OGH 14Os6/07z

OGH14Os6/07z13.2.2007

Der Oberste Gerichtshof hat am 13. Februar 2007 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Holzweber als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Philipp, Hon. Prof. Dr. Schroll, Hon. Prof. Dr. Kirchbacher und die Hofrätin des Obersten Gerichtshofes Mag. Hetlinger in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Kikinger als Schriftführer in der Strafsache gegen Walter G***** wegen des Verbrechens des schweren Raubes nach §§ 142 Abs 1, 143 zweiter Fall StGB und einer anderen strafbaren Handlung über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten sowie über die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Geschworenengerichtes beim Landesgericht für Strafsachen Wien vom 9. November 2006, GZ 408 Hv 2/06w-28, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufungen werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen, auf dem Wahrspruch der Geschworenen beruhenden Urteil wurde Walter G***** des Verbrechens des schweren Raubes nach §§ 142 Abs 1, 143 zweiter Fall StGB (1.) und des Vergehens nach § 50 Abs 1 Z 1 WaffG (2.) schuldig erkannt.

Danach hat er in Wien

1. am 25. August 2006 Barbara H***** und Anita T***** durch Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben, indem er diesen eine geladene Pistole anhielt und äußerte, da sei die Tasche, sie sollten, was sie hätten „hineinfüttern", „keinen Alarm, Telefon abdrehen, keine Münzen, nur Scheine", fremde bewegliche Sachen, nämlich 60.780 Euro Bargeld, unter Verwendung einer Waffe abgenötigt, sich durch diese Sachzueignung unrechtmäßig zu bereichern, und

2. „wenn auch nur fahrlässig", unbefugt eine genehmigungspflichtige Schusswaffe, nämlich eine Pistole der Marke V. Bernadelli, Kaliber

22. Nr. 52149

  1. a. in der Zeit von Sommer 2004 bis 25. August 2006 besessen und
  2. b. am 25. August 2006 geführt.

    Die nur gegen den Schuldspruch 1. gerichtete, aus dem Grund der Z 12 des § 345 Abs 1 StPO ergriffene Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten, mit der er den Schuldspruch wegen des vollendeten Verbrechens des schweren Raubes bekämpft und die Ansicht vertritt, die Geschworenen hätten die Eventualfrage (nach §§ 15, 142 Abs 1, 143 zweiter Fall StGB) bejahen müssen, verfehlt ihr Ziel.

Rechtliche Beurteilung

Die Anfechtung des Urteils eines Geschworenengerichtes mittels Rechts- oder Subsumtionsrüge (§ 345 Abs 1 Z 11 bzw 12 StPO) setzt einen Vergleich der im Wahrspruch der Geschworenen enthaltenen und damit festgestellten Tatsachen mit dem darauf angewendeten Strafgesetz voraus. Dabei muss an den durch den Wahrspruch festgestellten Tatsachen festgehalten und aus dem Wahrspruch selbst ein Irrtum nachgewiesen werden, wobei ein Rückgriff auf im Wahrspruch nicht festgestellte (angebliche) Ergebnisse des Beweisverfahrens ausgeschlossen ist (14 Os 94/87). Die Erörterung aller aus den Verfahrensergebnissen resultierenden Rechtsfragen ist vielmehr durch die Vorschriften über die Fragestellung (§§ 312 bis 316 StPO) sichergestellt, deren Verletzung nach § 345 Abs 1 Z 6 StPO mit Nichtigkeit bedroht ist, die vom Obersten Gerichtshof aber nicht gemäß §§ 290, 344 StPO wahrgenommen werden kann.

Just auf Ergebnisse des Verfahrens, die von den Geschworenen nicht festgestellt wurden, bezieht sich der Beschwerdeführer aber, indem er - ausgehend von der Judikatur zur Betretung des Täters eines Ladendiebstahls bei Beobachtung durch einen Kaufhausdetektiv (13 Os 97/05x, RIS-Justiz RS0090667) - darauf verweist, dass der Angeklagte nach Aussage des Zeugen M***** in der Hauptverhandlung wenige Häuserblocks von der beraubten Bank gestellt worden sei, nachdem ihn der Bankbeamte Patrick M***** auf dem ganzen Weg dorthin verfolgt und nicht aus den Augen gelassen und die Polizei über Handy jeweils über seinen Fluchtweg informiert hatte, und daraus ableitet, er hätte mangels Gewahrsamsbruchs nur auf Basis der auf Versuch gerichteten Eventualfrage verurteilt werden dürfen.

Bleibt anzumerken, dass sich die - durch Verweis auf die zitierte Rechtssatzkette deutlich gemachte - Rechtsansicht des Beschwerdeführers, wonach bei Unterscheidung zwischen vollendetem und versuchtem Raub die Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs zu diesem Problem in Bezug auf § 127 StGB zu gelten habe, in bloßer Rechtsbehauptung erschöpft (vgl demgegenüber statt aller: Fabrizy StGB9 § 142 Rz 8, wonach Vollendung zu dem Zeitpunkt eintritt, zu welchem das Tatobjekt dem „unmittelbaren Zugriff" des Opfers entzogen ist). Daraus ist nicht ersichtlich, warum bei gebotener raubspezifischer Gesamtbewertung nach Art, Intensität, Fortdauer der Bedrohungssituation und der realen Abwehrchance des Tatopfers (vgl Eder-Rieder in WK² § 142 Rz 7 ff) der Umstand, dass der mit einer ungesicherten, geladenen Schusswaffe ausgerüstete Täter nach Verlassen der Bankfiliale auf seiner Flucht von einem unbewaffneten Mitarbeiter des Kreditinstituts verfolgt und schließlich weitab vom Tatort von der - von einem nacheilenden Dritten über den Fluchtweg informierten - Sicherheitsbehörde im Besitz der Beute festgenommen werden konnte, bewirken sollte, dass das Tatojekt weiterhin dem unmittelbaren Zugriff des Opfers unterstand. Darauf kommt es aber nach dem Gesetz im gebebenen Fall für die Abgrenzung von Versuch und Vollendung an.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bereits bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§§ 285d, 344 StPO). Daraus folgt die Kompetenz des Gerichtshofes zweiter Instanz zur Entscheidung über die Berufungen (§§ 285i, 344 StPO).

Die Kostenersatzpflicht des Angeklagten beruht auf § 390a Abs 1 StPO.

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