OGH 9Ob123/06p

OGH9Ob123/06p15.11.2006

Der Oberste Gerichtshof hat als Rekursgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Rohrer als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Spenling, Dr. Hradil, Dr. Hopf sowie Univ. Doz. Dr. Bydlinski als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Alois S*****, Zimmermeister, *****, vertreten durch Dr. Hagen Nagler, Rechtsanwalt in Feldbach, gegen die beklagte Partei Gottfried L*****, Gastwirt, *****, vertreten durch Imre & Schaffer Rechtsanwaltspartnerschaft OEG, Gleisdorf, wegen (eingeschränkt) Nebengebühren, über den Rekurs der klagenden Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Graz als Berufungsgericht vom 26. Juni 2006, GZ 5 R 87/06p-60, womit die Berufung der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Graz vom 20. Dezember 2005 in der Fassung der Berichtigung vom 6. Februar 2006, GZ 14 Cg 132/03g-52,54, zurückgewiesen wurde, den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei hat die Kosten ihres erfolglosen Rechtsmittels selbst zu tragen.

Text

Begründung

Der Kläger begehrte (nach Ausdehnung des Klagebegehrens) vom Beklagten die Zahlung eines restlichen Werklohns von EUR 36.340 samt 12% Zinsen seit 1. 12. 2001. Nach Einholung eines Gutachtens, aus welchem sowohl das Vorhandensein von Mängeln als auch die Tatsache deren - teilweise erst während des Verfahrens erfolgter - Beseitigung hervorgingen, zahlte der Beklagte den Betrag von EUR 33.966,22 und beantragte Kostenzuspruch nach § 45 ZPO, weil eine frühere Fälligkeit nicht eingetreten sei und er daher keinen Anlass zur Prozessführung gegeben habe. Der Kläger schränkte daraufhin sein Begehren auf Nebengebühren ein. Selbst unter der Annahme, dass geringfügige Mängel aufgetreten seien, sei der Beklagte nicht berechtigt gewesen, den gesamten noch aushaftenden Werklohn zurückzubehalten. Mit dem Urteil vom 20. 12. 2005 (ON 52) erkannte das Erstgericht den Kläger schuldig, „dem Beklagten die mit EUR 24.527,24 (darin EUR 6.200 Barauslagen, EUR 3.054,54 USt) bestimmten Kosten des Rechtsstreits binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen". Es begründete den Kostenzuspruch damit, dass der Beklagte wegen der erst während des Verfahrens behobenen Mängel zum Einbehalt des restlich aushaftenden Werklohns berechtigt gewesen sei, ohne dass von schikanöser Rechtsausübung die Rede sein könne. Damit sei § 45 ZPO anzuwenden. Im letzten Absatz der Entscheidung heißt es, dass festzustellen war, „dass dem Kläger mangels früher eingetretener Fälligkeit die geltend gemachten Zinsen der am 13. 10. 2005 bezahlten Werklohnforderung nicht zustehen".

Dieses Urteil wurde dem Kläger am 9. 1. 2006 zugestellt. Mit Beschluss vom 6. 2. 2006 (ON 54) „ergänzte" das Erstgericht den Spruch des Urteils vom 20. 12. 2005, wie folgt: „a) Das Zinsenbegehren der klagenden Partei, die beklagte Partei sei schuldig, der klagenden Partei 12 % Zinsen seit 1. 12. 2001 binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu bezahlen, wird abgewiesen". Die Kostenentscheidung wurde als „Punkt b)" unverändert belassen. Das Erstgericht begründete seinen Beschluss mit einer zulässigen Berichtigung iSd § 419 ZPO. Aus den Entscheidungsgründen des Urteils gehe der Entscheidungswille auf Abweisung der Zinsen hervor, die formelle Anführung der Abweisung im Spruch sei versehentlich unterblieben. Dieser Beschluss wurde dem Beklagten am 10. 2. 2006 zugestellt.

Am 10. 3. 2006 gab der Kläger eine Berufung zur Post, in der er die teilweise Abänderung des Ersturteils durch Zuspruch von 9,47 % Zinsen (gemeint: aus dem bezahlten Restwerklohn) vom 1. 1. 2002 bis 13. 10. 2005 begehrt.

Das Berufungsgericht wies die Berufung als verspätet zurück. Es vertrat die Rechtsauffassung, dass durch die Berichtigung kein neuer Fristenlauf für die Berufung bewirkt worden sei. Der Kläger habe schon bei Zustellung des unberichtigten Urteils über den Inhalt der Entscheidung, somit auch über die beabsichtigte Abweisung des Zinsenbegehrens, keinen Zweifel haben können.

Rechtliche Beurteilung

Der dagegen erhobene Rekurs des Klägers ist nicht berechtigt. Das Berufungsgericht hat die Berufung des Klägers zutreffend als verspätet zurückgewiesen. Es reicht daher aus, auf die Richtigkeit der eingehenden Begründung der angefochtenen Entscheidung hinzuweisen (§ 528a iVm § 510 Abs 3 ZPO). Lediglich ergänzend ist den Ausführungen des Rekurswerbers entgegenzuhalten:

Bei einer Unvollständigkeit der Entscheidung, die zu einer gänzlichen oder teilweisen Nichterledigung des Begehrens führt, ist zu differenzieren, ob das Gericht tatsächlich auch über den Anspruch entscheiden wollte oder nicht. Nur dann, wenn es keinen Entscheidungswillen hatte, ist statt einer Urteilsberichtigung nur die Urteilsergänzung statthaft (SZ 52/32 = RIS-Justiz RS0041818). Da der auf Abweisung des Zinsenbegehrens gerichtete Entscheidungswille aber schon aus dem unberichtigten Ersturteil klar hervorging, hat das Erstgericht zutreffend eine - sowohl der Form als auch der Begründung nach eindeutig als solche erkennbare - Berichtigung iSd § 419 ZPO beschlossen. Bestand aber - wie hier - schon vor der Berichtigung für beide Parteien Klarheit darüber, dass der Entscheidungswille des Erstgerichts auf den - später - berichtigten Inhalt gerichtet war, konnte mit der Zustellung des Berichtigungsbeschlusses keine neue Berufungsfrist zu laufen beginnen (RIS-Justiz RS0041797 [T45]). Die Kostenentscheidung gründet sich auf §§ 40, 50 ZPO.

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