Spruch:
Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).
Text
Begründung
Die Beklagte hat die - wie sich später herausstellte: von Betrügern - bei der Klägerin bestellte Ware an der ihr vom Absender bekanntgegebenen Lieferadresse in London zugestellt und dort jener Person übergeben, die sich dem LKW-Fahrer gegenüber als Vertreter des von der Klägerin genannten Empfängers (einer Kapitalgesellschaft) vorstellte und die - gegenüber der Vereinbarung - verspätete Ankunft der Lieferung rügte. Der Fahrer hatte zuvor an der angegebenen Adresse (einem Wohnhaus mit elfknöpfiger Gegensprechanlage) jenen Rufknopf gedrückt, auf dessen Namensfeld ein maschingeschriebener Zettel mit dem Namen des ihm bekanntgegebenen Empfängers aufgeklebt war, worauf die genannte Person zur Eingangstür kam, die Transportdokumente unterfertigte und die Ware ablud. Spätere Erhebungen ergaben, dass die als Empfängerin bekanntgegebene (und tatsächlich bestehende) Kapitalgesellschaft an der angegebenen Zustelladresse keine Niederlassung besitzt. In England ist es üblich, CMR-Dokumente ohne Verwendung eines Firmenstempels zu unterzeichnen. Die Vorinstanzen haben die auf Zahlung des Warenwerts gerichtete Klage der Absenderin gegen den Frachtführer abgewiesen. Nach Auffassung des Berufungsgerichts könne sich die Beklagte auf die Haftungsbefreiung des Art 17 Abs 2 CMR stützen, weil sie kein Verschulden am Verlust des Ladeguts treffe; ihrem Fahrer sei kein Sorgfaltsverstoß anzulasten.
Rechtliche Beurteilung
Die Entscheidung des Berufungsgerichts entspricht den Grundsätzen der Rechtsprechung. Die Falschauslieferung des Transportguts an einen Nichtberechtigten ist ein Fall des Verlusts des Transportguts (Helm in HGB Großkommentar4, § 429 Rz 24 und CMR Art 17 Rz 77). Der Frachtführer haftet jedoch gem Art 17 Abs 2 CMR nicht, wenn der Schaden durch Umstände verursacht worden ist, die der Frachtführer nicht vermeiden und deren Folgen er nicht abwenden konnte. Solche Umstände werden dann angenommen, wenn es auch durch Anwendung äußerster, nach den Umständen des Falles möglicher und vernünftigerweise zumutbarer Sorgfalt nicht möglich war, den Schadenseintritt zu verhindern (1 Ob 579/91 = TranspR 1991, 422; 7 Ob 607/93 = TranspR 1994, 282; RIS-Justiz RS0073763 und RS0029824). Unabwendbarkeit bedeutet nicht dessen absolute Unvermeidbarkeit. Vom Frachtführer werden keine wirtschaftlich unzumutbaren oder absurden Maßnahmen gefordert (7 Ob 607/93 = TranspR 1994, 282). Ob ein bestimmtes Verhalten unter den generalklauselartig formulierten (Thume in Thume, CMR Art 17 Rz 97) Haftungsausschlusstatbestand fällt, entzieht sich einer generalisierenden Betrachtung und kann regelmäßig nur nach den Umständen des Einzelfalls beurteilt werden (Herber/Piper, CMR Art 17 Rz 43; vgl auch die einzelnen Fallbeispiele bei Thume aaO Rz 98 ff). Eine erhebliche Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO liegt nicht vor, weil das Berufungsgericht den ihm in dieser Frage eingeräumten Ermessensspielraum nicht überschritten hat.
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