OGH 6Ob99/07p

OGH6Ob99/07p25.5.2007

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Pimmer als Vorsitzenden sowie die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Schenk und die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schramm, Dr. Gitschthaler und Univ. Doz. Dr. Kodek als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Josef M*****, vertreten durch Anzböck & Brait Rechtsanwälte GmbH in Tulln, gegen die beklagte Partei P.***** GmbH, ***** vertreten durch Dr. Gerhard Kornek, Rechtsanwalt in Wien, wegen EUR 28.493,29, über die ordentlichen Revisionsrekurse beider Parteien gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Wien als Rekursgericht vom 8. Februar 2007, GZ 2 R 18/07t-15, womit der Beschluss des Handelsgerichts Wien vom 15. November 2006, GZ 15 Cg 72/06i-12, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Den Revisionsrekursen wird Folge gegeben.

Der angefochtene Beschluss wird dahingehend abgeändert, dass er zu lauten hat wie folgt:

„Der Antrag, die Bestätigung der Vollstreckbarkeit aufzuheben, wird abgewiesen."

Die Zurückweisung des Wiedereinsetzungsantrages wird aufgehoben. Insoweit wird dem Rekursgericht die neuerliche Entscheidung aufgetragen.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei binnen 14 Tagen die mit EUR 1.025,47 (darin EUR 170,91 USt) bestimmten Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens sowie die mit EUR 1.440,72 (darin EUR 240,12 USt) bestimmten Kosten des Revisionsrekursverfahrens zu ersetzen.

Text

Begründung

Der bedingte Zahlungsbefehl vom 4. 7. 2006 wurde der Beklagten durch Hinterlegung beim Postamt 1173 Wien zugestellt (Beginn der Abholfrist 17. 7. 2006).

Nach den Klagsangaben lautet die Anschrift der Beklagten 1070 Wien, W*****straße 26/II/7. Die Beklagte hatte bis 9. 7. 2007 einen Nachsendeauftrag an die Anschrift 1170 Wien, D*****straße 88, eingerichtet. Dort erfolgten auch am 13. und 14. 7. 2006 die beiden Zustellversuche. An dieser Anschrift gab es zum Zeitpunkt der Zustellung durch die Post ein Hausbrieffach, in das der Zusteller die Ankündigung eines zweiten Zustellversuchs und die Hinterlegungsanzeige einlegte.

Die Beklagte übersiedelte vom 10. 7. bis 14. 7. 2006, wobei das Hausbrieffach nach Einlegen der Hinterlegungsanzeige von Handwerkern demontiert wurde, ohne dass sich die Beklagte vom Inhalt des alten Hausbrieffaches vergewisserte. Während der Übersiedlung gab es keinen echten Geschäftsbetrieb, sondern wurden Akten ausgeräumt. Teilweise war die Sekretärin noch im alten Büro und teilweise schon im neuen. Am 15. 7. 2006 fuhren die beiden Geschäftsführer der beklagten Partei für sechs Wochen auf Urlaub. Bei der Post gab die beklagte Partei diesbezüglich eine Ortsabwesenheitserklärung vom 17. 7. bis 25. 8. 2006 ab. Erst durch Zufall erfuhr die beklagte Partei Mitte September 2006 von der Existenz des Zahlungsbefehls.

Ausgehend von diesen Feststellungen wies das Erstgericht den am 18. 9. 2006 zur Post gegebenen Einspruch der Beklagten gegen den Zahlungsbefehl als verspätet zurück und die Anträge auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand und Aufhebung der Vollstreckbarkeitsbestätigung ab. An der neuen Anschrift in der D*****straße 88 habe eine Betriebsstätte vorgelegen, an der die Zustellung wirksam erfolgt sei. Ein Wiedereinsetzungsgrund liege nicht vor, weil sich die Beklagte nicht darum gekümmert habe, einen Schlüssel für das Hausbrieffach zu erhalten, weshalb sie grob fahrlässig gehandelt habe.

Das Rekursgericht änderte diesen Beschluss dahingehend ab, dass es die Bestätigung der Vollstreckbarkeit des Zahlungsbefehls vom 4. 7. 2006 aufhob und dem Erstgericht die Einleitung des gesetzmäßigen Verfahrens über den Einspruch der beklagten Partei auftrug. Den Wiedereinsetzungsantrag wies es zurück.

Die Regelungen des Zustellgesetzes über Örtlichkeiten, an denen wirksam eine Zustellung vorgenommen werden könne, typisierten sämtliche Fälle, in denen vernünftigerweise mit großer Wahrscheinlichkeit davon ausgegangen werden könne, dass dort eine Zustellung, also ein Empfang der Sendung durch den Empfänger, sichergestellt sei. Gerade ein Übersiedlungsvorgang, der im Regelfall dadurch gekennzeichnet sei, dass während seiner Dauer eine den sonstigen Anforderungen genügende betriebliche Organisation nicht bestehe, führe dazu, dass im Fall und für die Dauer des Einzugs eines Unternehmens in neue Büroräumlichkeiten bis zur Herstellung eines organisierten Bürobetriebs von einer Betriebsstätte und sonstigen Abgabestelle im Sinne des § 2 Z 5 ZustG nicht ausgegangen werden könne. Im Hinblick auf die Gesetzwidrigkeit des Zustellvorgangs sei der Wiedereinsetzungsantrag zurückzuweisen (unter Berufung auf Gitschthaler in Rechberger, ZPO³ Vor § 146 Rz 9).

Der ordentliche Revisionsrekurs sei zulässig, weil höchstgerichtliche Rechtsprechung zu einem solchen Sachverhalt fehle, die Rechtsfrage aber aufgrund der Bedeutung des Zustellrechts erheblich sei. Gegen diesen Beschluss richten sich die Revisionsrekurse beider Parteien.

Zum Revisionsrekurs der klagenden Partei:

Rechtliche Beurteilung

1. Der Revisionsrekurs ist aus dem vom Rekursgericht angeführten Grund im Interesse der Rechtssicherheit zulässig. Dem steht nicht entgegen, dass Fragestellungen im Zusammenhang mit der Aufgabe einer Wohnung oder sonstigen Abgabestelle und der Übersiedlung bzw Umzugsvorbereitung in der Regel nur einzelfallbezogen beurteilt werden können (Stumvoll in Fasching/Konecny² Anh § 87 ZPO § 4 ZustG Rz 21 aE), weil aus Anlass des vorliegenden Falles auch die für den grundsätzlichen Einfluss einer Übersiedlung bzw Übersiedlungsvorbereitung auf das Zustellrecht maßgeblichen Grundsätze klarzustellen sind.

2. Hiezu tritt die neuere Lehre (Wiederin, Zustellung bei Abwesenheit des Empfängers, ZfV 1988/3, 222 [228]; Stumvoll aaO Rz 22) für ein „bewegliches System" ein. Dabei sei auf Abwesenheitsdauer und Beständigkeit des Aufenthalts abzustellen, wobei alle im Zeitpunkt der Entscheidung über die Wirksamkeit der Zustellung verfügbaren Fakten zu berücksichtigen seien. Ähnliche Überlegungen seien auch für andere Abgabestellen zielführend.

Als Abgabestelle kommt gemäß § 4 ZustG für Personen, die einen Betrieb führen, auch die Betriebsstätte in Betracht.

3. Das Zustellgesetz definiert nicht, was ein Betrieb ist, sondern setzt diesen Begriff voraus (Stumvoll aaO Rz 23). Im Zusammenhang mit der bisherigen Rechtslage ist darunter eine wirtschaftliche Organisationseinheit zu verstehen, deren räumliche Einheit, an der die betriebliche Tätigkeit entfaltet wird, die Abgabestelle bildet (Stumvoll aaO mwN). Nach Stoll (BAO 1037) ist die Betriebsstätte jede feste örtliche Anlage oder Einrichtung, in der regelmäßig und andauernd betriebliche Tätigkeiten ausgeführt werden, unter Ausschluss von Örtlichkeiten, in denen keine unternehmerischen Tätigkeiten entfaltet werden.

Unter dem Gesichtspunkt einer gesicherten Zustellung reichen etwa Lagerplätze, Magazine und Lagerräume nicht aus und werden daher nicht als Betriebsstätte angesehen, zumal dort keine regelmäßige und andauernde betriebliche Tätigkeit entfaltet wird und weil dort auch das Zurücklassen von zustellrechtlich relevanten Ankündigungen nicht erwartet werden kann (Stumvoll aaO). Aus demselben Grund wurde etwa ein unbesetztes Büro, in dem sich nur ein Anrufbeantworter befindet und das der Beklagte zur Zeit des Zustellvorganges und während der Abholfrist nicht aufsuchte, nicht als taugliche Abgabestelle angesehen (HG Wien WR 286).

4. Entgegen der Rechtsansicht des Rekursgerichtes ist die regelmäßige Benützung nicht zwingend Erfordernis für das Vorliegen einer Abgabestelle (Stumvoll aaO Rz 19; aA SZ 60/226 = EvBl 1988/22; 8 Ob 613/89; 7 Ob 643/90). Wenngleich zur Definition der Abgabestelle auch zeitliche Momente herangezogen werden können, ist die regelmäßige Benützung der Abgabestelle kein das Wesen der Abgabestelle bedingendes Merkmal, sondern eine Voraussetzung, die zusätzlich erfüllt sein muss, wenn es die §§ 16 bis 18 ZustG verlangen (Stumvoll aaO Rz 19). Gerade im Zusammenhang mit der Betriebsstätte als Abgabestelle weist Stumvoll (aaO Rz 24) zutreffend darauf hin, dass dann, wenn man auf den Aufenthalt des Empfängers abstellte, eine - im Gesetz ausdrücklich vorgesehene - Zustellung an Filialen (vgl § 13 ZustG) meist ausgeschlossen wäre, weil sich Gewerbetreibende dort selten länger aufhalten.

5. Im vorliegenden Fall gab es nach den Feststellungen der Vorinstanzen während der Übersiedlung keinen „echten Geschäftsbetrieb", sondern wurden Akten ausgeräumt. Die Sekretärin war teilweise noch im alten Büro und teilweise schon im neuen Büro. Allerdings sind diese Feststellungen im Zusammenhang mit dem von der beklagten Partei selbst erteilten Nachsendeauftrag zu lesen. Dieser Nachsendeauftrag kann nur dahingehend verstanden werden, dass die beklagte Partei selbst davon ausging, dass nach den Gegebenheiten ihrer betrieblichen Organisation an der neuen Anschrift bereits Zustellungen wirksam in Empfang genommen und bearbeitet werden können. Auch die tatsächlichen Gegebenheiten für eine derartige Zustellung lagen vor, zumal ein Hausbrieffach bestand.

6. Zusammenfassend kann daher nach Maßgabe der jeweiligen Umstände des Einzelfalls auch während einer Übersiedlung eine Abgabestelle vorliegen, sofern - wie im vorliegenden Fall - die Empfangnahme und Bearbeitung von Sendungen gewährleistet ist. Dass dies der Fall war, wird - wie ausgeführt - durch die eigene Einschätzung der beklagten Partei und den von ihr erteilten Nachsendeauftrag unterstrichen.

7.1. Nach der bisherigen überwiegenden Rechtsprechung ist der Rekurs im Zusammenhang mit Entscheidungen über die Aufhebung einer Vollstreckbarkeitsbestätigung nur einseitig (9 Ob 191/98y; RIS-Justiz RS0001596; vgl auch 6 Ob 80/06t; aA OLG Graz 8 Ra 110/03p). Auch nach der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte im Fall Freilinger gegen Österreich vom 9. 2. 2006, Beschwerde-Nummer 4533/02, ist die Einseitigkeit des Rekursverfahrens im Exekutionsverfahren grundsätzlich unbedenklich. Allerdings stellte der EGMR in dieser Entscheidung maßgeblich darauf ab, dass im mittlerweile eröffneten Konkursverfahren ohnedies eine Geltendmachung der Forderung möglich wäre.

7.2. Nach neuerer Auffassung kann allerdings in der Aufhebung einer bereits endgültigen Entscheidung ein Eingriff in die als „civil right" im Sinne des Art 6 MRK zu qualifizierende Rechtsstellung der obsiegenden Partei liegen, was es etwa erfordern kann, gegen einen Rekurs gegen die einen Antrag auf Aufhebung der Vollstreckbarkeit abweisende Entscheidung die Rekursbeantwortung zuzulassen, um dem Obsiegenden die Verteidigung seiner Rechtsposition zu ermöglichen (vgl G. Kodek, Zur Zweiseitigkeit des Rekursverfahrens, ÖJZ 2004, 534 [540 f], 589 [594 f]). Dieser Auffassung hat sich der Oberste Gerichtshof in einer Entscheidung angeschlossen (10 Ob 58/06m) und ausgesprochen, dass der Rekurs gegen einen den Antrag auf Aufhebung der Vollstreckbarkeit abweisenden Beschluss zweiseitig ist.

7.3. In der Vorentscheidung des erkennenden Senates 6 Ob 80/06t wurde offengelassen, inwieweit diese Überlegung trotz der insoweit „asymmetrischen", sich diesfalls nur auf die Rechtsstellung des Obsiegenden beziehenden Geltung des Art 6 MRK (vgl G. Kodek aaO 541) aus innerstaatlichen Gründen die generell zweiseitige Ausgestaltung des Rekursverfahrens für beide Parteien erfordert, weil nach der innerstaatlichen Ausgestaltung des Rechtsmittelverfahrens die Zweiseitigkeit nach § 48 AußStrG ebenso wie nach § 521a ZPO vom konkreten Verfahrensausgang unabhängig sei. In dieser Entscheidung hat der Oberste Gerichtshof jedoch im Hinblick auf die Komplexität der Rechtslage und die Bedeutung der Entscheidung für die Parteien die Einholung einer Äußerung der Gegenpartei zur Wahrung ihres - über die Mindestgarantien des Art 6 MRK hinausgehenden - innerstaatlichen Anspruchs auf rechtliches Gehör für erforderlich erachtet. In Anbetracht des Umstandes, dass eine Entscheidung, gegen die der Rekurs jedenfalls zweiseitig ist, und eine andere Entscheidung gemeinsam ausgefertigt wurden, könnten auch die vom Gesetzgeber gegen die Einführung einer generellen Zweiseitigkeit des Rekurses ins Treffen geführten prozessökonomischen Überlegungen nicht zum Tragen kommen.

7.4. Diese Überlegung lässt sich auf das Streitverfahren übertragen. Wenngleich in der ZPO eine § 52 Abs 1 AußStrG vergleichbare Bestimmung fehlt, entsprach die Einholung einer Äußerung im Rechtsmittelverfahren - über die Fälle der ausdrücklich angeordneten Zweiseitigkeit hinaus - der Absicht des historischen Gesetzgebers. Demnach könne sich „in einzelnen Fällen das Bedürfnis einer weiteren Information für das Recursgericht ergeben" (Materialien zu den Zivilprozeßgesetzen I 366). Als Beispiele führen die Materialien an, dass - vom Gesetzgeber damals offenbar als zulässig angesehene - Neuerungen geltend gemacht werden, die im Bericht des erstinstanzlichen Gerichts nach § 522 Abs 2 ZPO (§ 543 RV ZPO) nicht genügend erörtert worden seien, „oder wenn ein Umstand auftauche, der es wünschenswert macht, auch dem Gegner des Rekurrierenden Gelegenheit zur Äußerung zu geben". In diesem Fall sei die Abforderung einer schriftlichen Äußerung zulässig (Materialien I 366; G. Kodek, ÖJZ 2004, 544). Freilich schwebte dem Gesetzgeber damals keineswegs eine generelle Zweiseitigkeit des Rekursverfahrens vor; er wollte bloß diese Möglichkeit im Einzelfall nicht kategorisch ausschließen.

7.5. Im Hinblick auf diese Willensäußerung des historischen Gesetzgebers erweist sich die Revisionsrekursbeantwortung der beklagten Partei trotz der insoweit fehlenden Anwendbarkeit des Art 6 MRK als zulässig. Bietet nämlich das Gesetz für die Einholung einer Äußerung durch das Rekursgericht Raum, so wäre es wertungswidersprüchlich, eine von der Partei von sich aus erstattete Äußerung zurückzuweisen, wenn diese sich nach den dargelegten Kriterien im Einzelfall zur umfassenden Wahrung des Anspruchs auf rechtliches Gehör als zweckmäßig erweist. Weil die Revisionsrekursbeantwortung bereits erstattet wurde, kann auch der für die Einseitigkeit des Revisionsrekursverfahrens sprechende Gedanke der Verfahrensbeschleunigung deren Zurückweisung nicht rechtfertigen.

Zum Revisionsrekurs der beklagten Partei:

1. Vorweg ist festzuhalten, dass die Konformatsregel des § 528 Abs 2 Z 2 ZPO im vorliegenden Fall nicht anzuwenden ist. Zwar kann auch eine bloße Maßgabebestätigung, etwa in Form der Zurückweisung eines in erster Instanz abgewiesenen Antrags, grundsätzlich eine Bestätigung im Sinne des § 528 Abs 2 Z 2 ZPO sein. Voraussetzung ist jedoch die unterschiedslose Rechtsfolge beider Entscheidungsvarianten (vgl 1 Ob 277/02w). In diesem Sinne wurde etwa angenommen, dass dann, wenn das Rekursgericht die Abweisung eines Antrags auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand mit der Maßgabe bestätigt, dass dieser Antrag nach den bereits vom Erstgericht ausgeführten Gründen zurückgewiesen werde, darin keine den Rechtsmittelwerber benachteiligende Veränderung des Entscheidungsinhalts zu erblicken sei (4 Ob 174/01v = EvBl 2002/28). Dies gilt hingegen dann nicht, wenn das Erstgericht ein Wiedereinsetzungsbegehren wegen eines groben Verschuldens des Antragstellers abwies und die zweite Instanz diesen Beschluss mit der Maßgabe bestätigte, dass der Antrag wegen Verspätung zurückgewiesen werde (3 Ob 264/04a). Auch entfaltet die wegen Verspätung ausgesprochene Zurückweisung eines Antrags auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Widerspruchsfrist gegen ein Versäumungsurteil andere Rechtsfolgen als eine Zurückweisung mit der Begründung, eine Säumnis sei gar nicht eingetreten (7 Ob 643/90; Zechner in Fasching/Konecny² § 528 ZPO Rz 121 aE).

2. Die Beschwer der beklagten Partei ist trotz ihres im zweitinstanzlichen Verfahren erzielten Verfahrenserfolges zu bejahen, weil die Entscheidung des Rekursgerichtes über die Aufhebung der Vollstreckbarkeitsbestätigung zum Zeitpunkt der Zurückweisung des Wiedereinsetzungsantrages durch das Rekursgericht noch nicht rechtskräftig war. Entgegen der Rechtsansicht der beklagten Partei war das Rekursgericht allerdings keineswegs verpflichtet, über den Rekurs gegen die Abweisung des Antrags auf Aufhebung der Vollstreckbarkeitsbestätigung und die Abweisung des Wiedereinsetzungsantrages trotz deren Aufnahme in eine einheitliche Entscheidung des Erstgerichtes und trotz des unbestreitbar bestehenden Sachzusammenhangs zwei getrennte Entscheidungen zu fällen. Solange die Entscheidung des Rekursgerichtes über die Aufhebung der Vollstreckbarkeitsbestätigung aber nicht in Rechtskraft erwachsen ist, kann der beklagten Partei ein Interesse an der Überprüfung der gleichzeitig ausgesprochenen Zurückweisung ihres Wiedereinsetzungsantrages mit der Begründung, in Wahrheit liege keine Säumnis vor, nicht abgesprochen werden.

3. Der Revisionsrekurs erweist sich daher im Interesse der Rechtssicherheit als zulässig; er ist auch berechtigt. Das Erstgericht hat den Wiedereinsetzungsantrag im Wesentlichen mit der Begründung abgewiesen, darin, dass sich die beklagte Partei nicht darum gekümmert habe, einen Schlüssel für das Hausbrieffach zu erhalten, liege ein die Bewilligung der Wiedereinsetzung ausschließendes grobes Verschulden. Das Rekursgericht hat sich mit den inhaltlichen Einwendungen der beklagten Partei gegen die Richtigkeit dieser Entscheidung nicht auseinandergesetzt, sondern lediglich im Hinblick auf die von ihm angenommene Gesetzwidrigkeit des Zustellvorgangs den Wiedereinsetzungsantrag zurückgewiesen. Damit war aber im Hinblick auf die Abänderung der vom Rekursgericht ausgesprochenen Aufhebung der Vollstreckbarkeitsbestätigung die Zurückweisung des Wiedereinsetzungsantrags aufzuheben und insoweit dem Rekursgericht die neuerliche Entscheidung aufzutragen.

4. Die Entscheidung über die Kosten des Rekursverfahrens gründet sich auf §§ 41, 50 ZPO. Das Verfahren über die Aufhebung der Vollstreckbarkeitsbestätigung ist nämlich - entgegen der Rechtsansicht des Rekursgerichtes - ein einer gesonderten kostenrechtlichen Beurteilung zugänglicher Zwischenstreit im Sinne des § 48 ZPO (vgl M. Bydlinski in Fasching/Konecny² § 48 ZPO Rz 12 ff). Die klagende Partei hat daher Anspruch auf Ersatz ihrer Verfahrenskosten im erstinstanzlichen Verfahren und im Revisionsrekursverfahren; am Verfahren zweiter Instanz hat sich die klagende Partei nicht beteiligt.

Hingegen hat die beklagte Partei trotz Erfolg ihres Revisionsrekurses ihre Verfahrenskosten aus dem Grunde des § 154 ZPO selbst zu tragen (vgl Deixler-Hübner in Fasching/Konecny² § 154 ZPO Rz 8).

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