OGH 5Ob159/06b

OGH5Ob159/06b12.9.2006

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Floßmann als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Hurch, Dr. Kalivoda, Dr. Höllwerth und Dr. Grohmann als weitere Richter in den verbundenen außerstreitigen Wohnrechtssachen der Antragsteller 1. Dr. Michael S*****, 2. Dr. Rita S*****, beide *****, beide vertreten durch Dr. Gerhard Hackenberger und Mag. Jürgen Greilberger, Rechtsanwälte in Graz, gegen die Antragsgegner 1. Mag. Klaus F*****, 2. Elisabeth M*****, vertreten durch Dr. Robert Wiesler, Rechtsanwalt in Graz, 3. Mag. Ursula A*****, 4. A*****gesellschaft mbH, *****, Erst‑, Dritt- und Viertantragsgegner vertreten durch Dr. Candidus Cortolezis, Rechtsanwalt in Graz, wegen §§ 16 Abs 2, 17 WEG 2002 iVm § 52 Abs 1 Z 2 und 3 WEG 2002, über den ordentlichen Revisionsrekurs der Zweitantragsgegnerin gegen den Sachbeschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Graz als Rekursgericht vom 31. März 2006, GZ 3 R 163/05w‑29, womit der Sachbeschluss des Bezirksgerichts Frohnleiten vom 22. Juli 2005, GZ 7 Msch 1/04k (7 Msch 2/04g)‑18, bestätigt wurde, den

Sachbeschluss

gefasst:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird teilweise Folge gegeben.

Der Sachbeschluss des Rekursgerichts wird dahin abgeändert, dass dem Rekurs der Zweitantragsgegnerin teilweise Folge gegeben und der Sachbeschluss des Erstgerichts, der in seinem Punkt 2. (Benützungsregelung) als bestätigt aufrecht bleibt und dessen Punkt 3. (Zurückweisung des „Eventualantrags") ersatzlos behoben wird, in seinem Punkt 1. wie folgt abgeändert wird:

„Der Antrag der Antragsteller, die Zustimmung der Antragsgegner zur Änderung der an der Westseite, ebenerdig gelegenen Veranda, des Balkons sowie des Stiegenaufgangs auf der Liegenschaft EZ 1341 ***** (Haus *****) nach dem Plan der Planconsult Austria vom 22. 4. 1999 (Blg ./A), zu ersetzen, wird

abgewiesen."

Text

Begründung

Die Parteien sind die Mit- und Wohnungseigentümer der Liegenschaft EZ 1341 GB ***** mit dem Haus *****. Die Liegenschaft wird im Nordosten von der stark befahrenen G*****straße, im Südosten von der ruhigeren L*****gasse und im Westen von einem Gehweg begrenzt. Der 600 bis 700 m² große Garten, allgemeiner Teil der Liegenschaft, ist vom Lärm der G*****straße annähernd gleich betroffen.

Die Antragsteller sind Eigentümer von gemäß § 12 Abs 1 WEG 1975 verbundenen je 68/464‑Anteilen, mit welchen Wohnungseigentum an der im Erdgeschoß gelegenen Wohnung W 1 verbunden ist, sowie weiteren je 57/928‑Anteilen, mit welchen Wohnungseigentum an der ebenfalls im Erdgeschoß gelegenen Wohnung W 2 verbunden ist. Die Antragsteller bewohnen das gesamte Erdgeschoß des Hauses. Zum Wohnbereich der Antragsteller gehört eine „leicht desolate", im Westen auf einem Sockel an das Gebäude angebaute Holzveranda, die ohne Türe an die Küche der Antragsteller grenzt. Über das desolate Dach der Veranda tritt Feuchtigkeit ein, durch Ritzen zwischen den Holzlatten und durch die mangelhaft isolierten und brüchig verkitteten einfachen Holzfenster der Veranda herrscht ein merklicher Luftzug. Über eine Holzleiter gelangt man von der Veranda an die im Süden angrenzende 25 m² große Terasse, die die Antragsteller im Einvernehmen mit den Antragsgegnern gepflastert und bisher allein benützt haben.

Der Erstantragsgegner ist Eigentümer von 70/464‑Anteilen, mit welchen Wohnungseigentum an der im ersten Stock gelegenen Wohnung W 4 verbunden ist. Im nordwestlichen Teil der Liegenschaft befindet sich eine „befestigte Sitzgelegenheit", die der Erstantragsgegner im Einvernehmen mit den Antragstellern teilweise durch eine Mauer abgegrenzt hat und die bisher ausschließlich er und seine Familie benützt haben. Der Erstantragsgegner ist mit seiner Familie während des Verfahrens aus dem Haus ausgezogen; möglicherweise werden seine Kinder einziehen.

Die Zweitantragsgegnerin ist Eigentümerin von 37/464‑Anteilen, mit welchen Wohnungseigentum an der im Dachgeschoß gelegenen Wohnung W 6 verbunden ist. Die Zweitantragsgegnerin lebt in Australien.

Die Drittantragsgegnerin ist Eigentümerin von 110/464‑Anteilen, mit welchen Wohnungseigentum an der im ersten Stock gelegenen Wohnung W 3 verbunden ist. Die Drittantragsgegnerin bewohnt diese Wohnung.

Die Viertantragsgegnerin ist Eigentümerin von 54/464‑Anteilen, mit welchen Wohnungseigentum an der im zweiten Stock gelegenen Wohnung W 5 verbunden ist. Die Viertantragsgegnerin hat ihre Wohnung an die Antragsteller vermietet.

Die Antragsteller begehrten die Ersetzung der Zustimmung der Antragsgegner zum Umbau der Veranda und eine gerichtliche Benützungsregelung für den Garten. Die Antragsteller beabsichtigen, die Veranda abzutragen und auf dem vorhandenen Sockel eine neue Veranda aufzubauen, die um 60 cm über den Sockel hinausragen und nach Südosten um einen 7 m² großen, als Balkon bezeichneten Teil erweitert werden soll, von dem aus ein Stiegenabgang in den Garten geplant ist. Die Veranda soll verkleidet, mit einer Wärmeisolierung versehen und das Dach soll zum Teil aus Glas, zum Teil aus Titanblech hergestellt werden. Die Veranda soll als von der Küche aus begehbarer Essplatz dienen.

Mit der von den Antragstellern begehrten Benützungsregelung, soll diesen der an die Veranda und die Terasse angrenzende Gartenbereich zur ausschließlichen Nutzung überlassen werden.

Die Antragsteller brachten im Wesentlichen vor, die Veranda seit baufällig, eine Renovierung nicht mehr sinnvoll und daher eine Neuerrichtung nötig. Der Umbau entspreche der Übung des Verkehrs und diene wichtigen Interessen der Antragsteller, weil durch die Verbreiterung der Veranda und die Errichtung des 7 m² großen Balkons auch bei Schlechtwetter und im Winter ein Essplatz geschaffen werde. Der Stiegenabgang zur Terasse führe zur leichteren Benützbarkeit der Veranda. Die Erweiterung der Veranda erfolge in einem Teil des Gartens, welcher schon bisher ausschließlich von den Antragstellern genutzt worden sei. Die bauliche Veränderung führe zu einer Wertsteigerung des Wohnungseigentumsobjekts, verbessere das optische Erscheinungsbild des Hauses und beeinträchtige keine schutzwürdigen Interessen der Antragsgegner.

Die begehrte Benützungsregelung folge der bisherigen faktischen Nutzung und die von den Antragstellern beanspruchte Gartenfläche entspreche den Miteigentumsverhältnissen.

Die Antragsgegner beantragten Abweisung der Anträge. Die von den Antragstellern begehrten Maßnahmen würden weder der Übung des Verkehrs entsprechen noch dienten sie einem wichtigen Interesse der Antragsteller. Durch den begehrten Verandaumbau würde der Lebensraum der Antragsgegner und das äußere Erscheinungsbild des Hauses beeinträchtigt. Durch die Verandaerweiterung werde der Garten massiv verkleinert und schattiger. Mit „Eventualantrag" begehrten die Antragsgegner, die Änderung der Veranda nur zu bewilligen, wenn ihnen gleichzeitig die Errichtung verbauter Balkone auf und über der Veranda der Antragsteller im ersten und zweiten Obergeschoß bewilligt werde.

Die von den Antragstellern begehrte Benützungsregelung diene ausschließlich deren Interesse, um die besten und sonnigsten Grünflächen zu nutzen; die von den Antragstellern beanspruchte Gartenfläche sei auch viel zu groß.

Das Erstgericht gab beiden Anträgen statt und wies den „Eventualantrag" der Antragsgegner zurück. Der Verandaumbau führe zu keiner wesentlichen Beeinträchtigung von Interessen der Antragsgegner, weil ohne Veränderung im Sockelbereich das unscheinbare Äußere des Hauses auch durch die zusätzliche Errichtung des Balkons mit Glasdach nicht verschlechtert werde. Da schon bisher über eine Leiter ein direkter Verandaabgang zum Garten bestanden habe, seien durch einen Stiegenaufgang keine größeren Beeinträchtigungen der Antragsgegner zu erwarten. Auch zu einer Einschränkung des Lebensraums der Antragsgegner komme es nicht, weil der für die Veranda in Anspruch genommene Bereich schon bisher einvernehmlich von den Antragstellern benützt worden sei. Der Balkonanbau sei zwar eine nicht unerhebliche Umgestaltung der Außenfassade und nicht verkehrsüblich, doch diene er wichtigen Interessen der Antragsteller, weil die desolate und mangelhaft isolierte Veranda dringend renovierungsbedürftig sei und ihre geringfügige Vergrößerung ohne Veränderung der Fundamente zu einer beträchtlichen Verbesserung der Lebensqualität der Antragsteller und zu einer Erhöhung des Wohnwerts führe.

Die Benützungsregelung trage in einer umfassenden Interessenabwägung der bisher einvernehmlichen Gartenutzung Rechnung, schaffe getrennte Bereiche mit gleichwertigen Flächen und entspräche den Miteigentumsanteilen, weshalb kein Benützungsentgelt festzusetzen gewesen sei.

Das Eventualbegehren der Antragsgegner sei prozessual unzulässig, weil nur über die Anträge der Antragsteller im Sinn der Abweisung oder Stattgebung entschieden werden könne.

Das Rekursgericht gab den Rechtsmitteln der Antragsgegner nicht Folge. Die Ansicht der Antragsgegner, die Antragsteller hätten die Veranda verfallen lassen, weshalb sie nur zur „Renovierung" und nicht zur „Neuerrichtung" berechtigt werden dürften, verkenne, dass die Eigentümergemeinschaft zur Erhaltung der allgemeinen Teile der Liegenschaft berufen sei. Da die Eigentümergemeinschaft dieser Verpflichtung im Fall der Veranda nicht nachgekommen sei, sei den Antragstellern ein wichtiges Interesse an der Änderung dieser allgemeinen Teile der Liegenschaft auf deren Kosten zuzuerkennen. Da die Veranda auf dem bestehenden Sockel aufgebaut werden und über diesen nur 60 cm hinausragen solle, erfolge kein nennenswerter Eingriff in schutzwürdige Interessen der Antragsgegner, zumal dieser Teil des Gebäudes schon bisher ausschließlich von den Antragstellern benützt worden sei. Dass der bisher in einer Holzleiter bestandene Terassenabgang durch eine Stiege ersetzt werde, entspreche schon aus Sicherheitsgründen der Übung des Verkehrs und einem wichtigen Interesse der Antragsteller. Da die Wichtigkeit des Interesses in Relation zum Ausmaß der Inanspruchnahme allgemeiner Teile der Liegenschaft zu sehen sei, überwiege vorliegend das Interesse der Antragsteller an einem gegen Feuchtigkeit und Luftzug isolierten, an die Küche angrenzenden Raum und an einem stabilen und sicheren Abgang zur Terrasse die damit verbundene Inanspruchnahme allgemeiner Teile der Liegenschaft bei weitem, weshalb die erstgerichtliche Entscheidung nicht zu beanstanden sei. Soweit die Antragsgegner mit ihrem „Eventualantrag" ihre Zustimmung zum Verandaumbau von der Zuerkennung eines „Aliud" - einer vom Antrag abweichenden Bauausführung, die ihnen in Zukunft bautechnisch einen Aufbau auf die Veranda ermöglichen würde - abhängig machen wollten, sei ihnen zu entgegen, dass Anträge nach § 16 WEG 2002 dem Dispositionsgrundsatz unterlägen. Das Gericht sei an den Sachantrag der Antragsteller gebunden und dürfe nur in dessen Rahmen entscheiden. Der „Eventualantrag" laufe darauf hinaus, den Antragstellern etwas zu genehmigen, was diese nicht beantragt hätten; eine derartige Änderung zu Lasten der Antragsteller wäre ein Verstoß gegen den Dispositionsgrundsatz, weshalb das Erstgericht diesen - im wohnrechtlichen Außerstreitverfahren den Antragsgegnern auch prozessual nicht zustehenden - Gegenantrag zu Recht zurückgewiesen habe.

Mit der vom Erstgericht getroffenen Benützungsregelung sei jedem Wohnungseigentümer ein seinem Miteigentumsanteil entsprechendes Nutzungsrecht am Garten zugewiesen worden. Dabei habe das Erstgericht die persönlichen und familiären Bedürfnisse der Wohnungseigentümer im Rahmen einer zu billigenden Ermessensentscheidung insoweit berücksichtigt, als es auf die vorangegangene einvernehmliche Nutzung der Gartenfläche samt befestigter Sitzgelegenheiten, auf die Zugangsmöglichkeiten vom Hauseingang und von den einzelnen Wohnungen sowie - angesichts der Konfliktsituation - auf eine in der Natur leicht zu vollziehende klare Abgrenzung der den Wohnungseigentümern zugewiesenen Gartenflächen Bedacht genommen habe.

Das Rekursgericht sprach aus, der Wert des Entscheidungsgegenstands übersteige 10.000 Euro und der ordentliche Revisionsrekurs sei zulässig; das Höchstgericht habe sich nämlich - soweit überblickbar - noch nicht mit der Frage auseinandergesetzt, ob nach Vernachlässigung der Erhaltungspflicht an allgemeinen Teilen der Liegenschaft (Außenfassade) durch die Eigentümergemeinschaft der einzelne Wohnungseigentümer, dessen Objekt durch den davon betroffenen Fassadenteil begrenzt werde, berechtigt sei, gemäß § 16 Abs 2 Z 2 WEG 2002 diese allgemeinen Liegenschaftsteile auf seine Kosten so umzugestalten, dass die baulichen Veränderungen geringfügig über den Erhaltungszweck (§ 28 Abs 1 Z 1 WEG 2002) hinausgingen.

Gegen die Entscheidung des Rekursgerichts richtet sich der ordentliche Revisionsrekurs der Zweitantragsgegnerin wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem erschließbaren Antrag auf Abänderung im Sinn der Rekurstattgebung dahin, dass die Anträge der Antragsteller abgewiesen werden; hilfsweise stellt die Zweitantragsgegnerin auch einen Aufhebungsantrag und einen weiteren Eventualantrag auf Abänderung dahin, den Verandaausbau nur mit einer Ausführung zu bewilligen, die den Antragsgegnern den Aufbau verbauter Balkone im ersten und zweiten Obergeschoß ermögliche.

Die Antragsteller erstatteten eine Revisionsrekursbeantwortung mit dem Antrag, den Revisionsrekurs der Zweitantragsgegnerin mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage zurückzuweisen, hilfsweise diesem nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs der Zweitantragsgegnerin ist zulässig, weil die Vorinstanzen von der Rechtsprechung des erkennenden Senats zum Änderungsrecht des Wohnungseigentümers nach § 16 Abs 2 WEG 2002 abgewichen sind; (nur) in diesem Punkt ist der Revisionsrekurs auch berechtigt.

A. Zum Änderungsrecht des Wohnungseigentümers nach § 16 Abs 2 WEG 2002:

1. Die Zweitantragsgegnerin ist - zusammengefasst - der Ansicht, dass der (nur) „leicht desolate" Zustand der vorhandenen Holzveranda nicht deren Neuerrichtung rechtfertige und eine solche auch nicht mit der zu § 16 WEG 2002 entwickelten Judikatur in Einklang stehe. Es wäre den Antragstellern vielmehr möglich und zumutbar, die Veranda (nur) zu renovieren, anstatt eine gänzliche Neuerrichtung mit Inanspruchnahme allgemeiner Teile der Liegenschaft und unter gänzlicher Außerachtlassung der Interessen der übrigen Miteigentümer sowie auch des äußeren Erscheinungsbildes der Liegenschaft durchzuführen. Durch die Erweiterung der Veranda würden Gartenteile in Anspruch genommen. Die Antragsteller würden die Neuerrichtung - wohl ganz bewusst - so ausgestalten, dass ein Aufbau auf dieser Veranda im ersten und zweiten Obergeschoß nicht mehr möglich sei. Es fehle den Antragstellern auch ein wichtiges Interesse im Sinn des § 16 Abs 2 Z 2 WEG, weil diese mit dem Umbau (richtig: mit der gänzlichen Neuerrichtung) der Veranda lediglich eine bequemere und umfassendere Nutzung, etwa gleich einem Wintergarten anstrebten; nach ständiger Judikatur reiche aber der bloße Wunsch nach bequemerer Lebensführung für die Annahme eines wichtigen Interesses nicht.

2. Gemäß § 16 Abs 2 Z 1 WEG 2002 ist der Wohnungseigentümer zu Änderungen an seinem Wohnungseigentumsobjekt auf seine Kosten berechtigt, wobei die Änderung weder eine Schädigung des Hauses noch eine Beeinträchtigung schutzwürdiger Interessen der anderen Wohnungseigentümer, besonders auch keine Beeinträchtigung der äußeren Erscheinung des Hauses, noch eine Gefahr für die Sicherheit von Personen, des Hauses oder von anderen Sachen zur Folge haben darf. Werden für eine solche Änderung auch allgemeine Teile der Liegenschaft in Anspruch genommen, so muss die Änderung gemäß § 16 Abs 2 Z 2 WEG 2002 überdies entweder der Übung des Verkehrs entsprechen oder einem wichtigen Interesse des Wohnungseigentümers dienen.

3. Unstrittig ist, dass bei der von den Antragstellern angestrebten Erneuerung, qualitativen Verbesserung und dem Ausbau der Veranda auch allgemeine Teile der Liegenschaft, nämlich insbesondere Teile der Außenfassade in Anspruch genommen werden sollen; für die Zulässigkeit dieses Vorgehens müssen daher die Voraussetzungen des § 16 Abs 2 Z 1 und 2 WEG 2002 vorliegen. Dabei ist die vom Rekursgericht für erheblich erkannte Rechtsfrage, nämlich die Bedeutung des Zusammenhangs mit einem infolge vernachlässigter Erhaltung notwendigen Renovierungsbedarfs jedenfalls insoweit nicht entscheidungswesentlich, als auch bei ‑ dem § 16 Abs 2 WEG 2002 zu unterstellenden - Änderungen des Wohnungseigentumsobjekts, welche der Wohnungseigentümer im Zuge von Renovierungs‑, Sanierungs- oder Erneuerungsarbeiten vornehmen will, keine Ausnahmen von den in § 16 Abs 2 Z 1 und 2 WEG 2002 genannten Anforderungen vorgesehen sind, diese daher grundsätzlich auch in einem solchen Fall erfüllt sein müssen; dies haben die Vorinstanzen und die Parteien auch zutreffend erkannt, setzen sie sich doch gerade mit dem Vorliegen dieser Voraussetzungen (Übung des Verkehrs; wichtiges Interesse des Wohnungseigentümers) inhaltlich auseinander.

3.1. Der erkennende Senat hat schon vor Inkraftteten des AußStrG nF, den Standpunkt vertreten, dass die Parteien in wohnrechtlichen Außerstreitverfahren zwar keine förmliche Beweislast, aber doch eine qualifizierte Behauptungspflicht treffe (RIS‑Justiz RS0083783 [insb T5]), weshalb die Pflicht des Gerichts zur amtswegigen Prüfung des Sachverhalts dort ende, wo ein Vorbringen der Partei überhaupt nicht vorliege (5 Ob 2334/96p); an dieser Rechtsprechung ist auch nach dem Inkraftteten des AußStrG nF grundsätzlich festzuhalten, sieht doch nunmehr § 16 Abs 2 AußStrG nF ausdrücklich eine Wahrheits- und Vollständigkeitspflicht sowie eine Mitwirkungspflicht der Parteien vor.

3.2. Hier haben die Antragsteller vor dem Erstgericht zum Vorliegen der Voraussetzungen nach § 16 Abs 2 Z 2 WEG 2002 lediglich ganz allgemein die Verkehrsüblichkeit des Verandaausbaus behauptet und ihr wichtiges Interesse mit der verbesserten Nutzbarkeit als Essplatz auch bei Schlechtwetter und im Winter, der leichteren Erreichbarkeit der Terasse durch den Stiegenabgang und der Wertsteigerung des Wohnungseigentumsobjekts begründet. Bereits das Erstgericht hat zutreffend darauf hingewiesen, dass eine Veranda und ihr - qualitativer und umfänglicher - Ausbau zum Zweck einer wintergartenähnlichen Nutzung nicht der Übung des Verkehrs entspricht. Soweit das Rekursgericht den Stiegenabgang zur Terasse (anstelle der Holzleiter) aus Sicherheitsgründen als verkehrsüblich einschätzt, ist dies eine überschießende Annahme, auf die sich die Antragsteller vor dem Erstgericht nicht berufen haben.

3.3. Im Übrigen entspricht es herrschender höchstgerichtlicher Rechtsprechung, dass das für die Genehmigungsfähigkeit einer Änderung des Wohnungseigentumsobjekts unter Inanspruchnahme allgemeiner Teile der Liegenschaft erforderliche „wichtige Interesse" des Wohnungseigentümers in der Regel nicht mit einer Steigerung der Lebensqualität und einer Wertsteigerung des eigenen Objekts begründet werden kann (5 Ob 92/94 = wobl 1995/63, 143, Markl = MietSlg 46.522; 5 Ob 269/98i = immolex 1999/100, 145 = wobl 2000/39 = bbl 1999, 121 = NZ 1999,391 = MietSlg 50.576; 5 Ob 261/99i = MietSlg 52.540; 5 Ob 5/01y = wobl 2003/88,185 = MietSlg 53.505; RIS‑Justiz RS0083345); dies wurde bereits für Fälle der Wohnungsvergrößerung (5 Ob 2334/96p = immolex 1998/66, 112 = MietSlg 49.497; 5 Ob 269/98i = immolex 1999/100,145 = wobl 2000/39 = bbl 1999, 121 = NZ 1999,391 = MietSlg 50.576), aber auch für die Errichtung einer Terrasse ausgesprochen (5 Ob 92/94 = wobl 1995/63, 143, Markl = MietSlg 46.522; 5 Ob 269/98i = immolex 1999/100, 145 = wobl 2000/39 = bbl 1999, 121 = NZ 1999, 391 = MietSlg 50.576). Da mit angestrebten Änderungen eines Wohnungseigentumsobjekts für den Wohnungseigentümer nahezu typischerweise (auch) eine Steigerung der Lebensqualität und des Wertes des Objekts verbunden sind, stellen diese Umstände (allein) in der Regel kein wichtiges Interesse dar, weil andernfalls praktisch jede Änderung zu genehmigen wäre, dem Gesetzgeber aber nicht die Schaffung einer inhaltsleeren Gesetzesbestimmung unterstellt werden kann. Es muss daher im Allgemeinen das wichtige Interesse im Sinn des § 16 Abs 2 Z 2 WEG 2002 ein solches sein, das über das an einer Wohnungsvergrößerung und -verbesserung selbstverständlich bestehende Interesse eines jeden Miteigentümers hinausgeht; ein solches haben die Antragsteller aber nicht einmal konkret behauptet. Der Entscheidung MietSlg 40.639 = wobl 1988/42, 69, auf welche sich die Antragssteller in der Revisionsrekursbeantwortung berufen, lag ein nicht ausreichend vergleichbarer Sachverhalt zugrunde, ging es doch dort um die Vergrößerung einer Terrasse um ein für keinen anderen Wohnungseigentümer nutzbares oder betretbares kleines Stück Flachdach. Im Ergebnis fehlt es daher schon an einer ausreichenden Behauptung der Voraussetzungen des § 16 Abs 2 Z 2 WEG 2002, weshalb der Antrag auf Genehmigung des Neu- und Umbaus der Veranda in Abänderung der Entscheidungen der Vorinstanzen abzuweisen war; damit hat auch eine Entscheidung über den nur für den Fall der Antragsstattgebung erhobenen „Eventualantrag" der Antragsgegner zu entfallen.

B. Zur Benützungsregelung:

1. Die Zweitantragsgegnerin erachtet die vom Erstgericht getroffene Benützungsregelgung bereits deshalb für verfehlt, weil schon bisher der südlich an die Veranda angrenzende Bereich von den Antragstellern und eine im nordwestlichen Gartenbereich gelegene Fläche vom Erstantragsgegner und dessen Familie unbeanstandet genützt worden und deshalb die von den Antragstellern begehrte Benützungsregelung nicht notwendig sei; zumindest lägen die dafür in § 17 Abs 2 WEG geforderten wichtigen Gründe nicht vor. Die Gartenflächen seien als allgemeine Teile der Liegenschaft schon begrifflich solche, die eben nicht - gleichsam „schachtelartig" - auf die einzelnen Wohnungseigentümer aufzuteilen, sondern von allen Wohnungseigentümern gemeinsam zu nutzen seien. Die Antragsteller würden den Versuch unternehmen, die Gartenfläche (Allgemeinfläche) nunmehr - durch Errichtung künstlicher Grenzen - aufzuteilen; dies widerspreche der Absicht des Gesetzgebers in Bezug auf die Nutzung solcher Allgemeinflächen (eben durch alle Wohnungseigentümer gemeinsam) und entbehre auch jeglicher Rechtsgrundlage, weil die vom Gesetz geforderten „wichtigen Gründe" für eine solche Benützungsvereinbarung nicht vorlägen und von den Antragstellern nicht einmal behauptet worden seien.

2. Nach § 17 Abs 1 WEG 2002 können sämtliche Wohnungseigentümer schriftlich eine Vereinbarung über die Benützung der verfügbaren allgemeinen Teile der Liegenschaft treffen; eine solche - schriftliche - Vereinbarung lag hier - unstrittig - nicht vor. Gemäß § 17 Abs 2 WEG 2002 kann jeder Wohnungseigentümer eine gerichtliche Regelung über die Benützung der verfügbaren allgemeinen Teile der Liegenschaft oder die gerichtliche Abänderung einer bestehenden Regelung aus wichtigen Gründen beantragen. Die Zweitantragsgegnerin verkennt nach ihren Rechtsmittelausführungen die wiedergegebene gesetzliche Regelung insoweit, als der von ihr vermisste „wichtige Grund" nicht für eine erstmalige Benützungsregelung, sondern nur für die gerichtliche Abänderung einer bestehenden Regelung erforderlich ist (Würth/Zingher/Kovanyi, Miet- und Wohnrecht21, § 17 WEG Rz 6); für die erstmalige Antragstellung ist es irrelevant, ob der die Regelung begehrende Antragsteller dafür ein konkretes Interesse oder einen spezifischen Bedarf nachzuweisen vermag (Vonkilch in Hausmann/Vonkilch, Österreichisches Wohnrecht, § 17 WEG 2002 Rz 27).

3. Im Übrigen handelt es sich bei jeder Benützungsregelung um eine nach umfassender Interessenabwägung zu treffende, von Billigkeitserwägungen getragene Ermessensentscheidung (5 Ob 17/99g mwN; RIS‑Justiz RS0101498). Das Erstgericht hat eine solche Interessenabwägung plausbil vorgenommen; eine unrichtige Ermessensübung zeigt die Zweitantragsgegnerin nicht auf, weshalb ihr Revisionsrekurs, soweit er sich gegen die erstgerichtliche Benützungregelung richtet, erfolglos bleiben muss.

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