OGH 13Os17/06h

OGH13Os17/06h5.4.2006

Der Oberste Gerichtshof hat am 5. April 2006 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Rouschal als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Ratz, Hon. Prof. Dr. Schroll, Mag. Hetlinger und Mag. Lendl als weitere Richter in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Gödl als Schriftführerin in der Strafsache gegen Senol T***** und weitere Angeklagte wegen der Verbrechen des schweren Raubes nach § 142 Abs 1, 143 erster und dritter Fall StGB und weiterer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Senol T***** gegen das Urteil des Geschworenengerichtes beim Landesgericht für Strafsachen Wien vom 16. Dezember 2005, GZ 441 Hv 6/05z-237, nach Anhörung der Generalprokuratur und Äußerung des Verteidigers (§ 35 Abs 2 StPO) in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Aus deren Anlass werden das angefochtene Urteil, das im Übrigen unberührt bleibt, im die Angeklagten Senol T*****, Israfil S***** und Ibrahim H***** betreffenden Schuldspruch C./ wegen des Vergehens der kriminellen Vereinigung nach § 278 Abs 1 StGB, in der rechtlichen Unterstellung der im Senol T***** betreffenden Schuldspruch A./III./3.) und im Ibrahim H***** betreffenden Schuldspruch B./I./1.)e) genannten Tat unter § 143 erster Fall StGB, demgemäß in den Wahrsprüchen zu den Hauptfragen 36./, 37./ und 38./ sowie im Umfang der Tatbegehung als Mitglied einer kriminellen Vereinigung unter Mitwirkung eines weiteren Mitglieds zu den Hauptfragen 19./ und 20./, weiters im diese Angeklagten betreffenden Strafausspruch einschließlich der Vorhaftanrechnung und die zugleich verkündeten, die Angeklagten Senol T***** und Israfil S***** betreffenden Beschlüsse nach § 494a Abs 1 Z 4 StPO aufgehoben, und wird die Sache insoweit zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Geschworenengericht beim Landesgericht für Strafsachen Wien verwiesen.

Dem Angeklagten Senol T***** fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen - auf dem Wahrspruch der Geschworenen beruhenden, auch (rechtskräftige) Freisprüche aller Angeklagten und einen unbekämpft gebliebenen Schuldspruch eines weiteren Angeklagten enthaltenden - Urteil wurden (richtig:) Senol T***** (A./III./), Israfil S***** (A./I./1.) und A./IV./1.), 2.) und 5.)) und Ibrahim H***** (A./II./) der Verbrechen des schweren Raubes nach §§ 142 Abs 1, 143 erster Fall StGB, Israfil S***** des Verbrechens des schweren Raubes nach §§ 142 Abs 1, 143 erster und dritter Fall StGB (A./IV./4.)) und der Verbrechen des teils vollendeten, teils versuchten schweren Raubes nach §§ 142 Abs 1, 143 erster Fall und 15 StGB (A./I./2.) und A./IV./3.)), Senol T***** (B./I./2.)a), b) und d)) und Ibrahim H***** (B./I./ a) und c) bis g)) der Verbrechen des schweren Raubes nach §§ 142 Abs 1, 143 erster Fall StGB als Beteiligte nach § 12 dritter Fall StGB, Senol T***** (B./I./2.)c)) und Ibrahim H***** (B./I./ b)) des Verbrechens des teils vollendeten, teils versuchten schweren Raubes nach §§ 142 Abs 1, 143 erster Fall und 15 StGB als Beteiligte nach § 12 dritter Fall StGB und überdies diese drei Angeklagten des Vergehens der kriminellen Vereinigung nach § 278 Abs 1 StGB (C./) schuldig erkannt.

Danach haben in Wien

A./ als Mitglieder einer kriminellen Vereinigung unter Mitwirkung eines anderen Mitglieds dieser Vereinigung mit Gewalt gegen eine Person und durch Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben (§ 89 StGB) unter Verwendung von täuschend echt aussehenden Pistolenattrappen aus Plastik anderen Personen fremde bewegliche Sachen mit dem Vorsatz, durch deren Zueignung sich oder einen Dritten unrechtmäßig zu bereichern weggenommen oder abgenötigt, und zwar I./ Israfil S***** im bewussten und gewollten Zusammenwirken mit dem gesondert verfolgten Haci A***** als Mittäter

1.) am 23. Juni 2005 Erna K***** Bargeld im Betrag von 1.670 Euro, indem er den Lauf einer Pistolenattrappe gegen deren Hals drückte und eine Spielzeugpistole gegen Stana K*****, Ingrid G***** und Dimitar Z***** richtete und diese dazu zwang, sich auf den Boden zu legen, wobei Israfil S***** und Haci A***** die unmittelbaren Tathandlungen im Geschäftslokal setzten;

2.) am 12. Juni 2005

a) Mag. Anna D***** einen Bargeldbetrag in der Höhe von 2.200 Euro, indem Haci A***** sie mit einer täuschend echt aussehenden Spielzeugpistole durch Anhalten an den Kopf bedrohte und die Übergabe von Bargeld forderte;

b) Israfil S***** dem Yuso H***** seine Pistolenattrappe gegen die linke Schläfe drückte und ihn aufforderte, sich auf den Boden zu legen, während er ihn mit der linken Hand zu Boden drückte und ihn dadurch fixierte, dass er einen Fuß in dessen Nacken stellte, diesem Bargeld und Wertgegenstände wegzunehmen versucht, indem er dessen Kleidung danach abtastete;

II./ Ibrahim H***** im bewussten und gewollten Zusammenwirken als Mittäter mit dem gesondert verfolgten Haci A*****

1.) am 23. April 2005 Gabriele F***** Bargeld im Betrag von 3.728 Euro und 19 Stangen Zigaretten im Wert von 820 Euro, indem sie jeweils eine Pistolenattrappe gegen diese richteten, ihr die Kellnerbrieftasche aus der Hand rissen, sie dazu zwangen sich auf den Boden zu legen und Bargeld forderten, sie sodann dazu nötigten, einen Tresor zu öffnen, indem sie mehrfach mit dem Lauf der Pistole gegen den Rücken von Gabriele F***** stießen;

2.) am 26. April 2005 Christoph E***** Bargeld im Betrag von 10.648 Euro und Christoph S***** eine Geldtasche in nicht mehr feststellbarem Wert sowie 130 Euro Bargeld, indem sie Christoph E***** mit Pistolenattrappen bedrohten und ihn zur Übergabe von Geld und dazu, den Tresor aufzusperren, aufforderten sowie die Waffen gegen Christoph S***** richteten und diesen nötigten sich auf den Boden zu legen;

3.) nachts zum 7. Mai 2005 Daliborka K***** Bargeld im Betrag von 2.194 Euro, indem sie sie mit Pistolenattrappen bedrohten und die Übergabe des Bargeldes forderten;

III./ Senol T***** im bewussten und gewollten Zusammenwirken mit dem gesondert verfolgten Haci A***** als Mittäter

1.) am 7. April 2005 Milica P***** Bargeld im Betrag von 7.803 Euro, indem Senol T***** und Haci A***** jeweils Milica P***** eine Pistolenattrappe gegen den Körper hielten und die Übergabe von Geld forderten;

2.) am 18. Mai 2005 Jürgen N***** Bargeld im Betrag von 9.973 Euro, indem sich Ibrahim H***** in eine Spielerkoje begab um den im Lokal anwesenden Kellner zu rufen, während sich Senol T***** und Haci A***** in das Wettlokal begaben und Jürgen N***** mit einer Pistolenattrappe bedrohten und ihn nötigten, die Bürotüre aufzusperren und ihnen Geld zu übergeben;

3.) am 30. März 2005 Christine Sch***** einen Bargeldbetrag in Höhe von 1.100 Euro, indem Senol T***** und Haci A***** jeweils eine Pistolenattrappe gegen deren Kopf und Körper richteten und durch die Äußerung „drei Sekunden, sonst schieße ich", die Übergabe von Bargeld forderten;

4.) am 23. Mai 2005 Ivo B***** Bargeld im Betrag von 17.979 Euro, indem Senol T***** und Haci A***** Ivo B***** eine Pistolenattrappe an die rechte Schläfe ansetzten und Bargeld forderten;

IV./ Israfil S***** im bewussten und gewollten Zusammenwirken mit dem gesondert verfolgten Haci A***** nach Fassen eines gemeinschaftlichen Tatentschlusses als Mittäter

1.) am 17. Juni 2005 Ota J***** Bargeld im Betrag von 8.500 Euro sowie Helmut S***** eine Kellnerbrieftasche in nicht mehr feststellbarem Wert und 210 Euro Bargeld, indem nach Planung der Tat durch Haci A***** und Senol T*****, Israfil S***** und Haci A***** dem Ota J***** eine Pistolenattrappe gegen den Hinterkopf drückten und die Übergabe von Bargeld forderten, Helmut S***** die Pistole gegen den Rücken hielten und ihm eine Kellnerbrieftasche mit 210 Euro Bargeld aus dem Hosenbund zogen sowie Andreas W***** und Shaban H***** mit den Pistolen bedrohten und nötigten, sich auf den Boden zu legen;

2.) am 30. Juni 2005 Tatjana M***** Bargeld im Betrag von 6.866 Euro, indem Haci A***** eine Pistolenattrappe auf ihr Auge richtete und die Übergabe von Geld forderte, während Israfil S***** die Lokalgäste Halit A*****, Soner T***** und Miograd D***** mit einer Pistolenattrappe bedrohte und sie nötigte, sich auf den Boden zu legen;

3.) am 2. Juli 2005

a) Josef H***** Bargeld im Betrag von 3.700 Euro, Michael P***** Bargeld im Betrag von 2.750 Euro, Zoran G***** Bargeld im Betrag von 500 Euro, indem Israfil S***** und Haci A***** die Genannten mit Pistolenattrappen bedrohten, wobei Israfil S***** dem Michael P***** einen Fußtritt gegen den Kopf versetzte, die Waffe repetierte und drohte, ihn sowie Josef H***** zu erschießen, sowie indem sie die Pistole gegen den Kopf des Zoran G***** drückten, der sich auf den Boden legen musste und mit Füßen getreten wurde sowie

b) Sulejman U***** Geld und Wertgegenstände wegzunehmen versucht, indem sie ihn mit der Waffe bedrohten und nötigten, sich auf den Boden zu legen sowie die Übergabe von Bargeld forderten, seinen Kopf mit dem Fuß zu Boden drückten und ihn durchsuchten sowie die Spielzeugpistolen gegen Andreas B***** und Hans Peter B***** richteten und diese aufforderten, sich auf den Boden zu legen;

4.) am 2. Juli 2005 Dorina S***** Bargeld im Betrag von 520 Euro, indem Haci A***** sie mit einer Pistolenattrappe bedrohte und die Übergabe von Geld forderte sowie Israfil S***** und Haci A***** die Lokalgäste Uwe K*****, Michael R***** und Claudia R***** mit den Waffen bedrohten und nötigten, sich auf den Boden zu legen, wobei Israfil S***** den Uwe K***** am Nacken packte und ihm die Pistole an den Kopf hielt, sodann ihm einen Fußtritt in das Gesicht versetzte, seine Waffe repetierte und Uwe K***** an den Kopf anhielt, während Haci A***** mit einer Flasche, somit mit einer Waffe, auf Kopf und Körper von Uwe K***** einschlug, wobei dieser durch die von Israfil S***** und Haci A***** ausgeübte Gewalt schwer verletzt wurde (§ 84 Abs 1 StGB), da K***** einen zweifachen Bruch der rechten Mittelhand erlitt;

5.) am 26. Juni 2005 Daliborka K***** Bargeld im Betrag von 2.135 Euro, indem Israfil S***** und Haci A***** eine Plastikpistole gegen ihr Gesicht hielten und sie aufforderten, den Tresor zu öffnen und das darin befindliche Bargeld an sie zu übergeben, während sie Dragana G***** und Miso G***** mit den Spielzeugpistolen bedrohten und sie zwangen, sich auf den Boden zu legen;

B./ Nachgenannte dazu vorsätzlich beigetragen, dass andere mit Gewalt gegen eine Person und durch Drohung mit gegenwärtiger Gewalt für Leib oder Leben (§ 89 StGB) unter Verwendung von täuschend echt aussehenden Pistolenattrappen aus Plastik anderen Personen fremde bewegliche Sachen mit dem Vorsatz, durch deren Zueignung sich oder einen Dritten unrechtmäßig zu bereichern, weggenommen oder abgenötigt haben und zwar

I./ als Mitglied einer kriminellen Vereinigung unter Mitwirkung eines anderen Mitglieds dieser Vereinigung

1.) Ibrahim H*****

a) zu der zu A./ I./ 1.) des Urteilssatzes geschilderten Raubhandlung dadurch, dass er vor dem Geschäft Strumpfmasken und Waffen nach gemeinsamer Tatplanung an seine Mittäter übergab und den Fluchtwagen besorgte;

b) zu der zu A./ I./ 2.) a) und b) des Urteilssatzes geschilderten Raubhandlung dadurch, dass er in Kenntnis des gemeinsamen Tatplanes zuvor an Haci A***** zwei Strumpfmasken, zwei Pistolenattrappen und ein Paar Handschuhe übergab;

c) zu der zu A./ I./ 1.) des Urteilssatzes geschilderten Raubhandlung dadurch, dass er während des Tatablaufs Aufpasserdienste am Tatort leistete und sich zum Eingreifen bereithielt sowie ein Fluchtfahrzeug (Taxi) besorgte;

d) zu der zu A. III. 2. des Urteilssatzes geschilderten Raubtat dadurch, dass er sich nach dem gemeinsamen Tatplan in eine der Spielerkojen des Wettlokals begab, um den im Lokal anwesenden Kellner zum Schein herbeizurufen, um Senol T***** und Haci A***** zu ermöglichen, den herbeikommenden Kellner Jürgen N***** zu überraschen, mit einer Pistolenattrappe zu bedrohen und ihn zu nötigen, die Bürotüre aufzusperren und ihnen Geld zu übergeben;

e) zu der zu A./ III./ 3.) des Urteilssatzes geschilderten Raubhandlung dadurch, dass er Aufpasserdienste am Tatort leistete, nachdem er nach dem gemeinsamen Tatplan die von Senol T***** und Haci A***** verwendeten Strumpfmasken und Spielzeugpistolen besorgt hatte und sodann ein Taxi als Fluchtfahrzeug anhielt;

f) zu der zu A./ III./ 4.) des Urteilssatzes geschilderten Raubhandlung dadurch, dass er am Tatort Aufpasserdienste leistete, sich zum Eingreifen bereithielt und sodann ein Taxi für die gemeinsame Flucht anhielt;

g) zu der zu A./ IV./ 5.) des Urteilssatzes geschilderten Raubhandlung dadurch, dass er nach dem gemeinsam mit den Übrigen gefassten Tatplan in unmittelbarer Nähe des Tatortes Aufpasserdienste leistete und sich zum Eingreifen bereithielt;

2.) Senol T*****

a) zu der zu A./ IV./ 1.) des Urteilssatzes geschilderten Raubhandlung dadurch, dass er nach der gemeinsamen Planung der Tat am Tatort Aufpasserdienste leistete, sich zum Eingreifen bereithielt und das Fluchtfahrzeug lenkte;

b) zu der zu A./ IV./ 2.) des Urteilssatzes geschilderten Raubhandlung dadurch, dass er nach dem gemeinsamen Tatplan am Tatort Aufpasserdienste leistete und sich zum Eingreifen bereithielt, sowie den Fluchtweg dadurch sicherte, dass er mit seinem Moped die nach der Tat flüchtenden Israfil S***** und Haci A***** weiträumig umkreiste um eventuell auftauchende Polizeifahrzeuge diesen mitzuteilen;

c) zu der zu A./ IV./ 3.) a) und b) des Urteilssatzes geschilderten Raubhandlung dadurch, dass er nach dem gemeinsamen Tatplan am Tatort Aufpasserdienste leistete und sich zum Eingreifen bereithielt sowie das Fluchtfahrzeug besorgte;

d) dadurch zu der zu A./ IV./ 4.) des Urteilssatzes geschilderten Raubtat vorsätzlich beigetragen, indem er am Tatort Aufpasserdienste leistete und das Fluchtfahrzeug (Taxi) besorgte, während die Haupt- und Mittäter Israfil S***** und der abgesondert verfolgte Haci A***** Dorina S***** Bargeld im Betrag von 520 Euro wegnahmen, indem Haci A***** sie mit einer Pistolenattrappe bedrohte und die Übergabe von Geld forderte sowie Israfil S***** und Haci A***** die Lokalgäste Uwe K*****, Michael R***** und Claudia R***** mit den Waffen bedrohten und nötigten sich auf den Boden zu legen, wobei Israfil S***** den Uwe K***** am Nacken packte und ihm die Pistole an den Kopf hielt, sodann ihm einen Fußtritt in das Gesicht versetzte, seine Waffe repetierte und Uwe K***** am Kopf anhielt, während Haci A***** mit einer Flasche, somit mit einer Waffe, auf Kopf und Körper von Uwe K***** einschlug (Senol T***** sohin nach dem Wahrspruch der Geschworenen ohne Herbeiführung einer schweren Verletzung an Uwe K***** - excessus mandati);

C./ sich an einer kriminellen Vereinigung, nämlich einem auf längere Zeit angelegten Zusammenschluss von mehr als zwei Personen, der darauf ausgerichtet ist, dass von einem oder mehreren Mitgliedern der Vereinigung ein oder mehrere Verbrechen ausgeführt werden, beteiligt, und zwar

I./ Senol T***** zwischen März 2005 und Juli 2005,

II./ Ibrahim H***** zwischen April 2005 und Juli 2005 und III./ Israfil S***** zwischen Juni 2005 und Juli 2005.

Rechtliche Beurteilung

Dieses Urteil bekämpft lediglich der Erstangeklagte Senol T***** mit einer auf § 345 Abs 1 Z 8 und 10a StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde, der keine Berechtigung zukommt. Die Instruktionsrüge (Z 8) moniert eine Unvollständigkeit der Rechtsbelehrung mangels darin enthaltener Ausführungen zum „Zweifelsgrundsatz", die geeignet gewesen sei, den Wahrspruch der Geschworenen zu beeinflussen. Dieses Vorbringen orientiert sich nicht an den relevanten Bestimmungen der Strafprozessordnung, sondern steht im direkten Gegensatz zum Wortlaut des § 321 Abs 2 StPO, weil die Rechtsbelehrung nach dieser Norm nur die in den gestellten Fragen aufscheinenden Rechtsbegriffe zu erläutern, jedoch keine Beweisgrundsätze wie den Hinweis auf den Grundsatz „in dubio pro reo" zum Gegenstand hat (Philipp, WK-StPO § 321 Rz 15; Ratz, WK-StPO § 345 Rz 53 f; Mayerhofer, StPO5 § 345 Z 8 E 2, 15, 39 und 41; RIS-Justiz RS0098508).

Die Instruktionsrüge entbehrt daher einer gesetzmäßigen Darstellung

Die Tatsachenrüge (Z 10a) versucht die Glaubwürdigkeit der Mitangeklagten Israfil S***** und Ibrahim H*****, auf deren Verantwortungen die Geschworenen ihren Schuldspruch ausschließlich stützen konnten, in Frage zu stellen, indem sie eigenständige, zum überwiegenden Teil aktenfremde, rein hypothetische und spekulative Erwägungen über die Hintergründe deren Aussageverhaltens anstellt, unter der Prämisse eines verfehlten Freispruchs des Zweitangeklagten vom Anklagefaktum A./VI./5.) ein Motiv der Genannten für eine wahrheitswidrige Belastung des Nichtigkeitswerbers konstruiert und Ibrahim H***** unter Zugrundelegung eigener beweiswürdigender Interpretation des Berichtes der Wiener Jugendgerichtshilfe vom 2. August 2005 (ON 19) als „grundsätzlich beeinflussbar" bezeichnet. Dabei verkennt die Beschwerde die engen Grenzen dieses Nichtigkeitsgrundes (Ratz, WK-StPO § 281 Rz 470) sowie, dass keine erheblichen Bedenken im Sinne des geltend gemachten Nichtigkeitsgrundes dargestellt werden, indem aktenkundige Beweisergebnisse nicht gegen die Feststellung einer entscheidenden Tatsache, sondern isoliert gegen den persönlichen Eindruck der Tatrichter von der Glaubwürdigkeit einer Beweisperson ins Treffen geführt werden (Ratz, WK-StPO § 281 Rz 491).

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher zurückzuweisen. Aus deren Anlass war allerdings der vom Nichtigkeitswerber nicht geltend gemachte und sowohl ihn als auch die Mitangeklagten Israfil S***** und Ibrahim H***** benachteiligende Nichtigkeitsgrund des § 345 Abs 1 Z 11 lit a StPO zum Schuldspruchfaktum C./I. bis III./ von Amts wegen wahrzunehmen (§ 290 Abs 1 zweiter Satz, 344 zweiter Satz StPO; Ratz, WK-StPO § 281 Rz 616, § 290 Rz 9).

Denn mangels hinreichender Determinierung dieses Schuldspruchsfaktums kann nicht abschließend beurteilt werden, ob das Tatverhalten unter den Vergehenstatbestand der kriminellen Vereinigung nach § 278 Abs 1 StGB durch Beteiligung im Sinne der beiden letzten Varianten des Abs 3 (§ 5 Abs 3 StGB) oder (bloß) im Sinne der ersten Variante dieser Bestimmung zu subsumieren ist.

Gemäß § 312 Abs 1 zweiter Satz StPO sind in die Hauptfrage alle gesetzlichen Merkmale der strafbaren Handlung aufzunehmen und die besonderen Umstände der Tat nach Ort, Zeit, Gegenstand, Begehungsmodalität usw so weit beizufügen, als es zur deutlichen Bezeichnung der Tat notwendig ist. Dies bedeutet zwar nicht, dass die Tat erschöpfend beschrieben werden muss, doch reicht es jedenfalls nicht aus, wenn aus der Anführung lediglich der allgemeinen gesetzlichen Tatbestandsmerkmale (hier: § 278 Abs 1 StGB) nicht hervorgeht, auf welche konkreten Tatsachen, die diese Merkmale im Einzelfall verwirklichen (§ 278 Abs 2 und Abs 3 StGB), die Frage gerichtet ist. Die Unterlassung des Schwurgerichtshofes, im Rahmen der Schuldfragen nach einem konkreten historischen Geschehen zu fragen, macht das Urteil prinzipiell aus der Z 6 des § 345 Abs 1 StPO nichtig (Ratz, WK-StPO § 345 Rz 40 f), doch werden Rechtsfehler unter dem Gesichtspunkt fehlender Feststellungen von der Z 11 lit a erfasst.

Da der Schuldspruch C./ in Ansehung der genannten Angeklagten einer im Wahrspruch festzustellenden Tatsachengrundlage entbehrt, indem er die Beteiligung der Angeklagten an der kriminellen Vereinigung in keiner Weise konkretisiert, ist er mit dem gemäß §§ 344, 290 Abs 1 StPO von Amts wegen wahrzunehmenden Nichtigkeitsgrund nach § 345 Abs 1 Z 11 lit a StPO behaftet (vgl Ratz, WK-StPO § 281 Rz 616; Mayerhofer, StPO5 § 342 E 5; SSt 52/51).

Im Übrigen werden hier keine tatbildlichen Aktivitäten aufgezeigt, welche über die als Mitglied der Vereinigung begangenen - insoweit aber durch den Schuldspruch A./ und B./ umfassten - strafbaren Handlungen hinausgehen und auf eine wissentliche Förderung dieser Organisation gerichtet gewesen wären. Echte Idealkonkurrenz zwischen § 143 erster Fall StGB und § 278 Abs 1 StGB ist aber nur dann möglich, wenn die Organisation der kriminellen Vereinigung darauf ausgerichtet war, über die tatsächlich im Rahmen der kriminellen Vereinigung verübten Verbrechen hinausgehend noch weitere Verbrechen oder sonstige im Katalog des § 278 Abs 2 StGB genannte Vergehen zu verwirklichen. Wenn demgegenüber gleichzeitig alle Tatbestandsmerkmale der „Beteiligung" an einer kriminellen Vereinigung lediglich durch die Begehung einer strafbaren Handlung im Rahmen der Vereinigung erfüllt sind (und die Beteiligung nicht auch auf weitere in § 278 StGB genannte strafbare Handlungen ausgerichtet war), hat die Strafbarkeit nach § 278 Abs 1 (Abs 3 erster Fall) StGB hinter jener der spezielleren und jeweils höher bestraften Qualifikationsdelikte (wie hier des schweren Raubes nach § 143 erster Fall StGB) zurückzutreten, schließt dieser Deliktstypus den anderen doch begriffsnotwendig in sich ein (Spezialität; Kienapfel/Schmoller Studienbuch BT II § 130 Rz 53 iVm § 143 Rz 9; Schmoller, Putzer FS, S 993 f; Hinterhofer BT II4 § 278 Rz 13; 13 Os 86/05d; 11 Os 87/05m; 12 Os 7/05d = EvBl 2005/128; zuletzt 13 Os 4/06x mwN). Der Vollständigkeit halber sei darauf verwiesen, dass die Rechtsbelehrung (Anhang zu ON 234) insoweit unrichtig ist (S 23 f)), als sie im Gegensatz zur Judikatur des Obersten Gerichtshofes (12 Os 7/05d, 13 Os 86/05d, 11 Os 87/05m) stets von echter Idealkonkurrenz ausgeht.

Zudem wird Ibrahim H***** zu Schuldspruch B./I./1.)e) eine Beteiligung an dem am 30. März 2005 begangenen Raub der unmittelbaren Täter Senol T***** und Haci A***** (Schuldspruch A./ III./) angelastet. Dabei soll er als Mitglied einer kriminellen Vereinigung tätig geworden sein. Andererseits wird ihm nach Schuldspruch C./II./ angelastet, erst ab April 2005 einer kriminellen Vereinigung angehört zu haben.

Die diesen Wahrsprüchen zugrunde liegenden entscheidenden, indes solcherart widersprüchlichen (vgl Ratz, WK-StPO § 281 Rz 570 f iVm Rz 616), Tatsachen stehen einer Subsumtion der Ibrahim H***** zu Schuldspruch B./I./1.)e), aber auch der Senol T***** zu Schuldspruch A./III./ angelasteten Tat unter § 143 erster Fall StGB entgegen. Denn im Schuldspruch A./III./ werden zwar drei Personen als Täter genannt, wovon aber eine, nämlich Ibrahim H*****, nach dem Schuldspruch C./II./ zu diesem Zeitpunkt noch nicht Mitglied der kriminellen Vereinigung war. Das Tatsachensubstrat des Wahrspruchs zu Schuldspruch C./I./, nämlich dass sich Senol T***** zusammen mit zwei weiteren (namentlich nicht konkretisierten) Personen an einer solchen Verbindung beteiligte, reicht aber für die Unterstellung der dem Schuldspruch A./III./ zugrundeliegenden Tat unter § 143 erster Fall StGB nicht aus.

Diese den Wahrsprüchen zugrunde liegenden entscheidenden Tatsachen, die zueinander in Widerspruch stehen, erfordern in amtswegiger Wahrnehmung des Nichtigkeitsgrundes nach § 345 Abs 1 Z 12 StPO die Aufhebung der Wahrsprüche (Hauptfrage 19./ und 20./) im Umfang der Tatbegehung als Mitglied einer kriminellen Vereinigung unter Mitwirkung eines weiteren Mitglieds und die rechtliche Unterstellung der von den Schuldsprüchen A./III./ und B./I./1.)e) erfassten und die Angeklagten Senol T***** und Ibrahim H***** betreffenden Taten unter § 143 erster Fall StGB.

Es zeigt sich somit, dass in Ansehung der Schuldspruchsfakten A./III./, B./I./1.)e) und C./ die Anordnung einer neuen Hauptverhandlung nicht zu vermeiden ist, eine Entscheidung des Obersten Gerichtshofes in der Sache selbst aber noch nicht einzutreten hat (§ 285e StPO), sodass es die aufgezeigten Mängel erforderlich machen, schon in nichtöffentlicher Sitzung das - im Übrigen unberührt bleibende - Urteil im Schuldspruch C./ wegen des Vergehens der kriminellen Vereinigung nach § 278 Abs 1 StGB, in der rechtlichen Unterstellung der im Senol T***** betreffenden Schuldspruch A./III./3.) und im Ibrahim H***** betreffenden Schuldspruch B./I./1.)e) genannten Tat unter § 143 erster Fall StGB, demgemäß in den Wahrsprüchen zu den Hauptfragen 36./, 37./ und 38./ sowie im Umfang der Tatbegehung als Mitglied einer kriminellen Vereinigung unter Mitwirkung eines weiteren Mitglieds zu den Hauptfragen 19./ und 20./, weiters im diese Angeklagten betreffenden Strafausspruch einschließlich der Vorhaftanrechnung und die zugleich verkündeten, die Angeklagten Senol T***** und Israfil S***** betreffenden Beschlüsse nach § 494a Abs 1 Z 4 StPO aufzuheben und die Sache insoweit zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zu verweisen.

Die Kostenersatzpflicht des Erstangeklagten beruht auf § 390a Abs 1 StPO.

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