OGH 10ObS182/06x

OGH10ObS182/06x14.11.2006

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schinko als Vorsitzenden, die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Fellinger und Dr. Schramm sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Reinhard Drössler (aus dem Kreis der Arbeitgeber) und Robert Ploteny (aus dem Kreis der Arbeitnehmer) als weitere Richter in der Sozialrechtssache der klagenden Partei Maria Renate L*****, vertreten durch Dr. Josef Kaiblinger, Rechtsanwalt in Gunskirchen, gegen die beklagte Partei Pensionsversicherungsanstalt, 1021 Wien, Friedrich-Hillegeist-Straße 1, vor dem Obersten Gerichtshof nicht vertreten, wegen Witwenpension, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 4. Juli 2006, GZ 12 Rs 35/06p-11, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichtes Linz als Arbeits- und Sozialgericht vom 8. Februar 2006, GZ 11 Cgs 402/05f-7, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Text

Begründung

Mit Bescheid vom 6. 9. 2005 hat die beklagte Pensionsversicherungsanstalt den Anspruch der Klägerin auf Witwenpension nach dem am 9. 7. 2005 verstorbenen Walter L***** ab 10. 7. 2005 anerkannt und ausgesprochen, dass der für das Ausmaß der Witwenpension maßgebliche Hundersatz Null betrage und aufgrund des eigenen Einkommens der Klägerin die Voraussetzung für die Gewährung eines Erhöhungsbetrages nicht vorliege.

Das Erstgericht wies das auf Zahlung einer Witwenpension in gesetzlicher Höhe gerichtete Klagebegehren ab, weil auf Grund der geltenden Gesetzeslage der in § 264 Abs 2 ASVG normierte Hundertsatz Null betrage und ein Steigerungsbetrag nicht gebühre. Das Berufungsgericht gab der Berufung der Klägerin nicht Folge. Es teilte die verfassungsrechtlichen Bedenken der Klägerin gegen die Neuregelung der Witwenpension durch das 2. SVÄG 2004 nicht. Es sprach aus, dass die ordentliche Revision zulässig sei, weil die Frage der Verfassungsgemäßheit der mit dem 2. SVÄG 2004 neu gefassten Bestimmungen über die Berechnung der Witwen-(Witwer-)pension eine erhebliche Rechtsfrage im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO darstelle.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist entgegen dem den Obersten Gerichtshof nicht bindenden Zulässigkeitsausspruch des Berufungsgerichtes (§ 508a Abs 1 ZPO) im Hinblick auf die mittlerweile zu der vom Berufungsgericht als rechtserheblich bezeichneten Rechtsfrage vorliegenden Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes nicht zulässig.

Die Klägerin macht in ihrem Rechtsmittel wiederum ausschließlich verfassungsrechtliche Bedenken gegen die in § 264 Abs 4 ASVG (idF des 2. SVÄG 2004) normierte Zweijahresfrist für die Ermittlung der Berechnungsgrundlage eines Anspruches auf Witwen-(Witwer-)pension geltend. Es sei unter dem Aspekt des Gleichheitsgrundsatzes verfassungswidrig, wenn die gesetzliche Regelung auf die letzten zwei Kalenderjahre vor dem Zeitpunkt des Todes des Versicherten abstelle. Verfassungskonform wäre es, wenn auf die letzten zwei Jahre vor dem Zeitpunkt des Todes des Versicherten abgestellt werden würde. Wie der erkennende Senat in seinen Entscheidungen vom 17. 8. 2006, 10 ObS 132/05t, 10 ObS 41/06m, 10 ObS 62/06z und 10 ObS 94/06f, näher ausgeführt hat, bestehen nach seiner Auffassung gegen die im § 264 Abs 3 und 4 ASVG (idF des 2. SVÄG 2004) normierte Zweijahresfrist keine verfassungsrechtlichen Bedenken. Auch wenn ein zweijähriger Beobachtungszeitraum zu Härtefällen bei der Berechnung der Höhe der Witwen-(Witwer-)pension führen könne, erscheine die Wahl eines zweijährigen Zeitraumes, in dem die Einkommen des Verstorbenen und des überlebenden Ehegatten gegenübergestellt werden, bei der gebotenen Durchschnittsbetrachtung auch unter Bedachtnahme auf den mit der Witwen-(Witwer-)pension angestrebten Zweck nicht als unsachlich. Auf Grund des demokratischen Prinzips sei es dem Gesetzgeber nicht verwehrt, seine jeweiligen rechtspolitischen Vorstellungen im Rahmen vertretbarer Zielsetzung auf die in geeigneter erscheinender Art zu verwirklichen. Nicht einmal der Umstand, dass durch eine gesetzliche Regelung - so wie hier - Härtefälle entstehen können, mache ein Gesetz per se gleichheitswidrig (RIS-Justiz RS0053509 [T 6] und [T 7]). Der erkennende Senat teilt auch im vorliegenden Fall nicht die von der Klägerin vorgetragenen verfassungsrechtlichen Bedenken und sieht sich daher zu der von der Klägerin angeregten Antragstellung beim Verfassungsgerichtshof nicht veranlasst. Zutreffend hat das Berufungsgericht den Argumenten der Klägerin unter Hinweis auf die Gesetzesmaterialien (469 BlgNR 22. GP 2) entgegengehalten, dass mit dem Abstellen auf die letzten zwei Kalenderjahre vor dem Tod, gerade vermieden werden sollte, das Einkommensschmälerungen, die etwa durch Krankheit vor dem Todeszeitpunkt in nicht wenigen Fällen eintreten werden, überproportional auf die Höhe der Berechnungsgrundlage durchschlagen.

Mittlerweile wurde durch das Sozialversicherungs-Änderungsgesetz 2006 (SVÄG 2006, BGBl I 2006/130) die Berechnung der Witwen-(Witwer-)pension teilweise neu geregelt. Nach der Übergangsbestimmung des § 627 Abs 2 ASVG sind auf Antrag der Witwe (des Witwers), der bis längstens 31. 12. 2008 zu stellen ist, die Absätze 3 bis 5 des § 264 ASVG idF des SVÄG 2006 auch auf Versicherungsfälle des Todes anzuwenden die nach dem 1. 6. 2004 und vor dem 1. 1. 2006 eingetreten sind. Da ein entsprechender Antrag der Klägerin nicht vorliegt, kann die geänderte Rechtslage auf die Klägerin noch nicht angewandt werden (10 ObS 162/06f). Es ist daher im gegenständlichen Verfahren nicht zu prüfen, ob diese Neuregelung zu einem für die Klägerin günstigeren Ergebnis führen kann. Ungeachtet dieser Entscheidung bleibt der Klägerin aber die Möglichkeit einer Antragstellung gemäß § 627 Abs 2 Satz 2 ASVG offen, weil dieser Vorgangsweise die Rechtskraft einer bereits ergangenen Entscheidung nicht entgegensteht.

Die Revision der Klägerin war daher im Hinblick auf die mittlerweile bereits vorliegende einschlägige Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes mangels erheblicher Rechtsfrage im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO zurückzuweisen.

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