OGH 2Ob124/05g

OGH2Ob124/05g7.2.2007

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Baumann als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Danzl, Dr. Veith, Dr. Grohmann und Dr. Nowotny als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Ivano B*****, vertreten durch Dr. Herbert Kofler, Dr. Edgar Pinzger, Rechtsanwälte in Landeck, gegen die beklagten Parteien 1. U*****versicherung AG, *****, 2. Sieglinde F*****, beide vertreten durch Dr. Josef-Michael Danler, Rechtsanwalt in Innsbruck, wegen EUR 7.038,07 sA und Feststellung (Rekursinteresse EUR 804,62), über den Rekurs der klagenden Partei gegen den Beschluss des Landesgerichtes Innsbruck als Berufungsgericht vom 15. Februar 2005, GZ 3 R 330/04g-40, womit aus Anlass der Berufung der klagenden Partei gegen das Ergänzungsurteil des Bezirksgerichtes Landeck vom 28. Oktober 2004, GZ 4 C 340/03f-32, die Klage teilweise zurückgewiesen wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, den beklagten Parteien zu Handen ihres Vertreters binnen vierzehn Tagen die mit EUR 161,77 (hierin enthalten EUR 26,96 USt) bestimmten Kosten der Rekursbeantwortung zu ersetzen.

Text

Begründung

Der Kläger nahm im vorliegenden Verfahren die Beklagten auf Zahlung (Schmerzengeld und Kosten einer physikalischen Therapie) und Feststellung der Haftung für künftige Schäden wegen eines von ihm erlittenen Verkehrsunfalls in Anspruch. Als Nebenforderung gemäß § 54 Abs 2 JN klagte er weiters vorprozessuale Anwaltskosten von EUR 804,62 für Leistungen des Klagevertreters zur außergerichtlichen Bereinigung der klägerischen Ansprüche „im ordentlichen Rechtsweg als Schadenersatzanspruch iS § 1333 Abs 3 ABGB idF des ZinsRÄG" ein (ON 17).

Das Erstgericht gab mit Urteil vom 4. 5. 2004 dem Zahlungsbegehren in der Hauptsache statt und wies das Feststellungsbegehren ab. Mit Ergänzungsurteil vom 28. 10. 2004 wies das Erstgericht das Klagebegehren auf Ersatz der bezeichneten vorprozessualen Anwaltskosten ab.

Das Berufungsgericht änderte das Ersturteil im Sinne einer gänzlichen Stattgebung in der Hauptsache ab und hob aus Anlass der Berufung das Ergänzungsurteil des Erstgerichtes vom 28. 10. 2004 einschließlich des vorangegangenen Verfahrens hinsichtlich der vorprozessualen Anwaltskosten von EUR 804,62 beschlussmäßig als nichtig auf und wies die Klage in diesem Umfang zurück. Das Zinsenrechts-Änderungsgesetz (BGBl I 2002/118) und der damit eingeführte § 1333 Abs 3 ABGB (seit 1. 1. 2007 Abs 2) hätten § 23 Abs 1 RATG nicht verdrängt. Bei aufrechter Akzessorietät zum Hauptanspruch könnten die Kosten für außergerichtliche Betreibungsmaßnahmen durch einen Rechtsanwalt nach wie vor nicht „als Hauptsache" geltend gemacht werden. Der Rechtsweg sei unzulässig.

Gegen den das Mehrbegehren von EUR 804,62 zurückweisenden Teil der zweitinstanzlichen Entscheidung richtet sich der wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung erhobene Rekurs des Klägers mit dem Antrag, den angefochtenen Beschluss ersatzlos aufzuheben und dem Berufungsgericht die Sachentscheidung unter Abstandnahme vom gebrauchten Zurückweisungsgrund aufzutragen.

Die Beklagten beantragen in ihrer Rekursbeantwortung, dem Rechtsmittel nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Der Rekurs ist gemäß § 519 Abs 1 Z 1 ZPO jedenfalls zulässig (Zechner in Fasching/Konecny, ZPO² Rz 70 zu § 519; E. Kodek in Rechberger, ZPO³ Rz 6 zu § 519), jedoch nicht berechtigt.

Der Oberste Gerichtshof hat in der - zeitlich nach Fällung der Rechtsmittelentscheidung zweiter Instanz in diesem Verfahren gefällten - inzwischen vielfach veröffentlichten und ausführlich

begründeten Entscheidung 3 Ob 127/05f (SZ 2005/153 = JBl 2006, 380 =

RZ 2006/8 = ecolex 2006, 284 = ZIK 2006/86, 71 = RdW 2006, 342 = Zak

2006, 117) ausgesprochen, dass für anwaltliche Leistungen § 23 RATG gegenüber dem durch das ZinsRÄG BGBl I 2002/118 eingeführten § 1333 Abs 3 (nunmehr gemäß BGBl I 2005/120: § 1333 Abs 2) ABGB die speziellere Norm ist; solange Anwaltskosten für außergerichtliche Betreibungs- und Einbringungsmaßnahmen ein Akzessorium des Hauptanspruchs bilden, können sie nur als vorprozessuale Kosten verzeichnet werden; der selbständigen Einklagung solcher Kosten steht daher, ohne dass insofern ein Wahlrecht auf Klageführung bestünde, die Unzulässigkeit des Rechtsweges entgegen. Mit § 1333 ABGB wurde demnach keine selbständige Anspruchsgrundlage betreffend den Ersatz derartiger anwaltlicher Kosten geschaffen. Solange solche Kosten in Akzessorietät zum Hauptanspruch stehen - wovon hier auszugehen ist, weil ja mit der gegenständlichen Klage auch noch ua Schmerzengeld und Heilungskosten als offene Ansprüche geltend gemacht worden waren -, sind sie durch Rechtsanwälte weiterhin als vorprozessuale Kosten im Kostenverzeichnis geltend zu machen, sodass ihrer klageweisen Geltendmachung die Unzulässigkeit des Rechtsweges entgegensteht. Dieser Entscheidung sind zwischenzeitlich zahlreiche weitere Senate des Obersten Gerichtshofes gefolgt (1 Ob 69/06p; 2 Ob 211/05a; 2 Ob 295/05d; 5 Ob 212/05w; 6 Ob 131/05s, EvBl 2006/69; 6 Ob 294/05m; 7 Ob 297/05h; 8 Ob 136/05s; RIS-Justiz RS0120431; siehe hiezu auch M. Bydlinski, Die Geltendmachung anwaltlicher Betreibungskosten im Prozess, Zak 2006, 108).

Diese Grundsätze gelten auch für die vorliegende Rechtssache. Der Rechtsmittelwerber gesteht selbst ausdrücklich zu, dass es sich bei den von der Zurückweisung betroffenen Kosten um „Betreibungskosten" handle, wofür aber nach den dargestellten Grundsätzen (s RIS-Justiz RS0120431) eben gerade nicht der ordentliche Rechtsweg als Hauptsachenanspruch offensteht, wenn und solange es in der Folge (noch) zu einem Prozess über die betriebene Hauptsache kommt. Sie können daher nur durch Verzeichnung als Prozesskosten gemäß § 54 ZPO angesprochen werden (M. Bydlinski aaO 109).

Dem Rekurs war damit nicht Folge zu geben.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 41, 50 ZPO.

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