OGH 4Ob86/95(4Ob87/95)

OGH4Ob86/95(4Ob87/95)21.11.1995

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof. Dr.Gamerith als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Kodek, Dr.Niederreiter, Dr.Redl und Dr.Griß als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei M***** GmbH & Co KG, Wien 19, Muthgasse 2, vertreten durch Dr.Rudolf K.Fiebinger und Dr.Peter M.Polak, Rechtsanwälte in Wien, wider die beklagte Partei F***** GesmbH, ***** vertreten durch Schönherr, Barfuß, Torggler & Partner, Rechtsanwälte in Wien, wegen Unterlassung und Urteilsveröffentlichung (Revisionsinteresse S 650.000), infolge außerordentlicher Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht vom 30.Dezember 1994, GZ 2 R 22/94-35, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Handelsgerichtes Wien vom 30.Dezember 1993, GZ 10 Cg 60/92-31, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der außerordentlichen Revision wird Folge gegeben.

Das angefochtene Urteil wird dahin abgeändert, daß das Urteil des Erstgerichts in seinem Punkt I./1./ einschließlich der in Punkt III./ enthaltenen Kostenentscheidung wiederhergestellt wird.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit S 65.985,80 bestimmten Kosten des Rechtsmittelverfahrens (darin enthalten S 6.779,30 Umsatzsteuer und S 26.510 Barauslagen) binnen vierzehn Tagen bei Exekution zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die Klägerin ist Verlegerin der Tageszeitungen "Neue Kronen-Zeitung" und "Kurier". Die Beklagte ist Medieninhaberin und Verlegerin der Tageszeitung "täglich Alles".

In der Ausgabe der Tageszeitung "täglich Alles" vom 5.4.1992 und in den Ausgaben vom 9.4. und 10.4.1992 war nachstehende Einschaltung enthalten:

Die Kleinanzeigenzeitschrift "Bazar" erscheint zweimal wöchentlich und kostet S 20 pro Ausgabe. Die Tageszeitung "täglich Alles" kostet(e) S 3.

Mit der Klage 10 Cg 60/92 (die damit zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbundene Klage 10 Cg 61/92 ist nicht mehr Gegenstand des Revisionsverfahrens) beantragte die Klägerin, die Beklagte schuldig zu erkennen, ab sofort im geschäftlichen Verkehr den Verlag und/oder Vertrieb und/oder Verkauf einer periodischen Druckschrift, insbesondere der Tageszeitung "täglich Alles" zu unterlassen, wenn darin eine unentgeltliche Zugabe für die Inhaber von Gutscheinen, die aus der betreffenden periodischen Druckschrift ausgeschnitten werden können, angekündigt wird, insbesondere wenn das dadurch geschieht, daß zum Ausschneiden bestimmte Gutscheine in der periodischen Druckschrift abgedruckt werden, welche den Inhaber des Gutscheins berechtigen, eine Ausgabe der Kleinanzeigen-Zeitschrift "Bazar" beim Zeitungs- und Zeitschriftenhändler zu einem um S 5 ermäßigten Preis zu beziehen. Weiters erhob die Klägerin ein auf Veröffentlichung des Urteils in je einer Samstag-Ausgabe der Tageszeitungen "Neue Kronen-Zeitung" und "Kurier" sowie in einer Samstag-Ausgabe und einer Wochentags-Ausgabe der Tageszeitung "täglich Alles" gerichtetes Urteilsveröffentlichungsbegehren.

Mit dem "S 5-Bazar-Alles-Gutschein" habe die Beklagte im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs eine unzulässige Zugabe angekündigt und damit gegen § 9 a UWG verstoßen. In dieser Veröffentlichung liege ungeachtet des Umstandes, daß sich die Anzeige im Blattinneren befunden habe, ein Ankündigen. Den Lesern sei durch den Inhalt der Anzeige unzweifelhaft der Eindruck vermittelt und damit angekündigt worden, daß solche Gutscheine auch in folgenden Zeitungsnummern enthalten sein würden. Das Klagebegehren werde aber auch auf jeden sonstigen erdenklichen Rechtsgrund gestützt.

Nachdem der Oberste Gerichtshof im Provisorialverfahren einen dem Unterlassungsbegehren entsprechenden Sicherungsantrag mit der wesentlichen Begründung abgewiesen hatte, daß der Zugabetatbestand des § 9 a UWG schon deshalb nicht verwirklicht worden sein könne, weil der mit dem Gutschein verbriefte Vorteil unter den Ausnahmetatbestand des § 9 a Abs 2 Z 5 UWG falle, die Prüfung eines Verstoßes gegen § 1 UWG aber wegen der Beschränkung des Verbotsantrages auf einen Zugabenverstoß nicht möglich sei, "modifizierte" die Klägerin das Unterlassungsbegehren dahin, daß die Beklagte schuldig erkannt werde, ab sofort im geschäftlichen Verkehr den Verlag und/oder Vertrieb und/oder Verkauf einer periodischen Druckschrift, insbesondere der periodischen Druckschrift "täglich Alles" zu unterlassen, wenn darin Gutscheine zu verbilligtem Bezug der Ware oder Dienstleistung eines Dritten abgedruckt und ihr fortlaufender Abdruck in den Folgenummern dieser periodischen Druckschrift angekündigt wird, sofern das Ausmaß der Verbilligung der betreffenden Ware oder Dienstleistung eines Dritten den Kaufpreis der periodischen Druckschrift übersteigt; insbesondere wenn das dadurch geschieht, daß zum Ausschneiden bestimmte Gutscheine in der periodischen Druckschrift abgedruckt werden, welche den Inhaber des Gutscheins berechtigen, eine Ausgabe der Kleinanzeigen-Zeitschrift "Bazar" beim Zeitungs- und Zeitschriftenhändler zu einem um S 5 ermäßigten Preis zu beziehen. Das Unterlassungsbegehren sei in der Klage auf jeden sonstigen erdenklichen Rechtsgrund gestützt worden und keineswegs auf verbotene Zugabe eingeschränkt gewesen. Wenn der "S 5-Bazar-Alles-Gutschein" keine Zugabe sei, so werde dadurch ein sittenwidriger Kaufanreiz ausgeübt, weil das Ausmaß der Verbilligung der Kleinanzeigen-Zeitschrift "Bazar" für Gutscheininhaber den Kaufpreis der Tageszeitung "täglich Alles" übersteige.

Die Beklagte beantragt die Abweisung des Klagebegehrens. Der "S 5-Bazar-Alles-Gutschein" sei Teil der Hauptleistung und könne begrifflich nicht Zugabe sein. Im übrigen aber liege der Ausnahmetatbestand des § 9 a Abs 2 Z 5 UWG vor. Die mit einem - aus dem Zeitungsexemplar auszuschneidenden - Gutschein vermittelte Zugabe werde nicht angekündigt, sondern zulässigermaßen bloß gewährt; soweit in der beanstandeten Einschaltung auch von der "Zukunft" die Rede sei, werde damit nicht die Veröffentlichung weiterer Gutscheine angekündigt; diese Aufklärung bedeute nur, daß der Gutschein nicht unbedingt sofort, sondern auch noch später verwendet werden könne. Das Ankündigen eines Preisnachlasses sei aber seit dem Inkrafttreten des Wettbewerbs-Deregulierungsgesetzes uneingeschränkt erlaubt.

Auch das geänderte Begehren sei nicht berechtigt. Das Ankündigen des fortlaufenden Abdrucks derartiger Gutscheine in Folgenummern der Tageszeitung "täglich Alles" habe nicht stattgefunden; ein derartiger Sachverhalt sei mit der Klage auch nicht geltend gemacht worden. Soweit das nunmehr geschehe, werde Verjährung eingewendet.

Das Erstgericht gab - neben dem im verbundenen Verfahren auf § 2 UWG gestützten Unterlassungsanspruch - dem Unterlassungs- und dem Veröffentlichungsbegehren statt. Mit dem "S 5-Bazar-Alles-Gutschein" sei eine gemäß § 9 a Abs 1 Z 1 UWG verbotene Zugabe angekündigt worden. Einschaltungen in Tageszeitungen wie die beanstandete Werbeangabe seien als öffentliche Bekanntmachungen, die für einen größeren Personenkreis bestimmt sind, zu beurteilen. Mit dem Gutschein sei zur Förderung des Absatzes einer Hauptware ohne besondere Berechnung ein Vorteil angekündigt worden, der objektiv geeignet sei, die Käufer im Entschluß zum Erwerb der Hauptware zu beeinflussen. Derartige Kleinanzeigen, wie sie von Anzeigenzeitungen geboten würden, seien nicht Teil der Hauptleistung einer Tageszeitung. Der Ausnahmetatbestand nach § 9 a Abs 2 Z 5 UWG sei nicht gegeben. Der Gutschein verbriefe nur einen Geldnachlaß beim Kauf einer bestimmten Ware. Unter den genannten Ausnahmetatbestand fielen Gutscheine aber nur, wenn sie bar einzulösen seien. Eine analoge Anwendung dieses Ausnahmetatbestandes auf Gutscheine, die nur einen Rabatt verbriefen, sei nicht möglich. Daraus, daß von einem - der Ware nicht beigefügten - bestimmten oder auf bestimmte Art zu berechnenden - bar auszuzahlenden Geldbetrag ein größerer Lockeffekt ausgehe als von der Ankündigung eines gleich hohen Rabatts beim Ankauf einer anderen Ware dürfe nicht geschlossen werden, daß auch Gutscheine wie der vorliegende unter den genannten Ausnahmetatbestand fielen, müßten doch sonst die meisten Zugaben im Sinne dieser Analogie unter den Ausnahmetatbestand subsumiert werden.

Wollte man aber die Verwirklichung des Zugabentatbestandes verneinen, wäre ein Verstoß gegen § 1 UWG anzunehmen. Durch den gegenständlichen Gutschein seien Käuferkreise wegen des gegenüber dem Wert der Hauptware wesentlich höheren Wert des Gutscheins durch übertriebenes Anlocken unsachlich beeinflußt worden. Der von der Beklagten erhobene Verjährungseinwand sei nicht berechtigt, weil der rechtserzeugende Sachverhalt bereits in der Klage vollständig vorgetragen und das Klagebegehren auf jeden sonstigen Rechtsgrund gestützt worden sei.

Das Berufungsgericht änderte das Urteil des Erstgerichts über das mit der Klage 10 Cg 60/92 erhobene Begehren im Sinne dessen Abweisung ab und bestätigte das im verbundenen Verfahren ergangene, der Klage stattgebende Urteil; weiters sprach es aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes jedes Anspruches S 50.000 übersteige und die ordentliche Revision nicht zulässig sei.

Mit der "Modifizierung" ihres zu 10 Cg 60/92 des Erstgerichts erhobenen Begehrens habe die Klägerin eine Änderung der Klage vorgenommen. Wenn auch die zur Begründung vorgetragene Tatsachengrundlage unverändert geblieben sei, sei doch das ursprünglich auf einen Zugabenverstoß beschränkte Begehren ausgedehnt worden. Die Klage habe die Verjährungsfrist nur für den darin erhobenen (eingeschränkten) Anspruch unterbrochen, zum Zeitpunkt der Änderung des Begehrens sei der nunmehr erhobene Anspruch daher schon verjährt gewesen.

Rechtliche Beurteilung

Die dagegen von der Klägerin erhobene außerordentliche Revision ist im Interesse der Rechtssicherheit zulässig, weil das Berufungsgericht einen in diesem Umfang gar nicht erhobenen Verjährungseinwand berücksichtigt hat. Eine weitere erhebliche Rechtsfrage liegt darin, daß die vom Obersten Gerichtshof im Provisorialverfahren gefällte Entscheidung mit der Rechtsprechung zur Gutscheinwerbung nicht im Einklang steht. Die Revision ist auch berechtigt.

Der von der Beklagten erhobene Verjährungseinwand wurde nur gegen die Formulierung des Begriffes des Ankündigens durch die Worte "wenn

darin Gutscheine .... abgedruckt und ihr fortlaufender Abdruck in den Folgenummern ..... angekündigt wird" gerichtet, welche dem Unterlassungsbegehren in der Verhandlungstagsatzung vom 17.5.1993 beigefügt wurden. Durch den Wegfall der Beschränkung des Exekutionstitels auf Zugaben ist die Prüfung des unverändert gebliebenen Sachvortrags in Richtung eines Verstoßes gegen § 1 UWG ermöglicht worden. Dagegen richtete sich der Verjährungseinwand allerdings nicht. Das Berufungsgericht hätte daher das Unterlassungsbegehren ohne Prüfung eines Verstoßes gegen § 1 UWG nicht abweisen dürfen.

Trotz des Wegfalls der Worte "eine unentgeltliche Zugabe" (und damit der Beschränkung auf verbotene Zugaben) im nunmehr erhobenen Unterlassungsbegehren ist im Hauptverfahren neuerlich zu prüfen, ob die Beklagte mit der Veröffentlichung des "S 5-Bazar-Alles-Gutscheins" gegen § 9 a UWG verstoßen hat, weil sowohl der Sachvortrag als auch das Urteilsbegehren einen derartigen Verstoß umfassen.

Gemäß § 9 a Abs 1 Z 1 UWG kann auf Unterlassung und Schadenersatz in

Anspruch genommen werden, wer im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken

des Wettbewerbs in öffentlichen Bekanntmachungen oder anderen

Mitteilungen, die für einen größeren Personenkreis bestimmt sind,

ankündigt, daß er Verbrauchern neben Waren oder Leistungen

unentgeltliche Zugaben (Prämien) gewährt, oder Verbrauchern neben

periodischen Druckwerken unentgeltliche Zugaben (Prämien) anbietet,

ankündigt oder gewährt. "Zugabe" im Sinne dieser Bestimmung ist nach

ständiger Rechtsprechung (ÖBl 1994, 166 - Gratis-Tag; ÖBl 1995, 211 -

Falschpark-Strafzettel uva) ein zusätzlicher Vorteil, der neben der

Hauptware (Hauptleistung) ohne besondere Berechnung angekündigt wird,

um den Absatz der Hauptware oder die Verwertung der Hauptleistung zu

fördern. Zwischen der Hauptleistung und der unentgeltlichen

Zusatzleistung muß ein "innerer Zweckzusammenhang" bestehen; es

müssen diejenigen Waren- oder Leistungsumsätze gefördert werden,

neben denen oder zu denen die Zuwendung gemacht wird. Die Zuwendungen

müssen neben Hauptangeboten gemacht oder in Aussicht gestellt werden,

für die sich der Kunde um ihretwillen entschließen soll; auf die

Förderung des Einzelgeschäfts und nicht der allgemeinen

Geschäftstätigkeit kommt es dabei an (ÖBl 1993, 24 = MR 1993, 69 =

ecolex 1993, 252 = WBl 1993, 128 - Welt des Wohnens mwN; ÖBl 1995,

211 - Falschpark-Strafzettel).

Daß die in einer Tageszeitung veröffentlichte Ankündigung eines

Preisnachlasses beim Kauf einer anderen Ware (hier einer

Anzeigenzeitschrift) geeignet ist, den Absatz der Tageszeitung zu

fördern, kann keinem Zweifel unterliegen. Dem im vorliegenden

Gutschein verbrieften Recht fehlt der Zugabecharakter aber auch nicht

deshalb, weil Kleinanzeigen üblicherweise in Tageszeitungen

veröffentlicht werden, zumal es im Zeitungswesen nicht üblich ist,

anstelle des Abdruckens von Kleinanzeigen im Blattinneren Gutscheine

für den verbilligten Erwerb eines anderen Mediums, nämlich einer

Kleinanzeigen-Zeitschrift anzukündigen. Daß solche Preisvorteile

angekündigt werden, erwartet das Publikum von Tageszeitungen nicht

(zur Maßgeblichkeit der Verkehrsauffassung: ÖBl 1978, 46 -

Rezept-Sammelkarten; ÖBl 1980, 106 - Kurier-Wanderkarten; ÖBl 1983,

89 - Kurier-WM-Kartei).

Ungeachtet des vom Gesetzgeber in § 9 a Abs 1 UWG gewählten Wortlauts

(.... wer ankündigt, daß er .... gewährt) ist die Rechtsprechung zu §

1 ZugG, daß ein Zugabenverstoß auch dann vorliegen kann, wenn der

Lieferant der Zugabe ein vom Lieferanten der Hauptsache verschiedener

Dritter ist, weiterhin anwendbar (aA Graff, Das "er" in § 9 a Abs 1

UWG, ecolex 1992, 713). Dies gilt insbesondere dann, wenn beide im

gemeinsamen geschäftlichen Interesse handeln, sofern nach der

Auffassung des Verkehrs die Zuwendung des Dritten als Nebenleistung

zum Hauptgeschäft des Verkäufers erscheinen mußte (ÖBl 1991, 267 -

Lotto-Systemplan mwN uva). Wohl war es nach § 1 Abs 1 ZugG

schlechthin (- also auch einem Dritten -) verboten, im geschäftlichen

Verkehr neben Waren oder Leistungen unentgeltliche Zugaben (Prämien)

anzubieten, anzukündigen oder einem größeren Kreis von Personen zu

gewähren. Durch die Neufassung des Zugabentatbestandes in § 9 a Abs 1

Z 1 UWG hat der Gesetzgeber aber nach den Materialien nicht

beabsichtigt, in diesem Umfang von der bisherigen Rechtslage

abzugehen, hat er doch den für den Verkehr unter Unternehmern in § 9

a Abs 1 Z 2 UWG geschaffenen Zugabentatbestand ebenso allgemein

gehalten wie nach der alten Rechtslage. Daß er das Zugabenrecht für

den Verkehr zwischen Unternehmern und Verbrauchern einerseits und für

den Verkehr unter Unternehmern andererseits (in dieser Beziehung!)

unterschiedlich behandeln wollte, kann den Gesetzesmaterialien nicht

entnommen werden. Vom Gesetzeszweck her gesehen macht es für das

Erreichen des verpönten Anlockeffekts nämlich keinen Unterschied, ob

der die Zugabe ankündigende Verkäufer einer Ware die Zugabe selbst

gewährt oder in Absprache mit einem Dritten von diesem gewähren läßt.

Daher spielt die dogmatische Frage, ob im Falle der Ausgabe von Gutscheinen, die den Anspruch hauf eine Ware oder Leistung verbriefen, schon die Ausgabe des Gutscheines oder erst seine Einlösung das Gewähren der Zugabe begründet (vgl MR 1994, 170 - Haustierversicherung II), im Rahmen der hier erörterten Frage keine Rolle. Der Oberste Gerichtshof hat auch nach dieser Gesetzesänderung in Fällen, in denen die Zugabe im Einvernehmen mit dem Ankündigenden von einem Dritten gewährt wurde, einen Zugabenverstoß des Ankündigenden angenommen (4 Ob 1040/95; ÖBl 1994, 168 - Two-Days Superpass).

Ungeachtet des Umstandes, daß der Gutschein zunächst - ohne andere Werbehinweise - nur im Blattinneren abgedruckt war, hat die Beklagte die Zugabe iSd § 9 a Abs 1 Z 1 UWG öffentlich angekündigt. Eine im Inneren einer Tageszeitung abgedruckte Werbemitteilung richtet sich zwar nicht, wie eine öffentliche Bekanntmachung, an die Allgemeinheit, sie ist jedoch für einen größeren, unbestimmten, individuell weder begrenzten noch begrenzbaren (geschlossenen) Personenkreis bestimmt (vgl ÖBl 1993, 250 - Penaten Creme). Die Beklagte hat darüber hinaus aber auch angekündigt, daß sie derartige Gutscheine auch in Folgenummern ihrer Tageszeitung veröffentlichen werde. Es liegt daher auch die nunmehr beanstandete Ankündigung des fortlaufenden Abdrucks dieser Gutscheine vor. Darauf hat die Klägerin schon in der Klage hingewiesen. Auch das ursprünglich mit der Klage erhobene Unterlassungsbegehren, welches zwar wörtlich bloß auf die Ankündigung derartiger Gutscheine abstellte, aber nach ständiger Rechtsprechung auf Grund des Prozeßvorbringens auch im Sinne der Ankündigung eines fortlaufenden Abdrucks auszulegen war (vgl ÖBl 1979, 119 - Sommer-Sonderpreissenkung; ÖBl 1980, 73 - Nerzölcreme Mona Lisa), erfaßt - wie das geänderte Begehren - diese Art der Ankündigung. Die Beklagte geht mit ihrem Verjährungseinwand daher zu Unrecht davon aus, daß eine derartige qualifizierte Ankündigung im ursprünglichen Begehren nicht enthalten gewesen sei. Der nunmehr erhobene Unterlassungsanspruch ist daher nicht verjährt.

Die Annahme eines Verstoßes gegen § 9 a Abs 1 Z 1 UWG scheitert aber auch nicht daran, daß der mit dem Gutschein verbriefte Preisnachlaß den Kaufpreis der Hauptware übersteigt. Vereinzelt wurde in der Rechtsprechung zum Ausdruck gebracht, daß eine Zugabe begrifflich voraussetze, daß ihr Wert hinter dem der Hauptware erheblich zurückbleibt (ÖBl 1978, 158 - Sporttasche; ÖBl 1980, 106 - Kurier Wanderkarten; siehe auch Koppensteiner, Wettbewerbsrecht2, 77). Nach der Rechtsprechung (ÖBl 1980, 106 - Kurier Wanderkarte; ÖBl 1983, 89 - Kurier-WM-Kartei; ÖBl 1985, 108 - Fußball-WM-Aktien; SZ 60/30 = ÖBl 1987, 129 - Film gratis; ÖBl 1988, 26 - Naturbräu-Lied) kommt es aber auf ein bestimmtes Wertverhältnis zwischen Hauptware und Zugabe weniger an; entscheidend ist vielmehr, ob nach der Verkehrsauffassung tatsächlich eine Nebenleistung vorliegt. Der Wert einer Zugabe kann unter diesen Voraussetzungen durchaus den Wert der Hauptleistung übersteigen, zumal Gegenteiliges vom Gesetzgeber nicht gefordert wird (Köhler in Köhler/Piper, UWG Rz 3 zu § 1 ZugabeVO; derselbe in der Glosse zu BGH LM § 1 ZugabeVO/48). Auch im vorliegenden Fall erweckt die Ankündigung trotz des den Kaufpreis der Hauptware übersteigenden Wertes des Gutscheins den Eindruck, daß dieser Vorteil als Nebenware (Leistung) zu der Tageszeitung, in der er angekündigt wurde, gewährt wird, wurde doch in der Ankündigung ausdrücklich darauf hingewiesen, daß der Vorteil den Lesern der Tageszeitung "täglich Alles" geboten werden soll.

An der im Provisorialverfahren (4 Ob 120/92 = ecolex 1993, 326 = WBl

1993, 197 = EvBl 1993/130 = ÖBl 1993, 111 - Bazar-Alles-Gutschein)

ausgesprochenen Rechtsansicht, daß der Ausnahmetatbestand gemäß § 9 a Abs 2 Z 5 UWG gegeben sei, wenn die Zugabe in einem Preisnachlaß beim Bezug einer bestimmten Ware besteht, ist nach abermaliger Prüfung der Rechtslage nicht festzuhalten. Dieser Ausnahmetatbestand setzt voraus, daß die Zugabe in einem bestimmten oder auf bestimmte Art zu berechnenden Geldbetrag, der der Ware nicht beigefügt ist, besteht.

Nach der Rechtsprechung (SZ 49/12 = ÖBl 1976, 108 - Autowaschen

gratis; SZ 60/61 = ÖBl 1987,67 - Gratis-Kleinanzeigen) hängt die Frage, ob bei der Abgabe von Gutscheinen, die dem Käufer einer Zeitung eine Anwartschaft auf eine künftige unentgeltliche Nebenleistung geben, eine Zugabe oder ein Rabatt anzunehmen ist, davon ab, was der Gutschein seinem Inhalt nach verbrieft. Ist er in Bargeld einzulösen, dann handelt es sich um einen Geldrabatt; geben die Gutscheine hingegen dem Käufer das Anrecht auf den Bezug einer Ware oder Leistung, dann liegt bei Gleichartigkeit der Ware ein Naturalrabatt, bei Verschiedenheit der Waren oder Leistungen aber eine Zugabe ieS vor.

Ist ein Gutschein demnach - wie hier - nicht in Geld einzulösen, dann kann er auch keine Geldzugabe im Sinne der genannten Ausnahmebestimmung sein. Auch im Schrifttum wird die Auffassung vertreten, daß Gutscheine nur dann erlaubte Geldzugaben sein können, wenn sie gegen Geld eingelöst werden, nicht aber dann, wenn ein darin genannter Betrag vom Kaufpreis einer (anderen) Ware abgezogen wird (Baumbach-Hefermehl, Wettbewerbsrecht18 Rz 75 b zu § 1 ZugabeVO; Hoth-Gloy, Zugabe und Rabatt 98 und 147 f; Köhler in Köhler/Piper aaO 997 Rz 34 zu § 1 ZugabeVO; Fitz-Gamerith, Wettbewerbsrecht 50). Dieser Ansicht ist beizupflichten. Mit § 9 a Abs 2 Z 5 UWG soll nur ein bestimmter oder auf bestimmte Art zu berechnender, der Ware nicht beigefügter Geldbetrag vom Zugabentatbestand ausgenommen werden, also die als Zugaben gewährten Rabatte, die den Preis der Hauptware klar erkennen lassen. Das Ankündigen eines Preisnachlasses beim Bezug einer anderen Ware aber führt zur Verschleierung des Preises der Hauptware. Der mit dem Gutschein verbriefte Preisnachlaß beim Bezug einer anderen Ware fällt daher nicht unter die Ausnahmebestimmung des § 9 a Abs 2 Z 5 UWG. Bei der Beurteilung des Vorliegens dieser Ausnahmebestimmung kann es daher auch nicht darauf ankommen, daß der Lockeffekt im Fall der Barauszahlung eines in einem Gutschein genannten Geldbetrages größer ist als bei Verrechnung dieses Betrages beim Kauf einer (weiteren) Ware (vgl auch ÖBl 1994, 168 - Two-Days Superpass).

Da die Beklagte mit der Veröffentlichung des "S 5-Bazar-Alles-Gutscheins" gegen § 9 a Abs 1 Z 1 UWG verstoßen hat und der behauptete Ausnahmetatbestand nicht gegeben ist, war das Urteil des Erstgerichts über den zu 10 Cg 60/92 erhobenen Unterlassungsanspruch einschließlich der Kostenentscheidung wiederherzustellen. Der Ausspruch des Erstgerichts über die Urteilsveröffentlichung umfaßt demnach auch wieder diesen Teil des Urteils.

Die Entscheidung über die Kosten des Rechtsmittelverfahrens gründet sich auf §§ 41, 50 ZPO. Bei den Kosten des Berufungsverfahrens war der Streitwert in beiden verbundenen Verfahren zu berücksichtigen, weil die Klägerin letztlich mit beiden in den verbundenen Klagen verfolgten Ansprüchen durchgedrungen ist und das Berufungsgericht bei seiner Kostenentscheidung (Aufhebung der Kosten des Berufungsverfahrens) den auf den verbundenen Rechtsstreit entfallenden Kostenaufwand der Klägerin nur im Wege der Aufrechnung berücksichtigen konnte.

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