OGH 9ObA11/06t

OGH9ObA11/06t29.3.2006

Der Oberste Gerichtshof hat in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Rohrer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Spenling und Dr. Hradil, sowie die fachkundigen Laienrichter Komm.Rat Mag. Paul Kunsky und Robert Hauser als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei H***** GmbH & Co KG, *****, vertreten durch Biedermann & Belihart, Rechtsanwälte OEG in Wien, gegen die beklagte Partei Georg P*****, vertreten durch Dr. Andreas Doschek, Rechtsanwalt in Wien, wegen EUR 22.400,- sA und Unterlassung (Revisionsinteresse EUR 7.466,67 sA), über die außerordentliche Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 15. November 2005, GZ 9 Ra 134/05z-15, den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).

Begründung

Rechtliche Beurteilung

Nach § 37 Abs 1 und 2 AngG kann der Dienstgeber die durch die Konkurrenzklausel begründeten Rechte gegen den Angestellten nicht geltend machen, wenn er durch schuldhaftes Verhalten dem Angestellten begründeten Anlass zum vorzeitigen Austritt oder zur Kündigung des Dienstverhältnisses gegeben hat (Abs 1) oder wenn der Dienstgeber das Dienstverhältnis löst, ohne dass der Angestellte durch schuldhaftes Verhalten dazu einen begründeten Anlass gegeben hat oder dass der Dienstgeber erklärt hat, dem Angestellten während der Dauer der Beschränkung das ihm zuletzt zukommende Entgelt zu leisten (Abs 2). Aus dem Umstand, dass die einvernehmliche Auflösung des Arbeitsverhältnisses in § 37 Abs 1 und Abs 2 AngG nicht erwähnt wird, schließt die Rechtsprechung, dass sich der Arbeitgeber bei dieser Art der Beendigung des Dienstverhältnisses auf die Konkurrenzklausel berufen kann, ohne dass es einer Erklärung im Sinne des § 37 Abs 2 AngG bedarf. Auch der Umstand, dass die Initiative für die einvernehmliche Auflösung vom Arbeitgeber ausgeht, ändert daran nach der Rechtsprechung nichts. Es ist Sache des Arbeitnehmers, vor der Einwilligung in einen Aufhebungsvertrag Klarheit über das Aufrechtbleiben der Konkurrenzklausel zu schaffen (SZ 66/22; Arb 8613; ZAS 1986/14; zust. Dittrich, ZAS 1972, 64; Martinek/M. Schwarz/ W. Schwarz, AngG7 720).

Der in der Revision zitierten Entscheidung 8 ObA 346/99m ist nichts Gegenteiliges zu entnehmen. Auch nach dieser - eine in Wahrheit einvernehmliche Lösung betreffenden - Entscheidung ändert der Umstand, dass der Dienstnehmer die Auflösung des Dienstverhältnisses angestrebt hat, nichts daran, dass sich der Arbeitgeber nicht auf die Konkurrenzklausel berufen kann, weil es Sache des Arbeitgebers gewesen wäre, auf die einvernehmliche Lösung nicht einzugehen und die Kündigung durch den Arbeitnehmer abzuwarten. Auch in diesem Fall erachtet es der Oberste Gerichtshof - wenn auch unter umgekehrten Vorzeichen - als irrelevant, von wem die Initiative zur Lösung des Arbeitsverhältnisses ausgegangen ist.

Dem Revisionswerber ist aber zuzugestehen, dass in der Lehre wegen der damit verbundenen Umgehungsgefahr vereinzelt Kritik an der wiedergegebenen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs laut geworden ist. Demnach sei in jedem Einzelfall zu prüfen, von welchem der Vertragspartner die Initiative zur einvernehmlichen Lösung ausgegangen sei. Eine einvernehmliche Lösung über Betreiben und im vorrangigen Interesse des Arbeitgebers sei für die Beurteilung nach § 37 Abs 1 und 2 AngG einer Arbeitgeberkündigung gleichzuhalten (Reissner, AngG-Kommentar, § 37 Rz 18, unter Hinweis auf Beck-Mannagetta, DRdA 1986, 338; der Hinweis Reissners auch auf Spielbüchler, Arbeitsrecht I4 199, und Huber, ZAS 1986, 97, vermag allerdings die Auffassung Reissners in ihrer Allgemeinheit nicht zu tragen, zumal Spielbüchler und Huber nur die Entscheidung ZAS 1986/14 kritisieren, in der dem Arbeitgeber die Berufung auf die Konkurrenzklausel sogar in einem Fall zugebilligt wurde, in dem ein vom Arbeitgeber gekündigtes Arbeitsverhältnis vor Ablauf der Kündigungsfrist im Einvernehmen aufgelöst wurde und die einvernehmliche Lösung in Wahrheit nur eine Verkürzung der durch die Arbeitgeberkündigung in Lauf gesetzten Frist bewirkt hat). Die Auffassung Reissners und Beck-Mannagettas veranlasst den Obersten Gerichtshof allerdings nicht, von seiner Rechtsprechung abzugehen. Sie ist mit dem klaren Wortlaut des § 37 AngG nicht vereinbar. Anhaltspunkte für eine planwidrige Regelungslücke sind nicht zu erkennen, zumal davon ausgegangen werden kann, dass dem Gesetzgeber das Problem - ebenso wie die seit Jahrzehnten unveränderte Rechtsprechung - bekannt ist.

Es braucht hier nicht geprüft zu werden, wie weit besondere Umstände - etwa die einvernehmliche Auflösung eines bereits vom Arbeitgeber gekündigten Arbeitsverhältnisses oder ein auf Grund besonderer Umstände als sittenwidrig zu qualifizierendes Umgehungsverhalten des Arbeitgebers - im Einzelfall eine andere Beurteilung rechtfertigen können; der Umstand allein, dass die Initiative zur einvernehmlichen Beendigung des Arbeitsverhältnisses vom Arbeitgeber ausgeht, reicht jedenfalls angesichts des insoweit klaren Gesetzeswortlautes nicht aus, ihm die Berufung auf eine Konkurrenzklausel zu versagen. Die Frage, ob und wie weit eine Konventionalstrafe vom Gericht im Ausübung des richterlichen Mäßigungsrechts (§ 38 AngG) zu mäßigen ist, ist eine Frage des Einzelfalls, der - von Fällen krasser Fehlbeurteilung abgesehen - erhebliche Bedeutung iSd § 502 Abs 1 ZPO nicht zukommt. Eine krasse Fehlbeurteilung durch die zweite Instanz vermag der Revisionswerber hier nicht aufzuzeigen.

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