OGH 8ObA21/06f

OGH8ObA21/06f11.5.2006

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch die Vizepräsidentin des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Langer als Vorsitzende, den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Spenling und die Hofrätin des Obersten Gerichtshofes Dr. Lovrek sowie die fachkundigen Laienrichter Mag. Dr. Walter Zeiler und Robert Hauser als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Elisabeth F***** , vertreten durch Dr. Andreas Mirecki, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei Land Steiermark, ***** vertreten durch Dr. Arno Lerchbaumer, Rechtsanwalt in Graz, wegen Feststellung, über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Graz als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 11. Jänner 2006, GZ 8 Ra 102/05i-44, den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).

Text

Begründung

Rechtliche Beurteilung

1. Die Frage, ob ein konkretes Verhalten einen Entlassungsgrund verwirklicht, muss immer nach den Umständen des Einzelfalls beurteilt werden und stellt damit regelmäßig keine erhebliche Rechtsfrage im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO (8 ObA 10/05m uva). Das gilt auch für die Beurteilung, ob der Entlassungsgrund des § 133 Abs 2 Z 2 des Gesetzes über das Dienst- und Besoldungsrecht der Bediensteten des Landes Steiermark (LGBl 29/2003) verwirklicht ist, der ua dann vorliegt, wenn sich der Vertragsbedienstete Tätlichkeiten oder erhebliche Ehrverletzungen gegen Vorgesetzte oder Mitbedienstete zu Schulden kommen lässt. Die Bejahung dieses Entlassungsgrundes durch die Vorinstanzen ist angesichts des festgestellten Verhaltens der Klägerin, dem schon eine lang schwelende Konfliktsituation zwischen der Klägerin und vielen Kollegen voranging, zumindest vertretbar: Die Klägerin beschimpfte am 26. 11. 2003 einen Kollegen grundlos und ohne provoziert worden zu sein und versetzte ihm eine Ohrfeige. Zur Rede gestellt, rechtfertigte sich die Klägerin damit, der Kollege solle sich „wegen der kleinen Watsche" nicht aufregen.

2. Auch wenn der Tonfall im Betrieb niemals der eines „Mädchenpensionats" war - was die Revision durch die Behauptung zu untermauern sucht, dass die Klägerin Mitarbeiter, insbesondere das Reinigungspersonal, seit Jahren gröblichst mit „Schweine, Fußvolk, niederer Stand" beschimpfte, rechtfertigt ein grober Umgangston im Betrieb jedenfalls keine tätlichen Ehrverletzungen (8 ObA 28/02d). Ob im Betrieb überhaupt ein grober Umgangston herrschte (oder aber ob lediglich die Klägerin einen rauen Umgangston pflegte), braucht daher hier nicht geprüft zu werden.

3. Der für den Entlassungsgrund der beharrlichen Pflichtenverletzung entwickelte Grundsatz, dass unter bestimmten Voraussetzungen vor Ausspruch der Entlassung eine Ermahnung zu erfolgen hat (RIS-Justiz RS0029746), lässt sich auf den hier vorliegenden Entlassungsgrund der tätlichen Ehrverletzung nicht übertragen.

4. Nach der ständigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes können, wenn in der Berufung nur in bestimmten Punkten eine Rechtsrüge ausgeführt wurde, andere Punkte in der Revision nicht mehr geltend gemacht werden, wenn es um mehrere selbständig zu beurteilende Rechtsfragen geht (3 Ob 174/04s; 10 Ob 1/05b; RIS-Justiz RS0041570). Hier hat sich die Klägerin in ihrer Berufung nicht darauf berufen, dass jene GmbH, der die Klägerin dienstzugewiesen war, am Ausspruch der Entlassung hätte mitwirken müssen. Ob daher das entsprechende Vorbringen der Klägerin in erster Instanz überhaupt ausreichend wäre, diese Frage einer Prüfung zu unterziehen, kann ebenso dahingestellt bleiben wie eine inhaltliche Auseinandersetzung mit den Bestimmungen des Gesetzes vom 12. März 2002 über die Zuweisung von Landesbediensteten an Dritte (Steiermärkisches Zuweisungsgesetz LGBl Nr 64/2002).

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