Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.
Zur Entscheidung über die Berufung und die Beschwerde werden die Akten dem Oberlandesgericht Graz zugeleitet.
Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde Jovan G***** der Verbrechen der „teils vollendeten, teils versuchten" Vergewaltigung nach §§ 201 Abs 1, 15 StGB - gemeint: der Vergewaltigung nach § 201 Abs 1 StGB (I.1.) und der versuchten Vergewaltigung nach §§ 15, 201 Abs 1 StGB (I.2.), der Vergehen der Sachbeschädigung nach § 125 StGB (III.), des teils vollendeten, teils versuchten Diebstahls nach §§ 127, 15 StGB (IV.) sowie des Betruges nach § 146 StGB (V.) schuldig erkannt. Danach hat er - soweit für die Rechtsmittelentscheidung von Bedeutung - in Graz
I. Josefa K***** mit Gewalt zur Duldung des Beischlafes genötigt bzw zu nötigen versucht und zwar
1. am 18. Oktober 2005, indem er sie an den Haaren riss, ihr Schläge ins Gesicht versetzte und sodann gegen ihren Willen mit seinem Penis in ihre Scheide eindrang;
2. in der Nacht auf den 25. Oktober 2005, indem er ihr Faustschläge und Fußtritte gegen den Kopf und Körper versetzte, wobei die Vollendung der Tat auf Grund der Gegenwehr des Opfers unterblieb. Die vom Angeklagten allein gegen den Schuldspruch I. und gestützt auf § 281 Abs 1 Z 4 StPO erhobene Nichtigkeitsbeschwerde verfehlt ihr Ziel.
Rechtliche Beurteilung
Die Verfahrensrüge (Z 4) kritisiert die Abweisung des Antrags auf Beiziehung eines medizinischen Sachverständigen zum Beweis dafür, dass die 78-jährige Josefa K***** nicht nur seit einigen Jahren in ihrer Auffassungsgabe eingeschränkt wäre, sondern auch an einer depressiven Wahnvorstellung verbunden mit erheblichen Gedächtnislücken leide und aufgrund ihres Alters und ihres angegriffenen Gesundheitszustandes nicht mehr in der Lage sei, kritisch zu denken, somit die Realität von ihrer krankhaften Vorstellungskraft zu trennen. Diese geistigen Defekte seien spätestens bei der kontradiktorischen Vernehmung hervorgetreten, indem sie dort angab, „sich nicht mehr richtig auszukennen und in Ruhe gelassen zu werden wollen". Überdies seien ihre Angaben widersprüchlich und nicht nachvollziehbar wiedergegeben worden (S 282).
Durch die Abweisung dieses Beweisbegehrens wurde der Beschwerdeführer in seinen Verteidigungsrechten nicht verletzt, weil im Antrag nicht dargelegt wurde, dass das Tatopfer bereit wäre, die geforderte (nur mit ihrer Zustimmung mögliche - vgl RIS-Justiz RS0108614) psychiatrische Untersuchung vornehmen zu lassen. Abgesehen davon setzt eine psychologische oder psychiatrische Untersuchung eines Zeugen (abgesehen von dessen Zustimmung) voraus, dass objektive Momente seine geistige Gesundheit und damit seine Fähigkeit, Wahrnehmungen zu machen und diese gedächtnisgetreu wiederzugeben, in Frage stellen. Solche eine nur ausnahmsweise Psychiatrierung eines Zeugen rechtfertigende persönlichkeitsbedingte Zweifel müssen ganz erheblich sein und nach Bedeutung und Gewicht dem Grad der im § 11 StGB erfassten Geistesstörungen nahe kommen (vgl RIS-Justiz RS0107370). Dass eine 78-jährige Zeugin anlässlich ihrer kontradiktorischen Vernehmung nach mehrfachen Vorhalten erklärte, dass sie sich nicht mehr richtig auskenne, bietet kein ausreichendes Indiz für eine psychisch bedingte, schwerwiegend krankhafte Beeinträchtigung der Aussagefähigkeit. Umstände wie widersprüchliche Angaben, die bloß gegen die Glaubwürdigkeit oder Verlässlichkeit eines Zeugen im gegebenen Anlassfall sprechen, unterliegen hingegen ausschließlich der Beweiswürdigung durch das Gericht (vgl RIS-Justiz RS0097576).
Die weiters kritisierte Abweisung des Antrags auf Ausforschung der unmittelbaren Nachbarn des Tatopfers zum Beweis dafür, dass Josefa K***** bereits seit längerer Zeit geistige Defekte aufweise, erfolgte gleichfalls zu Recht, zielte doch dieses Begehren nach seinem Inhalt auf einen unzulässigen Erkundungsbeweis zur Ausforschung unbekannter Personen, die allenfalls über Verhaltensauffälligkeiten der Zeugin Auskunft geben könnten. Überdies wurde nicht dargetan, inwieweit dem Angeklagten nicht bekannte Nachbarn des Opfers Angaben zu geistigen Störungen machen könnten, denn dass Josefa K***** Hilfeleistungen erbat, die sich im Nachhinein als ungerechtfertigt herausgestellt haben sollten, vermag derartige, vom Beschwerdeführer spekulativ als hysterische Anfälle bezeichnete krankheitswertige Störungen der Aussagefähigkeit nicht einmal nahe zu legen.
Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bereits bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d StPO), woraus die Kompetenz des Gerichtshofes zweiter Instanz zur Entscheidung über die Berufung und die Beschwerde folgt (§§ 285i, 498 StPO).
Die Kostenersatzpflicht des Angeklagten stützt sich auf § 390a Abs 1 StPO.
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