Spruch:
Die Akten werden dem Erstgericht zurückgestellt.
Text
Begründung
Die klagende Partei begehrte von den beklagten Parteien im Regressweg anteiligen Ersatz der von ihr als Haftpflichtversicherer eines dritten Haftpflichtigen im Zusammenhang mit einem tödlichen Unfall erbrachten Leistungen in Höhe von zuletzt EUR 38.155,03 sA. Des weiteren stellte sie ein Feststellungsbegehren, das sie mit EUR 200 bewertete.
Das Erstgericht erkannte die Klagsforderung mit EUR 33.531,84 und die eingewendete Gegenforderung mit EUR 9.831 als zu Recht bestehend und verpflichtete die beklagten Parteien zur ungeteilten Hand zur Zahlung von EUR 23.700,84 sA an die klagende Partei. Es gab ferner dem Feststellungsbegehren zur Hälfte statt und wies das auf EUR 14.454,13 sA lautende Leistungs- sowie das Feststellungsmehrbegehren (rechtskräftig) ab.
Während die zweitbeklagte Partei den stattgebenden Teil dieser Entscheidung im vollen Umfang bekämpfte, begehrte der Erstbeklagte dessen Abänderung nur im Sinne der Verminderung des Zuspruches an die klagende Partei um EUR 16.765,92 auf EUR 6.934,92 sA sowie der Feststellung der Haftung für künftige Schäden im Ausmaß von 25 %. Das Berufungsgericht gab der Berufung nur hinsichtlich der zweitbeklagten Partei Folge und bestätigte die den Erstbeklagten betreffenden Aussprüche im angefochtenen Urteil der ersten Instanz. Es sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstandes „insgesamt nicht EUR 20.000" übersteige und die ordentliche Revision nicht zulässig sei.
Der Erstbeklagte brachte innerhalb der ihm zur Bekämpfung des Berufungsurteiles offenstehenden Rechtsmittelfrist am selben Tag beim Erstgericht zwei inhaltsgleiche Rechtsmittelschriftsätze ein, die er als „Antrag gemäß § 508 Abs 1 ZPO und ordentliche Revision" sowie als „außerordentliche Revision" bezeichnete. In der „außerordentlichen Revision" bemängelte er den Bewertungsausspruch des Berufungsgerichtes und vertrat die Ansicht, dass der Oberste Gerichtshof an die offenkundige Fehlbewertung des Feststellungsbegehrens nicht gebunden sei. Insgesamt sei von einem EUR 20.000 übersteigenden Entscheidungsgegenstand auszugehen, weshalb die außerordentliche Revision zulässig sei.
Mit Beschluss vom 12. 4. 2007 wies das Berufungsgericht den ihm vorgelegten Antrag auf Abänderung seines Zulassungsausspruches samt der damit verbundenen Revision zurück. Dieser Beschluss wurde dem Erstbeklagten am 24. 4. 2007 zugestellt. Ein Rekurs wurde nach der Aktenlage nicht erhoben.
Rechtliche Beurteilung
Nunmehr legt das Erstgericht die Akten dem Obersten Gerichtshof zur Entscheidung über die „außerordentliche Revision" vor. Diese Aktenvorlage ist verfehlt.
Gemäß § 502 Abs 3 ZPO ist die Revision - außer im Fall des § 508 Abs 3 ZPO - jedenfalls unzulässig, wenn der Entscheidungsgegenstand an Geld oder Geldeswert zwar EUR 4.000, nicht aber insgesamt EUR 20.000 übersteigt und das Berufungsgericht die ordentliche Revision nach § 500 Abs 2 Z 3 ZPO für nicht zulässig erklärte.
Nach dem (wohl nur auf den Erstbeklagten bezogenen) Bewertungsausspruch des Berufungsgerichtes gemäß § 500 Abs 2 Z 1 ZPO überstieg der Wert des Entscheidungsgegenstandes, wie sich aus der Höhe des in zweiter Instanz gegenüber dem Erstbeklagten noch streitverfangenen Leistungsbegehrens ergibt, zwar EUR 4.000, nicht aber „insgesamt", das heißt unter Einbeziehung des vom Anfechtungsumfang erfassten Teiles des Feststellungsbegehrens, EUR 20.000.
Damit stand dem Erstbeklagten grundsätzlich nur die Möglichkeit offen, gemäß § 508 Abs 1 und 2 ZPO den beim Erstgericht einzubringenden Antrag an das Berufungsgericht zu stellen, dieses möge seinen Ausspruch dahin abändern, dass die ordentliche Revision doch für zulässig erklärt werde, und mit demselben Schriftsatz die ordentliche Revision auszuführen.
Die Frage, ob dem Berufungsgericht im vorliegenden Fall eine offenkundige Unterbewertung des Entscheidungsgegenstandes unterlaufen ist, die, weil in einem solchen Fall der Bewertungsausspruch für den Obersten Gerichtshof ausnahmsweise nicht bindend ist (4 Ob 61/04f = EvBl 2004/180; 4 Ob 22/07y ua; RIS-Justiz RS0042515 [T7 bis 10]; Zechner in Fasching/Konecny² IV/1 § 502 ZPO Rz 155 mwN), unter Umständen zur Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision führen könnte, ist aus folgenden Gründen nicht relevant:
Der in ständiger Rechtsprechung vertretene Grundsatz der Einmaligkeit des Rechtsmittels besagt, dass eine Partei innerhalb der Rechtsmittelfrist nur eine einzige Rechtsmittelschrift gegen die gleiche Entscheidung einbringen darf. Weitere Rechtsmittelschriften sind auch dann unzulässig, wenn sie innerhalb der gesetzlichen Frist eingebracht werden (RIS-Justiz RS0041666). Eine Ausnahme von diesem Grundsatz besteht aber nach ständiger Rechtsprechung für weitere Rechtsmittelschriften, Nachträge oder Ergänzungen dann, wenn diese am selben Tag wie der erste Rechtsmittelschriftsatz bei Gericht einlangen (3 Ob 206/06z mwN; 7 Ob 49/07t; Zechner aaO § 505 ZPO Rz 11; E. Kodek in Rechberger, ZPO³ vor § 461 Rz 12). Die mehreren Rechtsmittelschriftsätze sind dann als einheitliches Rechtsmittel anzusehen (vgl insbesondere 7 Ob 27/00x zu dem auch hier vorliegenden Fall einer jeweils am selben Tag eingebrachten ordentlichen und außerordentlichen Revision; 3 Ob 206/06z; Zechner aaO). Das Berufungsgericht hat dieses (einheitliche) Rechtsmittel des Erstbeklagten als ordentliche Revision behandelt und diese gemeinsam mit dem Antrag nach § 508 Abs 1 ZPO mit Beschluss vom 12. 4. 2007 zurückgewiesen. Wäre das Rechtsmittel richtigerweise als außerordentliche Revision zu deuten gewesen, hätte sich die Befugnis des Berufungsgerichtes auf die Zurückweisung des Abänderungsantrages (mit der Begründung, ein Fall des § 508 Abs 1 ZPO liege nicht vor) beschränkt. Die dennoch erfolgte Zurückweisung auch der Revision hätte der Erstbeklagte mit Rekurs an den Obersten Gerichtshof bekämpfen können, da der Rechtsmittelausschluss des § 508 Abs 4 letzter Satz ZPO für die Zurückweisung einer (in Wahrheit) außerordentlichen Revision nicht gilt (vgl 7 Ob 150/00k = EvBl 2001/22; 3 Ob 206/01t; RIS-Justiz RS0114002; Zechner aaO § 508 ZPO Rz 15). Der Erstbeklagte ließ den Beschluss des Berufungsgerichtes jedoch unbekämpft, sodass die Zurückweisung der (einheitlichen) Revision in Rechtskraft erwuchs.
Ein unerledigtes Rechtsmittel, über das der Oberste Gerichtshof noch entscheiden könnte, liegt nicht mehr vor.
Die Akten sind daher an das Erstgericht zurückzustellen.
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