OGH 7Ob209/99g

OGH7Ob209/99g13.10.1999

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Mag. Engelmaier als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schalich, Dr. Tittel, Hon. Prof. Dr. Danzl und Dr. Schaumüller als weitere Richter in der Exekutionssache der gefährdeten Partei mj Susanna (Szana) A*****, geboren am *****, vertreten durch ihre Mutter Milanka A*****, diese vertreten durch Steger & Schilchegger, Rechtsanwälte OEG in St. Johann im Pongau, wider den Gegner der gefährdeten Partei Goran A*****, vertreten durch Dr. Wolfgang Maria Paumgartner, Rechtsanwalt in Salzburg, wegen einstweiligem Unterhalt nach § 382a EO, infolge Revisionsrekurses der Minderjährigen gegen den Beschluß des Landesgerichtes Salzburg als Rekursgericht vom 21. April 1999, GZ 21 R 141/99b-39, mit dem der Beschluß des Bezirksgerichtes Werfen vom 9. Feber 1999, GZ 4 P 8/99g-24, bestätigt wurde, den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben. Die Beschlüsse der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, daß sie einschließlich des in Rechtskraft erwachenen Zuspruches insgesamt zu lauten haben:

Der Gegner der gefährdeten Partei ist verpflichtet, der gefährdeten Partei einen vorläufigen monatlichen Unterhaltsbeitrag von S 1.490 ab 28. 1. 1999 am Ersten eines jeden Monats im voraus die bisher fällig gewordenen Beträge innerhalb von 14 Tagen gemäß § 382a EO zu bezahlen.

Der Antrag auf Zuspruch von Revisionsrekurskosten wird abgewiesen.

Text

Begründung

Die mj Susanna A*****, geboren am *****, ist das eheliche Kind der Milanka A***** und des seit 1997 getrennt von seiner Gattin lebenden Goran A*****. Mit Beschluß des Bezirksgerichtes St. Johann im Pongau vom 3. 6. 1998 wurde die Obsorge für das Kind der Mutter, in deren Haushalt die Minderjährige auch betreut wird, allein übertragen. Der Vater wurde bisher noch nicht durch einen vollstreckbaren Unterhaltstitel zum Unterhalt für sein Kind verpflichtet. Am 28. 1. 1999 beantragte die Mutter namens des unterhaltsberechtigten Kindes, den Vater rückwirkend ab August 1997 zu monatlichen Unterhaltsleistungen von S 4.300 für die mj Susanna zu verpflichten; zugleich wurde auch die Gewährung vorläufigen Unterhalts gemäß § 382a EO für die Minderjährige in Höhe des "Grundbetrages" der Familienbeihilfe von derzeit S 1.675 begehrt. Der Vater habe von August 1997 bis zu seinem Verkehrsunfall zumindest ein monatliches Einkommen von netto S 21.500 bezogen. Seit seinem Verkehrsunfall am 5. 4. 1997 bekomme er einerseits ein monatliches Krankengeld von S 11.000 bzw Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung in dieser Höhe und habe gegenüber dem gegnerischen Haftplichtversicherer Anspruch auf Ersatz seines Verdienstenentganges.

Das Erstgericht verpflichtete den Vater mit einstweiliger Verfügung ab 28. 1. 1999 zu einer monatlichen Unterhaltsleistung von S 1425 und wies das Mehrbegehren ab. Der zuerkannte Betrag enspräche dem Grundbetrag der Familienbeihilfe, nach dem sich die vorläufige Unterhaltsleistung nach § 382a EO zu orientieren habe.

Das Rekursgericht bestätigte diesen Beschluß und erklärte den ordentlichen Revisionsrekurs für zulässig. Gemäß § 8 Abs 2 1. Satz FamLAG 1967 (in der Fassung Art XVI BGBl Nr I 79/1998) betrage seit 1. 1. 1999 die Familienbeihilfe für jedes Kind S 1.425. Ab Beginn des Kalendermonats, in dem Kind das 10. bzw 19. Lebensjahr vollendet, erhöhe sich die Familienbeihilfe um monatlich S 250 bzw weitere S 300 (§ 8 Abs 2 2. Satz leg cit). Das FamLAG kenne keinen "Grundbetrag der Familienbeihilfe". Aus dem Wort "Grundbetrag" sei allerdings zu erschließen, daß darin keine Zuschläge, daher auch kein Alterszuschlag, enthalten seien. Dementsprechend werde die in den Entscheidungen 8 Ob 552/91 und 4 Ob 508/96 vertretene Rechtsauffassung, daß neben dem Grundbetrag auch noch der Alterszuschlag bei der Ausmittlung des vorläufigen Unterhaltes nach § 382a EO zu berücksichtigen sei, nicht geteilt. Aus diesem Grunde werde der ordentliche Revisionsrekurs für zulässig erklärt.

Rechtliche Beurteilung

Der vom Kind erhobene Revisionsrekurs mit dem Antrag, den vorläufigen Unterhalt nach § 382a EO mit monatlich S 1.490 (offenbar seit Antragstellung) zu bestimmen, ist berechtigt.

Gemäß § 382a Abs 1 EO ist einem Minderjährigen vorläufiger Unterhalt gegenüber einem Elternteil, in dessen Haushalt er nicht betreut wird, zu bewilligen, wenn nicht bereits ein vollstreckbarer Unterhaltstitel vorliegt und ein Unterhaltsbemessungsverfahren anhängig ist oder gleichzeitig anhängig gemacht wird. Der vorläufige Unterhalt kann höchstens bis zum Grundbetrag der Familienbeihilfe nach dem Familienlastenausgleichsgesetz zuerkannt werden (Abs 2 leg cit). Das Vorbringen des Minderjährigen ist für bescheinigt zu halten, soweit sich aus den Pflegschaftsakten, die ihn betreffen, nichts anderes ergibt. Über den Antrag ist ohne Anhörung des Elternteils unverzüglich zu entscheiden (Abs 4 leg cit).

Dem Wortlaut des Familienlastenausgleichsgesetzes (FamLAG 1967) ist weder in der der vorliegenden Entscheidung zugrundeliegenden Fassung noch in der Fassung der Novelle im Rahmen des Budgetbegleitgesetzes 1998 BGBl I, 79 der Begriff "Grundbetrag" zu entnehmen. Dementsprechend vertreten die Entscheidungen 8 Ob 552/91 (EFSlg 66.623) und 4 Ob 508/96x (EFSlg 82.538) die Auffassung, daß unter "Grundbetrag" der Familienbeihilfe im Sinne des § 382a Abs 2 EO der Betrag zu verstehen ist, der einer Person als Familienbeihilfe für sein Kind zusteht und daß sich dementsprechend dieser Betrag auch nach dem Alter des Kindes zu richten hat. Dem wurde von Neumayr (in Schwimann, ABGB2 I § 4 UVG Rz 89) sowie von Schober (Der österreichische Rechtspfleger 1988 Heft 1, 30 ff) mit dem Hinweis widersprochen, daß allein aus dem Wort "Grundbetrag" zu erschließen sei, daß darin keine Zuschläge, also auch kein Alterszuschlag enthalten sei. Lediglich den Materialien zur letzten Novellierung (RV 1099 der Beilagen zu den stenographischen Protokollen des NR XX. GP

17) und dem Ausschußbericht (1161 der Beilagen zu den stenographischen Protokollen des NR XX. GP 3) ist zu entnehmen, daß der "Grundbetrag" seit 1990 nicht mehr an die jährliche Inflationsrate (Verbraucherpreisindex) angepaßt worden ist und dementsprechend auf monatlich S 1425 erhöht werde. Dazu vertritt der erkennende Senat die Auffassung, daß davon auszugehen ist, daß mit der Zuerkennung eines vorläufigen Unterhaltes nach § 382a EO dem antragstellenden Kind der allernotwendigste Unterhalt gesichert werden sollte und daß ein solcher mit dem Alter des Kindes (bzw auch bei gegebener Behinderung) ansteigt. Dem hat der Gesetzgeber auch mit der Einführung einer entsprechenden Altersstaffel entsprechend Rechnung getragen. Der Gebrauch nicht übereinstimmender Ausdrücke im § 382a EO und in FamLAG läßt daher nicht den Schluß zu, daß der "Grundbetrag", der ja den Mindestunterhalt für den Minderjährigen darstellt, bei einem über 10 Jahre (bzw behinderten) Kind nur mit monatlich S 1425 auszumitteln ist, weil der Gesetzgeber in anzunehmender Kenntnis der oben zitierten Rechtsprechung bei der Novellierung diesen Begriff nicht anders als von der zitierten Judikatur interpretiert wissen wollte. Unter dem Begriff "Grundbetrag" ist daher weiterhin in Fortsetzung der zitierten Judikatur der unter Einbeziehung des Alterszuschlages als Familienbeihilfe gewährte Betrag zu verstehen (vgl idS auch König, Einstweilige Verfügung, Rz 136 FN 52).

Im Verfahren über die Gewährung einstweiligen Unterhalts nach § 382a EO, in dem das Hauptverfahren ein außerstreitiges ist, besteht keine Kostenersatzpflicht (SZ 61/219).

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