OGH 7Ob182/06z

OGH7Ob182/06z30.8.2006

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch die Senatspräsidentin des Obersten Gerichtshofes Dr. Huber als Vorsitzende sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Danzl, Dr. Schaumüller, Dr. Hoch und Dr. Kalivoda als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Josef Sch*****, vertreten durch Vogl Rechtsanwalt GmbH in Feldkirch, gegen die beklagte Partei W*****, vertreten durch Emberger Rechtsanwaltskanzlei GmbH in Wien, wegen EUR 12.263,54 sA, über die Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Berufungsgericht vom 5. Mai 2006, GZ 4 R 27/06m-17, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Landesgerichtes Feldkirch vom 18. November 2005, GZ 9 Cg 23/05z-12, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Revision der klagenden Partei wird zurückgewiesen. Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei zu Handen ihrer Vertreterin binnen 14 Tagen die mit EUR 724,71 (hierin enthalten EUR 99,96 Umsatzsteuer) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung zu ersetzen.

Text

Begründung

Der Kläger erlitt am 15. 5. 2002 bei einem Sturz eine Verletzung der linken und am 22. 6. 2002 bei einem weiteren Sturz mit seinem Motorrad auch eine Verletzung der rechten Schulter. Hinsichtlich beider Verletzungen begehrte er von der Beklagten Versicherungsleistungen, wobei Gegenstand der vorliegenden Klage ausschließlich die erste (linksseitige) Verletzung ist und die Höhe der aus der damit verbundenen Armwertminderung abgeleiteten Entschädigung von der Beklagten bereits in ihrer Klagebeantwortung außer Streit gestellt wurde.

Einziger noch aufrechter Streitpunkt zwischen den Parteien (im Rahmen des so wie schon im Berufungsverfahren einzig relevierten Rechtsmittelgrundes der unrichtigen rechtlichen Beurteilung) bildet die Frage, ob der gegen die (erst) am 25. 2. 2005 eingebrachten Klage zufolge des qualifizierten Ablehnungsschreibens der beklagten Versicherung vom 21. 11. 2003 von dieser erhobenen Verjährungseinrede Berechtigung zukommt, wie dies vom Berufungsgericht - in Abänderung der (weitestgehend) klagestattgebenden Entscheidung des Erstgerichtes (ein geringfügiges Mehrbegehren von EUR 50 sA war schon vom Erstgericht unbekämpft abgewiesen worden) - angenommen wurde. Das Berufungsgericht ließ die ordentliche Revision über Abänderungsantrag nach § 508 ZPO nachträglich mit der Begründung zu, dass „der Frage der Ablehnungserklärung der Versicherung Bedeutung über den Einzelfall hinaus zukommt".

Der Oberste Gerichtshof ist gemäß § 508a Abs 1 ZPO an diesen Ausspruch des Berufungsgerichtes nicht gebunden; gemäß § 510 Abs 3 letzter Satz ZPO kann sich die Zurückweisung einer Revision wegen Fehlens einer erheblichen Rechtsfrage im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO auf die Zurückweisungsgründe beschränken.

Rechtliche Beurteilung

Der Auslegung von Urkunden kommt in der Regel - krasse Fehlbeurteilungen ausgenommen - keine über den Einzelfall hinausgehende und damit revisible Bedeutung zu (RIS-Justiz RS0043422 und RS0043415).

Nach § 12 Abs 3 iVm Abs 2 VersVG ist die (schriftliche) Ablehnung des Versicherers „zumindest mit der Anführung einer der Ablehnung zugrunde gelegten Tatsache und gesetzlichen oder vertraglichen Bestimmung" zu begründen. Misst man an diesen gesetzlichen Vorgaben die hier zur Beurteilung anstehenden Schreiben der beklagten Partei vom 21. 11. 2003 (Beilage K) und vom 5. 11. 2003 (Beilage I), auf welches in ersterem ausdrücklich verwiesen wird, so ist das vom Berufungsgericht gefundene Ergebnis nicht zu beanstanden. Mit Schreiben vom 5. 11. 2003 an den Versicherungsnehmer, in welchem ausdrücklich (unter Zitierung des Gutachtens des medizinischen Sachverständigen Dr. Z*****) auf die Schulterverletzung links Bezug genommen worden war, wurde die Erbringung von Invaliditätsleistungen abgelehnt und die „Schließung der Bearbeitung" des Schadensfalles damit begründet, dass der Kläger in seiner Schadensanzeige „sämtliche Fragen nach vorangegangenen Erkrankungen oder Verletzungen des durch den Unfall beeinträchtigten Körperteils" (obwohl er Jahre zuvor bereits sechsmal Schulterluxationen erlitten hatte und diesbezüglich operiert worden war) verneint hatte; im weiteren Schreiben vom 21. 11. 2003, in welchem ausdrücklich auf das vorangegangene verwiesen wird, erfolgte sodann im Rahmen der (nochmaligen) „Versagung des Versicherungsschutzes" die Verweisung auf die Rechtsfolge des 12 Abs 3 VersVG. Auch wenn an ein solches Ablehnungsschreiben strenge Anforderungen zu stellen sind (RIS-Justiz RS0080224), so wurde darin - auch für einen - wie in der Revision bezeichnet, „durchschnittlich vernunftbegabten Versicherungsnehmer" - notwendig klar und ausreichend eindeutig zum Ausdruck gebracht, welcher Versicherungsanspruch (nämlich jener hinsichtlich der linken Schulter) abgelehnt wurde; des Weiteren ist auch die Rechtsbelehrung im Sinne des (im Schreiben zitierten) § 12 Abs 3 leg cit eindeutig klar und ausdrücklich wiedergegeben (RIS-Justiz RS0080355), kommt doch die mit dem Ablauf der genannten Jahresfrist verbundene Rechtsfolge deutlich zum Ausdruck (RIS-Justiz RS0080251). Sofern in der Revision - schwerpunktmäßig (und entgegen der Argumentation in der Revisionsbeantwortung im Hinblick auf das ausdrückliche Erwiderungsvorbringen zur Verjährungseinrede bereits im vorbereitenden Schriftsatz ON 4 auch nicht durch das Neuerungsverbot sanktioniert) - das „Fehlen einer der Ablehnung zugrunde gelegten gesetzlichen oder vertraglichen Bestimmung" moniert wird, hat dem der Versicherer durch den bereits wiedergegebenen Hinweis auf die (ausdrücklich als unwahr und unvollständig gerügte) Nichtanzeige bestehender Vorerkrankungen bzw Vorverletzungen ausreichend Genüge getan, wird doch damit - ebenfalls ausreichend klar - auf die den Versicherungsnehmer treffende Wahrheitspflicht nach Punkt 7.2 AUB 99/2002 samt daraus abgeleitetem Obliegenheitsverstoß Bezug genommen. Darauf, dass bei den mehrstelligen Schadensnummern beider Schadensfälle in der Betreffzeile des Ablehnungsschreibens bei einer Position ein Fehler unterlief, konnte nach dem Inhalt der Schreiben in Verbindung mit der richtig angeführten Polizzennummer für den Kläger als „durchschnittlich vernuftbegabtem Versicherungsnehmer" ebenfalls kein vernünftiger Zweifel hervorgerufen werden. Mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage gemäß § 502 Abs 1 ZPO ist das Rechtsmittel damit als unzulässig zurückzuweisen. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 41, 50 ZPO; die beklagte Partei hat auf die Unzulässigkeit des gegnerischen Rechtsmittels ausdrücklich hingewiesen.

Stichworte