OGH 8ObA1/06i

OGH8ObA1/06i11.5.2006

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch die Vizepräsidentin des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Langer als Vorsitzende und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Spenling und Dr. Kuras sowie die fachkundigen Laienrichter Mag. Dr. Walter Zeiler und Robert Hauser als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Theresia R*****, Operationsschwester, *****, vertreten durch Dr. Ernst Kohlbacher, Rechtsanwalt in Salzburg, gegen die beklagten Parteien 1) K***** GesmbH & Co Betriebs KG und 2) K***** GesmbH, beide *****, beide vertreten durch Dr. Roman Moser, Rechtsanwalt in Salzburg, wegen EUR 12.780,- sA, über den Rekurs der beklagten Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 4. Oktober 2005, GZ 11 Ra 66/05p-11, mit dem das Urteil des Landesgerichtes Salzburg als Arbeits- und Sozialgericht vom 25. Februar 2005, GZ 32 Cga 121/04s-10, aufgehoben wurde, in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen und zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Dem Rekurs wird Folge gegeben.

Der angefochtene Beschluss wird aufgehoben und in der Sache dahin zu Recht erkannt, dass das Ersturteil wiederhergestellt wird. Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei binnen 14 Tagen die mit EUR 1.347,92 bestimmten Kosten des Berufungsverfahrens (darin EUR 229,16 Umsatzsteuer) und die mit EUR 1.885,86 bestimmten Kosten des Rekursverfahrens (darin EUR 137,45 Umsatzsteuer) zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die Klägerin war bei der Erstbeklagten vom 1. 4. 1999 bis zum 15. 1. 2004 als leitende OP-Schwester beschäftigt. Die Zweitbeklagte ist persönlich haftende Gesellschafterin der Erstbeklagten. Die Klägerin begehrte mit ihrer Klage unter Hinweis auf eine von ihrem Ehegatten an die Beklagte gelegte Rechnung „Aufwandersatz aus dem Arbeitsverhältnis" in Höhe von EUR 12.780,-.

Zur Begründung dieses Begehrens brachte sie im Verfahren vor, sie sei auf Grund ihrer Funktion aber auch auf Grund (allenfalls konkludenter) Anweisungen des Arbeitgebers verpflichtet gewesen, Statistiken, Kostenkalkulationen, Tabellen, Aushänge und Protokolle zu erstellen sowie den OP-Betrieb zu administrieren und zu dokumentieren. Dafür sei der Einsatz elektronischer Datenverarbeitung unumgänglich gewesen. Dennoch habe die Erstbeklagte - unter Verletzung ihrer Fürsorgepflicht und trotz entsprechender Versprechungen - keinen EDV-Arbeitsplatz für sie im OP-Bereich geschaffen. Innerhalb ihrer Dienstzeit habe sie die ihr übertragenen Dokumentations- und Administrationsarbeiten nicht erledigen können. Sie sei daher gezwungen gewesen, hiefür das Büro ihres Ehegatten zu verwenden. Dies sei der Erstbeklagten auch bekannt gewesen, die dies gutgeheißen und nicht beanstandet habe. Durch die Benützung des Büros seien der Klägerin Kosten entstanden, die sie ihrem Ehegatten zu ersetzen habe. Bei der Ermittlung dieser Kosten sei von monatlichen Gesamtkosten für das ca 35 m² große Büro von EUR 3.023,88 auszugehen (Büromiete, Betriebskosten, Reinigung, Miete der technischen Ausstattung, Wartung, technische Assistenz, Miete von Schreibtisch, Drehstuhl und Schrank). Unter Zugrundelegung einer Bürobenützung von 168 Stunden pro Monat errechneten sich daher Bürokosten von EUR 18.- pro Stunde. Da sie während des Arbeitsverhältnisses 284 Seiten an Unterlagen erstellt und durchschnittlich 2,5 Stunden pro Seite benötigt habe, errechne sich der Klagebetrag von EUR 12.780,-. Das Klagebegehren werde auf jeden erdenklichen Rechtsgrund, insbesondere auf § 1014 ABGB gestützt. Dass ihr Ehegatte zunächst der Erstbeklagten Rechnung gelegt habe, beeinträchtige ihren Anspruch nicht, der sich aus ihrer Stellung als Arbeitnehmerin der Erstbeklagten ableite.

Die Beklagten beantragten, das Klagebegehren abzuweisen. Die Klägerin sei nicht aktivlegitimiert, weil die Rechnung nicht von ihr, sondern von ihrem Ehegatten gelegt worden sei. Sie habe auch nicht dargelegt, welcher Aufwand ihr tatsächlich entstanden sei. Die ihr übertragenen Arbeiten hätten keine EDV-mäßige Bearbeitung erfordert und hätten problemlos innerhalb der Arbeitszeit mit den vorhandenen Mitteln erledigt werden können. Dies entspreche auch der sonst im Hause üblichen Praxis. Der Aufwand der Klägerin sei weder zweckmäßig noch notwendig gewesen. Zudem seien im Haus ohnedies Computerarbeitsplätze zur Verfügung gestanden, die der Klägerin auch angeboten worden seien. Die Klägerin habe nie darauf hingewiesen, dass durch die Benützung eines privaten Computers Kosten entstehen würden. Arbeitsleistung außerhalb der Betriebsstätte sei auch gar nicht genehmigt gewesen. Überdies sei die Klageforderung völlig überhöht und verjährt.

Die Klägerin hielt dem entgegen, dass die von ihr erstellten Unterlagen von ihr gefordert worden seien. Es sei lebensfremd, solche Aufgaben ohne Verwendung von EDV zu erstellen. Dass in der Klinik Statistiken etc handschriftlich erstellt werden, werfe ein interessantes Bild auf das Haus. Im OP-Bereich habe sich kein Computer-Arbeitsplatz befunden; EDV-Arbeitsplätze in anderen Bereichen seien besetzt gewesen und außerdem sei für die Klägerin ein längerer Aufenthalt außerhalb des OP-Bereichs nicht planbar gewesen. Die Beklagten hätten gewusst, dass die Klägerin die Unterlagen nicht mit Betriebsmitteln der Beklagten erstellt habe. Eines entsprechenden Hinweises habe es nicht bedurft.

Mit dem angefochtenen Urteil hat das Erstgericht das Klagebegehren abgewiesen. Die der Klage zugrunde liegende Rechnung sei der Erstbeklagten vom Ehegatten der Klägerin gelegt worden. Die Klägerin lege nicht dar, welcher Aufwand ihr entstanden sei. Vielmehr habe sie außer Streit gestellt, dass ihr Ehegatte ihr gegenüber keine Rechnung gelegt habe und dass sie ihm auch nichts gezahlt habe. Es gehe daher ausschließlich um einen Anspruch des Ehegatten der Klägerin, zu dessen Geltendmachung sie nicht legitimiert sei.

Das Berufungsgericht hob dieses Urteil auf und verwies die Arbeitsrechtssache zur neuerlichen Entscheidung nach Verfahrensergänzung an das Erstgericht zurück. Es sprach aus, dass der Rekurs an den Obersten Gerichtshof zulässig sei. Sei mit einer Verpflichtung aus einem Arbeitsverhältnis ein Aufwand für den Arbeitnehmer verbunden, so habe diesen nach der auf das Arbeitsverhältnis analog anzuwendenden Bestimmung des § 1014 ABGB der Arbeitgeber zu tragen. Einen derartigen Aufwand, den die Arbeitgeberin zu tragen habe, mache die Klägerin im vorliegenden Verfahren geltend. Unter Aufwand sei auch die Eingehung von Verbindlichkeiten gegenüber Dritten aus Anlass der Geschäftsführung zu verstehen, wenn sie die Folge des übernommenen Auftrags gewesen sei. Der Anspruch des Beauftragten auf Aufwandsersatz entstehe bereits mit der Vornahme des Aufwands und sei nicht von einer vorherigen Rechnungslegung abhängig. Die Klägerin habe ihren Aufwand ausreichend konkretisiert und auch vorgebracht, dass sie die von ihr geltend gemachten Bürokosten ihrem Ehegatten zu ersetzen habe. Sie sei daher aktiv zur Geltendmachung des Klageanspruchs legitimiert, der daher - unter Bedachtnahme auf die Einwendungen der Beklagten - inhaltlich zu prüfen sei.

Der Rekurs an den Obersten Gerichtshof sei zulässig, weil zur Frage, ob der Arbeitnehmer auch dann Anspruch auf Aufwandersatz geltend machen könne, wenn er bloß behaupte, einem Dritten diesen Aufwand ersetzen zu müssen, in ihrer Bedeutung über den Einzelfall hinausgehe.

Rechtliche Beurteilung

Der Rekurs ist zulässig und berechtigt, weil der Oberste Gerichtshof die Rechtssache für spruchreif iSd Abweisung des Klagebegehrens erachtet.

Nach dem von der Klägerin ins Treffen geführten § 1014 ABGB ist der Gewaltgeber verbunden, dem Gewalthaber allen zur Besorgung des Geschäfts notwendigen oder nützlich gemachten Aufwand selbst bei fehlgeschlagenem Erfolg zu ersetzen. Wie vom Berufungsgericht richtig ausgeführt und von den Rekurswerbern auch nicht bestritten, wird diese Bestimmung von der völlig einhelligen Rechtsprechung auf Arbeitsverträge analog angewendet. Ist daher mit einer Verpflichtung aus dem Arbeitsverhältnis notwendigerweise ein Aufwand für den Arbeitnehmer verbunden, so hat diesen Aufwand der Arbeitgeber zu tragen (RIS-Justiz RS0019687; zuletzt etwa 9 ObA 142/05f; Strasser in Rummel ABGB3 §§ 1014, 1015 Rz 3 mwN).

Richtig ist auch, dass unter Aufwand nicht nur ein Baraufwand zu verstehen ist, sondern auch der Wert der zur Erreichung des Erfolges der Geschäftsführung verbrauchten Sache oder der Gebrauchswert des zu diesem Zweck verwendeten eigenen Gutes des Beauftragten, aber auch die Eingehung von Verbindlichkeiten gegenüber Dritten aus Anlass der Geschäftsführung, wenn sie die Folge des übernommenen Auftrages war (RIS-Justiz RS0019499; SZ 63/92). Voraussetzung des Anspruchs auf Aufwand im Sinne dieser Ausführungen ist es, dass Vermögensgüter des Arbeitnehmers im Interesse des Arbeitgebers eingesetzt bzw Verpflichtungen im Interesse des Arbeitgebers eingegangen werden, der sich dadurch einen Nutzen verschafft. Dabei kommt es nicht entscheidend darauf an, von wem die Initiative für den Aufwand ausgeht oder ob dem Aufwand eine ausdrückliche Weisung oder Genehmigung des Arbeitgebers zugrunde liegt. Entscheidend ist, dass dem Arbeitnehmer eine entsprechende Aufgabe übertragen ist und dass diese Aufgabe den Einsatz der Güter des Arbeitnehmers erfordert, weil in diesem Fall der Arbeitgeber, der in Kenntnis dieses Umstandes dem Arbeitnehmer die Aufgabe überträgt, über die Güter des Arbeitnehmers für eigene Zwecke disponiert (Strasser, aaO Rz 10; Arb 10.664). Die Benützung eigener Güter, die der Arbeitnehmer nach der Verkehrsauffassung selbst beizustellen hat, vermag hingegen ebenso wenig einen Anspruch zu begründen, wie die Benützung eigener Güter lediglich zur Erleichterung der Berufsausübung (vgl Strasser, aaO Rz 10).

Vor diesem Hintergrund steht aber der Klägerin selbst auf der Grundlage ihres eigenen Vorbringens der von ihr geltend gemachte Aufwandsersatzanspruch nicht zu:

Die Klägerin hat zwar vorgebracht, zur Erstellung schriftlicher Unterlagen verpflichtet gewesen zu sein; ihrem Vorbringen ist aber nicht zu entnehmen, dass diese Aufgabe die (kostenpflichtige) Benützung des Büros ihres Ehegatten erfordert hat. Die Klägerin hat das Vorbringen der Beklagten, dass vergleichbare Arbeiten im Betrieb üblicherweise mit den vorhandenen Mitteln erstellt werden, gar nicht bestritten, sondern dazu lediglich vorgebracht, dass dies „ein interessantes Bild auf das Haus" werfe. Selbst wenn man aber auf ihre ursprüngliche Behauptung abstellt, dass die von ihr erwarteten Unterlagen ohne EDV-Einsatz nicht hätten erstellt werden können, wäre daraus nur abzuleiten, dass für den Arbeitgeber die Notwendigkeit des Einsatzes eines Computers erkennbar war; dies ist aber nicht gleichbedeutend mit der Erkennbarkeit der Notwendigkeit der - nach dem Vorbringen der Klägerin mit hohen Kosten (45 EUR pro Seite !!) verbundenen - Nutzung des Büros des Ehegatten der Klägerin. Daran vermag auch der Umstand nichts zu ändern, dass die Klägerin vorgebracht hat, der Erstbeklagten sei die Benützung dieses Büros durch die Klägerin bekannt gewesen. Abgesehen davon, dass im weiteren Vorbringen nur mehr davon die Rede ist, dass der Klägerin bekannt gewesen sei, dass die in Rede stehenden „284 Seiten nicht mit Betriebsmitteln der beklagten Parteien" erstellt worden seien, könnte selbst das Wissen um die Benützung des Büros des Ehegatten der Klägerin den begehrten Aufwandersatz nicht rechtfertigen. Wie oben ausgeführt, ist damit nämlich nicht gesagt, dass der Erstbeklagten bekannt war, dass die der Klägerin aufgetragenen Arbeiten nur unter der (kostenpflichtigen) Benützung des Büros erledigt werden konnten. Nur unter dieser Voraussetzung könnte aber gesagt werden, dass der Dienstgeber, der dessen ungeachtet von der Klägerin entsprechende Arbeiten verlangt, über ihre Vermögensgüter disponiert und daher den - für ihn erkennbar notwendigen - Aufwand für die Büronutzung zu ersetzen hat.

Da somit der Klägerin der von ihr geforderte Aufwandersatz selbst auf der Grundlage ihres Vorbringens nicht zusteht, hat das Erstgericht das Klagebegehren im Ergebnis zu Recht ohne weitere Beweisaufnahme abgewiesen.

Da nach § 519 Abs 2 ZPO auf Grund eines Rekurses gegen einen Aufhebungsbeschluss bei Spruchreife die Entscheidungsbefugnis des Berufungsgerichtes auf den Obersten Gerichtshof übergeht (RIS-Justiz RS0043853), war daher in Stattgebung des Rekurses der Beklagten das Ersturteil wiederherzustellen.

Die Entscheidung über die Kosten des Rechtsmittelverfahrens gründet sich auf die §§ 41, 50 Abs 1 ZPO. Der geringfügig überhöht verzeichnete Betrag der Pauschalgebühr für das Verfahren dritter Instanz war richtig zu stellen.

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