OGH 13Os41/06p

OGH13Os41/06p14.6.2006

Der Oberste Gerichtshof hat am 14. Juni 2006 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Rouschal als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Ratz, Hon. Prof. Dr. Schroll, Mag. Hetlinger und Mag. Lendl als weitere Richter in Gegenwart der Richterin im Evidenzbüro Dr. Kropiunig als Schriftführerin in der Strafsache gegen Arno C***** und weitere Angeklagte wegen Verbrechens nach § 28 Abs 2 zweiter, dritter und vierter Fall, Abs 3 erster Fall und Abs 4 Z 3 SMG und weiterer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten Franz P***** sowie die Berufungen des Angeklagten Arno C***** und der Staatsanwaltschaft in Ansehung des letztgenannten Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck als Schöffengericht vom 7. Dezember 2005, GZ 35 Hv 171/05z-170, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Aus Anlass der Nichtigkeitsbeschwerde (§ 290 Abs 1 StPO) wird das angefochtene Urteil, das im Übrigen unberührt bleibt, im Schuldspruch des Angeklagten Franz P***** (A II.) sowie demgemäß auch im diesen Angeklagten betreffenden Strafausspruch aufgehoben und die Sache im Umfang der Aufhebung zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Landesgericht Innsbruck verwiesen.

Mit seiner Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung wird der Angeklagte Franz P***** auf die kassatorische Entscheidung verwiesen. Zur Entscheidung über die Berufungen des Angeklagten Arno C***** und der Staatsanwaltschaft werden die Akten dem Oberlandesgericht Innsbruck zugeleitet.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil, das auch rechtskräftige Schuld- und Teilfreisprüche der Angeklagten Arno C***** und Rupert M***** sowie einen in Rechtskraft erwachsenen Freispruch der Angeklagten Marlene T***** enthält, wurde Franz P***** des Verbrechens nach § 28 Abs 2 (zu ergänzen: vierter Fall) SMG schuldig erkannt (A II.). Danach hat er (richtig:) in Innsbruck den bestehenden Vorschriften zuwider ein Suchtgift in einer großen Menge (Abs 6) in Verkehr gesetzt, und zwar zu einem datumsmäßig nicht mehr genau feststellbaren Zeitpunkt im Frühsommer 2005 (richtig: 2004; vgl US 14, 19) durch Weitergabe von zumindest 1 kg Cannabisharz an Arno C***** zwecks Aufbewahrung.

Rechtliche Beurteilung

Auf die dagegen vom Angeklagten Franz P***** aus Z 5a des § 281 Abs 1 StPO erhobene Nichtigkeitsbeschwerde war nicht weiter einzugehen, weil dem Urteil zum Schuldspruch A II der von Amts wegen wahrzunehmende (§ 290 Abs 1 StPO) und sich zum Nachteil dieses Angeklagten auswirkende Nichtigkeitsgrund nach § 281 Abs 1 Z 10 StPO anhaftet:

Nach den diesbezüglichen Urteilsfeststellungen hat der Drittangeklagte „irgendwann im Frühsommer 2004", jedenfalls aber vor dem 10. Mai 2004, an welchem Tag Franz P***** im Verfahren 35 Hv 116/04k des Landesgerichtes Innsbruck in Untersuchungshaft genommen wurde, dem Erstangeklagten Arno C***** 1 kg Cannabisharz zur Aufbewahrung übergeben, der das Suchtmittel seinerseits „irgendwann" wieder an Franz P***** retournierte.

Der „überaus suchtgifterfahrene" Franz P***** wusste nicht nur, dass Cannabisharz eine verbotene Substanz ist, sondern auch, dass eine Menge von 1 kg groß und daher geeignet ist, im Falle der Weitergabe in großem Ausmaß eine Gefahr für das Leben oder die Gesundheit von Menschen entstehen zu lassen (US 17 bis 19).

Die bloße Nennung der Menge im Urteilsspruch unter Hinzufügung der Bezeichnung „große Menge" ohne jegliche Feststellung über die Beschaffenheit dieses Suchtmittels erlaubt keine verlässliche Beurteilung, ob durch die vom Schuldspruch erfasste Weitergabe tatsächlich eine große Menge iSd § 28 Abs 6 SMG iVm § 1 der SuchtgiftgrenzmengenVO (BGBl II 1997/377 idgF), die bei 20 g THC liegt, in Verkehr gesetzt wurde (vgl 13 Os 60/04, 14 Os 6/06y, 14 Os 26/06i uva).

Damit vermögen die Urteilsfeststellungen die Subsumtion unter § 28 Abs 2 vierter Fall SMG nicht zu tragen.

Die Kassation des gesamten Schuldspruches war deshalb erforderlich, weil nach Aufhebung eines Schuldspruches nach § 28 Abs 2 vierter Fall SMG bei Fraglichkeit der Beurteilung einer in Verkehr gesetzten Menge als groß (§ 28 Abs 6 SMG) auch jene Annahmen, die einen (insoweit nicht erfolgten) Schuldspruch wegen § 27 Abs 1 sechster Fall SMG allenfalls zu tragen vermögen, für sich alleine nicht bestehen bleiben (RIS-Justiz RS0115884; Ratz, WK-StPO § 289 Rz 16 ff). Der aufgezeigte Rechtsfehler mangels Feststellungen zwingt - in Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Generalprokuratur - zur Aufhebung des Urteils im Schuldspruch des Franz P***** (A II.) und demgemäß auch im diesen Angeklagten betreffenden Strafausspruch bereits bei nichtöffentlicher Beratung (§ 285e StPO) und zur Verweisung der Sache in diesem Umfang zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht. Daraus folgt die Kompetenz des Gerichtshofes zweiter Instanz zur Entscheidung über die Berufung des Erstangeklagten Arno C***** und über die nur diesen Angeklagten betreffende Berufung der Staatsanwaltschaft (§ 285i StPO). Mit seiner Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung war der Angeklagte Franz P***** auf diese kassatorische Entscheidung zu verweisen. Da beim Nichtigkeitswerber der gesamte Schuldspruch und damit auch der vom Erstgericht gefällte Kostenersatzausspruch nach § 389 StPO zu kassieren war, fallen ihm auch keine Kosten des Rechtsmittelverfahrens iSd § 390a Abs 1 StPO zur Last. Bleibt anzumerken, dass das Vorliegen der Anwendungsvoraussetzungen des § 39 StGB bei diesem Angeklagten rechtsirrig angenommen und als erschwerend gewertet wurde, weil der Angeklagte zuletzt - abgesehen von der im Rahmen des § 39 StGB nicht zu berücksichtigenden Bedachtnahmeverurteilung (die dort ausgesprochene fünfzehnmonatige Sanktion verbüßte er ab 10. Mai 2004) - eine wegen §§ 12, 16 SGG über ihn verhängte achtmonatige Freiheitsstrafe bis zum 22. Februar 1991 verbüßt hat (S 281 ff/Band V) und die einschlägigen Vorstrafen damit gem § 39 Abs 2 StGB außer Betracht zu bleiben haben.

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