OGH 4Ob102/06p

OGH4Ob102/06p9.8.2006

Der Oberste Gerichtshof hat durch die Vizepräsidentin des Obersten Gerichtshofs Hon. Prof. Dr. Griß als Vorsitzende, die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Schenk und die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Vogel, Dr. Jensik und Dr. Musger als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei M*****, vertreten durch Giger, Ruggenthaler & Partner, Rechtsanwälte KEG in Wien, gegen die beklagte Partei S*****, vertreten durch Dr. Heinz Knoflach und andere, Rechtsanwälte in Innsbruck, wegen Unterlassung und Urteilsveröffentlichung (Streitwert im Provisorialverfahren 32.000 EUR), über die außerordentlichen Revisionsrekurse der klagenden und der beklagten Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Innsbruck als Rekursgericht vom 30. März 2006, GZ 2 R 64/06p-8, womit der Beschluss des Landesgerichts Innsbruck vom 13. Februar 2006, GZ 5 Cg 15/06v-3, teilweise bestätigt und teilweise abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

1. Dem Revisionsrekurs der beklagten Partei wird Folge gegeben. Die angefochtene Entscheidung wird dahin abgeändert, dass die den Sicherungsantrag abweisende Entscheidung des Erstgerichts wiederhergestellt wird.

2. Die klagende Partei wird mit ihrem Revisionsrekurs auf die Entscheidung über den Revisionsrekurs der beklagten Partei verwiesen.

3. Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 2.987,46 EUR (darin 497,91 EUR USt) bestimmten Kosten des Rechtsmittelverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Begründung

Die klagende Partei ist Verlegerin zweier Tageszeitungen, die jeweils in bundesländerweise verschiedenen Mutationsausgaben, in Tirol als „Tiroler Krone" und „Tirol Kurier" erscheinen.

Die Beklagte ist Medieninhaberin und Verlegerin der (außer an Montagen) täglich erscheinenden periodischen Druckschrift „Neue Zeitung für Tirol".

Die Medien der Streitteile enthalten bezahlte Anzeigen und sprechen im Raum Tirol Personen an, die an Politik, Wirtschaft, Regionalem, Szene und Sport interessiert sind. Ihre Inhalte sind auch im Internet auf den jeweiligen Websiten der Streitteile abrufbar. Die Beklagte bietet in ganzseitigen Werbeeinschaltungen ihrer Tageszeitung, so auch am 9. 8. 2005, ein Sechs-Monatsabonnement ihrer Zeitschrift in Verbindung mit Tankgutscheinen der Gutmann-Tankstellen an wie folgt:

„Tanken Sie die tägliche Wahrheit!

Sechs Monate Neue lesen + Tankgutscheine von Gutmann im Wert von EUR 30,- zum Superpreis von EUR 49,-! Sie sparen EUR 41,-" „Einlösbar in allen Gutmann-Tankstellen Tirols"

„14 Gutmann-Tankstellen in ihrer Nähe: ... (Angabe der Adressen dieser Tankstellen)".

Im oberen Bereich der Einschaltung befindet sich - in die Überschrift „Tanken Sie die tägliche Wahrheit!" hineinragend - das Bild eines Zapfhahns, der gerade für einen Betankungsvorgang betätigt wird. Zur Sicherung ihres inhaltsgleichen Unterlassungsanspruchs begehrt die Klägerin, der Beklagten mit einstweiliger Verfügung zu untersagen, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs unentgeltliche Gutscheine zu der von ihr verlegten periodischen Druckschrift „Neue Zeitung für Tirol" anzubieten und/oder anzukündigen und/oder zu gewähren, insbesondere zum Halbjahresabonnement der Tageszeitung „Neue Zeitung für Tirol" im Wert von 49 EUR unentgeltliche Gutscheine für Gutmann-Tankstellen im Wert von 30 EUR anzubieten und/oder anzukündigen und/oder zu gewähren. Sie beantragt, die einstweilige Verfügung bis vierzehn Tage nach Rechtskraft des über die Unterlassungsklage ergehenden Urteils zu erlassen. Das Angebot der Beklagten verstoße gegen das Zugabenverbot. Der Wert der Tankgutscheine werde nicht nur von der Höhe des ausgewiesenen Betrags bestimmt, weil sie nicht nur auf Treibstoff, sondern auch auf sämtliche bei diesen Tankstellen erhältliche Waren angerechnet würden. Selbst wenn die Gutscheine ausschließlich beim Tanken eingelöst werden könnten, seien sie nicht bargeldgleich, weil der Abgabepreis für Erdölprodukte nicht einheitlich sei. Jedenfalls liege ein unzulässiges Koppelungsgeschäft vor. Der Gesamtpreis von 49 EUR erreiche nicht einmal den Preis des regulären Halbjahresabonnements von 60 EUR. Wenngleich die Gutscheine nicht ausdrücklich als kostenlos angekündigt würden, ergebe sich ihre Unentgeltlichkeit aus dem Gesamtzusammenhang der Einschaltung, insbesondere aus dem Hinweis, dass ein reguläres Halbjahresabonnement 60 EUR koste.

Die Beklagte beantragte die Abweisung des Sicherungsantrags. Die Ankündigung erwecke nicht den Eindruck der Unentgeltlichkeit. Es würden ausschließlich Gutscheine zum Tanken angeboten. Der Markt für Treibstoff sei hinsichtlich der Preise transparent, sodass die Gutscheine gleich Bargeld Verwendung finden könnten. Dass sie auch zum Bezug anderer Waren berechtigten, sei mangels eines Hinweises im Inserat selbst irrelevant. Auch ein unzulässiges Koppelungsgeschäft liege nicht vor. Warum die einstweilige Verfügung bis vierzehn Tage nach Rechtskraft des über die Unterlassungsklage ergehenden Urteils wirken solle, sei nicht nachvollziehbar.

Das Erstgericht wies den Sicherungsantrag ab. Es stellte noch fest, mit den Gutscheinen könnten Treibstoffe und Waren des täglichen Gebrauchs erworben werden, die Gutscheine seien nicht in Bargeld ablösbar. Die Treibstoffpreise unterschiedlichster Anbieter in Tirol differierten - wenn überhaupt - nur an der dritten Stelle hinter dem Komma und seien unter Treibstoffverbrauchern zumindest seit einem halben Jahr bekannt.

Rechtlich ging das Erstgericht von einer nach § 9a Abs 2 Z 5 UWG zulässigen Zugabe aus. Ein die Zugabe verschleierndes Koppelungsgeschäft liege nicht vor, weil die Unentgeltlichkeit der Gutscheine aus der Ankündigung hervorgehe. Der Normalpreis der Hauptware (Halbjahresabo) betrage nämlich 60 EUR, der Gesamtpreis für Hauptware zuzüglich Gutschein im Wert von 30 EUR demgegenüber insgesamt nur 49 EUR. Der vorliegende Sachverhalt unterscheide sich von den den Entscheidungen des Obersten Gerichtshofs 4 Ob 204/00d und 4 Ob 254/02h zugrundeliegenden Sachverhaltsannahmen, weil der Treibstoffmarkt transparent sei. Treibstoffpreise würden - nicht zuletzt wegen ihrer Höhe - seit geraumer Zeit öffentlich diskutiert, sodass der Gegenstand der Zugabe einem Geldbetrag iSd § 9a Abs 2 Z 5 UWG gleichkomme. Dass diese Gutscheine auch zum Bezug anderer Waren verwendet werden könnten, sei der Ankündigung nicht zu entnehmen. Es sei ohne Bedeutung, wenn sich dieser Umstand im Nachhinein herausstelle.

Das Rekursgericht erließ die einstweilige Verfügung, fügte jedoch der beantragten Formulierung den Satz hinzu: „sofern diese (gemeint Gutscheine) nicht bargeldgleich verwendet werden können". Das Mehrbegehren, der Beklagten ganz allgemein zu verbieten, unentgeltliche Gutscheine anzubieten und/oder anzukündigen und/oder zu gewähren, wies das Rekursgericht ebenso ab wie den Antrag, die Wirksamkeit der einstweiligen Verfügung über die Rechtskraft des Urteils im Hauptverfahren hinaus zu erstrecken. Das Rekursgericht sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 20.000 EUR übersteige und der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig sei. Das Rekursgericht übernahm die erstgerichtliche Feststellung nicht, wonach Treibstoffpreise unterschiedlichster Anbieter in Tirol (nur) an der dritten Stelle hinter dem Komma differierten und dies den Treibstoffverbrauchern seit zumindest einem halben Jahr bekannt sei. Statt dessen stellte es fest, dass der Treibstoffmarkt in den vergangenen Monaten verstärkt Schwankungen unterlegen sei, und den Treibstoffverbrauchern weder die genauen Treibstoffpreise noch die Tatsache bekannt seien, dass der Treibstoffpreis derzeit bei allen Anbietern in Tirol beinahe centgenau gleich sei.

Rechtlich führte das Rekursgericht aus, die Tankgutscheine erfüllten nicht den Ausnahmetatbestand des § 9a Abs 2 Z 5 UWG. Sie könnten nicht in Bargeld abgelöst werden und berechtigten nicht zum Bezug von Waren oder Dienstleistungen, deren Preise überall gleich oder zumindest so transparent seien, dass der Erwerber beurteilen könne, wieviel er sich durch diese Gutscheine im Vergleich zum Erwerb bei einem anderen Anbieter gleichartiger Waren erspare. Es stehe nämlich auch fest, dass die Gutscheine nicht nur zum Bezug von Treibstoff, sondern zum Bezug aller Waren des täglichen Gebrauchs berechtigten, die von den Tankstellen angeboten würden. Davon abgesehen weise das Treibstoffpreisniveau - wenn auch nur geringfügige so doch - Unterschiede auf, die der in der Rechtsprechung geforderten Markttransparenz entgegenstünden.

Das Unterlassungsgebot sei jedoch zu weit gefasst. Der Beklagten wäre es auch untersagt, jedwede Art von Gutscheinen anzubieten, somit auch solche, die in Bargeld ablösbar oder einem Bargeldbetrag gleichzuhalten seien.

Rechtliche Beurteilung

Beide Streitteile bekämpfen die Entscheidung des Rekursgerichts mit außerordentlichem Revisionsrekurs; beide Rechtsmittel sind zulässig, weil die Zugabeneigenschaft von Tankgutscheinen einer weiteren Klärung bedarf. Der Revisionsrekurs der Beklagten ist auch berechtigt.

Die Beklagte macht als wesentlichen Verfahrensmangel geltend, die ergänzenden Feststellungen des Rekursgerichts seien überschießend und veränderten die Entscheidungsgrundlage unzulässigerweise zu ihrem Nachteil. Der Kunde erwarte von einem „Tankgutschein" nur eine Verrechnungsmöglichkeit für Treibstoffe und nicht auch für andere Waren. Der auf einen bestimmten Betrag lautende Treibstoffgutschein komme einem Geldbetrag gleich und erfülle den Ausnahmetatbestand des § 9a Abs 2 Z 5 UWG.

1. Die geltend gemachte Mangelhaftigkeit der Entscheidung zweiter Instanz liegt nicht vor. Die Feststellungen des Rekursgerichts sind nicht überraschend, weil schon die Klage die Behauptung enthält, der Abgabepreis für Erdölprodukte stehe nicht von vornherein eindeutig fest. Im Übrigen ist für die Frage der Transparenz des Marktes nicht entscheidend, ob der Konsument den Treibstoffpreis centgenau kennt, entscheidend ist vielmehr, ob der Markt insoweit transparent ist, als es dem Konsumenten möglich ist, die Preise zu kennen.

2. Die Klägerin stützt ihren Unterlassungsanspruch auf eine Verletzung des Zugabenverbots.

Nach § 9a Abs 1 Z 1 UWG kann auf Unterlassung in Anspruch genommen werden, wer im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs in öffentlichen Bekanntmachungen oder anderen Mitteilungen, die für einen größeren Personenkreis bestimmt sind, ankündigt, dass er Verbrauchern neben periodischen Druckwerken unentgeltliche Zugaben (Prämien) anbietet, ankündigt oder gewährt. „Zugabe" im Sinn dieser Bestimmung ist nach ständiger Rechtsprechung (4 Ob 86/95 = ÖBl 1996, 150 - Bazar-Alles-Gutschein II; 4 Ob 2053/96g = ÖBl 1996, 183 - CA-Tausender; 4 Ob 204/00d = ÖBl 2001, 78 - 10-Millionen Gewinnspiel uva) ein zusätzlicher Vorteil, der neben der Hauptware ohne besondere Berechnung angekündigt wird, um den Absatz der Hauptware zu fördern. Dass die Ankündigung von Tankgutscheinen einer bestimmten Tankstellenkette in Tirol bei Erwerb eines Zeitungsabonnements geeignet ist, den Absatz der Beklagten zu fördern, ist nicht zweifelhaft. Aus dem Gesamtzusammenhang der Ankündigung ist auch klar ersichtlich, dass die in Aussicht gestellten Tankgutscheine neben der Hauptware ohne besondere Vergütung gewährt werden. Dem (Normal-)Preis der Hauptware (Halbjahresabonnement) von 60 EUR steht nämlich ein für Hauptware und Tankgutschein angekündigtes (reduziertes) Entgelt von 49 EUR gegenüber.

3. Die Beklagte beruft sich auf § 9a Abs 2 Z 5 UWG. Danach ist Abs 1 dieser Bestimmung nicht anzuwenden, wenn die Zugabe (ua) in einem bestimmten Geldbetrag besteht, der der Ware nicht beigefügt ist. Der erkennende Senat hat in seiner Entscheidung 4 Ob 70/00y (= ecolex 2000/185 [Wiltschek] - Gesprächsgutschrift) unter Hinweis auf den Zweck der Ausnahmebestimmung eine Gesprächsgutschrift, die gegen die Forderung aus der Telefonrechnung aufgerechnet werden konnte, als zulässige Zugabe zu einem Fahrschulkurs beurteilt. Zweck der Ausnahmebestimmung sei es nämlich, Zugaben vom Verbot auszunehmen, durch die der Preis der Hauptware nicht verschleiert werde. Der Preis der Hauptware werde auch dann nicht verschleiert, wenn er eine aufrechenbare Forderung verbriefe, deren Wert gleich Bargeld feststehe. Dies sei bei einer Gesprächsgutschrift der Fall, weil ihr Wert nur von der Höhe des Betrags bestimmt werde und damit - gleich wie bei einem gegen Bargeld einlösbaren Gutschein - von vornherein feststehe.

In seiner Entscheidung 4 Ob 204/00d (= ÖBl 2001, 78 - 10-Millionen-Gewinnspiel) hat der Oberste Gerichtshof Lehre und Rechtsprechung zu diesem Ausnahmetatbestand ausführlich dargestellt und zu den dazu veröffentlichten Entscheidungsanmerkungen Stellung genommen. Er hat dabei klargestellt, dass die Argumente für die Zulässigkeit einer Gesprächsgutschrift nur dann zutreffen können, wenn schon der Gegenstand der Zugabe einem Geldbetrag gleichkommt. Dies sei nur dann der Fall, wenn der Wert dem in der Gutschrift bezifferten Betrag entspricht. Die Möglichkeit zum verbilligten Bezug einer Ware reiche für eine Gleichstellung des Gutscheins mit Bargeld nicht aus, weil sich sein Wert danach bestimme, ob Interesse am Warenbezug bestehe und zu welchem Preis der Kunde diese Ware ohne Gutschein erhalten hätte. Dieser (Alternativ-)Preis könne - bei fehlender Transparenz des Marktes - nicht als bekannt vorausgesetzt werden. Der Kunde wüsste in einem solchen Fall nämlich nicht, wieviel er sich durch den Gutschein im Vergleich zum Erwerb bei einem anderen Anbieter gleichartiger Waren erspare und ob er nicht mit dem Gutschein erworbene Produkte anderswo wesentlich günstiger bekäme. Ein derartiger Gutschein diene somit der Preisverschleierung, die der Zugabentatbestand hintanhalten wolle.

Gegenstand der Entscheidung 4 Ob 154/02k (= ecolex 2003/114 [Wiltschek] - Tankgutschein) ist die Ankündigung von Tankgutscheinen im Wert von 70 EUR als Zugabe zu jeder ausgetauschten Windschutzscheibe. Die Gutscheine berechtigten zum Bezug von Produkten und Dienstleistungen an allen Tankstellen einer bestimmten Kette. Der erkennende Senat stellte unter Hinweis auf die Vorentscheidung 4 Ob 204/00d klar, dass auf einen bestimmten Geldbetrag lautende Gutscheine, die zum Bezug einer Ware oder Leistung berechtigen, nur dann einem Bargeldbetrag gleichzuhalten sind, wenn ihr Wert nur von der Höhe des Betrags bestimmt wird, also - gleich einer gegen Bargeld einlösbaren Gutschrift - von vornherein feststeht. Dies sei bei einer Gesprächsgutschrift für Telefongebühren der Fall, weil ihr Wert für den, der einen Telefonanschluss eines konkreten Netzbetreibers besitzt, nur von der Höhe des Betrags bestimmt werde. Diese Voraussetzung sei aber dann nicht gegeben, wenn der Gutschein beim Kauf bestimmter Waren oder Warengattungen gegenverrechnet werden könne, weil sich sein Wert unter anderem danach bestimme, zu welchem Preis die Ware ohne Gutschein erhältlich sei. Dieser Alternativpreis könne mangels Markttransparenz nicht als bekannt vorausgesetzt werden. Der Wert eines Gutscheins, der beim Tanken in den Verkaufsstellen eines bestimmten Unternehmens eingelöst werden könne, stehe nicht von vornherein gleich Bargeld fest, weil dem Gutscheininhaber eine Vielzahl an Verwertungsmöglichkeiten zu unterschiedlichen Konditionen offenstünden; dies führe dazu, dass der Preis der Hauptware bei Verwendung des Gutscheins (und damit das Ausmaß der dadurch erzielbaren Ersparnis) nicht eindeutig bestimmt sei.

Wiltschek stimmte dieser Entscheidung insoweit zu, als der Gutschein dazu berechtigte, beliebige Produkte und Dienstleistungen der Tankstelle verbilligt zu erwerben. Hingegen müsse ein echter „Tankgutschein", der nur auf die von der Tankstelle verrechneten Treibstoffpreise angerechnet werde, nach den Grundsätzen der Entscheidung „Gesprächsgutschrift" als zulässig beurteilt werden (Anm zu 4 Ob 254/02k = ecolex 2003/114).

4. Wendet man diese Grundsätze im vorliegenden Fall an, so ist der Einwand der Beklagten berechtigt, ihr Tankgutschein falle unter den Ausnahmetatbestand des § 9a Abs 2 Z 5 UWG. Nach dem Inhalt der Ankündigung erhielt der Erwerber eines Abonnements einen Gutschein, der als „Tankgutschein" bezeichnet wurde; unterstrichen wurde dies durch ihre Gestaltung. Die Ankündigung war mit der Abbildung eines Zapfhahns illustriert, der gerade für einen Betankungsvorgang betätigt wird. Die angesprochenen Verkehrskreise mussten daher annehmen, den Gutschein nur beim Erwerb von Treibstoff einlösen zu können. Dass die Gutschrift in der Folge tatsächlich auch für andere Produkte eingelöst wurde, ist für die auf den Zeitpunkt des Kaufentschlusses abzustellende Beurteilung der Zulässigkeit einer Zugabe ohne Bedeutung. Die nachträgliche Kenntnis des Umstands, den Gutschein nicht nur für Treibstoff, sondern auch für andere Waren verwenden zu können, konnte sich nämlich nicht mehr auf den Entschluss auswirken, ein Abonnement zu erwerben.

5. Angesichts der strengen Preisauszeichnungsvorschriften für Tankstellen und des - gerade in Zeiten hoher Benzinpreise - gesteigerten Interesses von Verkehrsteilnehmern an den aktuellen Preisen sind die an allen Tankstellen unübersehbar ausgezeichneten Treibstoffpreise jedenfalls nicht intransparenter als die in der Entscheidung 4 Ob 70/00y beurteilten Gesprächsgebühren von Netzbetreibern (Wiltschek Anm zu 4 Ob 254/02k = ecolex 2003/114). Die Feststellung des Rekursgerichts, der Treibstoffmarkt sei in den vergangenen Monaten verstärkt Schwankungen unterlegen, dem Treibstoffverbraucher seien weder der genaue Treibstoffpreis noch die Tatsache bekannt, dass dieser derzeit bei allen Anbietern in Tirol beinahe centgenau gleich sei, steht dem nicht entgegen. Entscheidend ist nicht, ob der Konsument den genauen Treibstoffpreis kennt, sondern ob der Markt - so etwa durch die hier vorzunehmende Preisauszeichnung - ausreichend transparent ist, und es dem Konsumenten damit ermöglicht, Kenntnis der Preise zu erlangen, um Vergleiche anstellen zu können.

6. Die Beurteilung des vorliegenden Falls widerspricht nicht der Entscheidung 4 Ob 254/02k (= ecolex 2003/114 [Wiltschek] - Tankgutschein). Der den Gegenstand dieser Entscheidung bildende Tankgutschein berechtigte schon der Ankündigung nach zum kostenlosen Bezug verschiedenster Produkte und Dienstleistungen einer bestimmten Tankstellenkette. Wenn daher der Zurückweisungsbeschluss auch damit begründet wird, dass der Wert eines solchen Gutscheins mangels eines einheitlichen Abgabepreises von Erdölprodukten nicht von vornherein gleich Bargeld feststehe, so handelt es sich dabei um ein obiter dictum.

Dem Revisionsrekurs der Beklagten wird Folge gegeben und die den Sicherungsantrag abweisende Entscheidung des Erstgerichts wiederhergestellt.

Die Klägerin wird mit ihrem außerordentlichen Rechtsmittel auf diese Entscheidung verwiesen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 393 Abs 1 EO iVm §§ 41 und 50 ZPO.

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