OGH 7Ob156/07b

OGH7Ob156/07b29.8.2007

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch die Senatspräsidentin des Obersten Gerichtshofes Dr. Huber als Vorsitzende und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Danzl, Dr. Schaumüller, Dr. Hoch und Dr. Kalivoda als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Gerlinde M*****, vertreten durch Ferner Hornung & Partner Rechtsanwälte GmbH in Salzburg, gegen die beklagten Parteien 1. Q***** KG, *****, vertreten durch Dr. Michael Wonisch und Dr. Hansjörg Reiner, Rechtsanwälte in Salzburg, und 2. Z*****-Aktiengesellschaft, *****, vertreten durch Walch & Zehetbauer Rechtsanwälte OEG in Wien, und der Nebenintervenientin auf Seiten der Erstbeklagten L***** GmbH, *****, vertreten durch Dr. Bernd Fritsch und andere Rechtsanwälte in Graz, wegen Leistung von Rechnungseinheiten (Streitwert EUR 1.440), hilfsweise Herausgabe hinsichtlich der Erstbeklagen und EUR 12.220 sA, hinsichtlich der Zweitbeklagten, über die Revision der Zweitbeklagten gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgericht vom 2. Mai 2007, GZ 1 R 183/06x-70, mit dem das Zwischenurteil des Landesgerichtes Salzburg vom 31. Mai 2006, GZ 10 Cg 77/03m-62, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die Zweitbeklagte ist schuldig, der Klägerin die mit EUR 749,70 (darin enthalten EUR 124,95 Umsatzsteuer) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Begründung

Rechtliche Beurteilung

Gemäß § 510 Abs 3 letzter Satz ZPO kann sich die Zurückweisung einer ordentlichen Revision wegen Fehlens einer erheblichen Rechtsfrage (§ 502 Abs 1 ZPO) auf die Ausführung der Zurückweisungsgründe beschränken.

Das Berufungsgericht hat die ordentliche Revision betreffend das gegen die Zweitbeklagte gerichtete Zahlungsbegehren von EUR 12.220 sA mit der Begründung für zulässig erklärt, in der Judikatur des Obersten Gerichtshofs habe ein vergleichbarer Fall zu Art 17 Abs 4 lit b CMR nicht aufgefunden werden können. Entgegen diesem - den Obersten Gerichtshof gemäß § 508a Abs 1 ZPO nicht bindenden - Ausspruch des Berufungsgerichtes ist die von der Zweitbeklagten gegen die Entscheidung der zweiten Instanz erhobene Revision mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO nicht zulässig.

Die Begründung eines Zulässigkeitsausspruchs, wonach eine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes zu einem vergleichbaren Sachverhalt fehle, ist letztlich eine Scheinbegründung. Genügte nämlich für die Zulässigkeit einer Revision bereits das Fehlen einer höchstgerichtlichen Entscheidung zu einem vergleichbaren Fall, dann müsste der Oberste Gerichtshof in vielen Fällen die Sachentscheidung fällen, obgleich sie in Wahrheit keine erhebliche Rechtsfrage, sondern nur die Einzelfallgerechtigkeit berührende Wertungsfragen aufwirft (RIS-Justiz RS0122015; vgl RS0107773 und RS0102181).

Die Revisionswerberin vertritt die Ansicht, der Zulassungsausspruch des Berufungsgerichts sei deshalb berechtigt, weil der Rechtsfrage, ob eine Transportverpackung beim Sammelgutverkehr ohne gesonderte Vereinbarung für eine kippsichere Manipulation mittels Gabelstaplern auszulegen sei, über diesen Rechtsstreit hinausreichende Bedeutung zukomme. Diese Frage muss bei der Lösung des vorliegenden Rechtsfalls aber gar nicht beantwortet werden:

Zutreffend betont die Revisionswerberin selbst, dass sich Art und Umfang einer im Sinne des § 6 Abs 2 lit g der (dem Versicherungsvertrag mit der Zweitbeklagten zugrundegelegten) Allgemeinen Österreichischen Transportversicherungs-Bedingungen (AÖTB 1988 idF 1992) „transportgerechten" Verpackung nicht etwa nach Verkehrs- oder Handelsüblichkeit richten, sondern nach den Erfordernissen der vereinbarten Beförderung. Die Frage, ob Verpackungsmängel im Sinn der genannten Bestimmung oder des Art 17 Abs 4 lit g CMR vorliegen, hängt demnach - ebenso wie die für die Anwendbarkeit der letztgenannten Bestimmung maßgebliche Frage der Verpackungsbedürftigkeit (RIS-Justiz RS0073720) - von den Umständen des konkreten Einzelfalls, insbesondere auch von den betreffenden Vereinbarungen ab.

Es steht fest, dass der Erstbeklagten anlässlich des Auftrags, den Großformatdrucker zu einem Kunden der Klägerin zu transportieren, mitgeteilt wurde, dass der - bereits zusammengebaute - Drucker keinesfalls mit einem Gabelstapler abgeladen werden solle; das (auf vier Rollen stehende) Gerät dürfe nur geschoben werden, da es hoch empfindlich sei. Diese Weisung wurde von der Erstbeklagten auch ihren Subfrächtern (deren Verhalten ihr zuzurechnen ist) weitergegeben, schließlich aber nicht befolgt; der Drucker kippte vom Gabelstapler, fiel etwa 40 bis 50 cm zu Boden und wurde dadurch beschädigt.

Angesichts der Weisung, das Gerät keinesfalls („ja nicht") mit einem Gabelstapler zu transportieren, sind Überlegungen, ob eine Transportverpackung ohne gesonderte Vereinbarung für eine kippsichere Manipulation mittels Gabelstaplern auszulegen sei, müßig. Bestand doch eben eine „gesonderte Vereinbarung", die einen Gabelstaplertransport untersagte. Durfte der hochempfindliche Drucker von der Erstbeklagten und deren Gehilfen mit einem Gabelstapler gar nicht abgeladen werden, muss der Einwand der Beklagten, das Gerät sei im Sinne des Art 17 Abs 4 lit b CMR oder des § 6 Abs 2 lit g AÖTB mangelhaft verpackt gewesen, weil es aufgrund der Verpackung nicht zum Transport mit einem Gabelstapler geeignet gewesen sei, ins Leere gehen. Ohne dass sich eine erhebliche Rechtsfrage stellte, liegt damit auf der Hand, dass die schon von den Vorinstanzen verworfenen Einwände der Haftungsbefreiung nach Art 17 Abs 4 lit b CMR und eines Risikoausschlusses nach § 6 Abs 2 lit g AÖTB nicht stichhältig sein können. Ist aber keine Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung iSd § 502 Abs 1 ZPO zu beantworten, muss die Revision der Zweitbeklagten zurückgewiesen werden.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 41 und 50 ZPO. Die Klägerin hat in der Revisionsbeantwortung auf die Unzulässigkeit des Rechtsmittels ihrer Prozessgegnerin ausdrücklich hingewiesen. Der verzeichnete Streitgenossenzuschlag (§ 15 RATG) steht der Klägerin nicht zu, da ihr im Revisionsverfahren allein die Zweitbeklagte gegenüberstand (vgl 9 ObA 49/04b; Obermaier, Das Kostenhandbuch Rz 544).

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