Spruch:
Der Rekurs wird zurückgewiesen.
Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit EUR 2.049,14 (darin enthalten EUR 341,52 USt) bestimmten Kosten der Rekursbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Begründung
Rechtliche Beurteilung
In sinngemäßer Anwendung des § 510 Abs 3 letzter Satz ZPO kann sich auch die Zurückweisung eines nach § 519 Abs 1 Z 2 ZPO zugelassenen Rekurses wegen Fehlens einer erheblichen Rechtsfrage (§ 502 Abs 1 ZPO) auf die Ausführung der Zurückweisungsgründe beschränken (§ 528a ZPO; Kodek in Rechberger³ § 528a ZPO Rz 1; RIS-Justiz RS0043691). Wer einen Rechtsanwalt betraut, darf davon ausgehen, dass dieser im besonderen Maß geeignet ist, ihn vor Nachteilen zu schützen und alle nach der Rechtsordnung erforderlichen Schritte zur Verwirklichung des ihm bekannten Geschäftszwecks zu unternehmen (RIS-Justiz RS0038724). Die Belehrung des meist rechtsunkundigen Mandanten gehört zu den wichtigsten Aufgaben des Rechtsanwalts (RIS-Justiz RS0038682). Andererseits dürfen die Anforderungen an die Sorgfaltspflicht eines Rechtsberaters auch nicht überspannt werden. Es können von ihm nur der Fleiß und die Kenntnisse verlangt werden, die seine Fachkollegen gewöhnlich haben (RIS-Justiz RS0026584). Bei der Beurteilung dieses Sorgfaltsmaßstabes sind nach ständiger Rechtsprechung der konkrete Auftrag und die sonstigen Umstände des Einzelfalles maßgeblich (2 Ob 133/06g; 7 Ob 23/06t mwN).
Die in Punkt 1 des Rekurses weiterhin erörterte Frage, ob der beklagte Rechtsanwalt in diesem Einzelfall die gebotene Sorgfalt eingehalten oder vernachlässigt hat, begründet daher regelmäßig keine Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO (2 Ob 133/06g mwN). Nach diesen Grundsätzen kommt auch der hier konstatierten schuldhaften und rechtswidrigen Verletzung der Belehrungspflicht keine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung zu, weil eine erhebliche Fehlbeurteilung, die aus Gründen der Einzelfallgerechtigkeit wahrzunehmen wäre (7 Ob 23/06t mwN), nicht vorliegt: Die Vorinstanzen haben die dargestellte Rechtsprechung zur Anwaltshaftung nämlich berücksichtigt, wenn sie eine Sorgfaltsverletzung des Beklagten bejahten und von seiner Haftung nach § 1299 ABGB (wegen unterlassener Belehrung über die Unzulässigkeit des im Vorprozess 7 Ob 310/01s [= Deckungsklage gegen den Versicherer der Klägerin] erhobenen Feststellungsbegehrens) ausgingen (RIS-Justiz RS0038849; RS0116098).
Demgemäß hat das Berufungsgericht ausgesprochen, dass der Rekurs gegen den Aufhebungsbeschluss (nur) deshalb zulässig sei, weil es an höchstgerichtlicher Rechtsprechung zur Frage fehle, ob ein deklaratives Anerkenntnis des Versicherten gleich zu behandeln sei wie eine Befriedigung des Geschädigten, weiters zur Auslegung der Klauseln A.2.4.1.1, A.2.4.1.3 EHVB (zur Differenzierung zwischen Verbinden/Vermischen/Verarbeiten und Aus- und Einbau etc) und der Klausel A.2.5.1.1 EVHB (Mitversicherung der Ansprüche aus Gewährleistung bei der Vereinbarung erweiterter Produktehaftpflicht). Der Rechtsmittelwerber geht auf diese in der Zulassungsbegründung angeführten Klauseln der EVHB jedoch gar nicht ein. Wenn er seine Haftung weiterhin auch dem Grunde nach bestreitet, spricht er daher aus den bereits dargestellten Gründen keine erhebliche Rechtsfrage an. Eine solche wird aber auch in den Punkten 2 bis 4 des Rekurses nicht zur Darstellung gebracht:
Zur Behandlung eines (erst) im Berufungsstadium als zu wenig bestimmt erachteten Klagebegehrens (RIS-Justiz RS0036355 und RS0036455; 8 Ob 58/06x mwN), zur Unterscheidung „schlichter Vorsatz" - Täuschungsvorsatz im Sinne des § 6 VersVG (RIS-Justiz RS0109766) und zum Kausalitätsgegenbeweis (RIS-Justiz RS0079990; RS0116979) konnte sich das Berufungsgericht nämlich auf die dazu zitierte ständige Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes berufen. Da das Gericht zweiter Instanz in diesem Zusammenhang nicht nur davon ausgeht, der Klägerin sei eine Gelegenheit zu Verbesserung einzuräumen, sondern auch den Standpunkt vertritt, die (tatsächlichen) Folgen der Verletzung der Obliegenheit der unverzüglichen Anzeige des Schadens könnten derzeit noch nicht abschließend beurteilt werden, kann der Oberste Gerichtshof, der nicht Tatsacheninstanz ist, dem nicht entgegen treten, wenn - wie hier - die dem Aufhebungsbeschluss zugrundeliegende Rechtsansicht des Berufungsgerichtes richtig ist (stRsp; RIS-Justiz RS0042179).
Was nun die in Punkt 5 des Rekurses bekämpfte Beurteilung betrifft (verneinter Verstoß gegen das Anerkenntnisverbot des Art 8.1.4.3 AHVB), beruft sich der Rechtsmittelwerber lediglich darauf, diese Obliegenheit werde auch durch ein bloß deklaratives Anerkenntnis verletzt (7 Ob 51/73 = VersR 1974, 405). Ein solches Anerkenntnis sei hier bereits vor der Erfüllung der Ansprüche (iSd § 154 Abs 2 Satz 1 VersVG) abgegeben worden und habe den Versicherer „bereits" zur Geltendmachung dieser Obliegenheitsverletzung berechtigt. Dazu ist zunächst festzuhalten, dass der Oberste Gerichtshof die zitierte Entscheidung (VersR 1974, 405) im Rahmen der Zurückweisung der außerordentlichen Revision im Vorprozess (7 Ob 310/01s) lediglich als Belegstelle für folgende Beurteilung herangezogen hat: „Der Einwand der Revisionswerberin, die Aufrechnung mit ihren Forderungen gegenüber der Geschädigten stelle kein konstitutives Anerkenntnis dar, geht ins Leere, weil Anerkenntnis iSd § 154 Abs 1 VersVG nicht nur das konstitutive, sondern auch das deklaratorische (VersR 1974, 405) ist und daher auch die Voraussetzung der Fälligkeit der Leistung zu bejahen ist."
Außerdem wird verschwiegen, dass die zitierte Entscheidung (VersR 1974, 405; vgl auch RIS-Justiz RS0080573 und RS0081736) noch aufgrund der Rechtslage vor der VersVG-Nov 1994 ergangen ist. Demnach sollte das Anerkenntnisverbot und Befriedigungsverbot des § 154 Abs 2 VersVG aF verhindern, dass durch eigenmächtige Maßnahmen des Versicherungsnehmers die Rechtslage des Versicherers in den weiteren Verhandlungen oder in einem späteren Rechtsstreit verschlechtert werde (RIS-Justiz RS0080626). Nach § 154 Abs 2 Satz 1 VersVG idF VersVG-Nov 1994 ist jedoch nunmehr eine Vereinbarung, nach der der Versicherer von der Verpflichtung zur Leistung frei sein soll, wenn ohne seine Einwilligung der Versicherungsnehmer den Dritten befriedigt, unwirksam.
Nach § 154 Abs 2 aF VersVG war es den Versicherern also (noch) erlaubt, den Versicherungsnehmern sowohl die Anerkennung als auch die Befriedigung der Ansprüche des geschädigten Dritten zu verbieten. Die Erläut zur VersVG-Nov 1994 sahen beide Verbote als problematisch an, weil sie den Versicherungsnehmer daran hinderten, auch zu Recht bestehende Forderungen zu erfüllen, von ihm also unter Umständen ein rechtswidriges Verhalten verlangten. Seit der VersVG-Nov 1994 kann das Befriedigungsverbot daher überhaupt nicht wirksam vereinbart werden (§ 154 Abs 2 Satz 1); das Anerkenntnisverbot kann hingegen nach wie vor vereinbart werden, ist aber (unverändert) nur dann wirksam, wenn der Versicherungsnehmer die Anerkennung nach den Umständen nicht ohne offenbare Unbilligkeit verweigern konnte (§ 154 Abs 2 Satz 2 VersVG; Fenyves in Fenyves/Kronsteiner/Schauer, Kommentar zu den Novellen zum VersVG, § 154 VersVG Rz 1). Die Milde des Gesetzgebers diesem Verbot gegenüber wird damit erklärt, dass das (von diesem Verbot „allein betroffene") konstitutive Anerkenntnis für den Versicherer zwar auch nicht bindend sei, aber doch eine schwierige Beweissituation schaffe (Fenyves aaO, § 154 VersVG Rz 1). Demgegenüber bedeute selbst die vorbehaltlose Erfüllung der Ansprüche des geschädigten Dritten noch kein (konstitutives) Anerkenntnis. Bezüglich des (konstitutiven) Anerkenntnisses sollte es hingegen - auch nach der am 1. 1. 1995 in Kraft getretenen Nov 1994 - bei der bisherigen Rechtslage bleiben (Erläut Nov 1994 abgedruckt in Grubmann VersVG5 Anm 3 zu § 154 VersVG).
Da die Klägerin als Versicherungsnehmerin - wie auch der Rekurs zugesteht - nur ein deklaratives Anerkenntnis abgegeben und die Ansprüche des geschädigten Dritten befriedigt hat, war nach der hier anzuwendenden Fassung des § 154 Abs 2 VersVG die Vereinbarung einer aus diesem Verhalten abgeleiteten Leistungsfreiheit also von vornherein ausgeschlossen. Erhebliche Rechtsfragen im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO werden damit aber ebenso wenig angesprochen wie in den letzten beiden Punkten des Rechtsmittels (Punkt 6 und 7 des Rekurses):
Auch die Auslegung von Prozessvorbringen im Licht der §§ 266, 267 ZPO (also in Bezug auf zugestandene Tatsachen) ist nämlich eine Frage des Einzelfalles (RIS-Justiz RS0042828; 5 Ob 211/06z; [Gegenteiliges gilt im Interesse der Wahrung der Rechtssicherheit nur dann, wenn die Auslegung des Parteivorbringens mit seinem Wortlaut unvereinbar wäre oder gegen die Denkgesetze verstieße: 5 Ob 279/06z mwN]). Die im Rekurs ohne nähere Begründung als „unrichtig" bekämpfte Interpretation des Art 7.1.1 AHVB hält sich ebenfalls an die Grundsätze der zitierten ständigen Rechtsprechung (RIS-Justiz RS0008901; 7 Ob 101/04k; 7 Ob 245/06i), sodass sie nicht zu beanstanden ist.
Mangels erheblicher Rechtsfragen ist der Rekurs daher zurückzuweisen. Die Entscheidung über die Kosten des Rekursverfahrens beruht auf §§ 41 und 50 Abs 1 ZPO. Die Klägerin hat auf die Unzulässigkeit des Rekurses hingewiesen.
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)