OGH 8ObA346/99m

OGH8ObA346/99m30.3.2000

Der Oberste Gerichtshof hat in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Petrag als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Langer und Dr. Rohrer und die fachkundigen Laienrichter MR Dr. Walter Kraft und Mag. Albert Ullmer als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden und gefährdeten Partei P***** GmbH, *****, vertreten durch Klein, Wuntschek & Partner, Rechtsanwälte in Graz, gegen die beklagten Parteien und Gegner der gefährdeten Partei 1. Gernot W*****, und 2. T***** GmbH, *****, beide vertreten durch Dr. Reinhard Tögl, RechtsanwaltsgmbH in Graz, wegen Unterlassung (Streitwert: S 1,000.000,--), Leistung von S 1,000.000,-- sA sowie einstweiliger Verfügung (Streitwert S 1,000.000,--), infolge Revisionsrekurses der klagenden und gefährdeten Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichtes Graz als Rekursgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 7. Oktober 1999, GZ 8 Ra 188/99z-20, mit dem infolge Rekurses der beklagten Parteien und Gegner der gefährdeten Partei der Beschluss Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Graz als Arbeits- und Sozialgericht vom 11. August 1999, GZ 38 Cga 142/99s-4, abgeändert wurde, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, den beklagten Parteien die mit S 24.997,50 (darin S 4.166,25 USt) bestimmten Kosten der Revisionsrekursbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Der Schriftsatz der beklagten Parteien vom 27. 1. 2000 wird zurückgewiesen.

Text

Begründung

Der Erstbeklagte war bei der klagenden Partei, die ein Unternehmen für Fabriksreinigungen betreibt, viele Jahre, zuletzt als Prokurist beschäftigt und hatte sich einer einjährigen Konkurrenzklausel unterworfen sowie eine Konventionalstrafe von S 100.000,-- bei Verstößen dagegen zugesagt. Wegen Schwierigkeiten, in denen sich das amerikanische Mutterunternehmen befand, strebte er 1998 die Auflösung des Dienstverhältnisses an, lehnte aber eine einvernehmliche Auflösung des Dienstverhältnisses ab und brachte die klagende Partei schließlich dazu, ihn für Ende März 1999 zu kündigen; wegen verschiedener Vorkommnisse, insbesondere weil er sich in der letzten Zeit zuwenig um die Belange der klagenden Partei kümmerte, wurde er ab Dezember 1998 vom Dienst freigestellt.

Mitte Juni 1999 teilte ein früherer Hauptkunde der klagenden Partei, mit dem diese jeweils jährlich erneuerte und vom Erstbeklagten ausverhandelte Jahresverträge zwecks Reinigungsarbeiten in deren Lackiererei abgeschlossen hatte, mit, dass er den nächsten Jahresvertrag (1. 8. 1999 - 31. 7. 2000) nicht wie bisher mit ihr, sondern mit der zweitbeklagten Partei, einer zu gründenden GmbH, deren Geschäftsführer und Minderheitsgesellschafter der Zweitbeklagte wurde, abschließen werde, weil diese einige günstigere Bedingungen bot. Knapp vor Aufnahme der Tätigkeit für diesen Hauptkunden mit Anfang August 1999 wurde der Gesellschaftsvertrag der zweitbeklagten Partei geschlossen, die GmbH zur Eintragung im Firmenbuch angemeldet und das Gewerbe, welches nur der Anmeldung bedurfte, bei der Gewerbebehörde angemeldet. Die Firmenbucheintragung und damit das Wirksamwerden der Anmeldung erfolgte wenige Tage nach Aufnahme der Tätigkeit bei diesem Hauptkunden.

Das Rekursgericht wies in Abänderung des erstgerichtlichen Beschlusses die beantragte einstweilige Verfügung, den beklagten Parteien zu verbieten, Reinigungsarbeiten im Bereich der Lackiererei dieses Großkunden durchzuführen, und dem Erstbeklagten zu verbieten, sich an einem Reinigungsunternehmen, welches diese Reinigungsarbeiten durchführe, zu beteiligen, ein Dienstverhältnis mit einem solchen einzugehen oder sonst in irgendeiner Form zusammenzuarbeiten, ab, weil durch die arbeitgeberseitige Kündigung die vereinbarte Konkurrenzklausel unwirksam geworden sei und das Abwerben von Kunden, soweit sie nicht auf eine unzulässige Art erfolgt sei, was vorliegendenfalls verneint werde, grundsätzlich nicht gegen § 1 UWG verstoße. Die Aufnahme einer Tätigkeit, zu der nur eine Anmeldung des Gewerbes erforderlich sei, sei nicht sittenwidrig, wenn wie vorliegendenfalls mit einem späteren Wirksamwerden gerechnet werden durfte. Den Revisionsrekurs an den Obersten Gerichtshof ließ das Rekursgericht zu, weil zur Frage der mangelnden Wettbewerbswidrigkeit bei einem Normverstoß eine gesicherte oberstgerichtliche Judikatur fehle.

Rechtliche Beurteilung

Es fehlt zwar nicht gänzlich eine oberstgerichtliche Judikatur zu dieser Frage, sie ist aber spärlich, sodass der Revisionsrekurs als zulässig angesehen werden muss. Da die rechtliche Beurteilung des Rekursgerichtes zutreffend ist, genügt es im Wesentlichen, auf diese zu verweisen (§ 510 Abs 3 ZPO).

Den Revisionsrekursausführungen ist zu entgegnen:

Zum Vorwurf der mangelnden Gewerbeberechtigung der Zweitbeklagten bei Aufnahme der Tätigkeit für den früheren Hauptkunden der klagenden Partei, auf dem das Schwergewicht der Revisionsrekursausführungen liegt, ist zu bemerken, dass es sich bei der Denkmal-, Fassaden- und Gebäudereinigung nach § 94 Z 38 GewO um ein Anmeldungsgewerbe handelt und ein solches nach § 5 Abs 1 GewO nur auf Grund einer Anmeldung ausgeübt werden darf. Als Tag der Anmeldung gilt nach § 340 Abs 4 GewO jener Tag, an welchem alle erforderlichen Nachweise bei der Behörde eingelangt sind. Dazu zählt nach § 339 Abs 3 Z 4 GewO bei juristischen Personen der Nachweis ihres Bestandes, somit der Nachweis ihrer Eintragung ins Firmenbuch. Diese Firmenbucheintragung wurde zwar vor Aufnahme der Tätigkeit beantragt, erfolgte aber erst einige Tage danach und konnte daher auch erst nach diesem Zeitpunkt der Gewerbebehörde nachgewiesen werden.

Der Oberste Gerichtshof hat bereits in der Entscheidung 4 Ob 396/80 ausgesprochen, dass dann, wenn jemand die Anmeldungspflicht für die Ausübung eines freien Gewerbes verletzt, hierin kein Verstoß gegen § 1 UWG liegt, weil diese Bestimmungen keinen wettbewerbsregelnden Charakter besitzen, sondern bloße Ordnungsvorschriften sind, die aus Gründen ordnender Zweckmäßigkeit erlassen worden sind und weder einem sittlichen Gebot Geltung verschaffen, noch dem Schutz besonders wichtiger Gemeinschaftsgüter oder Interessen dienen. Daraus folgt, dass die Ansicht des Rekursgerichts (die sich auf eine Entscheidung des Oberlandesgerichtes Wien in ecolex 1994, 768 stützt), es liege jedenfalls kein Verstoß gegen § 1 UWG vor, wenn der Geschäftsführer auf Grund der ihm bekannten Umstände mit dem späteren Wirksamwerden der Anmeldung rechnen konnte, zutreffend ist. Dies war hier der Fall, weil die GmbH zur Zeit der Aufnahme ihrer Reinigungstätigkeit für den Großkunden bereits gegründet und die Eintragung im Firmenbuch beantragt war, sodass mit dem Zeitpunkt des Nachweises der Eintragung im Firmenbuch mit dem Wirksamwerden der bereits erfolgten Anmeldung bei der Gewerbebehörde gerechnet werden konnte, zumal das Fehlen des erforderlichen Befähigungsnachweises nicht einmal behauptet wurde. Die klagende Partei hat vielmehr in der Klage eingeräumt, dass der kollektiv vertretungsbefugte Vater des Erstbeklagten der Zweitbeklagten seine Gewerbeberechtigung zur Verfügung gestellt hat.

Im Übrigen ist zu bemerken, dass das Rekursgericht zutreffend davon ausging, dass sich die klagende Partei auf die Verletzung der Konkurrenzklausel durch den Erstbeklagten nicht berufen kann, weil die Auflösung des Dienstverhältnisses durch Dienstgeberkündigung erfolgt ist, und sich dieser hiebei nicht auf einen durch schuldhaftes Verhalten hiezu begründeten Anlass berufen hat (§ 37 Abs 2 1. Fall AngG; dazu Reissner, Die arbeitsrechtliche Konkurrenzklausel 222); dass der ehemalige Dienstnehmer (der Erstbeklagte) die Auflösung des Dienstverhältnisses selbst angestrebt hat, vermag daran nichts zu ändern, weil es ja Sache der klagenden Partei gewesen wäre, hierauf nicht einzugehen und die Kündigung seitens des Erstbeklagten abzuwarten. Dass dieser die klagende Partei mit unsittlichen Mitteln zur Dienstgeberkündigung veranlasst hätte, wurde weder behauptet noch bescheinigt.

Der Umstand, dass die zu gründende Zweitbeklagte bereits vor ihrer Gründung und Registrierung mit dem Großkunden einig geworden war und sich verpflichtete, mit Anfang August 1999 für diese tätig zu werden, macht den Vorgang unter den gegebenen Umständen weder für sie noch für den Erstbeklagten sittenwidrig iSd § 1 UWG, selbst wenn man unterstellt, dass dieser zum Gelingen des Abwerbens dieses Großkunden - zumindest durch die Weitergabe seines "Know-how" - tatkräftig beigetragen hat.

Im bloßen Abwerben von Kunden für sich allein liegt kein sittenwidriger Verstoß gegen § 1 UWG. Das Eindringen in den Kundenkreis der Konkurrenten gehört zum Wesen des Wettbewerbs; niemand hat Anspruch auf die Wahrung seiner Position. Nur die Art und Weise, wie die Beeinträchtigung des Mitbewerbers geschieht, kann die Wettbewerbshandlung unzulässig machen, insbesondere, wenn hiebei verwerfliche Mittel angewendet oder verwerfliche Ziele verfolgt werden (4 Ob 54/88; 4 Ob 103/92 = ÖBl 1993, 13 uva; zuletzt 4 Ob 111/99y). Die bloße Verwertung der Kenntnisse des Kundenkreises eines Mitbewerbers ist nicht verboten (4 Ob 103/92 = ÖBl 1993, 13); gleiches gilt für die Auswertung der dem Erstbeklagten bekannten Vertragsbedingungen, sofern er sich deren Kenntnisse nicht mit unlauteren Mitteln, wie durch Mitnahme von Kopien wichtiger Geschäftsunterlagen zur späteren Verwendung im Konkurrenzunternehmen, verschafft hat (4 Ob 374/86 = SZ 59/153 = ÖBl 1987, 125), was hier nicht der Fall war.

Was die von der Rechtsmittelwerberin ins Treffen geführten "sittenwidrigen Begleitumstände" betrifft, die der Erstbeklagte noch während des aufrechten Dienstverhältnisses gesetzt habe, ist darauf zu verweisen, dass das von der klagenden Partei im Verfahren erster Instanz behauptete mäßige Bemühen, für die klagende Partei erfolgreich tätig zu sein, das zur Dienstfreistellung des Erstbeklagten mit 31. 12. 1998 führte, schon wegen des zeitlichen Abstandes zum Auslaufen des Vertrages mit der Fa Eurostar und der damit für die klagende Partei gegebenen Möglichkeit, die Versäumnisse des Erstbeklagten bei der Betreuung dieses Großkunden wettzumachen, nicht einem sittenwidrigen Abwerben durch Anschwärzen des Konkurrenten oder durch irreführende Praktiken (in diesem Sinne 4 Ob 21/88; 4 Ob 2345/96y uva; zuletzt 4 Ob 157/99p) gleichzuhalten ist. Die - zutreffende - Information dieses Großkunden von den finanziellen Schwierigkeiten der Muttergesellschaft der klagenden Partei im zweiten Quartal 1998 sowie die unrichtige Information des Arbeitsamtes im Oktober 1998 über die angeblich mangelnde Qualifikation des von der klagenden Partei für die Betreuung dieses Großkunden an Stelle des Erstbeklagten vorgesehenen ausländischen Arbeitnehmers für den eine Arbeitsbewilligung benötigt wurde, wurden von der klagenden Partei im Verfahren erster Instanz im Rahmen des Vorbringens zur Begründung ihres Sicherungsantrages nicht angeführt.

Die Entscheidung des Rekursgerichtes ist daher zu bestätigen; es hat bei der Abweisung der beantragten einstweiligen Verfügung zu bleiben.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 78 EO iVm §§ 41, 50 ZPO und § 402 Abs 2 EO.

Der Schriftsatz vom 27. 1. 2000 wird zurückgewiesen, weil die beklagten Parteien ihr Recht auf Erstattung einer Revisionsrekursbeantwortung bereits ausgeschöpft hatten.

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