Spruch:
Der Nichtigkeitsbeschwerde wird Folge gegeben, das angefochtene Urteil, das im Übrigen unberührt bleibt, in seinem schuldigsprechenden Teil und damit auch im Strafausspruch sowie im Umfang des Widerrufsbeschlusses aufgehoben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht verwiesen. Mit seiner Berufung und Beschwerde wird der Angeklagte auf diese Entscheidung verwiesen.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen, auch einen rechtskräftig gewordenen (eine idealkonkurrierende strafbare Handlung betreffenden, daher verfehlten) Freispruch umfassenden Urteil wurde Elsayed A***** der Verbrechen nach § 28 Abs 2 vierter Fall, Abs 3 erster Fall SMG sowie der Vergehen nach § 27 Abs 1 sechster Fall, Abs 2 Z 2 erster Fall SMG (I.) und der Vergehen nach § 27 Abs 1 erster und zweiter Fall SMG (II.) schuldig erkannt.
Danach hat er den bestehenden Vorschriften zuwider Suchtgift
I. in einer großen Menge (§ 28 Abs 6 SMG) gewerbsmäßig in Verkehr gesetzt, indem er
1. im Zeitraum 2001 bis Sommer 2003 zumindest 5.000 Gramm Haschisch, die er vom Said M***** gekauft hatte, in zahlreichen Angriffen an bislang unbekannte Personen gewinnbringend weiterverkaufte;
2. im Zeitraum Oktober 2004 bis Juni 2005 in zwei Angriffen an Volker V***** drei Gramm Marihuana und drei Gramm Haschisch gewinnbringend verkaufte;
II. erworben und besessen, indem er im Zeitraum 1991 bis Juni 2005 mit Ausnahme der im Verfahren 8 Vr 3165/98 (des Landesgerichtes für Strafsachen Graz) angeführten Mengen weitere unbekannte Mengen Haschisch, Marihuana, Kokain und Heroin in zahlreichen Angriffen von Said M***** und anderen Personen kaufte und in der Folge konsumierte.
Rechtliche Beurteilung
Der vom Angeklagten erhobenen und auf § 281 Abs 1 Z 5, 5a und 10 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde kommt Berechtigung zu. Der Beschwerdeführer zeigt in der Mängelrüge (Z 5) zutreffend auf, dass die vom Erstgericht getroffene Feststellung unbegründet blieb, wonach das von Elsayed A***** in Verkehr gesetzte Suchtgift zumindest Straßenqualität hatte (US 6), wobei von einem durchschnittlichen und häufig vorkommenden Reinheitsgrad von zumindest 10 % auszugehen sei (US 9). Der Hinweis des Schöffengerichtes, wonach bei Haschisch ein Reinheitsgrad an THC des gehandelten Suchtmittels von zumindest 10 % „häufig" vorkomme (US 9), ist eine bloße Behauptung, zumal entsprechende Belege für diese Annahme nicht genannt werden. Selbst die Richtigkeit dieser Aussage ließe für sich allein noch keinen gesicherten Schluss darauf zu, dass auch das vom Angeklagten weitergegebene Haschisch durchschnittlich einen derartigen Reinheitsgehalt aufwies. Dass die vom Beschwerdeführer gehandelten Cannabisprodukte Straßenqualität hatten, weil es niemals „Beanstandungen seitens des Angeklagten oder von dessen Abnehmern" gab (US 6), vermag einen Reinheitsgrad von zumindest 10 % THC des in Verkehr gesetzten Haschischs ebenfalls nicht darzutun, zumal Cannabisprodukte gerichtsnotorisch je nach Erscheinungsform (Harz oder Kraut) einen THC-Gehalt zwischen 0,25 und 12 % aufweisen (vgl Foregger/Litzka/Matzka SMG 528; Keller in Hinterhofer/Rosbaud SMG §§ 1 - 4 Rz 51; zuletzt 12 Os 68/05z hinsichtlich Cannabiskraut). Diese mängelbehafteten Feststellungen des Schöffengerichtes lassen keine rechtlich klare Subsumtion (vgl dazu Kirchbacher/Schroll, RZ 2005, 116, 140 [142 ff]) zum Schuldspruch I. zu, der daher insgesamt aufzuheben war (vgl 14 Os 6/06y).
Zu Recht rügt der Rechtsmittelwerber überdies, dass der Ausschluss der Begünstigung iSd § 28 Abs 3 letzter Satz SMG von den Tatrichtern offenbar unzureichend begründet wurde. Zum einen stützte das Erstgericht diese negative Feststellung darauf, dass Elsayed A***** keinen „größeren Eigenkonsum" zu verzeichnen hatte (US 10), zum anderen darauf, dass es dem Angeklagten darum ging, höchstmögliche Gewinne zu erzielen, indem er mit fünf Euro pro Gramm Gewinnaufschlag das seinerseits um fünf Euro bezogene Suchtgift weiterverkaufte (US 10). Das Schöffengericht ging andererseits davon aus, dass der Angeklagte durchgehend während des gesamten Deliktszeitraumes regelmäßig Suchtgift, und zwar Haschisch, Marihuana, Heroin und Kokain in jeweils unbekannten Mengen konsumierte (US 6). Mangels entsprechender Konstatierungen zum Eigenbedarf kann jedoch selbst bei einer angestrebten und auch erzielten Gewinnmarge von 5 Euro pro verkauftem Gramm eine vorwiegende Tatbegehung, um sich die Mittel zur eigenen Suchtbefriedigung zu verschaffen, nicht ausgeschlossen werden. Im zweiten Rechtsgang werden daher auch zu den Privilegierungsvoraussetzungen des § 28 Abs 3 zweiter Satz SMG mängelfreie Feststellungen zu treffen sein.
Im Hinblick auf die Aufhebung des Schuldspruches I. war gemäß § 289 StPO auch der Schuldspruch II. zu beseitigen, weil dessen Zulässigkeit davon abhängt, ob dem Rechtsmittelwerber im zweiten Rechtsgang neuerlich eine weitere, über den Erwerb und Besitz jeweils geringer Mengen Suchtgift zum Eigengebrauch (vgl insoweit § 35 Abs 1 iVm § 37 SMG) hinausgehende strafbare Handlung nach dem SMG zur Last liegen würde (vgl 14 Os 26/06i; 14 Os 6/06y; 12 Os 69/04, JBl 2005, 599).
Im Zusammenhang mit Schuldspruch II. wird im zweiten Rechtsgang zu beachten sein, dass der Angeklagte im Verfahren 8 Vr 3165/98 des Landesgerichtes für Strafsachen Graz mit dortigem Urteil vom 6. Oktober 1999 wegen des Vergehens nach § 27 Abs 1 (erster und zweiter Fall) SMG schuldig erkannt worden war, weil er „im Zeitraum Februar 1989 bis 10. November 1998 Heroin, Kokain, Cannabisprodukte, LSD-Trips, Ecstasy-Tabletten und Amphetamine in insgesamt nicht näher bekannten Mengen konsumierte" (dortige ON 83). Der vom nunmehrigen Schuldspruch II. gleichfalls erfasste Zeitraum von 1991 bis 10. November 1998 betrifft angesichts des vorgeworfenen Erwerbs und Besitzes von Suchtgift dieselbe Tat, derentwillen der Angeklagte bereits rechtskräftig abgeurteilt wurde. Insoweit liegt daher ein Verstoß gegen den Grundsatz ne bis in idem vor.
Auf die weiteren Beschwerdeausführungen war somit nicht mehr weiter einzugehen.
Mit seiner Berufung und Beschwerde war der Angeklagte auf die kassatorische Entscheidung zu verweisen.
Da beim Nichtigkeitswerber der gesamte Schuldspruch und damit auch der vom Erstgericht gefällte Kostenersatzausspruch nach § 389 StPO zu kassieren war, fallen ihm auch keine Kosten des Rechtsmittelverfahrens iSd § 390a Abs 1 StPO zur Last (Lendl, WK-StPO § 390a Rz 7).
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