OGH 2Nc17/07h

OGH2Nc17/07h7.8.2007

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Baumann als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Danzl und Dr. Veith als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei D*****, vertreten durch Dr. Günther Romauch und Dr. Thomas Romauch, Rechtsanwälte in Wien, gegen die beklagte Partei U*****, vertreten durch Dr. Elisabeth Messner, Rechtsanwältin in Wien, wegen EUR 4.463,09 sA und Feststellung, infolge Delegierungsantrags der beklagten Partei den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Zur Verhandlung und Entscheidung der Rechtssache wird das Bezirksgericht Thalgau bestimmt.

Text

Begründung

Der am 27. 4. 2007 am allgemeinen Gerichtsstand der beklagten Versicherung beim Bezirksgericht Leopoldstadt eingebrachten Klage liegt das Regressbegehren eines Haftpflichtversicherers zu Grunde. Danach habe die Klägerin als Haftpflichtversicherer eines Klein-Lkws, dessen Lenker am 8. 2. 2005 in Faistenau im Bundesland Salzburg bei Winterglätte trotz Bremsung nicht rechtzeitig vor der Haltelinie einer bevorrangten Landesstraße anhalten habe können, sondern (nur) einen Meter in deren Fahrbahn geraten sei, wodurch der Lenker eines bei der Beklagten haftpflichtversicherten Lkws überreagierend in den Gegenverkehrsbereich ausgelenkt habe und dort mit einem hiebei schwerverletzten Pkw-Lenker kollidiert sei, bisher EUR 13.389,30 an den Verletzten geleistet; zu einem Drittel habe jedoch die beklagte Partei hiefür im Rahmen des sog Ausgleichsregresses einzustehen. Demgemäß werde ein Betrag von EUR 4.463,09 sA begehrt; wegen der auch für die Zukunft zu gewärtigenden Folgezahlungen wurde darüber hinaus auch ein entsprechendes Feststellungsbegehren erhoben. Die beklagte Partei bestritt das Klagebegehren wegen Alleinverschuldens des Lenkers des bei der klagenden Partei haftpflichtversicherten Lkws; diese sei auch selbst vom Alleinverschulden des Genannten ausgegangen, habe sie doch den Schaden am bei der Beklagten haftpflichtversicherten Lkw bereits längst zur Gänze ersetzt. Darüber hinaus beantragte die beklagte Partei die Delegierung der Rechtssache an das Bezirksgericht des Unfallortes, sohin das Bezirksgericht Thalgau, da in der gegenständlichen Unfallsache die Bestellung eines kraftfahrzeugtechnischen Sachverständigen „aus der räumlichen Umgebung der Unfallstelle" sowie ein Ortsaugenschein erforderlich sein würden. Die Bestellung eines Wiener Sachverständigen samt Anreise sei aus Kostengründen unzweckmäßig. Die Anreise der Wiener Richter und Sachverständigen zu einem Ortsaugenschein nach Salzburg wäre „jedenfalls völlig unökonomisch" und im Falle einer Delegierung das Verfahren „evident rascher und mit wesentlich geringerem Kostenaufwand im Sprengel des Unfallortes abzuwickeln". Die klagende Partei sprach sich gegen die beantragte Delegierung aus. Angesichts des in dieser Unfallsache bereits abgeführten Strafverfahrens beim Bezirksgericht Thalgau scheine es nicht erforderlich, nochmals Vermessungen vor Ort zu tätigen bzw einen Sachverständigen aus der räumlichen Umgebung der Unfallstelle zu bestellen; derartige Berechnungen seien auch einem Sachverständigen aus dem Sprengel des Erstgerichtes „zumutbar". Sowohl beide Parteien als auch deren Vertreter hätten ihre Sitze in Wien. Das Erstgericht hält die Delegierung für zweckmäßig, weil sämtliche bisher beantragten Zeugen im Sprengel bzw in unmittelbarer Nähe des Sprengels des Bezirksgerichtes Thalgau wohnhaft seien, daher zur Einvernahme nach Wien fahren müssten und auch nicht ausgeschlossen werden könne, dass die Durchführung eines Lokalaugenscheins erforderlich sein werde; es sei davon auszugehen, dass die Einholung eines verkehrstechnischen Sachverständigengutachtens notwendig sein werde.

Rechtliche Beurteilung

Wenn eine der Parteien dem Antrag auf Delegierung widerspricht, kommt eine solche nach ständiger Rechtsprechung nur bei besonders klar erkennbarer Zweckmäßigkeit in Frage (2 Nc 34/03b; 2 Ob 12/06p; 2 Nc 8/06h; 5 Nc 13/06s; Ballon in Fasching/Konecny ZPO² Rz 6 zu § 31 JN); wenn sich die Frage der Zweckmäßigkeit nicht eindeutig zu Gunsten einer der Parteien lösen lässt und eine Partei der Delegierung widersprochen hat, ist sie grundsätzlich abzulehnen (Mayr in Rechberger, ZPO³ Rz 4 zu § 31 JN; 7 Nc 13/04b; 9 Nc 5/04s; 9 Nc 28/04y). Allerdings entspricht es ebenfalls der ständigen Rechtsprechung, dass in Verkehrsunfallsachen es generell zweckmäßig und sinnvoll ist, diese bei jenem Gericht durchzuführen, in dessen Sprengel sich der Unfall ereignete (RIS-Justiz RS0046149; zuletzt 2 Nc 6/07s; vgl auch § 20 EKHG und § 92a JN).

Diese letztgenannten Grundsätze haben auch für die hier zu beurteilende Rechtssache zu gelten. Da nicht nur die Höhe des geltend gemachten Regressanspruches, sondern insbesondere die Haftung der Regressbeklagten auch dem Grunde nach strittig ist, ist es unvermeidlich, zum Unfallhergang und damit zu den Fahrweisen der einzelnen unfallbeteiligten Fahrzeuglenker Beweise aufzunehmen und Feststellungen zu treffen. Sämtliche beteiligten Lenker und demgemäß bisher von den Parteien beantragten Zeugen haben jedoch nach der Aktenlage ihre Wohnsitze im Sprengel bzw Nahbereich des unfallörtlich zuständigen Bezirksgerichtes Thalgau, also in beträchtlicher Entfernung vom derzeitigen Prozessgericht in Wien. Auch der bereits beantragte kraftfahrzeugtechnische Sachverständige wird prozessökonomisch billiger vom Gericht des Unfallortes zu bestellen sein.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Stichworte