OGH 7Ob200/02s

OGH7Ob200/02s9.9.2002

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schalich als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Danzl, Dr. Schaumüller, Dr. Hoch und Dr. Kalivoda als weitere Richter in der Pflegschaftssache der mj Daniel, geboren am 22. November 1994, mj Melanie, geboren am 19. Mai 1996, und mj Nathalie R*****, geboren am 6. April 1992, sämtliche *****, sämtliche in Obsorge ihres Vaters Thomas R*****, ebendort, die Kinder im Unterhaltsverfahren vertreten durch die Bezirkshauptmannschaft Freistadt, 4240 Freistadt, Promenade 5, über den Revisionsrekurs des Präsidenten des Oberlandesgerichtes Linz, gegen den Beschluss des Landesgerichtes Linz als Rekursgericht vom 22. Mai 2002, GZ 14 R 188/02v, 189/02s und 190/02p-20, womit infolge Rekurses des Präsidenten des Oberlandesgerichtes Linz die Beschlüsse des Bezirksgerichtes Freistadt vom 20. März 2002, GZ 1 P 86/01k-13-15, bestätigt wurden, in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Text

Begründung

Die drei aus dem Kopf der Entscheidung ersichtlichen Minderjährigen im Alter von 10 (Nathalie), 6 (Melanie) und noch nicht ganz 8 Jahren (Daniel) befinden sich derzeit in vorläufiger Obsorge des Vaters, nachdem die Mutter die Familie verlassen und zu Verwandten in die Niederlande verzogen ist. Mit einstweiliger Verfügung vom 11. 2. 2002 wurden den Kindern vom Erstgericht ab 1. 1. 2002 gemäß § 382a EO vorläufige Unterhaltsbeiträge von EUR 105,40 (Nathalie), EUR 130,90 (Melanie) und EUR 118,20 (Daniel) zuerkannt, mit weiteren - nunmehr verfahrensgegenständlichen - Beschlüssen vom 20. 3. 2002 schließlich idente Unterhaltsvorschüsse gemäß §§ 3, 4 Z 1 UVG für die Zeit vom 1. 3. 2002 bis 28. 2. 2005.

Dem hiegegen ausschließlich wegen Bestreitung der Aussichtslosigkeit einer Exekutionsführung gegen die Mutter in Holland erhobenen Rekurs des Präsidenten des Oberlandesgerichtes Linz wurde vom Rekursgericht keine Folge gegeben; die angefochtenen Beschlüsse wurden mit der Maßgabe bestätigt, dass die bewilligten Unterhaltsvorschüsse gemäß §§ 3, 4 Z 5 UVG gewährt werden (die diesbezüglichen Rechtsausführungen des Rekursgerichtes werden vom Revisionsrekurswerber ausdrücklich als richtig zugestanden, sodass deren Wiedergabe entbehrlich ist). Der ordentliche Revisionsrekurs wurde zunächst für nicht zulässig erklärt.

Der Präsident des Oberlandesgerichtes Linz beantragte hierauf gemäß § 14a AußStrG (samt Ausführung des ordentlichen Revisionsrekurses) die Abänderung des Nichtzulassungsausspruches im Umfange des monatlich EUR 105,40 übersteigenden Vorschussbetrages für die mj Kinder Daniel und Melanie im Sinne einer Abweisung der Gewährung von Unterhaltsvorschüssen jeweils ab 1. 3. 2002 hinsichtlich dieser Mehrbegehren.

Das Rekursgericht änderte hierauf seinen Ausspruch dahin ab, dass der ordentliche Revisionsrekurs doch zulässig sei, weil (wie vom Antragsteller zutreffend aufgezeigt werde) bislang keine oberstgerichtliche Rechtsprechung zur mit BGBl I 2001/68 eingeführten "Geschwisterstaffelung" im § 8 Abs 3 Familienlastenausgleichsgesetz (FamLAG) vorliege; auch zur Frage, ob ein Unterhaltsvorschuss gemäß § 4 Z 5 UVG im Falle eines überhöhten Titels in Titelhöhe oder (nur) in gesetzlicher Höhe zu bewilligen sei, fehle es an solcher Rechtsprechung. Da diesen Fragen jedoch Bedeutung über den Einzelfall hinaus zukomme, sei der ordentliche Revisionsrekurs zuzulassen.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist zulässig, jedoch nicht berechtigt. Vorauszuschicken ist, dass der Rechtsmittelwerber der im angefochtenen Beschluss des Rekursgerichtes vorgenommenen Vorschuss-(um-)gewährung anstatt nach den §§ 3, 4 Z 1 UVG nach §§ 3, 4 Z 5 leg cit "dem Grunde nach" ausdrücklich "nicht mehr entgegen tritt". Strittig ist vielmehr allein die Zuerkennung auch des "Geschwisterzuschlages" nach § 8 Abs 3 FamLAG nF zum Grundbetrag der Familienbeihilfe im Sinne der § 382a Abs 2 EO, § 4 Z 5 UVG; da es sich nicht um einen altersbedingten Erhöhungszuschlag, sondern um einen an der Kinderzahl orientierten Zuschlag handle, der nicht dem einzelnen Kind, sondern dem gesamten Haushalt schlechthin zugute komme, sei er - wie schon zu 8 Ob 552/91 judiziert worden sei - nicht zu berücksichtigen.

Hiezu ist folgendes zu erwidern:

Nach § 382a Abs 2 EO kann vorläufiger Unterhalt "höchstens bis zum Grundbetrag der Familienbeihilfe nach dem FamLAG bewilligt werden". Weder der Stammfassung dieses Gesetzes (BGBl 1967/376) noch der Novelle im Rahmen des Budget-Begleitgesetzes (BGBl I 1998/79) noch schließlich der jüngsten Novelle BGBl I 2001/68 ist der Begriff "Grundbetrag", geschweige denn eine nähere Umschreibung desselben zu entnehmen. Allerdings vertritt der Oberste Gerichtshof seit jeher die Auffassung, dass unter "Grundbetrag" der Familienbeihilfe im Sinne des § 382a Abs 2 EO jener Betrag zu verstehen ist, der einer Person als Familienbeihilfe insgesamt für sein Kind zusteht und dass sich dieser Betrag dementsprechend jedenfalls etwa auch nach dem Alter des Kindes (sohin einschließlich "Alterszuschlag") zu richten hat (8 Ob 552/91; 4 Ob 508/96x; 7 Ob 209/99g auch mit ausdrücklicher Ablehnung einzelner Lehrmeinungen im Schrifttum). Es ist nicht anzunehmen, dass dem Gesetzgeber bei seiner jüngsten oben zitierten Novellierung diese Rechtsprechung verborgen geblieben ist, vielmehr ist davon auszugehen, dass er diese seinem Änderungswillen als Selbstverständlichkeit zugrunde gelegt hat. Nach Auffassung des erkennenden Senates ist daher auch der vom Rechtsmittelwerber als "Mehrkindzuschlag" bzw "Geschwisterstaffelung" (so auch die RV 594 BlgNR 21. GP, 4) bezeichnete Erhöhungsbetrag laut § 8 Abs 3 FamLAG unter den Begriff "Grundbetrag" zu subsumieren. Dies ergibt sich schon daraus, dass die nach dieser Gesetzesstelle (neu) eingeführten und vom Oberlandesgericht-Präsidenten zur Herausrechnung reklamierten Staffelbeträge nach dem klaren Wortlaut zum "Gesamtbetrag der Familienbeihilfe" zu zählen und demgemäß auch vom Sicherungszweck des § 382a EO erfasst sind. Dass dies - entgegen der bisherigen Rechtsprechung - bei der "Geschwisterstaffelung" anders sein sollte, ist auch den Materialien zur zitierten Novelle nicht zu entnehmen, sondern vielmehr - geradezu gegenteilig - dort ausdrücklich festgehalten, dass sich die Höhe der Familienbeihilfe "wie bisher" aus dem Alter und der Anzahl der Kinder errechne (RV aaO 4). Damit ist aber dem Revisionsrekurs ein Erfolg zu versagen.

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