Spruch:
Der Revision wird Folge gegeben.
Das angefochtene Urteil wird dahin abgeändert, dass es zu lauten hat:
„Das Klagebegehren, die beklagte Partei sei schuldig, es zu unterlassen, sich der Kurzbezeichnung „VKI" für sich und ihre Tätigkeit zu bedienen, und die unter der Anmeldung 7938/2004 beim Österreichischen Patentamt registrierte Marke „VKI-VATER KIND INITIATIVE" löschen zu lassen, wird abgewiesen.
Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 1.656,06 EUR bestimmten Kosten des Verfahrens (darin 276,01 EUR USt) binnen 14 Tagen zu ersetzen".
Die klagende Partei ist weiters schuldig, der beklagten Partei die mit 2.541,90 EUR bestimmten Kosten des Rechtsmittelverfahrens (darin 423,65 EUR USt) binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Der Kläger, der sich auch in seinen Statuten der Abkürzung VKI bedient, ist eine gemeinnützige, nicht auf Gewinn zielende Verbraucherorganisation zur Beratung der Allgemeinheit über Eigenschaften und Kaufbedingungen von Konsumgütern und Leistungen, die für Konsumenten erbracht werden. Er darf zur Erfüllung seines Zwecks insbesondere nachstehende Tätigkeiten entwickeln: mündliche und schriftliche Einzelauskünfte, Rechtsberatung, Herausgabe von Printmedien, Produktion von Filmen, Rundfunk- und Fernsehsendungen, Untersuchungen und Tests von Konsumgütern unter anderem in Form von Forschungsprojekten, Führung einer autorisierten Prüfanstalt, Förderung der Deklaration von Waren und Dienstleistungen. Der Kläger vertritt als Konsumentenschutzorganisation seit über 40 Jahren die Interessen der Konsumenten, er ist der Objektivität verpflichtet und nicht gewinnbringend orientiert. Das Serviceangebot reicht von der Herausgabe des Testmagazins „Konsument" sowie zahlreicher Publikationen über persönliche und telefonische Beratung bis zu Vorträgen und Seminaren. Auch in seinem Geschäftsbericht bezeichnet sich der Kläger selbst als VKI. Bereits im Jahr 1983 wurde er in diversen Publikationen so bezeichnet. In einem Folder aus 1974 scheint diese Kurzbezeichnung bereits auf, in allen Fällen klar und unübersehbar. Auch in der APA-Datenbank scheint der Kläger unter VKI auf.
Der Kläger wird in Österreich als primäre Interessenvertretung der Konsumenten wahrgenommen, sowohl das Magazin „Konsument" als auch die persönliche und telefonische Beratung, Sammelklagen, Musterprozesse und Vorträge sind bekannt. Er ist die prägendste Institution im Konsumentenschutz, er wird als kompetent, unabhängig und objektiv angesehen. Der Bekanntheitsgrad ist sehr hoch und liegt an dritter Stelle aller in eine Marktforschungsuntersuchung einbezogenen Einrichtungen (nach Arbeiterkammer und Hörfunksendungen), mehr als die Hälfte der Österreicher kennen das Testmagazin „Konsument". Der Kläger versucht - immer auch mit der Abkürzung VKI -, durch zahlreiche Musterprozesse und Verbandsklagen verbraucherfreundliche Entscheidungen zu erwirken. Der Kläger nahm im Jahr 2004 72.602 EUR für Expertenhotlines, 65.670 EUR für persönliche Beratung, 9.970 EUR aus Kostenbeiträgen für Seminare und Infoabende sowie Schulungen und andere Vorträge ein. Darüber hinaus erzielte er weitere Einnahmen aus Versicherungsvergleichen, Kreditnachberechnungen, Fonds-Information, für die Herausgabe der Konsumentenrecht-Entscheidungssammlung sowie eines Handbuchs zum Zinsenstreit.
Der Beklagte ist ein Verein, der gemeinnützige Zwecke, wie Förderung des Zusammenschlusses aller Österreicher auf vollkommen überparteilicher Basis, verfolgt. Zur Verwirklichung seiner Ziele ist er insbesondere zu Öffentlichkeitsarbeit und Werbung, Einflussnahme auf Gesetze, Verordnungen, Verfügungen, Zusammenarbeit mit den gesetzgebenden Körperschaften, Vereinen mit ähnlichen Zielsetzungen sowie mit den Sozialpartnern berechtigt. Die Satzung ermächtigt ihn weiters zur Abhaltung vereinsinterner, sportlicher, fachlich orientierter, sonstiger einschlägiger, wie auch gesellschaftlicher Veranstaltungen für und im Interesse der Mitglieder; zur Schaffung sozialer Einrichtungen, sowie zur Erteilung von Auskünften und Beratung der Mitglieder in allen Fragen.
Der Beklagte ließ am 16. Dezember 2004 die Wortbildmarke „VIK-VATER KIND INITIATIVE" registrieren, „VKI" ist blau unterlegt. Die Registrierung erfolgte unter anderem in der Klasse 41 (Erziehung, Ausbildung, Unterhaltung, sportliche und kulturelle Aktivitäten) und 42 (wissenschaftliche und technologische Dienstleistungen und Forschungsarbeiten und diesbezügliche Designerleistungen, Entwurf und Entwicklung von Computerhardware und -software, Rechtsberatung und Vertretung).
Der Kläger begehrt, die Beklagte zu verpflichten, es zu unterlassen, sich der Kurzbezeichnung „VKI" für sich und ihre Tätigkeiten zu bedienen, und die registrierte Marke „VIK-VATER KIND INITIATIVE" löschen zu lassen. Zwischen den Streitteilen bestehe ein Wettbewerbsverhältnis. Durch die Wortbildmarke des Beklagten entstehe Verwechslungsgefahr oder Zuordnungsverwirrung, zumindest ein Teil des Publikums glaube, der Kläger habe mit der Marke etwas zu tun. Der Beklagte handle im geschäftlichen Verkehr, dies allein schon dadurch, dass er für sich eine Marke für durchwegs geschäftliche Tätigkeiten registrieren lasse. Er verstoße gegen § 9 UWG und § 43 ABGB. Der Beklagte beantragt, das Klagebegehren abzuweisen. Es bestehe keine Verwechslungsgefahr, weil er gänzlich andere Dienstleistungen anbiete als der Kläger. Die beiden Zeichen unterschieden sich wesentlich voneinander.
Das Erstgericht gab dem Klagebegehren zur Gänze statt. Der Buchstabenkombination VKI komme Unterscheidungskraft zu, sie genieße daher Schutz nach § 9 Abs 1 UWG. Die Wortbildmarke „VKI-VATER KIND INITIATIVE" sei in ihrer Gesamtheit mit der Kurzbezeichnung VKI des Klägers in höchstem Maße verwechslungsfähig. Der Kläger werde überdies durch den unbefugten Gebrauch der Abkürzung in seinem Namensrecht beeinträchtigt. Als Folge des ungerechtfertigten Gebrauchs sei auch die Löschung der Marke anzuordnen. Das Berufungsgericht bestätigte die Klagestattgebung und sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 4.000 EUR, nicht aber 20.000 EUR übersteige und die ordentliche Revision mangels Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs zur Frage zulässig sei, ob „die Benützung einer Marke schon einen kennzeichenmäßigen Gebrauch darstellt". Der überwiegende Teil der Bevölkerung assoziiere die Marke des Beklagten gerade in der Verbindung mit „Vater und Kind" mit einer Beteiligung des Klägers. Die Aufgabengebiete der Streitteile überschnitten sich teilweise, ein Wettbewerbsverhältnis sei anzunehmen, die Verwechslungsgefahr hoch. Schon die Registrierung einer Marke falle unter den Begriff „Benutzung" nach § 10a MSchG. Die Registrierung einer Marke, die evidentermaßen ältere Markenrechte angreife, sei nach Art 4 MarkenRL unzulässig. Nach Art 8 GMV könne der Inhaber einer älteren Marke gegen die Eintragung einer verwechslungsfähigen Marke Widerspruch erheben. Legte man § 10a MSchG dahin aus, dass die Marke mit der Registrierung noch nicht verwendet werde, wäre der Inhaber älterer Marken nach dem Markenschutzgesetz weniger geschützt als nach der Gemeinschaftsmarkenverordnung. § 10a MSchG sei daher dahin auszulegen, dass die Marke schon mit der bloßen Registrierung benutzt werde. Auch die Registrierung einer Domain sei eine Markennutzung. Jedenfalls wäre aber eine vorbeugende Unterlassungsklage zulässig.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision des Beklagten ist zulässig und berechtigt. Der Oberste Gerichtshof hat bereits in der E 4 Ob 47/88 = MR 1988, 207 - Österreich-Bild ausgesprochen, dass weder durch die Anmeldung noch durch die Veröffentlichung der registrierten Marke im österreichischen Patent- und Markenregister im geschäftlichen Verkehr Waren oder Dienstleistungen unter dieser Marke „angeboten, angekündigt oder in Verkehr gebracht werden". Daran ist auch nach geltender Rechtslage festzuhalten.
Aus der Anmeldung der Marke allein ergibt sich weder, welchen konkreten kennzeichenmäßigen Gebrauch der Beklagte vor hat, noch, dass eine solche Benützung unmittelbar bevorstünde. § 33a MSchG sieht vielmehr einen „aufgeschobenen Gebrauchszwang" vor, demnach auch die Möglichkeit, eine registrierte Marke durch fünf Jahre hindurch ohne Löschungsgefahr nicht zu benützen. Es ist daher nicht nur möglich, dass jemand eine Marke für sich registrieren lässt, obwohl er diese erst in weiterer Zukunft tatsächlich zu benützen plant (Vorratsmarke). Die Anmeldung der Marke für sich allein lässt nicht einmal den Schluss zu, dass eine künftige Verwendung überhaupt beabsichtigt ist (Defensivmarke; 4 Ob 47/88). Es fehlen daher auch die Voraussetzungen für eine vorbeugende Unterlassungsklage. Eine vorbeugende Unterlassungsklage ist nur zulässig, wenn eine Rechtsverletzung unmittelbar drohend bevorsteht (4 Ob 385/80 = SZ 53/147; 6 Ob 226/05m; RIS-Justiz RS0009357). Davon kann bei der bloßen Markenanmeldung und -registrierung keine Rede sein. Der Kläger macht geltend, der Inhaber eines älteren Zeichens müsse gegen eine in seine Rechte eingreifende Markenanmeldung schon aufgrund der bloßen Markenanmeldung und -registrierung vorgehen können, weil das österreichische Markenrecht kein Widerspruchsverfahren kennt. Er übersieht dabei, dass in die schutzwürdigen Interessen des Inhabers der älteren Rechte regelmäßig erst durch die Nutzung der Marke im geschäftlichen Verkehr eingegriffen wird, weil erst dadurch die Gefahr von Verwechslungen oder einer Zuordnungsverwirrung hervorgerufen werden kann. Ob eine Marke mit der bloßen Registrierung als Internetdomain im Sinne des § 10a MSchG benutzt wird, ist für den vorliegenden Fall ohne Bedeutung. Dass der Beklagte den Wortteil seiner Wortbildmarke ganz oder teilweise als Domain hätte registrieren lassen, ist weder behauptet noch festgestellt. Der Oberste Gerichtshof hat im Übrigen schon wiederholt ausgesprochen, dass bei der Beurteilung der durch die Registrierung einer Marke als Domain begründeten Verwechslungsgefahr auf den Inhalt der Website abzustellen ist und die Registrierung allein nicht genügt (4 Ob 327/00t = ÖBl 2001, 225 - cyta.at ua; zuletzt 4 Ob 229/06i; RIS-Justiz RS0114773). Mangels Benutzungshandlung braucht auf die Frage nicht eingegangen zu werden, ob überhaupt Verwechslungsgefahr besteht.
Da der Kläger lediglich die Registrierung der Marke und keinen darüber hinausgehenden Gebrauch im geschäftlichen Verkehr behauptet hat, lässt sich der vom Kläger erhobene Unterlassungs- und Beseitigungsanspruch auch nicht aus § 43 ABGB ableiten. Die Verwendung der den Kläger bezeichnenden Buchstabenkombination bloß bei der Markenanmeldung vermag die vom Kläger befürchtete Zuordnungsverwirrung (noch) nicht hervorzurufen. Ein Eingriff in das Namensrecht des Klägers liegt daher schon aus diesem Grund nicht vor. Die Unterlassung- und Löschungsklage musste erfolglos bleiben. Die Kostenentscheidung beruht auf § 41 ZPO; hinsichtlich des Rechtsmittelverfahrens iVm § 50 ZPO. Ein aus ausschließlich in der Sphäre des Beklagten liegenden Gründen gestellter Vertagungsantrag ist nicht zu honorieren.
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