Spruch:
Die Akten werden dem Rekursgericht mit dem Auftrag zurückgestellt, seinen Bewertungsausspruch derart zu modifizieren, dass über jeden der verpflichteten Partei angelasteten Verstoß, über den es entschied, der Wert des Entscheidungsgegenstands gesondert angegeben wird.
Text
Begründung
Das Erstgericht, das der betreibenden Partei bereits die Exekution nach § 355 EO bewilligt hatte, verhängte mit Beschluss über die verpflichtete Partei wegen - nach Ansicht der zweiten Instanz - sieben Verstößen gegen den Exekutionstitel eine Geldstrafe von insgesamt 30.000 EUR.
Mit dem angefochtenen Beschluss änderte das Gericht zweiter Instanz diese Entscheidung insofern ab, als es den Antrag auf Verhängung einer Geldstrafe auch für „einen" behaupteten Verstoß in einer bestimmten Werbeschrift (Ausgabe November/Dezember 2005) abwies und im Übrigen die Geldstrafe auf 6.500 EUR reduzierte. Es sprach dazu aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 20.000 EUR übersteige, was auf der Höhe der vom Erstgericht verhängten Strafe beruhe, und der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig sei.
Rechtliche Beurteilung
Eine Entscheidung über den „außerordentlichen" Revisionsrekurs der betreibenden Partei, welche die Wiederherstellung des erstgerichtlichen Strafbeschlusses anstrebt, kann derzeit noch nicht ergehen, weil noch nicht feststeht, ob der Oberste Gerichtshof funktionell zur Beurteilung der Zulässigkeit des Rechtsmittels nach § 78 EO iVm § 528 ZPO zuständig ist (3 Ob 132/05s).
Der pauschale Bewertungsausspruch widerspricht der zur Bewertung bei Strafbeschlüssen nach § 355 EO ergangenen Rsp des erkennenden Senats. Demnach ist zunächst festzuhalten, dass bei Rechtsmitteln gegen die Verhängung einer Geldstrafe (nicht nur dem Ausmaß nach) nicht die deren Höhe entsprechende Geldsumme Beschwerdegegenstand ist, sondern die Bestrafung an sich (3 Ob 172/83; 3 Ob 39/93; ebenso weitere Entscheidungen zu sonstigen Geldstrafen RIS-Justiz RS0004785), weshalb der Entscheidungsgegenstand nicht iSd § 526 Abs 3 iVm § 500 Abs 2 Z 1 ZPO ausschließlich in Geld besteht (3 Ob 39/93). Zudem ist jedenfalls bei gemeinsamer Entscheidung des Rekursgerichts über mehrere Strafanträge eine gesonderte Bewertung für jeden einzelnen
vorzunehmen (3 Ob 90, 91/95 = MR 1995, 236; 3 Ob 92/98w; 3 Ob 91/98y
= MR 1998, 350 [Korn]; 3 Ob 132/05s), jedenfalls soweit sie kein
gemeinsames Schicksal haben müssen. Auch im Hinblick auf den Umstand, dass der Verpflichtete mit Impugnationsklage (nach § 36 EO) geltend machen kann, er habe nicht oder ohne Verschulden gegen den Titel verstoßen und diese Klage auch nur teilweise, also in Ansehung einzelner von mehreren mit Exekutions- oder nachfolgendem Strafantrag
geltend gemachter Verstöße erfolgreich sein kann (3 Ob 317/01s = SZ
2002/30 = JBl 2002, 805 u.a.; RIS-Justiz RS0116292), wurde auch
bereits ausgesprochen, dass die Zulässigkeit eines Revisionsrekurses für jeden einzelnen Verstoß gesondert zu beurteilen, also etwa bei voller Bestätigung zu verneinen ist (3 Ob 195/04d; 3 Ob 151/05k = EFSlg 112.324). Daraus folgt, dass auch bei Ahndung mehrerer Verstöße mittels einer Entscheidung über einen Sammelstrafantrag eine gesonderte Bewertung für jeden einzelnen von der zweiten Instanz behandelten Verstoß erforderlich ist (3 Ob 151/05k), kann doch das Ergebnis für jede gesonderte Tathandlung unterschiedlich ausfallen (3 Ob 195/04d; 3 Ob 151/05k; 3 Ob 225/06v; ebenso nach der hier ebenfalls den Strafantrag teilweise abweisenden Rekursentscheidung). Im vorliegenden Fall kann aus dem - wie dargelegt an sich unzutreffend - pauschal vom Betrag der Geldstrafe ausgehenden Bewertungsausspruch nicht entnommen werden, dass für die einzelnen der verpflichteten Partei vorgeworfenen Verstöße, selbst wenn man davon ausginge, sie wögen nach Ansicht der zweiten Instanz gleich schwer, ein 20.000 EUR übersteigender Entscheidungsgegenstand vorläge. Dies wäre bei 30.000 EUR auch nicht der Fall, wenn man von nur vier (statt wie richtigerweise sieben) von ihr zu beurteilende Tathandlungen ausginge. Es kann auch nicht erkannt werden, dass eine in Ansehung der auch vom Rekursgericht bejahten Verstöße eine volle Bestätigung vorläge, kam es doch auch ausgehend von sieben Verstößen bei jedem dieser drei zu einer Strafminderung.
Das Gericht zweiter Instanz wird demnach eine gesonderte Bewertung seines Entscheidungsgegenstands für jeden einzelnen Verstoß in sinngemäßer Anwendung des § 423 ZPO (stRsp, 3 Ob 151/05k u.v.a.; RIS-Justiz RS0041371) nachzutragen haben und dabei auch die bisher offenbar nicht berücksichtigten (und in seiner Entscheidung auch an keiner Stelle gesondert angeführten) weiteren zwei Verstöße durch Verteilen und Auflegen einer Studie über metabolische Effekte bei einer Tagung an zwei Tagen zu berücksichtigen haben. Insgesamt waren somit sechs Verstöße durch Verteilen und Auflegen von drei Schriften an jeweils zwei Tagen Gegenstand der Rekursentscheidung. Der von der betreibenden Partei zeitlich nicht näher konkretisierte Verstoß durch das weitere Aufstellen von Werbebehauptungen in einer in der 21. Kalenderwoche 2006 erschienenen Fachzeitschrift ist als siebenter gesondert zu bewerten.
Je nach dem Ergebnis der Bewertung wird das Rechtsmittel der betreibenden Partei - allenfalls nach einem Verbesserungsversuch (RIS-Justiz RS0109501) - in der Folge iSd § 78 EO iVm § 528 Abs 2a und § 508 ZPO als Abänderungsantrag vom Gericht zweiter Instanz zu behandeln oder - falls dieses in der Tat als außerordentlicher Revisionsrekurs zu werten ist - nach § 78 EO iVm § 528 Abs 3, § 507b Abs 3 ZPO wieder dem Obersten Gerichtshof vorzulegen sein (3 Ob 151/05k).
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