Spruch:
Der Revision wird Folge gegeben.
Die Entscheidungen der Vorinstanzen werden aufgehoben und die Rechtssache an das Erstgericht zur neuerlichen Entscheidung nach Verfahrensergänzung zurückverwiesen.
Die Kosten des Revisionsverfahrens bilden weitere Verfahrenskosten.
Text
Begründung
Die Klägerin ist Rechtsnachfolgerin ihres am 6. 10. 2003 verstorbenen Gatten Rudolf S***** (in der Folge: Makler). Dieser betrieb das Gewerbe eines Immobilienmaklers. Ihm war bekannt, dass der „Alpengasthof K*****" zu kaufen war. Er schaltete deshalb am 31. 8. 2002 in der allgemeinen Hotel- und Gaststättenzeitung folgendes Inserat: „Hervorragendes Alpengasthaus im Schigebiet der Kitzbühler Alpen/Tirol zu verkaufen. Preis VHS. Kapitalnachweis erforderlich. (...)". Auf dieses Inserat hin meldete sich am 5. 9. 2002 Michael K***** (in der Folge: Berater), Inhaber eines Immobilien-Unternehmens in Deutschland, der als Berater des Beklagten tätig war, beim Makler und bekundete das Interesse des Beklagten an dieser Liegenschaft. Am 5. 9. 2002 trafen einander der Makler, der Verkäufer der Liegenschaft, der Beklagte und sein Berater zur Besichtigung des Objekts; den beiden Letztgenannten war der Beruf des Rudolf S***** bekannt.
Mit Schreiben vom 13. 9. 2002 teilte der Makler dem Berater mit, dass der Kaufpreis der Liegenschaft 1,700.000 EUR zuzüglich 3 % Maklercourtage und USt betrage. Die beim Besichtigungstermin vereinbarte Vorlage eines entsprechenden Kapitalnachweises erfolgte mit Schreiben des Beraters vom 16. 9. 2002. Nach einem weiteren Schreiben des Beraters an den Makler vom 20. 9. 2002 kam es am 28./29. 9. 2002 erneut zu einer gemeinsamen Besprechung. Am 30. 9. 2002 wurden dem Beklagten vom Makler die Bilanzen des Gasthofs zur Einsicht zur Verfügung gestellt. Mit Schreiben vom 1. 10. 2002 teilte der Berater dem Makler mit, der Beklagte biete einen Kaufpreis von 1,550.000 EUR zuzüglich einer Maklercourtage in Höhe von 1 % des Kaufpreises zuzüglich USt. Mit Schreiben vom selben Tag teilte der Makler dem Berater mit, der Verkäufer finde das Kaufangebot in allen Punkten indiskutabel und sei zu keinen weiteren Verhandlungen über den Kaufpreis bereit. Der Kaufpreis der Liegenschaft betrage 1,700.000 EUR zuzüglich 3 % Maklercourtage und MWSt, wie bereits im Schreiben vom 13. 9. 2002 mitgeteilt; nur zu diesen Bedingungen sei ein Kauf des Objekts noch vor der bevorstehenden Wintersaison möglich. Andernfalls werde der Eigentümer den Gasthof während der Wintersaison selbst betreiben und zu einem Verkauf erst wieder im Frühjahr 2003 bereit sein. In der Folge kam es noch im Herbst 2002 zu einer direkten Kontaktaufnahme zwischen dem Beklagten und dem Verkäufer, die weitere Verkaufsverhandlungen führten und sich schließlich auf einen Kaufpreis von 1,450.000 EUR einigten. Die Klägerin begehrt Provision in Höhe von 3 % des Kaufpreises zuzüglich USt. Der Makler habe vom Verkäufer einen Auftrag zur Vermittlung des gegenständlichen Objektes erhalten. Das Kaufangebot des Beklagten über 1,550.000 EUR zuzüglich Maklercourtage von 1 % des Kaufpreises habe der Makler nach Rücksprache mit dem Verkäufer abgelehnt. Erst zu einem späteren Zeitpunkt habe der Makler erfahren, dass am 2. 12. 2002 ein Kaufvertrag unterzeichnet worden sei. Es handle sich dabei um ein beiderseitiges Handelsgeschäft, auf das das KSchG nicht anwendbar sei, weil der Beklagte bereits zuvor unternehmerisch tätig gewesen sei.
Der Beklagte beantragt die Abweisung des Klagebegehrens. Es sei kein Maklervertrag zustandegekommen. Sein Kaufangebot von 1,550.000 EUR habe der Makler abgelehnt; er habe unmissverständlich zum Ausdruck gebracht, dass ein Verkauf des Objekts nicht mehr in Frage komme und jegliche Nachverhandlungen ausgeschlossen seien. Für den Beklagten sei damit die Angelegenheit erledigt gewesen. Erst Wochen später habe er zufällig in Erfahrung gebracht, dass der Verkäufer entgegen dem Inhalt des Schreibens des Maklers weiterhin Interesse an einem Verkauf der Liegenschaft habe, weshalb es in der Folge zu unmittelbaren Kaufgesprächen gekommen sei. Die Tätigkeit des Maklers sei für den nachfolgenden Geschäftsabschluss weder kausal noch verdienstlich gewesen. Der Makler habe gegen wesentliche Aufklärungspflichten im Sinne des § 30b KSchG verstoßen und dem Beklagten insbesondere keine schriftliche Bestätigung über den wesentlichen Vertragsinhalt ausgehändigt; hilfsweise werde daher Verwirkung eines allfälligen Provisionsanspruchs eingewendet bzw dessen erhebliche Mäßigung begehrt.
Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt. Zwischen dem Makler und dem Beklagten sei ein schlüssiger Maklervertrag zustandegekommen. Der Makler habe die späteren Vertragsparteien zusammengeführt und Anstrengungen unternommen, um den Abschluss des Geschäfts zu ermöglichen. Dass es in der Folge zu direkten Verhandlungen zwischen den späteren Kaufvertragsparteien gekommen sei, ändere nichts an der grundsätzlichen Verdienstlichkeit des Maklers und dessen Provisionsanspruch. Dem Beklagten sei der Nachweis der mangelnden Veranlassung des Geschäfts durch den Vermittler nicht gelungen. Konsumentenschutzrecht sei nicht anzuwenden, weil der Beklagte die Liegenschaft erworben habe, um dort einer Geschäftstätigkeit nachzugehen. Eine Vermittlungsprovision von drei Prozent sei bei Liegenschaften üblich.
Das Berufungsgericht bestätigte dieses Urteil und sprach aus, dass die ordentliche Revision nicht zulässig sei. Voraussetzung für den Provisionsanspruch des Maklers sei ein adäquater Kausalzusammenhang zwischen seiner Tätigkeit und dem Zustandekommen des Geschäfts. Entscheidend sei, ob die verdienstliche und (zumindest mit-)kausale Tätigkeit des Maklers für das letztlich zustandegekommene Geschäft bei wertender Betrachtung der Gesamtumstände im konkreten Einzelfall als noch adäquat anzusehen sei. Zum Schutz des Maklers seien an eine „Unterbrechung des Kausalzusammenhangs" strenge Anforderungen zu stellen; ein solcher liege nur vor, wenn das Interesse des Kaufwilligen endgültig und vollkommen erloschen sei und es zum Vertragsabschluss nur durch gänzliche Neuverhandlungen komme, nicht hingegen schon dann, wenn für kurze Zeit unterbrochene Vertragsverhandlungen ohne den Makler in der Folge wieder aufgenommen würden. Auch die Herabsetzung des Kaufpreises reiche nicht hin, den Adäquanzzusammenhang zwischen der Tätigkeit des Maklers und dem Geschäftsabschluss entfallen zu lassen, weil damit einer Vereitelung des Provisionsanspruchs des Maklers Tür und Tor geöffnet werde; entscheidend sei in dieser Frage nicht nur das Ausmaß einer Kaufpreisreduktion, sondern vor allem, ob diese das Ergebnis der Verhandlungen zwischen dem Makler und dem Interessenten gewesen sei. Im Anlassfall liege zwischen der Beendigung der Tätigkeit des Maklers (Anfang Oktober 2002) und dem Kaufvertragsabschluss (nach den nicht bestrittenen Behauptungen der Klägerin: 2. 12. 2002) nur ein kurzer Zeitraum, weshalb nicht davon ausgegangen werden könne, das Interesse des kaufwilligen Beklagten sei endgültig erloschen, und es sei - nach dem vorläufigen Scheitern der Vertragsverhandlungen mit dem Makler - letzlich über Initiative eines Dritten oder auch des Verkäufers zum Kaufabschluss gekommen. Damit sei die grundsätzliche Provisionspflicht des Beklagten zu bejahen. Der Provisionsanspruch sei infolge Pflichtverletzung nach § 30b KSchG iVm § 3 Abs 4 MaklerG zu mäßigen, wenn die Verdienstlichkeit des Maklers durch den Pflichtenverstoß geringer als ohne diesen einzustufen sei. Der Makler müsse eine nach den ihm erkennbaren Interessen des Auftraggebers wesentliche Pflicht verletzt haben, ohne dass es darauf ankomme, wie sich die Pflichtverletzung auf die Abwicklung des Geschäfts ausgewirkt habe. Auch Gründungsgeschäfte für ein neues Unternehmen seien vom Schutzzweck des § 1 Abs 3 KSchG umfasst. Ob der Beklagte zum Zeitpunkt der Inanspruchnahme der Vermittlungstätigkeit des Maklers schon Unternehmer in der Gastronomiebranche gewesen sei, stehe nicht fest. Diese Frage könne aber offen bleiben, weil der Beklagte im Zuge der Kontaktaufnahme mit dem Makler durch einen Berater vertreten worden sei, der selbst Immobilienmakler sei. Der Makler habe daher davon ausgehen können, dass der Beklagte keine Aufklärung iSd § 30b KSchG über die durch den Abschluss des zu vermittelnden Geschäftes voraussichtlich erwachsenden Kosten benötige; die Höhe der Vermittlungsprovision sei ohnehin bekannt gegeben worden. Dieser Umstand schließe eine Minderung des Provisionsanspruchs der Klägerin aus.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist zulässig; das Rechtsmittel ist berechtigt im Sinne seines Aufhebungsantrags.
Der Beklagte macht geltend, das Berufungsgericht lasse wesentliche Verstöße gegen die Aufklärungspflicht des Maklers gem § 30b KSchG mit der unrichtigen Begründung außer Acht, der Beklagte sei bei Geschäftsabschluss durch einen Immobilienmakler vertreten gewesen.
1. Der Senat teilt die Auffassung des Berufungsgerichts zur grundsätzlichen Provisionspflicht des Beklagten; sie beruht auf einer zutreffenden Rechtsansicht. Soweit der Beklagte dieses Ergebnis in dritter Instanz unter dem Revisionsgrund der Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens mit dem Argument in Frage stellt, das Schreiben des Maklers vom 1. 10. 2002 habe den Maklervertrag aufgelöst, ist dem entgegenzuhalten, dass auch eine nachträgliche Auflösung eines Maklervertrags einen einmal entstandenen Provisionsanspruch des Maklers für den durch seine verdienstliche und adäquate Tätigkeit mitveranlassten Geschäftsabschluss nicht zum Erlöschen bringen kann. Nicht erforderlich ist, dass der Abschluss des vermittelten Geschäftes in den Zeitraum des aufrechten Maklervertrages fällt (Fromherz, Zivilmaklervertrag 94; RIS-Justiz RS0062800).
2. Der Beklagte wirft dem Rechtsvorgänger der Klägerin die Verletzung von Pflichten gem § 30b KSchG vor und begehrt Minderung der Vermittlungsprovision gem § 3 Abs 4 MaklerG. Dazu steht fest, dass dem Beklagten zwar die Provisionshöhe genannt wurde, es wurde ihm aber - entgegen § 30b KSchG - keine schriftliche Übersicht über sämtliche ihm durch den Abschluss des Geschäfts voraussichtlich erwachsenden Kosten ausgefolgt. Eine Provisionsminderung nach § 30b KSchG iVm § 3 Abs 4 MaklerG ist daher - Konsumenteneigenschaft des Beklagten bei Vertragsabschluss vorausgesetzt - grundsätzlich möglich (RIS-Justiz RS0111058). Sie kann nicht deshalb abgelehnt werden, weil das Geschäft nicht anders abgewickelt worden wäre, hätte der Auftraggeber ein Hinweisblatt ausgefolgt erhalten (RIS-Justiz RS0115514).
3. Dass der Beklagte die Liegenschaft erworben hat, um dort einer Geschäftstätigkeit nachzugehen, steht einer Anwendung des KSchG nicht entgegen. Gem § 1 Abs 3 KSchG fallen nämlich - wie das Berufungsgericht zutreffend erkannt hat - auch Gründungsgeschäfte werdender Unternehmer unter die Bestimmungen des KSchG (Krejci in Rummel³, § 1 KSchG Rz 47 mwN; RIS-Justiz RS0065176, RSRS0065179, RS0109642).
4. Der auf § 30b KSchG gestützte Einwand der Provisionsminderung ist - entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts - nicht schon deshalb unbegründet, weil der Beklagte bei den Vertragsverhandlungen von einem Immobilenberater vertreten worden ist: Bei Vertragsabschluss durch Stellvertreter kommt es für die Unternehmer- oder Verbrauchereigenschaft auf den Vertragspartner und nicht auf dessen Vertreter an (Krejci aaO Rz 3; Apathy in Schwimann³ § 1 KSchG Rz 4; 7 Ob 155/03z = SZ 2003/88 mwN; RIS-Justiz RS0065385[T4]). Ebenso, wie sich an der Unternehmereigenschaft eines Vertragspartners nichts ändert, wenn er sich durch einen Verbraucher vertreten lässt, geht der Verbraucherschutz nicht deshalb verloren, weil ein Verbraucher beim Abschluss mit einem Unternehmer durch einen Unternehmer vertreten wird (Schauer, Wohnungseigentümergemeinschaft und KSchG, wobl 2000, 221).
5.1. Ob die Maklerprovision zu mindern ist, hängt somit davon ab, ob der Beklagte - wie der Kläger behauptet - im Zeitpunkt des Geschäftsabschlusses unternehmerisch tätig gewesen ist.
5.2. Der Beklagte war seiner eigenen Angabe nach im Zeitpunkt seiner Vernehmung Selbstständiger. Aus der Auskunft Beil./C (Rückseite) ergibt sich, dass die „bestehenden Geschäftsverhältnisse" des Beklagten und seiner Gattin einen geordneten Eindruck machten; es seien „Kredite für den laufenden Geschäftsbetrieb" gewährt worden, wobei die Kreditlinie „im Rahmen des laufenden Geschäftes" nur geringfügig in Anspruch genommen werde. Diese Umstände deuten auf eine unternehmerische Tätigkeit des Beklagten schon im Zeitpunkt des Abschlusses des gegenständlichen Kaufvertrags hin; Feststellungen dazu wurden allerdings nicht getroffen.
5.3. Die Feststellungen reichen somit nicht aus, um die Berechtigung des auf § 30b KSchG gestützen Einwands der Provisionsminderung beurteilen zu können; sie sind daher im aufgezeigten Sinn ergänzungsbedürftig. Zur Behebung des sekundären Verfahrensmangels bedarf es einer Zurückverweisung des Verfahrens an das Erstgericht.
6. Sollte sich im fortgesetzten Verfahren herausstellen, dass der Provisionsanspruch des Maklers zu mäßigen ist, wird das Erstgericht zu berücksichtigen haben, dass ein Verstoß des Maklers gegen dessen in § 30b Abs 1 KSchG verankerte Aufklärungspflichten zwar zu einer nach den jeweiligen Umständen des Einzelfalls zu bestimmenden Mäßigung des Provisionsanspruchs führen kann (vgl 5 Ob 43/02p), nicht jedoch zum völligen Entfall des Vermittlungsentgelts (1 Ob 304/02s). Das Ausmaß der Provisionsminderung hängt davon ab, in welchem Maß die Verletzung einer wesentlichen Pflicht die Verdienstlichkeit des Maklers gemindert hat (4 Ob 135/01h). Die Mäßigung der Provision ist daher direkt proportional zu den Pflichtverletzungen des Maklers vorzunehmen (Fromherz, Kommentar zum MaklerG § 3 Rz 72).
7. Der Kostenvorbehalt beruht auf § 52 Abs 1 zweiter Satz ZPO.
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