Spruch:
Die Revision der klagenden Partei wird zurückgewiesen. Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit EUR 499,39 (darin EUR 83,23 Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens zu ersetzen.
Text
Begründung
Der Kläger kaufte am 24. 5. 2005 bei der beklagten Partei, die einen Selbstbedienungs-Baumarkt betreibt, mehrere Wandschienen und Tragarme, um daraus ein Regal zu bauen. Bei diesen Produkten handelt es sich um ein gängiges Doppelloch-Stahlregalsystem. Die Produkte waren bei der beklagten Partei in einem Regal aufgereiht. Produktbeschreibungen waren ebenso wenig aufgelegt oder angeschrieben wie Belastungsangaben hinsichtlich der Tragarme. Auch eine Montageanleitung war nicht vorhanden. Der Kläger hat beim Verkaufspersonal weder hinsichtlich der richtigen Montage des Regals noch hinsichtlich der Belastungsmöglichkeiten nachgefragt. Eine Beratung hielt er nicht für nötig, da er sich in handwerklichen Dingen für erfahren genug hielt und genau wusste, was er wollte. Er hat den Beruf eines Maschinenbauers erlernt und war in seiner aktiven Berufszeit in der Metallbearbeitung tätig. In seiner Freizeit bastelt er viel. Er hatte bereits mehrmals Wandregale desselben Produktes und von ähnlichen Produkten gekauft und montiert.
Nach dem Kauf montierte der Kläger das Regal fachgerecht und legte über die Tragarme eine ca 15 kg schwere Bau-Schalungstafel. Sodann stellte er eine ca 30 kg schwere Kiste mit Motorteilen sowie einen 10 - 12 kg schweren Karton mit Elektroteilen jeweils mit Schwung auf dem Regal ab. Als er einen 12 kg schweren Kübel mit Dispersionsfarbe auf dem Regal abstellen wollte, brach der linke Trägerarm; der Regalboden samt den darauf befindlichen Lasten stürzte auf den Kläger, der rücklings von der Leiter stürzte und sich schwer verletzte. Die Ursache des Bruchs des Tragarmes lag im stoßartigen Absetzen der Lasten auf der Regalbodenkante in Verbindung mit dem zu weit über den Tragarm hinausreichenden Regalboden (eine Schaltafel, die bereits beim Kläger vorhanden war). Durch die zweimalige stoßartig wirkende Kraft abgesetzter Lasten auf die 18 cm über den Tragarm hinausreichende Regalbodenkante wurden die beiden Aufhängekrallen des Tragarms derart vorbelastet, dass das nachfolgende Absetzen des Kübels mit Dispersionsfarbe schlussendlich zum Bruch der Aufhängekrallen führte.
Der Endverbraucher wird weder von der Produzentin noch von der beklagten Partei darüber informiert, dass das Regal nicht dynamisch, das heißt stoßartig belastet werden darf.
Der Kläger nimmt die beklagte Partei auf Schadenersatz in Anspruch, weil das Produkt fehlerhaft gewesen sei und die beklagte Partei ihren Aufklärungspflichten nicht ordnungsgemäß nachgekommen sei. Das Erstgericht wies das Klagebegehren mit der Begründung ab, dass weder ein technischer Fehler des Regalsystems noch ein Instruktionsfehler seitens der beklagten Partei (wegen mangelhafter Information über das Produkt) vorliege.
Das Berufungsgericht gab der Berufung des Klägers nicht Folge. Es verneinte das Vorliegen sekundärer Feststellungsmängel und führte in seiner rechtlichen Beurteilung - in Übereinstimmung mit dem Erstgericht - aus, dass die beklagte Partei nicht mit einer Verwendung des Regals in der Art, wie sie der Kläger vorgenommen habe, rechnen habe müssen. Daraus folge, dass eine Anleitungs-, Instruktions- und Aufklärungspflicht der beklagten Partei nicht bestanden habe. § 9a Abs 2 KSchG vermöge an diesem Ergebnis nichts zu ändern, weil weder ein Fehler in der Bedienungsanleitung noch das Fehlen einer Bedienungsanleitung ursächlich für den Schadenseintritt gewesen seien: der Kläger habe nämlich das Regal fachgerecht montiert, jedoch (durch stoßartige Belastung des Regalbodens) unsachgemäß verwendet.
Der Anregung, beim Europäischen Gerichtshof ein Vorabentscheidungsersuchen zu stellen, werde nicht gefolgt, da die vom Kläger vorgeschlagenen Vorlagefragen für die Beurteilung des Rechtsfalls ohne Belang seien; sie würden nämlich auf das Nichtvorliegen einer Montageanleitung und den Bruch eines nicht richtig zusammengebauten Regals Bezug nehmen.
Die ordentliche Revision sei zulässig, weil eine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes zur Frage fehle, ob beim Kauf eines selbst zu montierenden Regals in einem Selbstbedienungs-Baumarkt eine Bedienungsanleitung beizuschließen sei, der sich entnehmen lasse, dass es zu einem Bruch des Regals kommen könne, wenn ein über die Tragarme hinausreichender Regalboden stoßartig belastet werden. Weiters sei ungeklärt, ob die Montageanleitung auch einen Hinweis über die Verwendung zu enthalten habe, wenn Gegenstand des Kaufs ein Regal sei, das durch vom Käufer beizubringende Regalbretter zu vervollständigen sei.
Gegen diese Entscheidung richtet sich die Revision des Klägers aus dem Revisionsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag auf Abänderung im klagsstattgebenden Sinn. Weiters wird ein Vorabentscheidungsersuchen an den Europäischen Gerichtshof im Zusammenhang mit der Auslegung des Art 2 Abs 5 der Verbrauchsgüterkauf-RL 1999/44/EG und des Art 153 des EG-Vertrages angeregt.
Die beklagte Partei beantragt in ihrer Revisionsbeantwortung, die Revision zurückzuweisen, in eventu, ihr nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist mangels einer erheblichen Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO nicht zulässig.
Gemäß § 510 Abs 3 letzter Satz ZPO kann sich die Zurückweisung einer ordentlichen Revision wegen Fehlens einer erheblichen Rechtsfrage auf die Ausführung der Zurückweisungsgründe beschränken. Die klagende Partei bezieht sich in ihren Ausführungen auf das Fehlen sachgerechter Informationen über das verkaufte Produkt, insbesondere das Fehlen einer Gebrauchs-, Bedienungs- oder Montageanleitung mit Hinweisen auf die Gefahr eines Bruchs des Regals bei „dynamischer Belastung" eines Regalbodens.
Nach ständiger Rechtsprechung ist die Aufklärungspflicht des Verkäufers nach den Umständen des Einzelfalls zu beurteilen und begründet regelmäßig keine erhebliche Rechtsfrage (RIS-Justiz RS0048335). Der Oberste Gerichtshof hat sich in der Entscheidung 6 Ob 27/05x (bbl 2005, 209) eingehend mit der Aufklärungspflicht des Verkäufers beim Gattungskauf auseinandergesetzt und ausgeführt, dass bei Umsatzgeschäften ohne besondere Treue- und Vertrauensbande an den Umfang der Aufklärungspflichten geringe Anforderungen zu stellen sind (Aicher in Rummel ABGB3 § 1061 Rz 32; RIS-Justiz RS0048335). Insbesondere darf beim Gattungskauf bei Unterlassung der Aufklärung nicht ohne weiteres eine schlüssige Zusage über eine bestimmte Eigenschaft angenommen werden, wenn der Erwerber keine Auskünfte oder Belehrungen verlangt (1 Ob 564/95 = SZ 68/105). Den Verkäufer einer Ware trifft nur dann eine besondere Aufklärungs- und Warnpflicht, wenn diese Pflicht vertraglich übernommen wurde oder wenn sich diese Pflicht gemäß der Verkehrssitte oder aufgrund eines Handelsbrauchs als nötig erweist (RIS-Justiz RS0014836). Beispielsweise ist die Aufklärungspflicht dann zu bejahen, wenn der Käufer beim Vertragsgespräch auf einen bestimmten Punkt besonderen Wert legte oder der Verkäufer aufgrund seiner überlegenen Fachkenntnisse zugleich auch beratend tätig wurde (RIS-Justiz RS0014823). Die Rechtsansicht des Berufungsgerichtes entspricht den Grundsätzen dieser Rechtsprechung. Der selbst fachkundige Käufer hat keine Beratung der beklagten Partei in Anspruch genommen. Eine allgemeine Aufklärungspflicht des Verkäufers, den Geschäftspartner über alle abstrakten Gefährdungsmöglichkeiten aufzuklären, besteht nicht. Die Ansicht, der Kläger hätte auf die fehlende „dynamische Belastbarkeit" des von ihm zusammengebauten und mit einer bereits vorhandenen Schaltafel als Regalboden versehenen Regals selbst Bedacht nehmen müssen, liegt im Beurteilungsspielraum.
Fragen des Inhalts einer Montageanleitung sind nicht relevant, einerseits weil keine beigelegt war, andererseits, weil die bei der beklagten Partei eingekauften Produkte vom Kläger fachgerecht montiert wurden; der Grund für den entstandenen Schaden liegt in einer unsachgemäßen Verwendung des Regals und nicht in einer falschen Montage.
Auf die Irrelevanz der vorgeschlagenen Vorlagefragen an den Europäischen Gerichtshof hat bereits das Berufungsgericht hingewiesen.
Mangels erheblicher Rechtsfragen ist die Revision der klagenden Partei zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 41 iVm § 50 Abs 1 ZPO. Die Kosten der Revisionsbeantwortung sind zuzuerkennen, weil die beklagte Partei im Interesse einer zweckentsprechenden Rechtsverfolgung auf die Unzulässigkeit des Rechtsmittels des Klägers hingewiesen hat. Eine 50 %ige Erhöhung des Verdienstes im Sinne von Anmerkung 5 zu TP 3 RATG steht der beklagten Partei nicht zu, weil sie sich nicht „eingehend" mit der Anregung des Klägers zur Einholung eines Vorabentscheidungsersuchens auseinandergesetzt hat.
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