OGH 8ObA74/06z

OGH8ObA74/06z21.9.2006

Der Oberste Gerichtshof hat durch die Vizepräsidentin des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Langer als Vorsitzende sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Spenling und Dr. Glawischnig und die fachkundigen Laienrichter Dr. Lukas Stärker und Mag. Andrea Komar als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Brigitte E*****, vertreten durch Dr. Andreas A. Lintl, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei Kuratorium *****, wegen Wiederaufnahme (Streitwert EUR 12.000,--), über den außerordentlichen Revisionsrekurs der klagenden Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichtes Wien als Rekursgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 21. Juni 2006, GZ 9 Ra 178/05w-9, in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der außerordentliche Revisionsrekurs wird mangels der Voraussetzungen des § 528 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Begründung

Rechtliche Beurteilung

Die Rechtsmittelwerberin begehrte erkennbar auf § 530 Abs 1 Z 7 ZPO gestützt, die Wiederaufnahme des Vorprozesses 8 Cga 18/04f des ASG Wien, in dem ihr Begehren auf Feststellung des aufrechten Bestandes des Dienstverhältnisses zur beklagten Partei rechtskräftig abgewiesen wurde. Ihr seien im Oktober 2005 neue Beweismittel in Gestalt eines Zeitungsartikels und eines Rechnungshofberichtes zur Kenntnis gelangt, auf Grund derer klargestellt sei, dass ihre seinerzeitigen Behauptungen betreffend Missstände bei der beklagten Partei, den Tatsachen entsprochen hätten.

Die neuen Tatsachen oder Beweismitteln müssen solcher Art sein, dass deren Vorbringen und Benützung im früheren Verfahren eine dem Wiederaufnahmswerber günstigere Entscheidung in der Hauptsache herbeigeführt haben würde. „Hauptsache" ist der Streitgegenstand des Vorprozesses innerhalb seiner Grenzen (Jelinek in Fasching/Konecny2 IV/1 § 530 ZPO Rz 186 mwH). Beruht das Urteil im Vorprozess auf Schlussfolgerungen aus Hilfstatsachen, dann ist das Vorbringen neuer Hilfstatsachen, die solche Tatsachenschlüsse in Frage stellen, ausreichend. Dasselbe gilt für die Beweismittel zur Dartuung oder Widerlegung von Hilfstatsachen; hier reicht das Vorbringen von Beweismitteln aus, die, wenn sie im Vorprozess bekannt gewesen wären, zu einer anderen Würdigung der streitentscheidenden Beweismittel geführt hätten oder den Nachweis einer objektiv unrichtigen Zeugenaussage erbringen (Jelinek aaO Rz 187 mwH).

Bei der gemäß § 538 Abs 1 ZPO vorzunehmenden Zulässigkeitsprüfung ist zu beurteilen, ob die neuen Tatsachen oder Beweismittel geeignet sind, eine wesentliche Änderung der Beweiswürdigung herbeizuführen. Sie müssen also so erheblich sein, dass die Berücksichtigung der ergänzenden Tatsachen zu einer anderen Entscheidung des Vorprozesses führen könnte (6 Ob 127/00w = RdW 2001/457 ua). Diese Eignung ist bei der Prüfung der Zulässigkeitsvoraussetzungen für die Wiederaufnahmsklage in abstracto festzustellen; ergibt sich bereits auf Grund des Klagsvorbringens selbst, dass der behauptete Wiederaufnahmsgrund (also die vorgebrachten neuen Tatsachen bzw die aus den neuen Beweismitteln abzuleitenden Tatsachen) zu keiner Aufhebung oder Abänderung der Entscheidung führen kann, da er sich entweder unter keinen der im Gesetz genannten Wiederaufnahmsgründe einordnen lässt oder in keinem rechtlich beachtlichen Zusammenhang mit der angefochtenen Entscheidung steht, ist die Wiederaufnahmsklage zurückzuweisen. Eine solche Klage ist dann schon in abstracto nicht zur Wiederaufnahme geeignet (Jelinek aaO Rz 189 mwH). Die Rechtsansicht der Vorinstanzen, dass die Kenntnis der Wiederaufnahmsklägerin von einem Zeitungsartikel, in dem von Missständen bei der beklagten Partei die Rede ist und einem Rechnungshofbericht worin ausgeführt wird, dass die beklagte Partei „teilweise nicht über Zeitaufzeichnungen ihrer leitenden Ärzte" verfügte, in abstracto nicht zu einer für die Wiederaufnahmswerberin günstigeren Entscheidung im Vorverfahren hätten führen können, ist jedenfalls vertretbar. Die letztlich vom Rekursgericht vertretene Auffassung, dass das Vorliegen oder Nichtvorliegen der von der Rechtsmittelwerberin im Vorverfahren behaupteten Missstände bei der beklagten Partei auch als Hilfstatsache nicht von rechtlicher Bedeutung waren, haftet eine (erhebliche) Verkennung der Rechtslage nicht an. Im Vorverfahren wurde vielmehr die Feststellung, dass bei der erfolgten einvernehmlichen Auflösung des Dienstverhältnisses seitens der beklagten Partei kein Druck auf die Klägerin ausgeübt wurde in keiner Weise damit begründet, dass die von der Klägerin behaupteten Missstände in Wahrheit nicht vorlägen, sondern auf andere Erwägungen gestützt.

Der außerordentliche Revisionsrekurs ist daher mangels einer Rechtsfrage von der Qualität des § 528 Abs 1 ZPO zurückzuweisen.

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