt. Am 14. März 2005 mahnte der Kläger die offenen Entgeltbeträge ein. Da innerhalb der vom Kläger gesetzten 10tägigen Frist eine Bezahlung nicht erfolgte, erklärte der Kläger mit Schreiben vom 1. April 2005 (der Gemeinschuldnerin am 5. April zugekommen) seinen Austritt.

Mit Beschluss des Handelsgerichts Wien vom 18. Juli 2006 wurde über das Vermögen der Gemeinschuldnerin der Konkurs eröffnet.

Der Kläger begehrte zuletzt EUR 122.341,73 sA bestehend aus

Spesen Jänner bis Dezember 2004 zzgl USt EUR 7.639,27

Honorar Februar bis April 2005 zzgl USt EUR 39.804,09

Kündigungsentschädigung Mai bis Juli 2005 EUR 39.805,05

Abfertigung vier Monatsentgelte EUR 35.093,32.

Er sei tatsächlich Arbeitnehmer der Gemeinschuldnerin gewesen; sein Arbeitsverhältnis unterliege dem Angestelltengesetz. Weil eine von ihm gesetzte Zahlungsfrist für rückständige „Werklöhne" ergebnislos verstrichen sei, habe er mit Schreiben vom 1. 4. 2005 seinen berechtigten vorzeitigen Austritt gemäß § 26 AngG erklärt. Ihm stehe ein Abfertigungsanspruch von vier Monatsentgelten zu. Auf Basis eines Monatsbruttobezugs von EUR 8.000 betrage dieser zuzüglich anteiliger Sonderzahlungen EUR 37.333,32 brutto abzüglich 6 % Lohnsteuer sohin EUR 35.093,32 netto.

Die beklagte Partei bestritt - abgesehen von der Erhebung diverser, im Revisionsverfahren nicht mehr relevanter Einreden - das Klagebegehren. Zwischen den Streitteilen sei ein Werkvertrag vereinbart gewesen. Der Kläger sei immer bestrebt gewesen als selbständiger Unternehmer tätig zu sein. Seine Klage stehe im Widerspruch zu seinem seit 1992 gegenüber der Gemeinschuldnerin gesetzten Verhalten und sei daher rechtsmissbräuchlich und sittenwidrig.

Überdies wendete die Gemeinschuldnerin eine Forderung von EUR 543.810 aufrechnungsweise gegen das Klagebegehren ein. Der Kläger habe sie im Rahmen seiner Tätigkeit als Leiter eines Projekts falsch über eine Pauschalvereinbarung informiert. Die darüber hinaus an den Kunden erbrachten Leistungen hätten nicht verrechnet werden können, sodass ein Schaden in der angeführten Höhe entstanden sei.

Das Erstgericht erkannte mit Teilurteil das Klagebegehren mit EUR 79.609,14 brutto sowie mit EUR 35.093,92 netto zu Recht bestehend. Über den eingangs festgestellten Sachverhalt hinaus traf das Erstgericht noch folgende Feststellungen: „Seit dem Jahr 1996 wurde in die Berechnung des Stundenhonorars, das der Kläger abrechnete, ein Abfertigungsäquivalent aufgenommen. Der Kläger berechnete die Höhe seines Jahresbezuges im Vergleich mit einem vergleichbaren Angestellten der beklagten Partei so, dass er in die Gesamtkosten eines vergleichbaren Angestellten auch ein Abfertigungsäquivalent hineinrechnete.

Es kann nicht festgestellt werden, dass die Parteien die Art und Weise dieser Stundensatzkalkulation zum Inhalt ihrer Vereinbarung gemacht haben.

Es kann nicht festgestellt werden, dass dem Kläger als Honorarbestandteil ein bestimmter Betrag als Abfertigungsäquivalent ausbezahlt wurde.

Dieses Abfertigungsäquivalent spielte auch in den Jahren 2002 und 2003 bei den Verhandlungen über die künftige Höhe eines Angestelltengehalts des Klägers eine Rolle. Eine Einigung darüber kam nicht zustande.

In den Jahren 2002 bis 2004 wurde in schriftlichen Darstellungen der Kalkulation des Jahresbezuges des Klägers und des daraus resultierenden Stundensatzes immer wieder ein Abfertigungsäquivalent in unterschiedlicher Höhe angeführt. Es kann nicht festgestellt werden, dass ein bestimmtes Abfertigungsäquivalent in einer bestimmten Höhe von den Parteien in diesen Jahren zum Inhalt der Honorarvereinbarung mit dem Kläger gemacht wurde."

Rechtlich folgerte es, dass eine Gesamtbetrachtung ergebe, dass es sich beim Vertragsverhältnis zwischen den Streitteilen um einen Arbeitsvertrag gehandelt habe. Der Kläger sei gegenüber seinem Vorgesetzten weisungsgebunden und dessen Kontrolle unterworfen gewesen. Seine Handlungsspielräume hätten sich im Rahmen der vorgegebenen Projektpläne bewegt; es sei ihm kein größerer Freiraum als einem entsprechend qualifizierten Angestellten zugestanden. Der Geschäftsführer der Gemeinschuldnerin habe bei allen Entscheidungen das letzte Wort gehabt. Der Kläger habe eine Kernzeit im Rahmen seiner Arbeitszeit zu beachten gehabt, deren Einhaltung laufend kontrolliert worden sei. Er habe ausschließlich mit Betriebsmitteln der Gemeinschuldnerin gearbeitet. Dass der Kläger zu Beginn seiner Tätigkeit vorübergehend eine nebenberufliche Tätigkeit entfaltet habe, habe weder nach Umfang noch Gewicht Bedeutung, auch die sozialversicherungsrechtliche und steuerrechtliche Behandlung seines Entgelts spiele keine Rolle.

Die Gemeinschuldnerin habe den Arbeitsvertrag zum 30. 4. 2005 aufgekündigt und sei daher bis zu dessen Ende zur Bezahlung des laufenden Entgelts verpflichtet, weshalb dem Kläger das vereinbarte Entgelt für die Monate Februar bis April 2005 gebühre. Die Gemeinschuldnerin habe diese Entgelte trotz Mahnung nicht bezahlt, weshalb der Austritt des Klägers berechtigt gemäß § 26 Z 2 AngG erfolgt sei. Ihm gebühre daher die Kündigungsentschädigung für drei Monate ebenso wie die begehrte Abfertigung.

Das Berufungsgericht stellte infolge Eröffnung des Konkurses über das Vermögen der beklagten Partei von Amts wegen das Klagebegehren auf ein Feststellungsbegehren um und berichtigte die Bezeichnung der beklagten Partei auf den Masseverwalter im Konkurs der Gemeinschuldnerin. Es gab der Berufung der beklagten Partei teilweise Folge, sprach aus, dass die Klagsforderung mit EUR 27.999,99 brutto sowie EUR 13.706,06 netto als Konkursforderung zu Recht bestehe hingegen mit einem weiteren Betrag von EUR 51.609,15 brutto als Konkursforderung nicht zu Recht bestehe und behielt die Entscheidung über das darüber hinausgehende Klagebegehren sowie über die Gegenforderung und die Kosten des Verfahrens dem Endurteil vor.

Rechtlich führte das Berufungsgericht aus, dass das Erstgericht die Kriterien der Abgrenzung zwischen Arbeitsvertrag und freiem Dienstvertrag im Detail herausgearbeitet habe und zutreffend zu dem Ergebnis gekommen sei, dass der zwischen dem Kläger und der Gemeinschuldnerin abgeschlossene Vertrag ein echter Arbeitsvertrag sei.

Das Erstgericht habe sich allerdings nicht mit dem Einwand des Rechtsmissbrauchs auseinandergesetzt. Zusammenfassend vertrat das Berufungsgericht nach ausführlicher Befassung mit der Entscheidung des Obersten Gerichtshofs 8 ObA 20/04f, der deutschen Rechtslage (§ 242 BGB) und den dazu in der Lehre vertretenen Meinungen die Auffassung, dass aus der deutschen Rechtsprechung zu § 242 BGB nichts zu gewinnen sei. Anders als nach § 242 BGB normiere § 1305 ABGB, dass derjenige, der von seinem Recht innerhalb der rechtlichen Schranken (§ 1295 Abs 2 ABGB) Gebrauch mache, den daraus für einen anderen entspringenden Nachteil nicht zu verantworten habe. § 1295 Abs 2 ABGB normiere die Verantwortlichkeit für denjenigen, der in einer gegen die guten Sitten verstoßenden Weise einem anderen absichtlich Schaden zufüge. Geschehe dies jedoch in Ausübung eines Rechts, komme eine Haftung nur dann in Frage, wenn die Ausübung des Rechts offenbar den Zweck gehabt habe, den anderen zu schädigen. Nach der Rechtsprechung genüge, wenn das unlautere Motiv der Rechtsausübung die lauteren Motive eindeutig überwiege, wobei schon ein krasses Missverhältnis zwischen den vom handelnden verfolgten und den beeinträchtigten Interessen zur Sittenwidrigkeit führen könne. Dass die Geltendmachung von arbeitsrechtlichen Ansprüchen durch den Kläger überwiegend nur zum dem Zweck erfolgt sei, die Gemeinschuldnerin zu schädigen, sei weder vorgebracht worden noch ergebe sich darauf ein Hinweis. Der Gemeinschuldnerin wäre es freigestanden, keinen weiteren Werkvertrag mit dem Kläger abzuschließen. Ihr Vertrauen darauf, dass der Kläger sich nicht auf das Vorliegen eines Arbeitsvertrags berufen könne, sei daher nicht schützenswert. Möge auch der Kläger darauf bestanden haben, dass kein Arbeitsvertrag abgeschlossen werde, bestehe kein auf dieser Situation beruhendes schutzwürdiges Vertrauen der Gemeinschuldnerin, das zu einer gänzlichen Abweisung der Entgeltansprüche des Klägers führen könne. Dies folge schon alleine daraus, dass auch bei Annahme eines freien Dienstvertrags ein Anspruch auf Zahlung rückständiger Entgelte und einer Kündigungsentschädigung dem Grunde nach bestünde.

Bezogen auf den Entgeltbereich könne sich der Arbeitnehmer aber nicht einerseits auf seine Arbeitnehmerstellung berufen und andererseits höhere freiberufliche Honorare verlangen. Bei einer bewussten Fehlbehandlung eines Arbeitsvertrags als freier Dienstvertrag oder Werkvertrag scheide eine Rückabwicklung des gesamten Vertragsverhältnisses aus. Der tatsächlich geltende Arbeitsvertrag weise jedoch, weil er den ursprünglichen Äquivalenzvorstellungen der Parteien nicht mehr gerecht werde, eine Lücke auf, die darin bestehe, dass das vorgesehene Entgelt nur für den Fall vereinbart gewesen sei, dass der Arbeitsvertrag als freier Dienstvertrag behandelt werde. Mit der rückwirkenden Geltendmachung arbeitsrechtlicher Entgeltansprüche falle daher auch die damit von beiden Parteien als zusammenhängend angesehene Entgeltabrede weg. Der Kläger habe in der Klage vorgebracht, dass er als „Unternehmer" genauso viel erhalten solle, wie auch „offiziell" angestellte Mitarbeiter und der Berechnung seines Abfertigungsanspruchs einen Monatsbezug von EUR 8.000 brutto zuzüglich anteiliger Sonderzahlungen sohin ein Monatsentgelt von EUR 9.333,33 brutto zugrunde gelegt. Eine substanziierte Bestreitung dieses Vorbringens der Höhe nach sei durch die beklagte Partei nicht erfolgt.

Es bestehe kein Grund dem Arbeitgeber das Recht auf Entgeltanpassung zu verweigern. Der Kläger selbst sei bei der Berechnung des Anspruchs auf Abfertigung davon ausgegangen. Im Sinn der Ablehnung der „Rosinentheorie" sei der Bezug von EUR 8.000 brutto monatlich zahlbar 14 mal jährlich daher auch seinen Ansprüchen auf Zahlung restlicher Entgelte und der Kündigungsentschädigung zugrunde zu legen.

Für den konkreten Fall folge daraus, dass die Umsatzsteuer nicht als vereinbartes Entgelt anzusehen sei, weil sie von beiden Vertragsteilen im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses als „Durchlaufposten" angesehen worden sei. Dies ergebe sich vor allem daraus, dass nach dem übereinstimmenden Vorbringen das vereinbarte Entgelt als Werkvertragsnehmer wirtschaftlichen einen Bezug von EUR 8.000 zahlbar 14 mal jährlich als Arbeitnehmer entsprechen sollte.

Dass dem Kläger Honoraransprüche für die Monate Februar und März sowie für den Zeitraum 1. bis 5. April 2005 nicht gezahlt wurden, sei von der Gemeinschuldnerin nicht bestritten worden. Diese Ansprüche bestünden daher in folgender Höhe - in Bruttobeträgen - zu Recht:

Februar 2005 EUR 8.000 + ant. SZ EUR 1.333,33 EUR 9.333,33

März 2005 EUR 8.000 + ant. SZ EUR 1.333,33 EUR 9.333,33

1. - 5. 4. 2005 EUR 1.333,33 + ant SZ EUR 222,22 EUR 1.555,55

gesamt brutto EUR 20.222,21

Zum Anspruch auf Kündigungsentschädigung habe die Gemeinschuldnerin vorgebracht, dass das Vertragsverhältnis am 27. 1. 2005 zum 30. 4. 2005 aufgelöst worden sei. Das Erstgericht habe dazu festgestellt, dass die beklagte Partei ... beschloss, das Werkvertragsverhältnis mit dem Kläger per 30. April 2005 .. aufzulösen und in seiner rechtlichen Beurteilung ausgeführt, dass die beklagte Partei das Dienstverhältnis „zum 30. April 2005 aufgekündigt" habe. Da ein Anspruch auf Kündigungsentschädigung keinesfalls über das durch ordnungsgemäße Auflösung eingetretene Ende des Vertragsverhältnisses hinaus entstehen könne, bestehe der Anspruch des Klägers auf Kündigungsentschädigung nur für den Zeitraum 6. 4. bis 30. 4. 2005, nicht aber für die Monate Mai bis Juli 2006. Der Höhe nach bemesse sich der Anspruch unter Berücksichtigung der Entgeltanpassung wie folgt:

KE 6. 4. - 30. 4. 2005 EUR 6.666,67 + ant. SZ 1.111,11

gesamt daher EUR 7.777,78 brutto.

Ausgehend vom Bestehen eines Arbeitsverhältnisses von mehr als 10 Dienstjahren, gebühre dem Kläger Abfertigung in Höhe von vier Monatsentgelten gemäß § 23 Abs 1 AngG. Der Berufungswerber wende sich nun gegen die Nichtberücksichtigung des dem Kläger bereits bezahlten „Abfertigungsäquivalents" durch das Erstgericht. Wirtschaftlich würde der Kläger, folge man der Rechtsansicht des Erstgerichts, zweimal die Abfertigung erhalten; die Geltendmachung dieses Anspruchs erfolge daher rechtsmissbräuchlich. Die Widersprüchlichkeit der zum Themenkomplex Abfertigungsäquivalent vom Erstgericht getroffenen Feststellungen spiegle sich auch in der Beweiswürdigung, sodass diese einer objektiven Überprüfung in diesem Punkt nicht zugänglich sei.

Nach dem Vorbringen der Gemeinschuldnerin sei dem Kläger ein Abfertigungsäquivalent in Höhe von (im Verhältnis zum eingeklagten Betrag: lediglich) EUR 21.387,26 bezahlt worden. Die Rechtsrüge wende sich nun gegen den Abfertigungsanspruch zentral aus dem Grund des dem Kläger vorgeworfenen Rechtsmissbrauchs, dem das Berufungsgericht aus den aufgezeigten Gründen nicht folge. Damit sei aber der über den angeführten Betrag von EUR 21.387,26 hinausgehende Anspruch auf Abfertigung in Höhe von EUR 13.706,06 netto als Konkursforderung zu Recht bestehend zu erkennen.

Soweit der Kläger allerdings im Rahmen seines Honorars allenfalls ein Abfertigungsäquivalent erhalten habe, müsse er sich dies auf seinen Anspruch anrechnen lassen. Einem vergleichbaren Arbeitnehmer wäre ein Abfertigungsäquivalent nicht als Teil eines Gehalts oder Lohnanspruchs zu zahlen gewesen. Aus den dargelegten Grundsätzen ergebe sich das Recht des Arbeitgebers auf Entgeltanpassung auch in diesem Zusammenhang. Das Erstgericht werde daher im fortgesetzten Verfahren widerspruchsfrei Feststellungen darüber zu treffen haben ob, bejahendenfalls in welchem Ausmaß dem Kläger ein Abfertigungsäquivalent bezahlt worden sei.

Die ordentliche Revision sowie der Rekurs gegen den Aufhebungsbeschluss seien zulässig, da zentrale Vorfrage für die Berechtigung der Ansprüche des Klägers die behauptete Unzulässigkeit der Berufung auf die Arbeitnehmerstellung sei und hierzu keine - einheitliche - Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs vorliege.

Die Revision und der Rekurs der beklagten Partei sind aus den vom Berufungsgericht angeführten Gründen zulässig, aber nicht berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Zentrales Thema der Rechtsmittelschrift stellt die Rechtsansicht der beklagten Partei dar, - die die Beurteilung des Vertragsverhältnisses durch die Vorinstanzen als „echter Arbeitsvertrag" gar nicht mehr ernsthaft in Zweifel zieht -, dass die Berufung des Klägers auf seine Rechtsstellung als Arbeitnehmer rechtsmissbräuchlich und sittenwidrig erfolge. Im Wesentlichen argumentiert der Rechtsmittelwerber mit zwei im Jahre 1996 ergangenen Entscheidungen des Deutschen Bundesarbeitsgerichts (5 AZR 708/95 und 5 AZR 855/95), aus denen sich ergebe, dass ein Arbeitnehmer rechtsmissbräuchlich handle, wenn er sich darauf berufe, Arbeitnehmer gewesen zu sein, obwohl er als freier Mitarbeiter tätig sein wollte und sich jahrelang allen Versuchen des Arbeitgebers widersetzt habe, zu ihm in ein Arbeitsverhältnis zu treten.

Soweit der Rechtsmittelwerber die Ausführungen des Berufungsgerichts kritisiert, wonach aus den vorgenannten BAG-Entscheidungen nichts zu gewinnen sei, da diesen Entscheidungen eine Statusklage gemäß § 46 ArbgG zugrunde gelegen sei, ist darauf nicht näher einzugehen, da das Berufungsgericht dieses Argument ohnehin nur als Hilfsargument herangezogen hat.

Inhaltlich gesteht der Rechtsmittelwerber zu, dass der in Deutschland im § 242 BGG (richtig: BGB) normierte Rechtsgrundsatz von Treu und Glauben in Österreich nicht positiv gesetzlich verankert sei, ein solcher aber zum Teil aus den §§ 863, 814 ABGB abgeleitet werde. Es sei nicht Zweck des zwingenden Arbeitsrechts den Arbeitnehmer vor sich selbst zu schützen, sondern vor dem Arbeitgeber. Wenn der Arbeitgeber bereit sei sich zur Gänze dem Arbeitsrecht zu unterwerfen, indem er dem Dienstnehmer den Abschluss eines Arbeitsvertrags anbiete, dieser aber vorziehe einen Vertrag als freier Dienstnehmer abzuschließen, weil er sich davon (finanzielle) Vorteile verspreche, sei das Vertrauen des Dienstgebers, der Dienstnehmer werde sich auch später nicht auf den Bestand eines Arbeitsverhältnisses berufen, besonders schutzwürdig. Der Dienstnehmer könne sich in einem solchen Fall nicht mit Erfolg auf das Vorliegen eines Dienstvertrags berufen, eine solche Berufung sei treuwidrig, sittenwidrig und unzulässig.

Diesen Ausführungen vermag sich der erkennende Senat nicht anzuschließen.

Für den deutschen Rechtsbereich ergibt sich aus § 242 BGB „Leistung nach Treu und Glauben", dass der Schuldner verpflichtet ist, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern. Die Wortverbindung „Treu und Glauben" soll den in der Gemeinschaft herrschenden sozial ethischen Wertvorstellungen Eingang in das Recht verschaffen. Sie verpflichtet zur billigen Rücksichtnahme auf die schutzwürdigen Interessen des anderen Teils sowie zu einem redlichen und loyalen Verhalten. Der Grundsatz von Treu und Glauben umfasst auch den Gedanken des Vertrauensschutzes (Heinrichs in Palandt, Bürgerliches Gesetzbuch § 242 Rz 3) § 242 BGB erfordert in allen seinen Anwendungsfällen eine umfassende Interessenabwägung (Heinrichs aaO Rz 5 mwH). Nach der Rechtsprechung kann auch dann, wenn kein besonderer Vertrauenstatbestand begründet worden ist, widersprüchliches Verhalten unzulässig sein, wenn der Berechtigte aus seinem früheren Verhalten erhebliche Vorteile gezogen hat und wenn sein Verhalten zu einem unlösbaren Selbstwiderspruch führt (Heinrichs aaO Rz 57 mwH). So hat das deutsche BAG in seiner Entscheidung vom 11. 12. 1996, 5 AZR 708/95 ausgesprochen, dass ein Arbeitnehmer rechtsmissbräuchlich im Sinn des § 242 BGB handelt, wenn er sich nachträglich darauf beruft, Arbeitnehmer gewesen zu sein, obwohl er als freier Mitarbeiter tätig sein wollte und sich jahrelang allen Versuchen des Arbeitgebers widersetzt hat, zu ihm in ein Arbeitsverhältnis zu treten. Den Rechtsmissbrauch erblickte das BAG unter dem Gesichtspunkt des widersprüchlichen Verhaltens. Wer durch seine Erklärungen oder durch sein Verhalten bewusst oder unbewusst eine Sach- oder Rechtslage geschaffen habe, auf die sich der andere Teil verlassen durfte und verlassen hat, dürfe dieses Vertrauen nicht enttäuschen. Es würde gegen Treu und Glauben verstoßen und das Vertrauen in den redlichen Rechtsverkehr erschüttern, wäre es erlaubt, sich nach Belieben mit eigenen früheren Erklärungen und Verhalten derart in Widerspruch zu setzen. Dieses Verbot des Selbstwiderspruchs hindere auch Vertragsparteien daran, sich auf die Unwirksamkeit eines Vertrags zu berufen, den sie lange Zeit als rechtswirksam angesehen und beiderseits erfüllt hätten. Insbesondere sei das Vertrauen des anderen am Rechtsverhältnis beteiligten Teils darauf schutzwürdig, dass eine bestimmte Rechtslage gegeben sei, insbesondere dann, wenn er von dem anderen Teil in diesem Glauben bestärkt worden sei.

In einer weiteren Entscheidung vom 11. 12. 1996, 5 AZR 855/95, sprach das BAG aus, wer zunächst ein Urteil erstreite, durch das rechtskräftig festgestellt werde, dass der Kläger nicht freier Mitarbeiter, sondern Arbeitnehmer sei, dann aber auf eigenen Wunsch mit dem Arbeitgeber einen Vertrag abschließe, durch den das Arbeitsverhältnis aufgehoben werde, um wieder als freier Mitarbeiter tätig zu werden, handle rechtsmissbräuchlich, wenn er später erneut die Feststellung verlange, dass ungeachtet des Aufhebungsvertrags ein Arbeitsverhältnis bestanden habe. Die Entscheidungsgründe decken sich in ihren Rechtsausführungen mit jenen der zuvor zitierten Entscheidung.

Die österreichische Lehre befasste sich mit der Frage einer allfälligen Relevanz dieser Entscheidungen auch für den österreichischen Rechtsbereich. Schauer (RdW 1997, 733) warnt vor einem möglichen Missverständnis. Es stehe nicht ein rechtsgeschäftlicher Verzicht auf den zwingenden Schutz des Arbeitsrechts zur Diskussion. Es sei dem aufgrund des Parteiwillens ermittelten Inhalt des Vertrags zu entnehmen, ob der Vertrag die objektiven Merkmale eines Arbeitsverhältnisses erfülle. Treffe dies zu, seien die zwingenden Schutzbestimmungen des Arbeitsrechts anzuwenden. Das österreichische Recht enthalte keine den § 242 BGB vergleichbare Generalklausel. Zwar sei auch im österreichischen Recht anerkannt, dass jedes Recht eine Missbrauchsschranke in sich trage, die die Ausübung subjektiver Rechte begrenze, was sich aus §§ 1295 Abs 2, 1305 ABGB herleiten lasse; doch erlange das Verbot des veniere contra factum proprium bei Weitem nicht die selbe Bedeutung wie in Deutschland. Die Frage, ob das Vertrauen des Dienstgebers, der Dienstnehmer werde sich auf das Bestehen eines Arbeitsverhältnisses nicht berufen, Schutz verdiene, werde man verneinen müssen, wenn man die Schutzwürdigkeit im Sinn von Gutgläubigkeit in Bezug auf die Rechtslage verstehe. Dem Arbeitgeber sei die Kenntnis der Rechtslage in aller Regel zuzumuten; er müsse damit rechnen, dass sich aus einem Rechtsverhältnis, das als Arbeitsvertrag zu qualifizieren sei, für den Arbeitnehmer die aus einem solchen Vertrag entspringenden Rechte ergeben und dass der Arbeitnehmer diese Rechte auch geltend machen werde. Es sei daher zu fragen, ob es andere Gesichtspunkte gebe, die die Schutzwürdigkeit einer durch das Verhalten des Dienstnehmers hervorgerufenen Erwartung begründen könnten, dieser werde solche Rechte nicht geltend machen. In aller Regel sei dies nicht der Fall. Dies gelte jedenfalls insoweit, als es sich um zwingende Rechte aus dem Arbeitsvertrag handle, auf die Arbeitnehmer auch rechtsgeschäftlich nicht verzichten könnten. Allerdings sei zu bedenken, dass die freien Dienstverträge in beiden (vom BAG entschiedenen) Sachverhalten nicht nur auf Wunsch der Dienstnehmer zustande gekommen seien, sondern die Dienstgeber jeweils sogar den Abschluss eines Arbeitsverhältnisse angeboten, die Dienstnehmer dies jedoch abgelehnt hätten. Zweck des zwingenden Arbeitsrechts sei es nicht, den Arbeitnehmer vor sich selbst zu schützen, sondern vor dem Arbeitgeber. Sei dieser bereit sich zur Gänze dem Arbeitsrecht zu unterwerfen, indem er dem Dienstnehmer den Abschluss eines Arbeitsvertrags anbiete, während jener es vorziehe, einen Vertrag als freier Dienstnehmer abzuschließen, weil er sich davon finanzielle Vorteile verspreche, erscheine das Vertrauen des Dienstgebers, der Dienstnehmer werde sich auch später nicht auf den Bestand eines Arbeitsverhältnisses berufen, in weit stärkerem Maße schutzwürdig. Zusammenfassend gelangte der Autor zur Ansicht, dass eine Vertiefung aus der Sicht des österreichischen Rechts vor allem die Rechtsfolgenseite betreffend erforderlich sei, ohne aber konkrete Lösungen anzubieten.

Resch (RdW 1997, 735) befasste sich mit der Entscheidung des BAG 5 AZR 855/95 und warf ihr vor, sich nicht nahtlos in die bisherige deutsche Diskussion zum Rechtsmissbrauch einzufügen. Das BAG schütze hier das Vertrauen des Arbeitgebers, der sich ganz offensichtlich der Rechtswidrigkeit der vertraglichen Regelung bewusst gewesen sei. Das Bestehen eines Arbeitsverhältnisses sei rechtskräftig im Vorprozess festgestellt worden, dennoch hätten Arbeitgeber und Arbeitnehmer bei ansonsten gleichem Sachverhalt neuerlich die freie Mitarbeitervereinbarung abgeschlossen. Die Kritik Resch's an der Entscheidung gipfelt nach Auseinandersetzung mit deutschen Literaturstimmen darin, dass der Arbeitnehmerstatus mit viel zu weit reichenden besonderen Rechtsfolgen verknüpft sei, als dass die doch eher pauschale Berufung auf § 242 BGB diese Schutzinteressen vom Tisch fegen könne. Der Frage, welche besonderen aus dem Vertrauensschutz resultierenden Umstände immerhin im Verhältnis zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer die besonderen sozialpolitischen Wertungen des Arbeitsrechts außer Kraft setzen können, habe sich das BAG sohin nicht gestellt.

In der Folge lehnte der Autor eine Übertragbarkeit der BAG-Entscheidungen auf das geltende österreichische Arbeitsrecht mit überzeugenden Argumenten ab. Grundsätzlich sei nach ganz herrschender Ansicht der Arbeitnehmerstatus an sich unabdingbar, das heißt bei Vorliegen eines als Arbeitsverhältnis zu qualifizierenden Rechtsverhältnisses seien grundsätzlich die daran anknüpfenden zwingenden Regelungen der Rechtsordnung zu beachten. Der besondere Schutzzweck der verschiedenen schutzgesetzlichen Vorschriften verbiete insofern einer vertraglichen Einwilligung in die Verletzung dieser Vorschriften die Wirksamkeit. Diffizil sei die Frage, ob es nicht aus besonderen Umständen heraus Fälle gebe, in denen immerhin „inter partes" sich der Arbeitgeber auf das Nichtvorliegen der Arbeitnehmereigenschaft verlassen dürfe. Diese Frage könne für den vom BAG entschiedenen Fall auch für das österreichische Recht dahingestellt bleiben, weil hier dem Arbeitgeber die an sich gegebene Arbeitnehmerstellung bekannt gewesen sei. Rein bezogen auf den Entgeltbereich werde etwa der Arbeitnehmer nicht einerseits höhere freiberufliche Honorare beziehen und sich andererseits auf seine Arbeitnehmerstellung berufen können, um andere Teile des Entgelts zu lukrieren, die für Arbeitnehmer vorbehalten sind. Letztlich dürfe aber auch hier aus Sicht des österreichischen Arbeitsrechts der Arbeitnehmer durch die freiberufliche Gestaltung nicht ungünstiger gestellt werden als der kollektivvertragliche Mindestlohn.

Mit der Frage einer rückwirkenden Entgeltanpassung für den Fall, dass sich nachträglich herausstellt, dass die Arbeitsvertragsparteien den von ihnen geschlossenen Arbeitsvertrag bewusst oder unbewusst fälschlicherweise als freien Dienstvertrag behandelt haben, setzt sich auch Kietaibl (wbl 2006, 207) ausführlich auseinander. Auch die bewusste Fehlbehandlung durch die Vertragsparteien ändere nichts an der Qualifikation als Arbeitsvertrag, selbst wenn der Arbeitnehmer die unzulässige Behandlung als freier Dienstnehmer wolle. Der Normzweck zwingender Vorschriften und die daraus abgeleitete (Teil-)Nichtigkeitsfolge sei nämlich der Parteiendisposition und damit auch dem Willen des Arbeitnehmers entzogen. Allerdings werde der tatsächlich geltende Arbeitsvertrag den ursprünglichen Äquivalenzvorstellungen der Parteien nicht mehr gerecht und weise daher, gemessen am ursprünglichen Parteiwillen und Vertragszweck eine Lücke auf. Diese bestehe darin, dass das vorgesehen Entgelt nur für den Fall vereinbart gewesen sei, dass der Arbeitsvertrag als freier Dienstvertrag behandelt werde. Für den Fall, dass Arbeitsrecht zur Anwendung komme, hätten die Parteien in Wahrheit keine (zumindest der Höhe nach bestimmte) Entgeltabrede getroffen. Dieses Ergebnis entspreche auch dem allgemeinen Grundsatz, wonach bei Nichtigkeit einzelner Arbeitsvertragsklauseln auch mit ihr zusammenhängende Regelungen entfallen, die nur im Hinblick auf die ungültige Klausel getroffen wurden. Auch der Arbeitnehmer dürfe sich nämlich nicht die „Rosinen" herauspicken und nur die ihm ungünstigen und nichtigen Vertragsbestimmungen unbeachtet lassen. Mit der rückwirkenden Geltendmachung arbeitsrechtlicher Ansprüche durch den Arbeitnehmer falle somit auch die damit von beiden Parteien als zusammenhängend angesehene Entgeltabrede. Die zwingenden arbeitsrechtlichen Normen würden keine Verschiebung des vertraglich vereinbarten Äquivalenzverhältnisses zwischen Arbeitsleistung und Entgelt verlangen, unzulässig sei lediglich die Unterschreitung des kollektivvertraglichen Mindestlohns. Verlange nun der Arbeitnehmer rückwirkend die Anwendung des Arbeitsrechts, greife er zugleich in die Ausgewogenheit von Leistung und Gegenleistung ein. Grundlage der Entgeltkorrektur sei die ergänzende Vertragsauslegung und es erscheine durchaus vertretbar, den bei Vertragsabschluss unredlich Handelnden die Berufung auf ergänzende Vertragsauslegung zu verweigern. Sei die Fehlbehandlung des Arbeitsvertrags von beiden Seiten gewollt oder sei die Initiative dazu gar vom Arbeitnehmer ausgegangen, bestehe kein Grund, dem Arbeitgeber das Entgeltanpassungsrecht zu verweigern. Auf die vom Autor aufgezeigten Möglichkeiten der Lückenschließung durch ergänzende Vertragsauslegung braucht allerdings schon deshalb nicht eingegangen zu werden, da im vorliegend zu beurteilenden Fall das Berufungsgericht ohnehin eine ausführlich begründete dem Vorbringen bieder Streitteile Rechnung tragende Entgeltanpassung vorgenommen hat.

Der Oberste Gerichtshof hat bislang in zwei Entscheidungen die Frage berührt, ob die Geltendmachung von Ansprüchen aus dem Arbeitsverhältnis durch einen „Scheinselbständigen" sittenwidrig erfolgt sei. Die Entscheidung 8 ObS 204/00h weist allerdings die Besonderheit auf, dass die dort klagende Partei Insolvenzausfallgeld geltend machte und der Oberste Gerichtshof den Sachverhalt rechtlich in erster Linie in Hinblick auf die sittenwidrige Überwälzung des Finanzierungsrisikos auf den Insolvenzausfallgeldfonds prüfte. Der Oberste Gerichtshof sprach in diesem Zusammenhang allerdings aus, dass das Arbeitsrecht regelmäßig mit zwingenden oder einseitig zwingenden Regelungen an das tatsächliche Vorliegen eines Arbeitsverhältnisses unabhängig von dessen Bezeichnung anknüpfte, weil dem Arbeitnehmer in der Regel bei der Vertragsgestaltung wenig Einfluss zukomme. Von einer Sittenwidrigkeit iSd § 879 ABGB könne bei solchen als typisch vorausgesetzten Verhandlungspositionen und der Nachteiligkeit der Gestaltung für den Arbeitnehmer im Allgemeinen nicht ausgegangen werden. Weder unter dem Aspekt der Verletzung des Rechtsgefühls der Rechtsgemeinschaft aller billig und gerecht Denkenden noch unter dem Aspekt der groben Verletzung rechtlich geschützter Interessen bzw einem groben Missverhältnis zwischen den durch die Handlung verletzten und den durch diese gefährdeten Interessen, insbesondere der Interessen des Insolvenz-Ausfallgeldfonds, auf den das Finanzierungsrisiko überwälzt werde, könnte dem Arbeitnehmer von vornherein ein den Wertentscheidungen der Rechtsordnung widersprechendes Verhalten zugemessen werden, sei es doch gerade deren Ziel, ihn vor derartigen für ihn nachteiligen und typischerweise aufgezwungenen Vertragsgestaltungen zu schützen. Dies stünde insoweit auch schon im Ansatz das im Zusammenhang mit dem Rechtsmissbrauch diskutierte Verbot der Geltendmachung von Ansprüchen, die im Widerspruch zu dem bisherigen eigenen Verhalten erfolgte, entgegen. In der zitierten Entscheidung ging der Oberste Gerichtshof allerdings davon aus, dass dann, wenn in einer solchen Situation Arbeitgeber und Arbeitnehmer zusammenwirken, im Rahmen eines Fremdvergleichs von zumindest bedingtem Vorsatz der Schädigung des Dritten - hier des Insolvenz-Ausfallgeldfonds auszugehen, sei.

In der Entscheidung 8 ObA 20/04f befasste sich der Oberste Gerichtshof ausgehend davon, dass die dort klagende Partei zwar als Selbständiger abgerechnet wurde, aber weiter wie ein Arbeitnehmer in völliger Integration und Weisungsunterworfenheit im Betrieb auch persönlich abhängig arbeitete, mit der Frage, ob dem Kläger (unter anderem) Urlaubsersatzleistung zustand und wies darauf hin, dass er schon zuvor die Geltendmachung von Ansprüchen oder Einwendungen im Wesentlichen unter dem Aspekt des § 879 ABGB auch als gegen den Grundsatz von Treu und Glauben verstoßend beurteilt habe. Auch sei erörtert worden, inwieweit die Geltendmachung von Ansprüchen, die im Widerspruch zum bisherigen eigenen Verhalten stehen, als rechtsmissbräuchlich beurteilt werden könnten. Besondere Bedeutung komme dem Umstand zu, dass sich aus gesetzlichen Regelungen ergeben könne, dass die Verfolgung der von diesen angestrebten Ziele unabhängig vom Erklärungsverhalten der Vertragsparteien nicht als rechtsmissbräuchlich angesehen werden könne. Aus dem Urlaubsgesetz gehe ganz eindeutig die Zielrichtung hervor, dem Arbeitnehmer unabhängig von allfälligen Vereinbarungen die Möglichkeit eines Urlaubsverbrauchs zu sichern. Unter Beachtung dieser klaren Zielsetzung des Gesetzes könne auch die Geltendmachung dieser Ansprüche, selbst wenn sie mit dem früheren Verhalten im Widerspruch stehen sollte, nicht als rechtsmissbräuchlich beurteilt werden.

Der erkennende Senat schließt sich dieser Auffassung, wonach zwingende arbeitsrechtliche Regelungen einem Einwand der sittenwidrigen Berufung auf die Arbeitnehmerposition entgegenstehen, an.

Soweit die im Revisionsverfahren noch strittigen Beträge (die Abweisung der Feststellung eines Betrages von EUR 51.609,15 brutto als Konkursforderung ist als vom Kläger unangefochten in Rechtskraft erwachsen) nicht ohnehin auch bei einem freien Dienstverhältnis zustehen - worauf das Berufungsgericht zutreffend hingewiesen hat, stehen der Berufung der beklagten Partei auf sittenwidrige Rechtsausübung des Klägers, zwingende arbeitsrechtliche Vorschriften entgegen. Gemäß § 40 AngG ist der dem Arbeitnehmer gebührende Abfertigungsanspruch nach § 23 AngG unabdingbar und steht im Licht obiger Ausführungen daher dem Kläger jedenfalls dem Grunde nach zu.

Ein Eingehen auf die Frage, unter welchen Voraussetzungen, ein Scheinselbständiger abdingbarer Ansprüche, deren Geltendmachung im Widerspruch zum bisherigen eigenen Verhalten erfolgte, verlustig gehen kann, erübrigt sich mangels Relevanz für den vorliegend zu beurteilenden Sachverhalt.

Da der Rechtsmittelwerber in seinem Rekurs gegen den Aufhebungsbeschluss des Berufungsgerichts lediglich seine Revisionsausführungen wiederholt, kann auf die obigen Ausführungen verwiesen werden.

Es ist daher sowohl der Revision, als auch dem Rekurs nicht Folge zu geben.

Der Ausspruch über die Kosten gründet sich auf § 52 ZPO.

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