OGH 7Ob178/07p

OGH7Ob178/07p26.9.2007

Der Oberste Gerichtshof hat durch die Senatspräsidentin des Obersten Gerichtshofes Dr. Huber als Vorsitzende sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Danzl, Dr. Schaumüller, Dr. Hoch und Dr. Kalivoda als weitere Richter in der Pflegschaftssache der Minderjährigen Verena S*****, geboren am 30. Dezember 1993; Laura S*****, geboren am 6. Juli 2001; und Fabio S*****, geboren am 19. November 2002, sämtliche wohnhaft in *****, sämtliche vertreten durch die Mutter Ing. Andrea S*****, ebendort, diese vertreten durch Ing. Mag. Dr. Roland Hansely, Rechtsanwalt in Wien, über den Revisionsrekurs der Kinder gegen den Beschluss des Landesgerichtes Eisenstadt als Rekursgericht vom 2. Mai 2007, GZ 20 R 38/07y-U-22, womit infolge Rekurses der Kinder der Beschluss des Bezirksgerichtes Neusiedl am See vom 2. März 2007, GZ 2 P 13/07a-U-9, teilweise abgeändert wurde, den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Text

Begründung

Unter Hinweis auf ein zwischen den Eltern behängendes Scheidungsverfahren beantragte die Mutter im Jänner 2007, den Vater rückwirkend ab 1. 11. 2006 zu monatlichen Unterhaltsbeiträgen von EUR 734,46 für die älteste Tochter Verena (geboren am 30. 12. 1993) sowie je EUR 652,85 für die beiden übrigen Kinder (Laura, geboren am 6. 7. 2001, und Fabio, geboren am 19. 11. 2002) zu verpflichten. Gleichzeitig beantragte sie, den Vater mittels einstweiliger Verfügung nach § 382 Abs 1 Z 8 lit a EO ab dem Tag der Antragstellung bis zur Rechtskraft des dieser einstweiligen Verfügung zugrundeliegenden Unterhaltsfestsetzungsverfahrens zu Unterhaltszahlungen in gleicher Höhe zu verpflichten. Der Vater sprach sich gegen die Erlassung einer einstweiligen Verfügung aus, da keine Gefährdung des Unterhaltes vorliege und außerdem die Unterhaltsbemessungsgrundlage gegenüber der von der Mutter behaupteten wesentlich geringer sei.

Mit Beschluss vom 2. 3. 2007 verpflichtete das Erstgericht den Vater gemäß § 382a EO, ab 2. 3. 2007 bis auf weiteres, längstens jedoch bis zur Beendigung des eingeleiteten Unterhaltsfestsetzungsverfahrens, einen vorläufigen monatlichen Unterhaltsbeitrag von je EUR 105,40 zu Handen der Mutter als betreuendem Elternteil zu bezahlen. Es handelt sich hiebei um den Sockelbetrag der Familienbeihilfe nach § 8 Abs 2 Satz 1 Familienlastenausgleichsgesetz 1967 (FLAG).

Über lediglich von den Kindern erhobenen Rekurs änderte das Rekursgericht diese Entscheidung dahin ab, das es den Vater verpflichtete, der Tochter Verena monatlich EUR 130,90 und deren beiden Geschwistern je EUR 112,70 an vorläufigem monatlichen Unterhalt zu bezahlen. Es sprach weiters aus, dass der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei.

Begründend führte das Gericht zweiter Instanz aus, dass es zur Frage der Höhe des „Grundbetrags" der Familienbeihilfe im Sinn des § 382a EO zwei divergierende Entscheidungen des Obersten Gerichtshofes gebe (weshalb auch der Revisionsrekurs zugelassen wurde), nämlich 7 Ob 200/02s und 10 Ob 28/04x, wobei das Rekursgericht letzterer Entscheidung gefolgt sei. Demnach stünden den Kindern wohl die Alterszuschläge nach § 8 Abs 2 FLAG, nicht aber die „Geschwisterstaffelbeträge" (von Holzner in JBl 2003, 235 [Glosse zu 7 Ob 200/02s] auch als „Mehrkindzuschlag" bezeichnet) nach § 8 Abs 3 leg cit (entgegen 7 Ob 200/02s) zusätzlich zu, woraus sich die gegenüber dem Erstgericht erhöhten Zuspruchsbeträge ergäben. Während der Vater auch diese Entscheidung unbekämpft ließ, richtet sich hiegegen der auf unrichtige rechtliche Beurteilung gestützte Revisionsrekurs der Kinder mit dem Begehren, ihnen unter Berücksichtigung auch der Zuschläge aufgrund der Geschwisterstaffelung monatlich EUR 156,40 (Verena) bzw je EUR 138,06 (Laura und Fabio) zuzusprechen.

Der Vater hat eine Revisionsrekursbeantwortung erstattet, in der er die Unzulässigkeit des gegnerischen Rechtsmittels behauptet und beantragt, diesem keine Folge zu geben.

Der Revisionsrekurs ist aus dem vom Rekursgericht formulierten Grunde zulässig, jedoch nicht berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Ausgangspunkt für die divergierenden Judikate zweier Senate des Obersten Gerichtshofes ist der vom Gesetzgeber bei Schaffung des § 382a EO durch das BGBl 1987/645 in dessen Abs 2 gewählte, im hierin ausdrücklich zitierten FLAG jedoch nicht vorkommende und daher zu Auslegungsschwierigkeiten führende Begriff des „Grundbetrages der Familienbeihilfe". Während in der Judikatur Einhelligkeit darüber besteht, dass dieser „Grundbetrag" sich auch nach dem Alter des berechtigten (gefährdeten) Kindes zu richten hat und daher auch den in § 8 Abs 2 FLAG vorgesehenen Alterszuschlag ab Vollendung des dritten, zehnten und neunzehnten Lebensjahrs umfasst (RIS-Justiz RS0006134) - was auch hier zufolge Nichtbekämpfung der einstweiligen Verfügung durch den zahlungspflichtigen Vater als unstrittig unterstellt werden kann, sodass auf die insoweit in der Lehre teilweise unterschiedlichen Auffassungen (Nachweise in 10 Ob 28/04x = SZ 2004/90; Neumayr in Schwimann, ABGB3 Rz 104 zu § 4 UVG) nicht weiter eingegangen zu werden braucht -, besteht Diskrepanz hinsichtlich der weiteren Frage, ob auch die in § 8 Abs 3 FLAG vorgesehene Geschwisterstaffelung (für zwei Kinder bzw ab einem dritten Kind) dazuzuzählen ist oder nicht. Während der 7. Senat in

seinen Entscheidungen 7 Ob 209/99g (JBl 2000, 389 = ÖA 2000, 71) und

7 Ob 200/02s (JBl 2003, 324 [abl Holzner] = ÖA 2003, 120; im

Rechtsmittel unrichtig als „2 Ob 200/02s" bezeichnet) auch diesen Erhöhungsbetrag unter den Begriff des „Grundbetrages" subsumierte, wurde dies vom 10. Senat zu 10 Ob 28/04x (SZ 2004/90) ausdrücklich abgelehnt. Der 10. Senat hat dabei nicht nur auf die aus der legislativen Entwicklung des § 8 FLAG samt darauf abzuleitender Tendenz des Gesetzgebers, mit den Erhöhungsbeträgen nach dessen Abs 2 und 3 „letztlich die Familie insgesamt zu fördern und nicht dem einzelnen Kind einen von der Zahl der Kinder als Beihilfenbezieher abhängigen 'Grundbetrag' zukommen zu lassen", sondern insbesondere auch auf den offenkundigen Unterschied der verba legalia des „Gesamtbetrages der Familienbeihilfe" in § 8 Abs 3 FLAG einerseits und des „Grundbetrags der Familienbeihilfe" in § 382a Abs 2 EO andererseits sowie das „dem Unterhaltsrecht sonst fremde Ergebnis, dass ein jüngeres Kind einen höheren vorläufigen Unterhalt erhalten würde als die älteren Geschwister" verwiesen. Es entspricht letztlich auch dem Willen des Gesetzgebers, mittels dieser besonderen einstweiligen Verfügung „nur den allernotwendigsten Unterhalt" zu sichern (Sailer in Burgstaller/Deixler, EO § 382a Rz 9). Der erkennende Senat folgt daher der Entscheidung des 10. Senates. Gerade die unterschiedlichen Gesetzesbegriffe lassen es - entgegen der Argumentation im Rechtsmittel - nicht „billig und systemkonform" erscheinen, „die an die staatliche Leistung gekoppelte Unterhaltspflicht im gleichen Ausmaß wie die staatliche Leistung selbst zuzuerkennen". Insoweit läge es ausschließlich am Gesetzgeber, diesbezüglich zu einer klärenden Begriffsharmonie zu finden. Dem Revisionsrekurs war damit ein Erfolg zu versagen.

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