OGH 6Ob166/05p

OGH6Ob166/05p9.3.2006

Der Oberste Gerichtshof hat durch die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Schenk als Vorsitzende sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schramm, Dr. Gitschthaler, Univ. Doz. Dr. Kodek und Dr. Musger als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei DI Dr. Artur D*****, vertreten durch Dr. Robert Briem, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei Ing. Michael D*****, vertreten durch Dr. Heinz Knoflach, Dr. Eckart Söllner und Dr. Erik R. Kroker, Rechtsanwälte in Innsbruck, wegen Abgabe einer Willenserklärung (Streitwert EUR 70.000), über die ordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Innsbruck als Berufungsgericht vom 21. April 2005, GZ 2 R 54/05s-22, womit das Urteil des Landesgerichts Feldkirch vom 29. Dezember 2004, GZ 9 Cg 14/04z-17, abgeändert wurde, zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird Folge gegeben.

Das angefochtene Urteil wird dahingehend abgeändert, dass das Urteil des Erstgerichtes wiederhergestellt wird.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei binnen 14 Tagen die mit EUR 3.079,08 (darin EUR 513,18 USt) bestimmten Kosten des Berufungsverfahrens sowie die mit EUR 3.969,62 (darin EUR 307,77 USt und EUR 2.123 Pauschalgebühr) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die Streitteile sind die Stifter der zu FN ***** im Firmenbuch des Landesgerichtes Feldkirch eingetragenen A***** Privatstiftung. Diese wurde mit Stiftungsurkunde vom 19. 9. 1996 gegründet. Im Zuge der Gründung wurde am 19. 6. 1996 auch eine Stiftungszusatzurkunde errichtet. Im Bezug auf beide Urkunden haben sich die Stifter jeweils das Änderungsrecht vorbehalten. Dieses Änderungsrecht kann gemäß Punkt 14.2. der Stiftungsurkunde und Punkt 5.1. der Stiftungszusatzurkunde zu Lebzeiten der beiden Stifter nur von diesen gemeinsam ausgeübt werden. Die Stiftungsurkunde der A***** Privatstiftung sieht in Art VII „Organe der Stiftung" den Vorstand, einen Aufsichtsrat (falls gesetzlich erforderlich) und den Stiftungsprüfer als Organe der Stiftung vor.

Art VII 7.4. der Stiftungsurkunde bestimmt Folgendes:

„Die Stifter behalten sich das Recht vor, entweder anlässlich der Gründung der Stiftung oder zu einem späteren Zeitpunkt selbst oder durch den Stiftungsvorstand weitere Organe, wie beispielsweise einen Beirat, zu bestellen bzw bestellen zu lassen und deren Aufgaben und Befugnisse, soweit sie nicht bereits in dieser Stiftungsurkunde geregelt sind, festzulegen ..."

Art IV der Stiftungszusatzurkunde enthält unter anderem einen Abschnitt „Beirat" mit Bestimmungen, die Anwendung finden sollen, wenn die Stifter oder der Stiftungsvorstand einen Beirat bestellen. Am 19. 9. 1996 beschlossen die Streitteile, sich jeweils selbst zu ersten Mitgliedern des Beirates zu bestellen.

Der Kläger begehrt nunmehr, den Beklagten zu verpflichten, einem Beschluss über die Änderung der Stiftungsurkunde zuzustimmen, mit dem die bisher in Art IV der Stiftungszusatzurkunde enthaltenen Regelungen über die Bestellung, Aufgaben und Organisation eines Beirates in die Stiftungsurkunde aufgenommen werden. Weiters begehrt der Kläger, den Beklagten zu verpflichten, einem Beschluss über die Änderung der Stiftungszusatzurkunde dahingehend, dass der bisherige Punkt IV ersatzlos gestrichen wird, zuzustimmen.

Die Streitteile hätten ausgehend von den im Zuge der Errichtung der A***** Privatstiftung getroffenen Vereinbarungen einen Stiftungsbeirat bestellt. Beiden Teilen sei es als Stifter der A***** Privatstiftung darauf angekommen, dem errichteten Beirat Organqualität zukommen zu lassen und über diesen Beirat wesentlichen Einfluss auf die A***** Privatstiftung ausüben zu können. Da dem Beirat nach dem Willen der Stifter wesentliche Entscheidungs- und Kontrollrechte zukommen würden, erfülle er alle Voraussetzungen für eine Organstellung. In Verkennung der rechtlichen Situation seien jedoch der Stiftungsbeirat bzw dessen Aufgaben sowie Organisationsstruktur nicht in der Stiftungsurkunde, sondern nur in der Stiftungszusatzurkunde festgelegt worden. Nach der Entscheidung des Obersten Gerichtshofes vom 31. 1. 2002, 6 Ob 305/01y, handle es sich bei dem ursprünglich konzipierten Stiftungsbeirat um ein „geheimes" Gremium, dem keine Organstellung iSd § 14 Abs 2 PSG zukomme. Der Beklagte habe nach Vorliegen dieser Entscheidung mehrfach zugesichert, einer entsprechenden Änderung der Stiftungsurkunden zuzustimmen, diese Zusage aber bisher nicht erfüllt. Aus seiner Treuepflicht als Mitstifter der A***** Privatstiftung resultiere die Verpflichtung des Beklagten, der vom Kläger geforderten Änderung der Stiftungsurkunden zuzustimmen.

Der Beklagte bestritt das Klagebegehren. Zur Erfüllung des gemeinsamen Willens der Stifter sei keine Änderung der Stiftungsurkunden erforderlich. Dem Kläger stehe kein Recht auf die geforderte Zustimmung des Beklagten zu. Eine allfällige Treuebindung verpflichte den Beklagten nicht, an einer Änderung der Stiftungserklärung mitzuwirken, wenn der andere Stifter bereits im Vorhinein - wie der Kläger - erkläre, auch nach dieser Änderung entspreche die Stiftungserklärung nicht seinem Willen und er behalte sich entsprechende Ansprüche vor.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt. Dabei ging es im Wesentlichen von folgendem Sachverhalt aus: Mit Notariatsakt vom 3. 2. 1997 widmeten und übertrugen die beiden Stifter, die zu diesem Zeitpunkt Aktien der D***** Holding AG im Ausmaß von je 50 % des Grundkapitals hielten, Aktien im Ausmaß von je 40 % der A***** Privatstiftung. Diese Vorkehrungen hatten ihre Ursache in dem ausdrücklichen Willen des Klägers, die Führung des von ihm maßgeblich geschaffenen „D*****-Unternehmens" in einer Hand zu vereinigen und seinen Sohn Ing. Michael D***** zum alleinigen Nachfolger zu küren. Vor Unterfertigung der die Stiftung betreffenden Urkunden wurde die Frage, ob der von beiden Streitteilen gewünschte Beirat in der Stiftungsurkunde oder „nur" in der Stiftungszusatzurkunde verankert werden soll, nicht erörtert. Beiden Parteien war damals nicht bewusst, dass damit unterschiedliche Rechtsfolgen verbunden sind. Beiden Stiftern ging es bei der Installierung des Beirates „ganz klar" darum, dass damit ein Instrument geschaffen werden soll, das einen möglichst großen Einfluss der Stifter auf den Stiftungsvorstand und damit auf die gesamte Stiftung ausüben kann. Zwischen den Streitteilen bestand Einigkeit, einen möglichst starken Beirat zu schaffen. Die sich aus dessen bloßer Verankerung in der Stiftungszusatzurkunde ergebenden unterschiedlichen Rechtsfolgen waren den Parteien nicht bewusst, sondern wurden erst durch die Entscheidung des Obersten Gerichtshofs 6 Ob 305/01y (= ecolex 2002/318 = JBl 2002, 723 = RdW 2002/286 = wbl 2002/186) offenbart, wonach der Stiftungsbeirat in der vorliegenden Form kein Organ der Stiftung, sondern ein „geheimes" Gremium sei, dem keine Antragslegitimation iSd § 27 PSG zukomme, da die Bestimmungen über den Stiftungsbeirat nicht in der Stiftungsurkunde, sondern in der Stiftungszusatzurkunde enthalten seien. Nach Ergehen dieser Entscheidung erklärte der Beklagte mehrfach, dass er einer Verankerung des Beirats in der Stiftungsurkunde grundsätzlich offen gegenüberstehe, gab aber allerdings keine verbindliche Zusage ab.

Rechtlich würdigte das Erstgericht diesen Sachverhalt dahingehend, dass die in Unkenntnis der späteren Rechtsprechung gewählte Konstruktion nicht den von den Parteien gewollten Zweck erfüllt habe. Daher habe der Beklagte im Rahmen der ihn treffenden Treuepflichten als Stifter und Mitglied des Stiftungsbeirates die Pflicht, den vom Kläger nunmehr gewünschten Änderungen zuzustimmen. Dass der Kläger als Mitglied des Beirates auch gegen den Willen des Beklagten die im Gesetz festgelegten Rechte als Mitglied eines Stiftungsorgans ausüben könnte, vermöge den Anspruch des Klägers auf Änderung der Konstruktion der Stiftungsurkunden im ursprünglich übereinstimmend gewollten Sinn nicht zu erschüttern.

Über Berufung des Beklagten änderte das Berufungsgericht dieses Urteil im klagsabweisenden Sinn ab. Die die innere Organisationsform bzw die korporativen, die Zukunft der Privatstiftung bestimmenden Regelungen seien objektiv nach ihrem Wortlaut und dem Zweck in ihrem systematischen Zusammenhang, nicht aber unter Erforschung der subjektiven Parteienabsicht auszulegen (unter Berufung auf 6 Ob 106/03m). Auf den aus den Feststellungen allenfalls ableitbaren Willen der Streitteile, seinerzeit den „Beirat" als Organ zu schaffen, komme es daher insofern nicht an. Allein aus seiner Stellung als Stifter und Mitglied des Gremiums „Beirat" könnte der Beklagte unabhängig von einer allfälligen Treuepflicht der Stiftung oder dem Kläger gegenüber entgegen seinem Willen nicht zur Zustimmung zur Übernahme der Bestimmungen über den „Beirat" aus der Stiftungszusatzurkunde in die Stiftungsurkunde angehalten werden, weil die zwingende Einrichtung eines Organes „Beirat" nach der Stiftungsurkunde nicht vorgesehen sei und es sohin dem Beklagten frei stehe, in seiner Eigenschaft als Stifter und als Mitglied des Gremiums „Beirat" von einem entsprechenden Recht Gebrauch zu machen oder nicht. Dass er sich dem nur in schikanöser Weise widersetzen würde, sei nicht hervorgekommen.

Nach § 39 Abs 1 PSG bedürften Änderungen der Stiftungserklärung durch den Stifter der Beurkundung durch Notariatsakt. Die Änderung der Stiftungsurkunde werde gemäß § 33 Abs 3 zweiter Satz PSG mit der Eintragung in das Firmenbuch wirksam; dieser komme sohin konstitutive Wirkung zu. Damit erscheine es nicht gerechtfertigt, vor Eintritt dieser Rechtswirkungen einen Stifter an seine Erklärungen zur Änderung der Stiftungsurkunde deshalb zu binden, weil er solche gegenüber anderen Stiftern abgegeben hat. Dem Beklagten müsse es dann aber freistehen, entsprechende Erklärungen bis zu den genannten Zeitpunkten zu widerrufen bzw der Umsetzung eines „Beschlusses", der noch nicht im Sinne des PSG wirksam geworden war, zu widersprechen. Auch in diesem Zusammenhang sei eine schikanöse Rechtsverweigerung des Beklagten nicht hervorgekommen.

Die ordentliche Revision sei zulässig, weil keine einschlägige Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes vorliege und die Gesetzeslage nicht eindeutig sei.

Rechtliche Beurteilung

Die gegen dieses Urteil erhobene Revision des Klägers ist aus dem vom Berufungsgericht angeführten Grund zulässig; sie ist auch berechtigt.

Im Gesellschaftsrecht ist das Bestehen einer gesellschaftlichen Treuepflicht mittlerweile anerkannt (vgl Reich/Rohrwig, GmbH-Recht1 358 ff; Thöni, Rechtsfolgen fehlerhafter GmbH-Gesellschafterbeschlüsse 180 f). Demgegenüber wird die Frage, inwieweit zwischen mehreren Mitstiftern Treuepflichten bestehen, in Lehre und Rechtsprechung unterschiedlich beantwortet.

Der Oberste Gerichtshof hat bisher in zwei Entscheidungen eine Treupflicht mehrerer Mitstifter bejaht. In der Entscheidung 6 Ob 332/98m (= RdW 1999, 409 = RZ 1999/69 = wbl 1999/227) wurde im Zusammenhang mit der pflegschaftsbehördlichen Genehmigungspflicht der Beteiligung eines Minderjährigen als Stifter einer Privatstiftung ausgesprochen, dass sich aus § 33 PSG eine Mitwirkungspflicht des einzelnen Stifters ergeben könnte, was als Belastung iSd § 154 Abs 3 ABGB aufgefasst werden könne. In der bereits zitierten, gleichfalls die A***** Privatstiftung betreffenden Entscheidung 6 Ob 305/01y (= ecolex 2002/318 = JBl 2002, 723 = RdW 2002/286 = wbl 2002/186) hat der Oberste Gerichtshof aus der Treuepflicht des Mitstifters eine im streitigen Verfahren durchzusetzende Verpflichtung zur Zustimmung zu einer Abberufung eines Stiftungsvorstandes, wenn dafür wichtige Gründe vorliegen, abgeleitet.

Ein Teil des Schrifttums lehnt demgegenüber eine allgemeine Treuepflicht mehrerer Mitstifter nach Entstehung der Privatstiftung ab (vgl N. Arnold, RdW 2003, 178 f; Diregger/Winner, Fragen der Gestaltungsfreiheit im Privatstiftungsrecht am Beispiel der Änderung nach § 33 Abs 2 PSG, in Doralt/Kalss, Aktuelle Fragen des Privatstiftungsrechts 105 [121]).

Berger (in Doralt/Nowotny/Kalss, PSG § 33 Rz 26) behandelt die Treuebindung zwischen mehreren Stiftern nur im Zusammenhang mit der Frage der Ausübung des Stimmrechts, wenn die Stiftungsurkunde vom Einstimmigkeitsprinzip des § 3 Abs 2 PSG abgeht. Zumindest für diese Konstellation anerkennt er das Bestehen einer allgemeinen Treubindung, deren Grundlage das gemeinsame Stifterverhältnis bilde. Da es sich hierbei regelmäßig um keine Zufallsgemeinschaft handle, sei das Vorliegen dieser Treubindung auch ohne besondere, darauf gerichtete Anhaltspunkte in der Stiftungserklärung anzunehmen.

N. Arnold (PSG § 14 Rz 23 ff) erörtert ausführlich den Fall, dass eine Regelung unzulässiger Weise in die Stiftungszusatzurkunde aufgenommen wurde. Diesfalls könne bei Stiftermehrheit die Auslegung der Stiftungserklärung zu dem Ergebnis führen, dass die Stifter wechselseitig dazu verpflichtet seien (und auch klagsweise dazu angehalten werden könnten), den (unwirksamen) Bestimmungen der Stiftungszusatzurkunde durch Aufnahme in die Stiftungsurkunde Wirksamkeit zu verschaffen (N. Arnold, PSG § 14 Rz 24). Auch in anderem Zusammenhang, nämlich bei Erörterung der Gleichbehandlungspflicht, anerkennt N. Arnold (aaO § 33 Rz 49) eine Treuebindung zwischen mehreren Stiftern.

Nach der eingehenden Untersuchung von Enzinger (Treupflicht bei Gemeinschaftsverhältnissen außerhalb von Gesellschaften, JBl 2003, 679 [685]) ist eine Treuepflicht zwischen mehreren Stiftern anzuerkennen. Das Rechtsverhältnis zwischen mehreren Mitstiftern sei weder reine Zufallsgemeinschaft, denn ihr Rechtsverhältnis werde durch Rechtsgeschäft begründet, noch Gesellschaft, denn eine Ausrichtung auf einen gemeinschaftlichen Erwerb liege nicht vor. Anknüpfungspunkt für die rechtliche Einordnung könne nur das Stiftungsgeschäft als einseitige empfangsbedürftige Willenserklärung sein. Diese führe zwar nicht zu einem gegenseitigen Vertrag, bewirke aber, wenn zwei oder mehrere Personen eine notwendigerweise einheitliche Erklärung abgeben müssen, eine Rechtsgemeinschaft in Ansehung des Rechtes, Stifter zu sein, das heißt hinsichtlich der dem Stifter zustehenden oder vorbehaltenen Rechte. Dogmatische Grundlage sei das von jedem Mitstifter gegenüber den anderen in Anspruch genommene Vertrauen, wonach dieser seine Rechte pflichtgemäß und nicht nach Beliebigkeit wahrnehmen werde. Hieraus folge zunächst ganz allgemein, dass sich die rechtlichen Bindung der Mitstifter untereinander nicht nur nach §§ 825 ff ABGB richte, sondern auf der Grundlage des zwischen ihnen geschlossenen Rechtsgeschäftes zu beurteilen sein.

Da § 3 Abs 2 PSG die gemeinsame Ausübung der Rechte mehrerer Mitstifter vorsehe, könne sich die gegenseitige Treuepflicht zu einer Zustimmungspflicht verdichten. Die Voraussetzungen richteten sich allerdings nach anderen Kriterien als im Recht der Personengesellschaften. Anders als bei Personengesellschaften, die auf gemeinschaftlichen Erwerb gerichtet seien, den zu fördern jeder Gesellschafter verpflichtet sei, stehe bei Mitstiftern der Grundsatz im Vordergrund, dass kein Mitstifter durch Ausübung seiner Rechte oder durch Untätigkeit den Stiftungszweck gefährden oder eine Schädigung der Rechte eines Mitstifters herbeiführen dürfe. § 3 Abs 2 PSG solle sicherstellen, dass innerhalb der Stiftergemeinschaft jedem einzelnen Stifter Schutz gegen einen Ressourceneinsatz gewährt werde, der den Interessen auch nur eines Stifters entgegenlaufe, nicht aber die Möglichkeit zur Schädigung der Interessen des Mitstifters eröffnen. Die zwischen den Mitstiftern bestehende Treuepflicht wirke daher in zwei verschiedenen Richtungen: Einerseits sei aus ihr ableitbar, dass ein Mitstifter zur Mitwirkung an Gestaltungshandlungen verpflichtet sei, die beide Stifter gemeinschaftlich ausbedungen haben, etwa bei Abberufung und Bestellung von Stiftungsorganen. Andererseits verleihe sie Abwehransprüche wegen missbräuchlicher Ausübung, namentlich Schadenersatzansprüche.

Dieser Auffassung ist grundsätzlich beizupflichten. Wenngleich die Stiftung durch mehrere Stifter kein Vertrag zwischen den Stiftern, sondern ein - wenn auch von mehreren Personen vorgenommenes - einseitiges Rechtsgeschäft ist, löst dieses gemeinsame Zusammenwirken zum Erreichen eines bestimmten (Stiftungs-)Zwecks doch gegenseitige Rücksichts- und Treuepflichten aus. Mehrere Mitstifter trifft daher grundsätzlich eine wechselseitige Treuepflicht, aus der sich im Einzelfall - sofern sich die Mitstifter dieses Recht vorbehalten haben - auch eine Pflicht zur Änderung der Stiftungserklärung ergeben kann. Inhalt und Grenzen dieser Treuepflicht richten sich nach dem Stiftungszweck und den den Mitstiftern zustehenden Einwirkungsmöglichkeiten. Haben sich die Stifter nicht die Änderung der Stiftungserklärung und auch keine Kontrollrechte vorbehalten, besteht für die Annahme einer wechselseitigen Treuepflicht kein Raum. Insofern trifft die Aussage von Diregger/Winner (Fragen der Gestaltungsfreiheit im Privatstiftungsrecht am Beispiel der Änderung nach § 33 Abs 2 PSG, in Doralt/Kalss, Aktuelle Fragen des Privatstiftungsrechts 105 [121]), das gemeinsame dauerhafte Zusammenwirken der Stifter zum Erreichen des Stiftungszwecks sei nicht wesenstypisch, zu.

Anderes gilt jedoch, wenn sich die Mitstifter - wie im vorliegenden Fall - nicht nur die Möglichkeit zur nachträglichen Änderung der Stiftungserklärung, sondern auch umfangreiche weitere Rechte wie die Bestimmung des Begünstigtenkreises, die Bestellung und Abberufung der Mitglieder des Stiftungsvorstandes, das Vorschlagsrecht für die Mitglieder des Aufsichtsrates und den Stiftungsprüfer sowie die Einrichtung weiterer Organe vorbehalten haben. Diesfalls weist die Interessenlage Berührungspunkte zu derjenigen bei Gesellschaften aus, sodass sich die zur wechselseitigen Treuepflicht im Gesellschaftsrecht entwickelten Überlegungen insoweit auch auf die Privatstiftung übertragen lassen. Das in § 3 Abs 2 PSG verankerte Einstimmigkeitsprinzip gilt demgegenüber nur im Außenverhältnis; für die Frage, inwieweit sich im Innenverhältnis aufgrund einer vertraglichen Vereinbarung oder einer allenfalls auch erst im Auslegungswege zu ermittelnden Treuepflicht Zustimmungspflichten ergeben, ist daraus nichts abzuleiten.

Wenngleich die Regelung des Beirats bloß in der Stiftungszusatzurkunde nicht unzulässig war, wurde doch dadurch der von den Parteien damit verfolgte Zweck nicht erreicht. Damit lassen sich die Ausführungen von N. Arnold (PSG § 14 Rz 24), der bei unzulässiger Aufnahme von Bestimmungen in die Stiftungszusatzurkunde eine durchsetzbare Verpflichtung zur Zustimmung zu deren Aufnahme in die Stiftungserklärung bejaht, auch auf die vorliegende Konstellation übertragen. Mit seiner Klage strebt der Kläger somit nur die formgerechte Umsetzung der seinerzeitigen übereinstimmenden Parteienabsicht an. Im Sinne der zwischen den Mitstiftern bestehenden Treuepflicht durfte der Beklagte seine Zustimmung zur vom Kläger begehrten Aufnahme der Regelungen über den Beirat in die Stiftungsurkunde, die zur Erlangung von dessen Organqualität iSd § 27 PSG erforderlich war, nicht ohne triftigen Grund verweigern. Dass die Verweigerung der Zustimmung rechtsmissbräuchlich erfolgt, ist demgegenüber entgegen der Rechtsansicht des Berufungsgerichtes nicht erforderlich.

Der Hinweis des Berufungsgerichtes, wonach die die innere Organisationsform bzw die kooperativen, die Zukunft der Privatstiftung bestimmenden Regelungen objektiv nach ihrem Wortlaut und Zweck in ihrem systematischen Zusammenhang, nicht aber unter Erforschung der subjektiven Parteienabsicht auszulegen seien (6 Ob 106/03m = EvBl 2004/59 = GesRZ 2004, 210 = GeS 2003, 483 = RdW 2004/65; vgl auch 1 Ob 61/97w = SZ 70/242), geht ins Leere, geht es im vorliegenden Fall doch nicht um die Auslegung der Stiftungsurkunde als solche im Außenverhältnis, sondern ausschließlich um im Innenverhältnis zwischen den Stiftern bestehende Treuepflichten, aufgrund derer diese im Einzelfall auch zur Zustimmung zu einer Änderung der Stiftungsurkunde verpflichtet sein können.

§ 33 Abs 2 PSG stellt auch keine lex specialis dar, die der Berechtigung des vom Kläger geltend gemachten Anspruchs entgegenstünde. Die in dieser Bestimmung vorgesehene Möglichkeit der Änderung der Stiftungserklärung durch den Vorstand stellt einerseits eine bloß subsidiäre Möglichkeit dar, weil sie nur bei Wegfall eines Stifters, Fehlen der Einigkeit mehrerer Stifter oder Fehlen eines Änderungsvorbehaltes vorgesehen ist. Andererseits unterliegt dieses Abänderungsrecht des Vorstands engen Grenzen, setzt es doch eine nachträgliche Änderung der Verhältnisse voraus (N. Arnold, PSG § 33 Rz 58). Dem Stiftungsvorstand kommt daher das Recht auf Änderung der Stiftungserklärung grundsätzlich nur dann zu, wenn keine Möglichkeit der Änderung durch die Stifter besteht (ErlRV zu § 33 Abs 2 PSG). Ziel dieser Regelung ist es, die Funktionsfähigkeit der Privatstiftung aufrecht zu erhalten (N. Arnold, PSG § 33 Rz 55; Müller in Csoklich/Müller/Gröhs/Hellbich, Handbuch 274; Diregger/Wimmer in Doralt/Kalss, Aktuelle Fragen des Privatstiftungsrechts 125). Aus dem Umstand, dass der Gesetzgeber im Interesse der Aufrechterhaltung der Funktionsfähigkeit der Privatstiftung dem Vorstand ein subsidiäres Recht auf Abänderung der Stiftungserklärung einräumt, kann aber keineswegs geschlossen werden, dass im Stiftungsrecht generell für Zustimmungs- und Treuepflichten zwischen mehreren Mitstiftern kein Raum bestünde.

Auch die Formvorschrift des § 39 Abs 1 PSG steht dem Erfolg des Klagebegehrens nicht entgegen. Zunächst betrifft diese Bestimmung nur die Stiftungserklärung selbst, nicht aber die Bestellung des Beirates. Insofern besteht eine gewisse Parallele zum fakultativen Aufsichtsrat einer GmbH, bei der der Gesellschaftsvertrag die Einrichtung eines derartigen Organs durch schlichten Gesellschafterbeschluss vorsehen kann (vgl Reich-Rohrwig, Das österreichische GmbH-Recht I² Rz 4/45). Vor allem aber bezieht sich § 39 Abs 1 PSG nur auf die Form des Verfügungsgeschäfts, sagt aber über eine im Innenverhältnis bestehende Zustimmungspflicht oder die Form des zugrundeliegenden Verpflichtungsgeschäfts nichts aus (vgl zum vergleichbaren Fall des § 76 Abs 2 GmbHG 6 Ob 18/00s). Im Übrigen steht bei der Formvorschrift des § 39 Abs 1 PSG die Beweisfunktion im Vordergrund (vgl Huber in Doralt/Nowotny/Kalss, PSG § 39 Rz 2); dem - damit auch bezweckten - Schutz vor Übereilung kommt im vorliegenden Zusammenhang, in dem es nur um die Übertragung von bereits in der Stiftungszusatzurkunde verankerten Bestimmungen über den Beirat in die Stiftungsurkunde geht, nur untergeordnete Bedeutung zu. Dass ein Gerichtsurteil einen Notariatsakt ersetzen kann, entspricht ständiger Rechtsprechung (so zur Übertragung von GmbH-Anteilen 10 Ob 40/99a = ecolex 2000/151; RdW 2000/62; 6 Ob 18/00s = RdW 2000/502 = wbl 2002/27; ebenso für einen gerichtlichen Vergleich 8 Ob 521/94 = SZ 67/83; RIS-Justiz RS0060250).

Dass - wie die beklagte Partei behauptet - der Kläger die Stiftungserklärung weiter als nicht seinem Willen entsprechend in Frage stelle, berechtigt den Beklagten noch nicht zur Verweigerung seiner Zustimmung zur Verankerung des Beirats in der Stiftungsurkunde. Mit der Klage verfolgt der Kläger vielmehr ausschließlich die formale Umsetzung der zwischen den Parteien erzielten Übereinkunft über die Bestellung eines Beirates. Die Verweigerung der Mitwirkung durch den Beklagten als Reaktion auf das seiner Ansicht nach gegen die Interessen der Stiftung verstoßende Verhalten des Klägers stellt schon mangels jeglichen Zusammenhangs zwischen dieser Kontroverse und dem allein klagsgegenständlichen Anspruch auf Zustimmung zur Verankerung des Beirates in der Stiftungsurkunde keine geeignete Reaktion auf das Verhalten des Klägers dar. Insoweit fehlt es am Vorliegen eines synallagmatischen Austauschverhältnisses, sodass der Beklagte auch aus § 1052 ABGB kein Recht auf Verweigerung der Erteilung seiner Zustimmung ableiten kann. Im Übrigen hat der Beklagte das angeblich fortgesetzt gegen die Interessen der Stiftung verstoßende Verhalten des Klägers nur durch Verweis auf den von diesem gestellten Antrag auf Abberufung des Vorstandes zu konkretisieren vermocht. Inwieweit dieser Antrag die Verweigerung der Zustimmung zur institutionellen Absicherung des von den Streitteilen seinerzeit vereinbarten Beirates rechtfertigen soll, ist nicht ersichtlich. Soweit der Beklagte den Standpunkt vertritt, die Absicht der Stifter, mit dem Beirat ein Gremium zu schaffen, dessen Beschlüsse vom Stiftungsvorstand zu beachten sind, sei ohnedies mit der vorliegenden Konstruktion verwirklicht, stehen dem die Feststellungen des Erstgerichtes über die von beiden Parteien bezweckte „möglichst starke" Stellung des Beirates entgegen.

In Stattgebung der Revision war daher das Ersturteil wieder herzustellen.

Die Entscheidung über die Kosten des Berufungs- und Revisionsverfahrens gründet sich auf §§ 41, 50 ZPO.

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