OGH 10Ob54/07z

OGH10Ob54/07z11.5.2007

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schinko als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Fellinger, Dr. Hoch, Hon. Prof. Dr. Neumayr und Dr. Schramm als weitere Richter in der Pflegschaftssache der mj Kinder Simon K*****, geboren am 1. Dezember 1994, Valentina K*****, geboren am 13. Dezember 1996, und Laurenz K*****, geboren am 28. August 2002, alle *****, alle vertreten durch Dr. Ingrid Posch, Rechtsanwältin in Wels, wegen Unterhalt, infolge des außerordentlichen Revisionsrekurses des Vaters Dr. Alois K*****, Facharzt, ***** vertreten durch Mag. Willibald Berger, Rechtsanwalt in Marchtrenk, gegen den Beschluss des Landesgerichtes Wels als Rekursgericht vom 21. März 2007, GZ 21 R 31/07v-U-T4, in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der außerordentliche Revisionsrekurs des Vaters wird mangels der Voraussetzungen des § 62 Abs 1 AußStrG zurückgewiesen.

Text

Begründung

Das Finanzamt G***** (Betriebsprüfung) beantragte am 13. 11. 2006 beim Erstgericht Auskunfterteilung gemäß § 158 BAO durch Gewährung von Akteneinsicht in der Unterhaltssache des Vaters der mj. Kinder. Am 28. 11. 2006 wurde der Zweck der Akteneinsicht in den mit seiner Aktenzahl bezeichneten Pflegschaftsakt dahin präzisiert, dass es darum gehe, eventuell feststellen zu können, ob der Grund für die - vom Vater als Betriebsausgaben geltend gemachten - Honorarnoten von Dr. Günter T***** und von Prof. Dr. Gerhard K***** aus den Jahren 2004 und 2005 im betrieblichen oder privaten Bereich liege. Das Erstgericht gab dem Antrag dahin Folge, dass es aussprach, dass dem Finanzamt bekanntgegeben werde, welche Leistungen (Schriftsätze, Gutachten) von Dr. Günter T***** und Dr. Gerhard K***** in den Jahren 2004 und 2005 im Pflegschaftsakt erbracht worden seien. Gemäß § 158 BAO bestehe eine Beistandspflicht aller Dienststellen der Körperschaften öffentlichen Rechts gegenüber den Abgabenbehörden. Da das Pflegschaftsverfahren aber nicht öffentlich sei, sei eine Einsicht in den gesamten Akt nicht zu gewähren. Dem Ersuchen könne auch durch die angeführte Bekanntgabe entsprochen werden. Gründe für eine gänzliche Verweigerung der Auskunftserteilung seien nicht ersichtlich.

Das Rekursgericht gab dem Rekurs des Vaters nicht Folge. Grundsätzlich seien auch Gerichte verpflichtet, Ersuchen der Abgabenbehörden nach Akteneinsicht oder Auskunftserteilung zu entsprechen. Allerdings sei zu berücksichtigen, dass der Schutz des Privat- und Familienlebens in Pflegschaftsverfahren besonders ausgeprägt sei (§§ 140 f AußStrG). Insbesondere dürften gemäß § 141 AußStrG Auskünfte über die Einkommens- und Vermögensverhältnisse vom Gericht nur dem betroffenen Pflegebefohlenen und seinen gesetzlichen Vertretern, nicht aber sonstigen Personen oder Stellen erteilt werden. Derartige Auskünfte würden den Abgabenbehörden nicht erteilt. Dem Ersuchen des Finanzamtes könne ohne weiteres - wie vom Erstgericht beabsichtigt - dadurch entsprochen werden, dass die von Dr. Günter T***** und Dr. Gerhard K***** erbrachten Leistungen nach Zeitpunkt, Art und Umfang beschrieben und diese Umstände mitgeteilt würden; eine solche Vorgangsweise sei gesetzeskonform. Der Revisionsrekurs sei mangels der Voraussetzungen des § 62 Abs 1 AußStrG nicht zulässig.

Rechtliche Beurteilung

In seinem außerordentlichen Revisionsrekurs macht der Vater geltend, dass das Finanzamt lediglich um Akteneinsicht in der Unterhaltssache beantragt habe; eine Ausdehnung auf den gesamten Pflegschaftsakt stelle eine Nichtigkeit iSd § 405 ZPO dar. Weiters habe er die Mitglieder des Rekurssenates als befangen abgelehnt; selbst wenn darüber noch nicht rechtskräftig entschieden sei, sei es geboten, dass kein abgelehntes Mitglied an einer weiteren Entscheidung mitwirke.

Damit wird jedoch keine erhebliche Rechtsfrage iSd § 62 Abs 1 AußStrG aufgezeigt.

Abgesehen davon, dass dem Antrag der Abgabenbehörde eine Einschränkung auf Informationen bloß aus dem Unterhaltsteilakt nicht klar zu entnehmen ist (es wird einerseits auf den Pflegschaftsakt, andererseits auf die „Unterhaltssache" Bezug genommen), wurde die vom Erstgericht angeordnete Bekanntgabe, „welche Leistungen (Schriftsätze, Gutachten) von Dr. T***** und Dr. K***** in den Jahren 2004/05 im Pflegschaftsakt erbracht wurden", im Rekurs nicht als Mangelhaftigkeit gerügt. Von hier nicht vorliegenden Ausnahmen abgesehen, in denen das Rekursgericht einen Mangel des erstinstanzlichen Verfahrens von Amts wegen aufzugreifen gehabt hätte (näher Fucik/Kloiber, AußStrG [2005] § 55 Rz 3), kann nur ein Mangel des rekursgerichtlichen Verfahrens zum Gegenstand des Revisionsrekurses gemacht werden (§ 66 Abs 1 Z 2 AußStrG). Ein auf der Befangenheit der Mitglieder des Rekurssenates beruhender schwerer Verfahrensverstoß würde nach ständiger Rechtsprechung voraussetzen, dass bereits eine rechtskräftige Entscheidung über deren Befangenheit vorliegt (§ 25 JN; RIS-Justiz RS0007462, RS0042046, RS0046044).

Mangels einer erheblichen Rechtsfrage iSd § 62 Abs 1 AußStrG ist der außerordentliche Revisionsrekurs des Vaters zurückzuweisen.

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