OGH 1Ob101/06v

OGH1Ob101/06v16.5.2006

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Gerstenecker als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Zechner, Univ. Doz. Dr. Bydlinski, Dr. Fichtenau und Dr. Glawischnig als weitere Richter in der Pflegschaftssache der Minderjährigen Daniel P*****, geboren am *****, Michele P*****, geboren am *****, und Natalie P*****, geboren am *****, infolge ordentlichen Revisionsrekurses der Minderjährigen, vertreten durch den Magistrat der Stadt Wien, gegen den Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 25. November 2005, GZ 44 R 618/05s-U24, womit der Beschluss des Bezirksgerichts Meidling vom 11. August 2005, GZ 2 P 256/04d-U17, abgeändert wurde, folgenden

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der Akt wird dem Erstgericht zurückgestellt.

Text

Begründung

Das Erstgericht erkannte Daniel einen Geldunterhalt von 65 EUR monatlich, Michele und Natalie einen solchen von je 52 EUR monatlich - jeweils ab 1. 1. 2005 - zu und wies deren Mehrbegehren ab. Das Rekursgericht wies das Unterhaltsbegehren für den Zeitraum vom 1.

1. bis 30. 6. 2005 zur Gänze ab, bestimmte den ab 1. 7. 2005 zu leistenden monatlichen Unterhalt mit je 30 EUR und wies das Mehrbegehren für den Zeitraum ab 1. 7. 2005 ab. Es sprach ferner aus, dass der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei.

Diesen Beschluss bekämpften die Minderjährigen mit Revisionsrekurs. Das Datum der Zustellung der Rekursentscheidung an deren Vertreter ist mangels eines Zustellnachweises nicht dokumentiert. Der unterhaltspflichtigen Mutter wurde diese Entscheidung am 20. 12. 2005 zugestellt. Sie gab am 29. 12. 2005 einen - an das Rekursgericht adressierten - Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe „wegen Rekurs f. Alimente" zur Post. Die zweite Instanz übermittelte diesen Antrag dem Erstgericht. Dort langte er am 4. 1. 2006 ein. Mit Beschluss vom 13. 1. 2006 bewilligte das Erstgericht der Mutter die Verfahrenshilfe für die Begünstigungen gemäß § 64 Abs 1 Z 1 lit a-e ZPO. Dieser Beschluss und eine Kopie des Revisionsrekurses der Minderjährigen wurden der Mutter am 18. 1. 2006 zugestellt. Am 1. 2. 2006 (Eingangsstampiglie) erhielt das Erstgericht ein - bereits am 31. 1. 2006 gefaxtes und als „Rekurs vom Stadt Wien" bezeichnetes - Schreiben der Mutter. Dessen Original wurde am 1. 2. 2006 zur Post gegeben und langte am 2. 6. 2006 beim Erstgericht ein. In der Folge erklärte die Mutter im Zuge einer Rechtshilfetagsatzung, letztere Eingabe sei kein Rekurs, „sondern die Revisionsrekursbeantwortung zum Revisionsrekurs des Jugendamtes". Daraufhin legte das Erstgericht den Akt dem Obersten Gerichtshof zur Entscheidung über diesen Revisionsrekurs vor.

Rechtliche Beurteilung

Der Oberste Gerichtshof kann über den Revisionsrekurs der Minderjährigen noch nicht entscheiden.

1. Der Beschluss, mit dem das Erstgericht den Geldunterhalt der Minderjährigen festgesetzt hatte, wurde von der Mutter zur Gänze angefochten. Ihr Rekurs war bloß teilweise erfolgreich. Unaufgeklärt blieb bisher, was die Mutter mit ihrem Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe „wegen Rekurs f. Alimente" bezweckte. Falls sie einen Revisionsrekurs gegen die Rekursentscheidung zu erheben gedenkt, so wird gemäß § 7 Abs 2 und § 23 AußStrG iVm § 65 Abs 1 und 2 AußStrG die Frage nach der Rechtzeitigkeit des Verfahrenshilfeantrags aufgeworfen. Dieser wurde unrichtig an das Rekursgericht adressiert. Er langte erst am 4. 1. 2006 - somit nach Verstreichen der Rechtsmittelfrist am 3. 1. 2006 - beim Erstgericht ein (Näheres dazu bei Buchegger in Fasching/Konecny² II/2 § 126 ZPO Rz 14 ff; Zechner in Fasching/Konecny² IV/1 § 505 ZPO Rz 24 f je mN aus der Rsp). Wäre der Verfahrenshilfeantrag verspätet, so ist auf § 46 Abs 3 iVm § 71 Abs 4 AußStrG hinzuweisen. Auf Grund dieser Regelungen ist eine Rekursentscheidung nach Ablauf der Revisionsrekursfrist nur dann anfechtbar, wenn deren Abänderung oder Aufhebung mit keinem Nachteil für eine andere Person verbunden ist. Ein verspäteter Revisionsrekurs wäre allerdings dem Obersten Gerichtshof vorzulegen, weil dieser nach § 46 Abs 3 iVm § 71 Abs 4 AußStrG zu prüfen hätte, ob das Rechtsmittel zurückzuweisen oder mit Sachentscheidung zu erledigen ist.

2. Gemäß § 6 Abs 1 AußStrG müsste sich die Mutter im Revisionsrekursverfahren anwaltlich vertreten lassen. Das folgt für den Revisionsrekurs auch aus § 65 Abs 1 Z 5 AußStrG. Es bedarf allerdings auch eine Revisionsrekursbeantwortung der - hier noch nicht vorliegenden - anwaltlichen Fertigung. Ungeachtet dessen wurde der Mutter die Verfahrenshilfe nur für die Begünstigungen gemäß § 64 Abs 1 Z 1 lit a-e ZPO gewährt.

Das Erstgericht wird somit zunächst zu klären haben, ob die Mutter gegen den Beschluss zweiter Instanz ebenso einen Revisionsrekurs erheben will; bejahendenfalls wird zu beurteilen sein, ob ihr zur Erhebung eines nach den voranstehenden Erwägungen allenfalls verspäteten Revisionsrekurses gemäß § 7 AußStrG iVm § 64 Abs 1 Z 3 ZPO ein Rechtsanwalt als Verfahrenshelfer beizugeben ist. Die Gleichschrift eines Revisionsrekurses der Mutter wäre gemäß § 68 Abs 1 AußStrG dem Vertreter der Minderjährigen zuzustellen. Abschließend ist noch anzumerken, dass zwar kein Nachweis dafür aktenkundig ist, wann die von den Minderjährigen angefochtene Entscheidung des Rekursgerichts deren Vertreter zugestellt wurde, dass dieser Revisionsrekurs jedoch nach sonst aktenkundigen Daten jedenfalls rechtzeitig sein dürfte; dies ist aber noch zu verifizieren.

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